Protocol of the Session on May 30, 2013

weil wir gar nicht mehr wissen, wogegen wir opponieren müssen.

[Lars Oberg (SPD): Gegen Getränkeautomaten! – Ülker Radziwill (SPD): Ihr eigenes Programm!]

Wir brauchen doch eine klare Vorgabe durch die Koalition. Sie beschließen ein Gesetz, und Ihr Landesverband sagt, dass er dieses Gesetz nicht haben möchte, dass er darin eine Gefahr für die Meinungsfreiheit und für das Grundrecht auf Demonstration sieht. Darüber müssen wir reden, wie sich die Abgeordnetenhausfraktion der SPD zu diesem Beschluss ihres Landesverbandes positioniert. Wir müssen wissen, welche Meinung der Koalitionspartner der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus dazu hat, und wir müssen erfahren, ob es die Möglichkeit gibt, dieses Gesetz auf dem parlamentarischen Weg zu entfernen oder ob wir als Opposition, die wir gegen dieses Gesetz vor dem Berliner Verfassungsgericht klagen werden, auch noch den SPD-Landesverband hinzugewinnen können,

[Beifall von Fabio Reinhardt (PIRATEN)]

vor dem Verfassungsgericht mit der Opposition gemeinsam eine Klage einzureichen. Zumindest die Jusos sollten ins Boot zu bekommen sein. Bitte, sehen Sie es uns nach:

Wir sind darüber sehr irritiert. Darüber hätten wir in dieser Aktuellen Stunde jetzt gern Klarheit bekommen. Es hat sich leider eine andere Mehrheit abgezeichnet, das hat Frau Radziwill schon angedeutet. Aber durch diesen Beschluss wird klar: Wir werden, was dieses Demoüberwachungsgesetz angeht, noch einigen Spaß haben.

Ich habe mir im Zuge dieses Beschlusses noch andere Beschlüsse der SPD-Parteitags angeschaut. Da geht es zum Beispiel um eine lückenlose Veröffentlichung der Nebeneinkünfte, also nicht so, wie es teilweise in Ihrer Fraktion gemacht wird, sondern auch wirklich jeder Auftraggeber und jede Summe. Ich sehe, da ist einiges in Bewegung. Damit werden wir viel Spaß haben. – Vielen, lieben Dank!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor! – Ich lasse nun abstimmen und zwar zunächst über den Antrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen, für den sich im Ältestenrat eine Mehrheit abgezeichnet hat. Wer diesem Thema – Stichworte: Wohnungspolitik des Senats – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die Grünen, die Koalitionsfraktionen und die Piraten zum Teil. Danke schön! Gegenstimmen? – Ein Pirat. Enthaltungen? – Bei der Linkspartei und einer Piratin.

[Zurufe von den PIRATEN: Eine Gegenstimme bei der Linken!]

Somit rufe ich dieses Thema für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 3 auf. Sofern Einvernehmen besteht, könnten wir eine Verbindung mit dem Tagesordnungspunkt 12 herstellen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so. Die anderen Anträge auf Aktuelle Stunde haben damit ihre Erledigung gefunden.

Dann möchte ich auf die vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, bitte ich um entsprechende Mitteilung.

Wir kommen nun zur

lfd. Nr. 1:

Mündliche Anfragen

gemäß § 51 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Drucksache 17/MA32

Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat die Frau Abgeordnete Frau Ina Czyborra von der SPD-Fraktion mit der Frage über

(Präsident Ralf Wieland)

Gender-Datenreport 2012

Bitte schön, Frau Kollegin!

Danke, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Was sind die Ergebnisse und Inhalte des am 28. Mai veröffentlichten Gender-Datenreports 2012?

2. Welche Schlussfolgerungen zieht der Senat aus diesem Bericht?

Vielen Dank! – Es antwortet Frau Senatorin Kolat. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Czyborra! Wie Sie der Presse entnehmen konnten, wurde am 28. Mai 2013 der aktuelle Gender-Datenreport für das Jahr 2012 veröffentlicht. Dieser Datenreport ist für den Senat insofern sehr wichtig, weil wir anhand seiner sehr gut beurteilen können, wie sich Berlin in verschiedenen Bereichen der Gleichstellungspolitik entwickelt hat. Wir können wunderbar ablesen, ob es Fortschritte gegeben hat, oder Entwicklungen, die uns gefallen oder nicht gefallen, aber auch, wo die Probleme und Herausforderungen in der Gleichstellungspolitik liegen.

