Berlin wächst. Berlin ist interessant. Es ist so, dass bis zum Jahr 2030 ein Zuwachs von ca. 250 000 Menschen erwartet wird. Berlin ist natürlich eine tolle Stadt. Die Lebenserwartung steigt. Um uns herum gibt es wieder viel mehr Kinder. Damit stellt sich die Wohnungsfrage in der Hinsicht völlig neu.
Ja, wir brauchen eine Stadt für alle. Einerseits verzeichnen wir die Zunahme von Single-Haushalten, andererseits brauchen wir aber auch ganz klar Wohnungen für Erwerbslose, für Studenten, für Renterinnen und Rentner, für Familien mit Kindern, und das bezahlbar. Genau deshalb brauchen wir Schutzinstrumente für den Bestand an Wohnungen, genauso wie den Neubau von bezahlbaren Wohnungen auch in attraktiven Lagen in Berlin.
Ja, es stimmt: Die stadträumlichen Entwicklungstendenzen nehmen zu. Ich habe es schon oft von hier aus gesagt: Bezahlbare Mieten sind ganz klar oberste politische Priorität in Berlin.
Ich als Volksvertreterin, Sie als Volksvertreter, wir stehen gemeinsam in der Verantwortung. Sich aber hier hinzustellen, Herr Otto, Frau Schmidberger, und zu sagen, wir machten zu wenig oder es passiere nichts, das ist falsch. Egal, wo ich bin, ob das bei Mieterveranstaltungen in Mietervereinen ist, ob das auf Podiumsdiskussionen ist, in Interviews, in Anhörungen von Ausschüssen, immer wieder sage ich: Selbstverständlich brauchen wir und setzen wir ein Bündel an Maßnahmen um, um weiterhin bezahlbare Mieten in der Stadt zu halten.
Zehn Minuten sind kurz, deshalb im Telegrammstil: Ja, wir brauchen die Bezirke. Ja, wir brauchen unsere Wohnungsbaugesellschaften. Ja, wir brauchen unsere Genossenschaften. Wir brauchen die Wohnungswirtschaft. Wir setzen um, und das ist konkrete Politik. Damit haben wir zum Beispiel das Bündnis für soziale Wohnungspolitik mit unseren Wohnungsbaugesellschaften – ich wiederhole es immer wieder –, damit haben wir Bedingungen geschaffen, dass – anders als im Bundesrecht verankert – bei Neuvermietungen, bei Modernisierungen bessere Bedingungen für Mieterinnen und Mieter bestehen. Natürlich Neuvermietung – 15 Prozent in drei Jahren! Natürlich Modernisierungen – 9 Prozent statt wie im Bundesrecht vorgesehen 11 Prozent! Und ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Natürlich brauchen wir bei Neuvermietungen eine Begrenzung, eine Kappungsgrenze von 10 Prozent. Ja, das ist richtig. Genau das ist es, denn die Menschen haben Angst umzuziehen, oder finden gar keine neuen Wohnungen, und deshalb brauchen wir 10 Prozent.
Wenn Mietsteigerungen in unseren eigenen Wohnungsbeständen entstehen, sage ich deshalb immer wieder: Bitte, bitte gehen Sie hin zu Ihrer Wohnungsbaugesellschaft! Sprechen Sie mit ihnen! Die Wohnungsbaugesellschaften machen Einzelfallentscheidungen, damit keine Mieterin, kein Mieter aus der Wohnung verdrängt wird.
Das heißt konkrete Politik. Ich weiß natürlich – auch das wird mir immer wieder gesagt –, dass es auch darum geht, dort Hemmschwellen zu überwinden, denn man muss seine Einkommensverhältnisse offenlegen. Dafür habe ich großes Verständnis. Aber ich bitte immer wieder darum: Machen Sie es!
