Protocol of the Session on May 30, 2013

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Michael Schäfer (GRÜNE)]

Es gibt keine Diskussion, was das Thema Stadtwerk mit dem Thema Netze zu tun hat. Natürlich weiß ich, dass es das Thema Unbundling gibt, dafür habe ich in der Vergangenheit selbst gekämpft. Trotzdem hat es was miteinander zu tun. Jedes Stadtwerk in den anderen Kommunen rekommunalisiert die Netze und weiß, dass es gleichzeitig was mit seinen Energiedienstleistungen, mit dem Aufbau erneuerbarer Energien zu tun hat. Da muss ich doch eine Gesamtkonzeption haben! Gegenwärtig ist es so, dass jede Baustelle für sich isoliert abgearbeitet wird: Das Stadtwerk ist eine Baustelle, dann haben wir das Stromnetz, dann haben wir das Gasnetz, und über das Fernwärmenetz wird überhaupt nicht diskutiert, obwohl

wir alle wissen, wenn wir über Klimaschutz reden, dass der Wärmemarkt das zentrale Thema ist, an dem wir den größten Effekt für den Klimaschutz erzielen können.

So, und dann sehen wir uns das doch mal das Thema Konvergenz der Netze und der verschiedenen Medien an – das ist auch auf dem Workshop diskutiert worden. Welche Antwort gibt der Senat darauf? – Es gibt keine strategische Diskussion über die Frage, wie wir das Zeitfenster nutzen, das wir gegenwärtig mit der Konzessionsvergabe für die drei Energienetze haben, und welche Ziele der Senat verfolgt.

Wir stellen fest: Berlin-Energie bewirbt sich für 100 Prozent des Gasnetzes. Wir wissen genau, jedenfalls die Kundigen unter uns, dass man der GASAG bei einer 100-prozentigen Rekommunalisierung des Gasnetzes zwei Drittel ihres Cashflows entzieht, wahrscheinlich sogar noch mehr. Wenn man das will, muss man sich aber auch überlegen, was man mit der GASAG will. Will man dann auch die Anteile an der GASAG? – Dann würde die 100-prozentige Rekommunalisierung Sinn machen. Bisher aber gibt es dazu vom Senat keine Äußerung, ich glaube, auch keine Gespräche mit den Eigentümern der GASAG über dieses Thema. Das ist dann übrigens unabhängig von der Netzvergabe, aber es wäre eine Konsequenz der Netzvergabe. Es gibt keine Diskussion über die Fragestellung, wie ich die Netzvergabe als Hebel nutzen kann, um auch noch andere energiepolitische Ziele zu erreichen, Stichwort: Fernwärmenetz.

[Daniel Buchholz (SPD): Ein Wärmegesetz brauchen wir dann aber!]

Ja, Wärmegesetz, alles schön und gut,

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

ich rede jetzt gerade über das Thema Konzessionsvergabe und Fernwärme. In der Energiepolitik können wir noch über viele andere Themen reden. – So, zurück zum Thema Fernwärmenetz. Seit Jahren fragen sowohl die Grünen als auch wir nach, was der Senat mit dem Fernwärmenetz vorhat.

[Zuruf von Jürn Jakob Schultze-Berndt (CDU)]

Unlängst wurde in der Ausschussdiskussion erklärt, ja, ist rechtlich alles ganz kompliziert, diese rechtliche Klärung sollen erst einmal andere machen, Berlin wird sich da die Finger nicht verbrennen. Aber es ist doch offensichtlich, dass Vattenfall das gleiche rechtliche Problem mit der Endschaftslösung hat, die unklar ist usw.! Das ist doch eine hervorragende Voraussetzung dafür, mal miteinander zu reden und möglicherweise mit Vattenfall über die Kraftwerkstruktur, über andere energiepolitische Ziele zu verhandeln und da zu einer Vereinbarung zu kommen. All diese Themen werden nicht adressiert, werden nicht diskutiert, es gibt niemanden, der wirklich eine Strategie entwickelt und weiß, wo er mit diesen Themen hinwill. Deshalb brauchen wir neben dem abstrakten Bekenntnis

zur Rekommunalisierung dringend eine Diskussion darüber, wo wir überhaupt hinwollen.