Dieser vierte Gender-Report zeigt deutlich – wenn Sie sich die einzelnen Aspekte anschauen, erhalten Sie ein Gesamtbild –, dass in Berlin die Entwicklung in der Gleichstellung insgesamt positiv ist. Wir sind im Bundesvergleich bezogen auf bestimmte Aspekte schon sehr weit. Wenn Sie mich fragen, ob ich damit zufrieden bin, kann ich sagen: Nein! Sie schütteln auch mit dem Kopf. Ich glaube, darin sind wir uns einig. Auch wenn es Fortschritte gibt, haben wir doch noch sehr viel zu tun.

Positiv bewerte ich die Ergebnisse im Bereich Bildung. Es ist sehr interessant, dass sowohl im Hochschulbereich unter den Erstimmatrikulierten erstmalig über die Hälfte weiblich sind als auch, dass in den Gymnasien über 53 Prozent Schülerinnen sind. Das zeigt, dass sich gerade im Bildungsbereich einiges positiv entwickelt. Bei der Berufs- und Studienplatzwahl jedoch hat sich leider an der Orientierung an den klassischen Geschlechterrollen nicht sehr viel verändert. Ich will das hier nicht detailliert vortragen, Frau Czyborra, aber es ist bekannt, dass bei bestimmten Fächergruppen eine Überrepräsentanz von Frauen vorhanden ist und bei anderen eine Unterrepräsentanz. Ich denke, diesbezüglich müssen wir noch einiges

tun. Hier setzen verschiedene Aktivitäten und Programme des Senats an, wie der Girls’ Day, aber auch, gezielt auf Frauen abgestimmte Angebote in der Berufsorientierung und Qualifizierung zu machen. Hier geht der Senat über den Girls’ Day hinaus. Wir haben auch neue Initiativen, wie beispielsweise Girls’ Attack, wobei es darum geht, junge Frauen gerade in den MINT-Bereichen dazu zu motivieren, Vorbild zu sein, damit viele junge Frauen Vorbilder haben, die beispielsweise im industriellen Bereich eine Ausbildung machen, damit wir in der Berufsorientierung die jungen Frauen besser in Richtung MINTBerufe mitnehmen können.

Erfreulich ist, dass wir die Karrierechance von Frauen an den Hochschulen im letzten Jahr noch weiter verbessern konnten. Der Frauenanteil stieg bei den Promotionen von 47 auf 49 Prozent, bei den Habilitationen von 28 auf 30 Prozent, bei den Juniorprofessuren von 54 auf 56 Prozent, bei Professuren insgesamt von 27,9 auf 29,5 Prozent. Im Bundesvergleich ist das wirklich sehr beachtlich. Im Bund liegt diese Quote nämlich bei 20 Prozent. Das heißt, wir können feststellen, dass wir unsere Spitzenposition, was weibliche Professuren angeht, im bundesweiten Geschlechterranking noch weiter ausbauen konnten. Hier zeigt sich, dass die vielfältigen Maßnahmen des Senats, vom Land Berlin mitfinanziert, wirken. Ich nenne da unser Landesprogramm zur Förderung der Chancengleichheit in Forschung und Lehre. Liebe Abgeordnete! Das Geld ist gut angelegt, wie man merkt. Die Wirkung, was Gleichstellung im Hochschulbereich angeht, ist sehr positiv.

Hoch und weiterhin steigend ist die Erwerbstätigkeit von Frauen in Berlin. Sie liegt bei 65 Prozent, bei den Männern sind es 69 Prozent. Eigentlich sieht das ganz gut aus. Etwas relativiert sich diese erfolgreiche Entwicklung dadurch, dass gerade in den Bereichen Teilzeit, befristete Verträge und Minijobs der Anteil der Frauen gestiegen ist. Das ist eine Sache, die ich als Arbeitssenatorin besorgt beobachte. Auch da ist der Senat im Rahmen von „Berlin-Arbeit“ aktiv, um hier mit einzelnen Maßnahmen gegenzusteuern, im Minijobbereich ist der Senat mit dem Projekt Joboption aktiv.

