Machen Sie nicht nur Fragenkataloge! Folgen Sie auch mal ein Stück weit uns. Und jetzt darf ich Ihnen die Broschüre übergeben. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Buchholz! – Gestatten Sie mir an dieser Stelle die Bemerkung, dass ich es sehr schwierig finde, wenn insbesondere von einer Person, die ich hier vorne laut und deutlich vernehmen kann, kontinuierlich Zwischenrufe kommen.
[Daniel Buchholz (SPD): Herr Esser wollte doch! – Zuruf von der CDU: Herr Esser braucht doch kein Mikrofon!]
Herr Kollege Buchholz! Die Unsachlichkeit, mit der Sie Ihre Angriffe vortragen, zeigt natürlich, wie sehr Sie in der Defensive sind.
Unser Klimastadtwerkkonzept liegt seit drei Jahren vor. Was wir im Moment unterstützen, ist das, was Sie abgelehnt haben, nämlich das Volksbegehren „Neue Energie für Berlin“.
Wir haben den Antrag in diesem Haus gestellt, vorzeitig den Konzessionsvertrag zu kündigen. Damals gab es noch nicht dieses Energiewirtschaftsgesetz in der Form, das uns so in der Wahl einschränkt. Da hätte man sehr viel machen können. Und Sie haben dagegen gestimmt, Herr Buchholz! Das ist die Wahrheit.
Das Zweite, wie wir das Netz vergeben wollen, das haben wir sehr klar geschrieben, das orientieren wir nämlich an den Zielen, erstens, wie ist am meisten für den Klimaschutz zu erreichen, zweitens wollen wir die Versorgungssicherheit sicherstellen und die Belange der Mitarbeiter schützen. Und Ihr Problem ist, dass Sie genau nicht von Zielen ausgehen, sondern dass Sie von einer ideologischen Frage ausgehen, Hauptsache es muss möglichst alles kommunal und verstaatlicht sein. Ich sage Ihnen, ich sammle ja Unterschriften für das Volksbegehren, das wichtigste Argument, das ich dagegen höre, ist: Man kann doch dieser Koalition nicht noch ein Unternehmen anvertrauen, nachdem sie die Landesbank mit 9 Milliarden Verlusten versenkt hat, nachdem sie beim Flughafen mit Aufsichtsratschef Wowereit ein solches Desaster hingelegt hat. – Das ist das wichtigste Argument, mit dem sich Leute weigern, dieses Volksbegehren zu unterschreiben.
Wir sammeln trotzdem dafür, und zwar aus einem ganz klaren Grund: Dieses Volksbegehren sagt, das Land muss eine Gesellschaft gründen, die sich um das Netz bewirbt. Ich bin dafür, dass wir dieses Eigentum dann schrittweise an eine Bürgergenossenschaft abgeben, die die Gewinne nämlich in die Energiewende reinvestieren kann, anders als das Land Berlin, und damit einen richtigen Nutzen erzielt. Deshalb können beide Seiten dieses Volksbegehren unterstützen, diejenigen, die für eine Rekommunalisierung sind, und auch Leute wie ich, die für ein Energienetz in Bürgerhand sind. Das ist ganz klar. Deshalb hoffe ich, dass dieses Volksbegehren erfolgreich sein wird. Und Herr Buchholz! Die entscheidende Frage ist: Warum unterstützen Sie dieses Volksbegehren nicht? – Die können Sie jetzt mal beantworten.
Vielen Dank! – Herr Buchholz! Wenn Sie antworten möchten, haben Sie jetzt die Gelegenheit. – Bitte sehr!
Ja, Sie haben es eben ganz klar gesagt: Für Sie ist eine Kommunalisierung Ideologie. Das kann man alles im Protokoll gleich nachlesen. Entlarvender hätte Ihre Entgegnung hier nicht sein können. Genau das hatte ich zu erreichen versucht. Sie haben es auch geschafft, sich hier selbst zu entlarven. Für Sie ist Kommunalisierung, Rekommunalisierung reine Ideologie.
Ihnen geht es nicht darum, das, was im Volksbegehren beantragt wird, nämlich hier tatsächlich eine kommunale Hoheit über das Berliner Energienetz zu bekommen. Sie sagen, Sie stellen ein paar Kriterien auf, dann kann auch der schönste Private daraus machen, was er will. – Dann kann es aber auch sein, dass er weiterhin jedes Jahr 50 und 100 Millionen Euro ins Ausland transferiert. Das ist Mehrwert, den wir in der Stadt halten wollen. Daran arbeiten wir als Koalition sehr aktiv, dieses Geld, den Mehrwert aus dem Netzbetrieb, in der Stadt zu halten.
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Anja Kofbinger (GRÜNE): Das kriegt ihr doch gar nicht hin!]
Da merke ich doch sehr deutlich, Sie haben das, was wir als Koalitionsfraktionen an Initiativen schon eingebracht haben, wie weit wir sind, nicht ansatzweise verstanden.