Die Frage, die ich schon bei der Großen Anfrage, die wir vor einem Jahr gestellt haben, aufgeworfen habe, steht noch immer im Raum. Wenn wir über die Netze diskutieren, wenn wir darüber diskutieren, dass die Netze viel stärker zusammenspielen müssen, dass es Themen wie „Power to Gas“, wie „Power to Heat“ gibt, dass es dann doch sinnvoll wäre, eine einheitliche, integrierte Netzgesellschaft als Zielsetzung zu haben – wo ist die Strategie, wie man dort hinkommt? Wo ist die Definition des Senats und der Koalition: Streben wir jetzt die 100-ProzentLösung an oder die 51-Prozent-Lösung? Oder verlieren wir vielleicht sogar beides? Das muss man doch auch mal klären! Stattdessen gibt es innerhalb der Koalition die Verabredung: Wir gucken mal, was im Verfahren dabei rauskommt –, weil man sich innerhalb der Koalition nicht auf eine Strategie verständigen kann, ob man 100 Prozent oder 51 Prozent will. Und dann gibt es die ordnungspolitisch Gehärteten innerhalb der CDU, die noch klammheimlich darauf hoffen, dass dann null Prozent dabei rauskommt. Aber da muss man doch eine Strategie und eine Zielvorstellung haben, wenn man in dieses Verfahren reingeht – auch wenn es ein ergebnisoffenes ist –, weil davon doch auch abhängt, wie man die Ressourcen konzentriert, mit welcher Bewerbung man in ein solches Verfahren geht. Hier ist noch Fehlanzeige, und es gibt noch viele Fragen zu diskutieren.

Herr Buchholz! Ja, wir stellen Fragen, aber demnächst werden wir Sie auch noch mal mit Anträgen konfrontieren, und ich bin auf Ihre Reaktion dazu gespannt.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN) und Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN)]

Vielen Dank, Herr Wolf! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Freymark. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Klimaschutz in Berlin – ein wichtiges Thema, ohne Frage. Dann lassen Sie uns auch genau darüber doch einfach mal miteinander sprechen.

Senator Müller hat bereits in einer ausführlichen Antwort zu dieser Thematik Stellung genommen. Darüber hinaus empfehle ich jedem Interessenten, einen Blick in die zahlreichen Print- und Onlinedokumentationen der zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt zu werfen. Umweltverträglichkeit, Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind für große Städte eine besondere Herausforderung. Ballungszentren verbrauchen knapp

75 Prozent der weltweit genutzten Energie und sind folglich für ca. 80 Prozent der Treibhausgase verantwortlich.

Umso erforderlicher und zugleich erfreulicher ist es, dass Berlin mit diversen Unternehmen Klimaschutzvereinbarungen getroffen hat, um den Ausstoß von CO2 zu reduzieren.

[Zurufe von der LINKEN]

Bis zum Jahr 2020 reden wir von angestrebten 40 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Lederer?

Nein, danke! – Bodenentsiegelung, Energieeffizienz, energetische Sanierungen, alles keine Fremdwörter mehr für den Klimaschutz in unserer Stadt. Trotzdem gilt es, auch im Jahr 2013 das ökologische Bewusstsein zu fördern und die Schließung potenzieller Verhaltenslücken zu forcieren.

Das Abgeordnetenhaus hat sich bereits vor mehr als zehn Jahren durch die Einrichtung der damaligen Projektagentur mit dem Namen „Zukunftsfähiges Berlin“ ausführlich mit diesem Themenkomplex beschäftigt und zahlreiche Handlungsmöglichkeiten hin zu einer nachhaltigen Entwicklung aufgezeigt. Diese Dokumentationen sind glücklicherweise allgemein zugänglich. Viele dieser Handlungsempfehlungen von damals sind inzwischen in Senatshandeln übergegangen. Möglicherweise ist das einigen Kollegen bei der Grünen-Fraktion nicht vollumfänglich bekannt.