Erfreulich für Berlin, aber dennoch aus meiner Sicht nicht ausreichend ist die Lohnlücke. Der Stundenverdienst, Gender-Pay-Gap, liegt für Frauen bei 15 Prozent in Berlin. Wir kennen die Zahl, die bundesweit immer wieder kommuniziert wird, das sind 22 Prozent. Da sieht Berlin eigentlich ganz gut aus. Aber zufrieden sind wir, glaube ich, alle erst, wenn diese Gerechtigkeitslücke komplett beseitigt ist, dass Männer und Frauen sozusagen auf dem gleichen Einkommensniveau sind. Eine wichtige Maßnahme ist in diesem Zusammenhang – Sie haben auch nach den Maßnahmen gefragt –, hier auch Transparenz herzustellen. Das Verfahren, das das Parlament immer wieder erörtert, ist EG-Check. Ich denke, das ist ein gutes Instrument. Ich freue mich, dass die Berliner Wasser

(Senatorin Dilek Kolat)

betriebe vor Kurzem der Öffentlichkeit Ergebnisse eines EG-Checks vorgestellt haben, wo systematisch Transparenz hergestellt worden ist, ob es eine Lücke gibt und vor allem, wo es Risiken gibt, dass es eine Lücke geben kann. Das ist ein Unternehmen, was es gemacht hat. Ich möchte gern auch zeigen, dass es im öffentlichen Dienst, in der öffentlichen Verwaltung eine Gerechtigkeitslücke geben kann. Die Zahlen belegen das. So möchte ich EG-Check auch bei mir in der Verwaltung durchführen, damit wir hier auch Transparenz in einer Verwaltungseinheit haben.

Ein weiteres wichtiges Instrument ist unser Landesgleichstellungsgesetz. Das ist aber wiederum Ihr Anteil als Gesetzgeber. Hier ist ganz wichtig, dass wir mit der letzten Novelle des Landesgleichstellungsgesetzes auch die Beteiligungsunternehmen mit in den Geltungsbereich genommen haben. Da kann ich schon mal ankündigen, dass im Elften LGG-Bericht, der im September fertiggestellt wird, erstmalig Zahlen vorgelegt werden, was Beteiligungen des Landes angeht.

Besondere Aufmerksamkeit gilt der Veränderung der Familienformen. Das ist tatsächlich etwas, was relativ neu ist. Erstmals sind bei mehr als der Hälfte der Neugeborenen die Eltern nicht verheiratet. Ein knappes Drittel der Eltern ist alleinerziehend. Und wir wissen ja, dass ein sehr hoher Anteil, über 90 Prozent, der Alleinerziehenden Frauen sind. Deswegen kommt hier der Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine große Bedeutung bei.

[Wolfgang Brauer (LINKE): Es werden immer weniger bei der SPD!]

Diese Zahlen zeigen, sehr geehrte Frau Abgeordnete, dass wir auf gutem Wege sind, dass die gleichstellungspolitischen Ziele des Senats auch hier fruchten. Aber wir sehen auch ganz deutlich gerade im Arbeitsmarktbereich, dass da noch einiges zu tun ist. Ich kann Sie nur ermuntern. Im Internet steht unser Datenreport zur Verfügung. Schauen Sie rein! Ich denke, das ist auch für das Parlament sehr interessant, mit diesen transparenten Zahlen zu arbeiten. – Danke schön!

Vielen Dank! – Frau Czyborra, wollen Sie eine Nachfrage stellen? – Dann haben Sie das Wort, bitte schön!

Danke! – Diese Entwicklung der Alleinerziehenden ist ja wirklich sehr auffällig. Da wollte ich noch mal fragen, welche Unterstützung für diese spezielle Zielgruppe, es sind ja überwiegend Frauen, ganz konkret aus diesen Zahlen abgeleitet wird. – Danke!

Bitte schön, Frau Senatorin!