Ich muss gestehen, Sie werden zwar Unterschriften für das Volksbegehren sammeln, aber das, was dort eigentlich inhaltlich gefragt ist,
eine stärkere kommunale Verantwortung, ist gar nicht Ihre Überzeugung. Das lasse ich einfach mal so stehen, meine Damen und Herren!
[Joachim Esser (GRÜNE): Wie steht ihr zur Genossenschaft? – Daniel Buchholz (SPD): Wunderbar, Genossenschaft! – Joachim Esser (GRÜNE): Das ist was anderes als eure Parteikasse!]
Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Harald Wolf, und nur er und sonst niemand! – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass das Thema Chefsache allgemein überschätzt wird hier in diesem Haus.
Ich will deshalb versuchen, auf ein paar Probleme, die ich sehe, und Aufgaben, die der Senat zu lösen hat, einzugehen.
Vor etwas mehr als zwei Jahren hat der damalige Senat das Energiekonzept 2020 beschlossen. In diesem Energiekonzept wird auch ein Problem benannt, das will ich hier an dieser Stelle kurz zitieren. Dort wird nämlich festgestellt,
dass die Akteure aus Politik und Wirtschaft bisher nur lose an einer gemeinsamen energetischen Vision für Berlin arbeiten.
zur Erreichung der ambitionierten Klimaziele … erforderlich (ist), dass die bisherigen Einzelaktivitäten und -maßnahmen stärker vernetzt und integriert bearbeitet werden. Existierende Verknüpfungen zwischen Verwaltung und Wirtschaft sind in der Regel derzeit noch ohne Pflichten und Rechte verortet, wie z. B. das Berliner Klimabündnis, bzw. nur einseitig mit Verpflichtungen versehen, wie z. B. die Klimaschutzvereinbarungen. Die verschiedenen Aktivitäten von Verwaltung und Wirtschaft sind nur begrenzt miteinander vernetzt. Dies betrifft sowohl die einzelnen Aktivitäten von Politik und Wirtschaft untereinander als auch die Rückkopplung der Akteure in Verwaltung und Wirtschaft.
Diese Diagnose ist auch bis heute richtig, insbesondere deshalb, weil damals im Energiekonzept Schlussfolgerungen gezogen wurden, wie man diesen Zustand überwinden kann. Es wurde gesagt, wir brauchen dringend eine koordinierende Stelle für diese Einzelaktivitäten. Es wurde verlangt, dass ein Arbeitsplan zur Umsetzung des Energiekonzepts erstellt wird, mit der Zielsetzung, die in diesem Konzept benannten kurzfristigen Maßnahmen innerhalb von zwei Jahren umzusetzen. Die zwei Jahre sind vorbei. Nichts davon, oder nur ein Minimum, ist umgesetzt.
Damals sind innovative Finanzierungsinstrumente, ein Energieeffizienzfonds zur energetischen Sanierung gefordert worden. Noch immer warten wir auf diesen Fonds. Es ist auch ein verbindliches Monitoring verlangt worden. Das hat der Kollege Müller jetzt im Zusammenhang mit dem Energiewendegesetz für die Zukunft angekündigt. Ich finde es ja durchaus ambitioniert, wenn er
jetzt eine Machbarkeitsstudie für die klimaneutrale Stadt formuliert, alles okay, nur: Wir haben keinen Mangel an Konzepten, sondern wir haben ein Umsetzungsdefizit, wir haben ein Koordinierungsdefizit, und wir haben ein Finanzierungsdefizit, was die Energiewende angeht.
Die fehlende koordinierende Hand, die fehlende Strategie sieht man auch beim Thema Stadtwerke und Netze. Bei dem Workshop, den ich sehr begrüße, weil er eine Öffnung der Diskussion gegenüber der Stadtgesellschaft ermöglicht hat, hat der Kollege Müller am Ende das Resümee u.a. mit der Formulierung gezogen: Wir müssen besser erklären, warum wir das – nämlich die Rekommunalisierung – machen. – Da hat er völlig recht. Und ich füge noch hinzu: Wahrscheinlich müssen auch der Senat und die Koalition noch mal bei sich selbst genau erklären, warum sie das machen, dann können sie es vielleicht auch der Öffentlichkeit besser erklären.
Kollege Buchholz! Sie wissen ja, dass ich ein großer Anhänger der Rekommunalisierung und der kommunalen Lösung bin.
Man muss dabei aber auch sagen, wofür man es will, und zwar im Detail. In diesem Workshop gab es von Herrn Mecke einen schönen Vortrag zum Thema Stadtwerke, der wunderbar abstrakt und allgemein war, wo man alles unterschreiben konnte, der aber weit entfernt von einer Konzeption für ein Stadtwerk und einer Definition dessen war, was dieses Stadtwerk konkret tun soll, in welchen Etappen, in welchen Schritten es aufgebaut werden soll. Resümee für mich: Es gibt keinen Fortschritt in der Diskussion über das Stadtwerk. Und ich sage noch mal, was ich bereits das letzte Mal gesagt habe: Unter Rot-Rot waren wir an dieser Stelle, was die konzeptionelle Diskussion angeht, schon weiter. Da muss dringend nachgeliefert werden!