Grundsätzlich sind viele im Raum stehende Fragen und Forderungen zum Klimaschutz fraktionsübergreifender Konsens. Es stellt sich allerdings die Frage der Bewertung und der Einschätzung des Handelns und der Ergebnisse. Wir stellen uns diesen Herausforderungen, wissen jedoch zugleich um die Verantwortung, die wir in den jeweiligen Bereichen tragen. Hohe Umweltstandards verbunden mit ambitionierten Klimaschutzzielen müssen trotzdem in Einklang mit allen Beteiligten aus Wirtschaft, Verwaltung, Interessenverbänden und natürlich der Zivilgesellschaft gebracht werden. Daher orientiert sich unsere Umweltpolitik an realistischen Zielen, damit diese auch tatsächlich umgesetzt werden können.

So ist es diese große Koalition, die dafür gesorgt hat, dass in den nächsten fünf Jahren 10 000 neue Straßenbäume gepflanzt werden und damit ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung des Stadtklimas geschaffen wird. Positiv begleitet wird dies durch die Stadtbaukampagne des Senats, bei der Patenschaften für Bäume angeboten und vermittelt werden. Wir setzen uns darüber hinaus für eine stärkere Bedeutung der Umweltbildung in allen Be

reichen von Kita über Schule bis hin zu Studium oder auch Ausbildungszweigen ein.

Dazu möchte ich gern ein Beispiel nennen. Im Jahr 2012 besuchte ich im Rahmen einer Umwelttour die Initiative „Grün macht Schule“ von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft in Zusammenarbeit mit dem Freilandlabor Britz, eine interaktive und innovative Idee, die sich schon für junge Leute dafür einsetzt, dass man sich relativ früh auch mit der Umwelt auseinandersetzen kann. Mittlerweile gibt es des Weiteren die Initiative „Grün macht Kindergarten“, die bereits für junge Umweltforscher hochspannend ist. Tolle Projekte, die es gilt, auch in Zukunft besser und weiter zu vermarkten!

Aber selbstverständlich gilt unser Augenmerk und Engagement auch der Zukunft der Stiftung Naturschutz, die ich hier auch mal ansprechen will. Wir wissen alle um die große Bedeutung dieser Stiftungsarbeit, gerade bei den vielen Umweltprojekten in Berlin. Die herausragende Rolle z. B. des freiwilligen ökologischen Jahrs sei hier nur beispielhaft genannt. Am 15. und 16. Juni findet wieder der Lange Tag der Stadtnatur mit mehr als 400 Veranstaltungen statt.

[Zuruf von Michael Schäfer (GRÜNE)]

Ich bin Senator Müller dankbar, dass er dieses besondere Umweltereignis mit zusätzlichen Mitteln unterstützt hat. Aber auch die Probleme der Stiftung Naturschutz werden in dieser Koalition endlich ernsthaft angegangen. Auch wenn noch kein endgültiger Weg eingeschlagen wurde, um der guten Arbeit der Stiftung gerecht zu werden, so bin ich mir sicher, dass wir am Ende gemeinsam eine tragfähige Lösung für eine langfristige Sicherung erarbeiten werden.

Wir können also bilanzieren, dass Berlin zahlreiche Maßnahmen im Klimaschutzbereich umsetzen konnte. Hierzu zählt beispielsweise die mit einem immensen finanziellen Aufwand betriebene energetische Sanierung in Bestandsgebäuden der öffentlichen und privaten Wohnungswirtschaft. Die damit umgesetzten Investitionen repräsentieren einen großen Schritt auf dem Weg, die ambitionierten Klimaziele weiter zu verfolgen und am Ende natürlich auch zu erreichen. Dafür steht beispielhaft das Klimaschutzabkommen 2.0 zwischen den Wohnungsbaugesellschaften und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt.

Um das Genannte auch zu erreichen, wird es ebenfalls darauf ankommen, die Verkehrsinfrastruktur weiter zu entwickeln, um Durchgangsverkehre in der Innenstadt zu minimieren, die Bevölkerung und die Umwelt in unserer Stadt zu entlasten. Dazu gehören für uns selbstverständlich auch Investitionen in den Radverkehr sowie in den öffentlichen Personennahverkehr. Es wird besonders darauf ankommen, die Verkehrsträger so zu verknüpfen, dass ein optimaler Mix entsteht, um ein gutes Angebot und eine Entlastung für die Umwelt zu schaffen. Auch

dafür werden die Koalition und der Senat die richtigen Weichen stellen, um den Entwicklungen und Ansprüchen der Berlinerinnen und Berliner gerecht zu werden. Denkverbote haben hier keinen Platz.