In der Tat, das Thema Alleinerziehende ist gerade für Berlin sehr wichtig. Ein Drittel der Kinder wächst bei Eltern auf, die nicht in ehelichen oder anderen Partnerschaften leben, sondern alleinerziehend sind. Das heißt, dass wir hier ein Augenmerk hinlenken müssen. Sehr interessant ist, dass bei den Alleinerziehenden ein sehr hoher Anteil im SBG-II-Bereich ist. Deswegen haben wir uns ein Bundesprogramm angeschaut. Das war ein Modellprogramm, wo gezielt mit alleinerziehenden jungen Frauen gearbeitet worden ist, um sie in Ausbildung und in Arbeit zu unterstützen. Die Ergebnisse sehen sehr gut aus. Es ist schade, wenn erfolgreiche Bundesmodelle auslaufen. Deswegen sind wir gerade dabei, im Rahmen des Berliner Jobcoachings einen Schwerpunkt bei alleinerziehenden Frauen zu setzen, damit sie gezielt Unterstützung bekommen. Das ist nämlich, denke ich, eine ganz wichtige Zielgruppe. Das werden wir auch im Rahmen von „Berlin-Arbeit“ berücksichtigen.

Vielen Dank! – Die nächste Nachfrage hat Frau Kollegin Kofbinger. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Ich möchte auf dieses Thema noch mal eingehen. Wir haben es ja in der „taz“ gelesen. Da steht: „Berlinerinnen sind billiger zu haben“. Das ist natürlich eine Überschrift, die mich als Frauenpolitikerin meiner Fraktion nicht besonders glücklich macht.

[Zuruf von den PIRATEN: Zu Recht!]

Zu Recht, natürlich. – So kann es nicht weitergehen. Deshalb habe ich auch noch mal eine Frage zu der Lohn- bzw. Entgeltgleichheit. Sie haben ja gesagt, Sie haben den EG-Check jetzt bei den Berliner Wasserbetrieben durchgeführt und sind zu der großartigen Erkenntnis gekommen, dass dort gleich bezahlt wird. Ich habe gleich Kontakt aufgenommen und die zuständige Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte befragt. Sie meinte, ja, das stimmt; allerdings wurden nur die Grundgehälter geprüft und nicht die Gratifikationen, Zulagen etc., die auch gezahlt werden. Haben Sie denn vor, dass Sie in Zukunft, wenn Sie einen EG-Check machen, diesen Fehler ausmerzen und sich selbstverständlich auch damit beschäftigen, damit man wirklich valide Zahlen bekommt und nicht nur annähernd valide Zahlen?

Frau Senatorin, bitte schön!

Ich bin froh, dass die Berliner Wasserbetriebe überhaupt einen EG-Check durchgeführt haben. Deswegen betone ich das positiv. Ich denke, Sie unterstützen das auch. Denn erstmalig wurde die Transparenz überhaupt hergestellt. Vor allem wissen wir jetzt, wie es methodisch geht, wenn man einen EG-Check in einem Unternehmen durchführt. Die Kritik, die Sie hier angemerkt haben, wird in der weiteren Bewertung mit berücksichtigt werden. Aber so habe ich das Verfahren auch verstanden, dass man erst mal ein Beispiel hat, woran man dann schauen kann, wie praktikabel das ist und wo es eventuell noch mal Ergänzungswünsche gibt. Insofern ist der Erkenntniswert auch mit Ihrer Nachfrage sehr eindeutig. Mit diesem Erkenntniswert kann man weiter mit den Ergebnissen auch der Berliner Wasserbetriebe arbeiten. Ich wünsche mir – das ist ein Wunsch, es ist gesetzlich nicht vorgeschrieben –, dass auch andere Unternehmen diesem Beispiel folgen. Wie gesagt, in der öffentlichen Verwaltung haben wir diese Erfahrung auch noch nicht gemacht. Da möchte ich gern mit gutem Beispiel vorangehen und bei mir in der Verwaltung anfangen.

Vielen Dank!

Dann kommen wir zur Frage Nr. 2 des Kollegen Roman Simon von der CDU

Pfandsystem und Mülleimer für gebrauchte Spritzen