Wir sind in konkreten Absprachen mit den Wohnungsbaugesellschaften zum Kauf von Wohnungen und zum Neubau von Wohnungen und natürlich zur Übernahme von Grundstücken. 1,1 Milliarden Euro – das ist das konkrete Geld, das wir in den nächsten fünf Jahren in den Bau von neuen Wohnungen stecken wollen. Da können
Natürlich brauchen wir auch einen Fuß drin bei den Privaten. Das heißt also, dass wir einen Fonds auflegen werden, und zwar sowohl für unsere Wohnungsbaugesellschaften als auch für die Genossenschaften, die natürlich dann auch für Private genutzt werden können.
Zum Zweiten ist auch konkret das Mietenkonzept für sozialen Wohnungsbau zu nennen, was ja bereits konkret umgesetzt wird. Das betrifft die Kappungsgrenze von 5,50 Euro pro Quadratmeter im Monat. Es wird bereits in 19 600 Wohnungen in Berlin umgesetzt. Das ist eine Menge, und damit stehen wir natürlich zu unserem sozialen Wohnungsbau.
Wir freuen uns – fünftens – über Studenten, die nicht nur hier studieren, sondern die sich auch bemühen, bezahlbaren Wohnraum zu bekommen. Deshalb werden wir 5 000 neue Wohneinheiten speziell für Studenten schaffen.
Der Eigenbedarfskündigungsschutz: Das Bundesrecht gibt uns drei Jahre vor. Berlin hat sieben Jahre, und wir wollen in Berlin für die gesamte Stadt das Ganze auf zehn Jahre ausweiten. Konkrete Politik!
[Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall von Katrin Lompscher (LINKE) – Daniel Buchholz (SPD): Bravo!]
Die Evaluierung des Wohnraumgesetzes, des Stadtentwicklungsplans Wohnen: Ja, wir brauchen soziales Augenmaß. Ja, der Mietspiegel hat sich verändert – von 5,21 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2011 auf 5,54 Euro im Jahr 2013. Es ist ein Anstieg, und deshalb werden wir das auch nicht schönreden. Aber deshalb wird nicht gewartet, sondern gehandelt.
Noch ein paar Sätze zu den Anträgen der Linken und der Grünen. Die von Ihnen – von den Linken – vorgeschlagene Zusatzförderung von Transfereinkommensbeziehern würde geradezu zu einer Einladung an die Vermieter führen, die Mieten im sozialen Wohnungsbau bis an die Grenze des preislich Rechtlichen zusätzlich anheben zu können.
Darüber diskutieren wir ja! – Strikt abzulehnen ist zudem die von den Linken geforderte Änderung der Mietausgleichszahlungsvorschriften für Objekte ohne Anschlussförderung. Nach der geltenden Regelung erhalten betroffene Haushalte einen zeitlich befristeten und – jetzt kommt’s – in der Höhe auf den Mietspiegel bezogenen Mietausgleich. Würde man hingegen – was Sie vorschlagen – jede vom Eigentümer verlangte Miete ausgleichen, so würde das durch die Hintertür wieder das bringen, was wir unter Rot-Rot erst abgeschafft haben, nämlich die Anschlussförderung. Das würde vom Wegfall der Anschlussförderung betroffene Eigentümer geradezu – es ist das Gleiche wie vorhin gesagt – dazu einladen, die volle Kostenmiete zu verlangen. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.
Lebensqualität und Würde eines jeden Menschen sind uns das Wichtigste. Wir sind eine Mieterstadt. Es gehört dazu, dass keiner Angst haben muss, dass er oder sie im nächsten Monat seine Miete nicht mehr bezahlen kann. Deshalb ist es ein hoch emotionales Thema, und deshalb sind bezahlbare Mieten oberste politische Priorität für die Koalition und für den Senat. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Frau Spranger! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Lompscher. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Abgesehen davon, dass das Zweckentfremdungsverbotsgesetz das Abgeordnetenhaus noch nicht erreicht hat – und es ist schon seit, glaube ich, anderthalb Jahren angekündigt –
und dass wir auch nicht eine Fortsetzung der Anschlussförderung wollen, sondern Perspektiven für die Sozialmieterinnen und -mieter, finde ich, dass es gut ist, dass alle hier behaupten, Wohnungspolitik sei eine Priorität in dieser Stadt. Ich teile diese Auffassung.