Klimaschutz ist nach unserem Verständnis selbstverständlich Chefsache, allerdings nicht als Angelegenheit eines einzelnen Regierungsmitglieds. Vielmehr tragen wir alle gemeinsam hier im Parlament, in den Verwaltungen oder in den einschlägigen Interessenverbänden eine gemeinsame Verantwortung für die ökologische Zukunft und den Klimaschutz in Berlin und Deutschland. Das ist ein zentraler Punkt, der uns an dieser Stelle, ob es Ihnen, meine Damen und Herren von Grünen, gefällt oder nicht, unterscheidet.

Wir wollen Ziele für eine bessere Umweltpolitik formulieren, umsetzen und am Ende auch vernünftige Ergebnisse erreichen. Sie jedoch verfolgen mit dieser Anfrage rein politische Ziele,

[Zurufe von den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

die allein Ihrer Oppositionsrolle geschuldet sind und uns in der Sache kein bisschen weiterhelfen, zumindest so lange nicht, bis Sie gute – jetzt kommt der entscheidende Punkt, wo Sie vielleicht mal zuhören sollten, genau an der Stellen haben Sie nämlich nie zugehört –, wenn es darum geht, gut zusammenzuarbeiten, tragfähige Lösungen oder gar eigene Konzepte vorzubringen.

[Lachen bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Das alleinige Stochern in Bereichen, die manchmal besser, vielleicht manchmal auch weniger gut funktionieren, reicht nicht aus, um den Anspruch zu erheben, in Berlin die umweltpolitische Instanz zu sein.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schäfer?

Danke schön! – Beim Naturschutz haben Sie im Übrigen gesehen, dass wir gerne und jederzeit bereit sind, Hand in Hand mit Ihnen und Ihren sofern dann vorhandenen guten Ideen zu arbeiten. Das ist im Übrigen eine Selbstverständlichkeit im Hinblick auf die Verantwortung, die wir mit unserem Mandat hier innehaben. Das sage ich bewusst trotz der teilweisen Irritation im menschlichen Umgang, die ich hier in den letzten Wochen insbesondere auch bei den Grünen ausmachen musste. Bleiben Sie fair und sachlich, und Sie sind mit Ihren Ideen jederzeit herzlich willkommen!

Wir werden uns im Umweltausschuss mit den einzelnen Schritten unserer Strategie noch des Öfteren auseinandersetzen. Genau darauf freue ich mich, wichtige Themen wie das Klimabündnis dort mit Ihnen und dem Senat zu diskutieren und Einfluss auf die klimapolitischen Geschicke Berlins nehmen zu dürfen.

Abschließend erlaube ich mir noch eine Bemerkung zu der guten Idee einer Wanderausstellung des Klimabündnisses aus dem Jahr 2009, die trotz intensiven Beginns leider heute keine Rolle mehr spielt. Ich würde mich freuen, wenn wir dem Ursprungsgeist des Klimabündnisses folgend regelmäßig die Zwischenergebnisse und Anstrengungen der Unternehmen mithilfe der damals begonnenen Ausstellung dokumentieren würden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Joachim Esser (GRÜNE): Wir sind zerknirscht, dass wir eine Partei sind, die politische Ziele verfolgt!]

Vielen Dank, Herr Freymark! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Magalski. – Bitte sehr!

Ja, meine Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich mich bei Herrn Senator Müller dafür bedanken, dass er die Große Anfrage der Grünen hier beantwortet hat. Er musste mal wieder für unseren Regierenden Bürgermeister in die Bresche springen. Das ist sehr schade, dass er sich nicht selbst hier hingestellt hat, um diese von ihm selbst vollmundig angekündigten Klimaziele auch persönlich darzustellen und zu verteidigen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Andreas Baum (PIRATEN)]