Seit ziemlich genau einem Jahr gibt es das Protestcamp von Kotti & Co an der Admiralstraße. Sie wollen ihren Protest gegen überhöhte Mieten so lange fortsetzen, bis sich etwas ändert. Außer dem schon genannten Mietenkonzept, das nicht hält, was es verspricht, und der neuen
Was meinen Sie, wie lange die noch bleiben müssen? Vor einer Woche ist der Mietspiegel 2013 veröffentlicht worden, und ich gestehe, dass die Medienstrategie dazu professionell war. Die Mieten seien weniger stark gestiegen als erwartet. Das heißt ja ungefähr: Wir sinken nicht so schnell wie befürchtet, und das ist erfreulich.
Dass es für Menschen, die auf Hartz IV und Grundsicherung angewiesen sind, de facto keine bezahlbaren Wohnungen mehr gibt, war nicht so wichtig. Dass die Mieten für kleine Wohnungen in einfachen Wohnlagen und im Altbau überdurchschnittlich gestiegen sind, war auch nicht so wichtig.
Diesen Trend beobachten wir nun schon seit Längerem, und was hat der Senat seither getan? Es wäre im Übrigen gut – und ich finde es gut, dass Klaus Wowereit hier ist –, wenn der Regierende Bürgermeister heute zur Wohnungspolitik Stellung nehmen würde und das nicht nur mit der flapsigen Bemerkung, dass steigende Mieten Ausdruck von Prosperität und also gut sind. Sein Kollegen Olaf Scholz in Hamburg und Christian Ude in München wissen sehr genau, dass Wohnungspolitik ressortübergreifend angelegt sein muss und dass sie Chefsache im Sinne eines übergeordneten gemeinsamen politischen Interesses sein muss.
Zweifellos versucht der zuständige Senator Müller, Akzente zu setzen. Er nimmt das Thema ernst – von Anfang an –, und das unterscheidet ihn wohltuend von seiner Vorgängerin und im Übrigen auch von seinen Senatskollegen. Daher erscheinen seine Bemühungen häufig isoliert und konnten bisher nur zu bescheidenen Ergebnissen führen.
Was gibt es bisher auf der Habenseite? Das Mietenbündnis, über dessen Wirkungen wir frühestens in einem Jahr werden Aussagen treffen können. Die neue Kappungsgrenze für Bestandsmieten und das Mietenkonzept für knapp 20 000 Wohnungen – ich hatte mir 35 000 aufgeschrieben, aber wahrscheinlich haben Sie mit 20 000 recht – befristet auf ein Jahr, Mietobergrenze 5,50 Euro pro Quadratmeter – das ist für Transfereinkommensbeziehende deutlich zu hoch.
Unsere beiden heute zur Abstimmung stehenden Anträge setzen genau hier an: Wir wollen den Mieterinnen und Mietern in den Sozialwohnungen helfen, und zwar so lange, bis wir endlich eine Lösung für den alten sozialen Wohnungsbau haben.
Ich muss keine Prophetin sein, um vorauszusagen, dass die Koalition beide Anträge ablehnen wird. Sie haben es ja angekündigt. Sie müssen aber endlich die Frage beantworten, welche Perspektive die Mieterinnen und Mieter in diesen Wohnungen denn haben sollen. Die Geduld von Kotti & Co ist nicht unerschöpflich, und das gilt für die Mieterinnen und Mieter in der ganzen Stadt.
Senator Müller hat Diverses angekündigt und ist in den genannten Grenzen tätig. Stadtentwicklungsplan Wohnen und Zweckentfremdungsverbot sind in Arbeit, kommen reichlich spät und sind zu Recht – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen – umstritten. Aber nicht nur bei der Liegenschaftspolitik und der Energiewende konstatieren wir rasenden Stillstand und Streit in der Koalition.