Protocol of the Session on May 16, 2013

Lieber Kollege Wolf! Thema Transparenz: Sie wissen, dass es in diesem Haus einen Hauptausschuss gibt. Der hat gerade zum Thema Berlin-Energie, Stadtwerke, Kriterien – wer war da? Der Chef des Bundeskartellamtes? Der Netzagentur? – debattiert. Diese waren hier im Abgeordnetenhaus zu Gast. Mit diesen wurde ganz öffentlich diskutiert. Waren Sie eigentlich dabei?

[Zuruf]

Doch? Gut. Ich wollte nur fragen. Das war meine erste Frage. Sie tun im Augenblick so, als wäre es eine absolute Blackbox, zu der bislang niemand Einblick gehabt und niemand eine Diskussion geführt hätte.

Zweiter Punkt: Beim Vergleich

[Uwe Doering (LINKE): Ihr habt in geschlossener Sitzung diskutiert!]

ach, Kollege Doering! – der Stadt Stuttgart mit der Stadt Berlin gibt es ein, zwei nicht nur Größenunterschiede zu beachten, sondern vielleicht auch die Frage: Wer bewirbt sich um solch ein Netz? Sie wissen – wir sehen das positiv –, dass sich auch so etwas wie Bürgerenergie Berlin dort bewirbt.

[Torsten Schneider (SPD): Wie viel Stimmen habt Ihr denn gesammelt?]

Da müssen Sie genauso wie alle anderen die Frage beantworten: Ist es noch möglich, letzte Kriterien öffentlich zu diskutieren, wenn ein Teil der Bürgergesellschaft – was legitim und schön ist –, sich darum bewirbt, das in

Länge und Tiefe auszudiskutieren, wenn Sie ein rechtssicheres und diskriminierungsfreies Verfahren sicherstellen wollen? Die Frage, Kollege Wolf, muss doch zumindest erlaubt sein.

[Harald Wolf (LINKE): Ist es!]

Sprechen Sie es doch nicht dem Finanzsenator ab, dass nicht mit den Beamtinnen und Beamten in der Verwaltung und der externen Expertise der Rechtsanwaltskanzlei intensiv geprüft wurde,

[Steffen Zillich (LINKE): Gibt es eine Vertraulichkeitsklausel?]

um es abzuschließen! Wir stehen als SPD-Fraktion, so wie bisher auch und hoffentlich gern auch noch weiter, für das Stichwort Transparenz ein. Nur weil bisher etwas nicht veröffentlicht ist – – Wer hat im Verfahren ganz klar gesagt, wer bewirbt sich um die Netze? – Da hat der Finanzsenator, sobald es möglich war, vor allen erklärt, welche Firmen das sind. Das war eine Transparenz, die Sie sich vor einiger Zeit noch gar nicht vorstellen konnten!

[Harald Wolf (LINKE): Dann will ich es sehen!]

Wir machen das. Unsere Bitte heißt weiterhin: In dem Moment, in dem Sachen veröffentlicht werden können, sind sie komplett in die Öffentlichkeit zu bringen. Dafür stehen wir als SPD-Fraktion weiterhin ein. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD]

Ich danke auch! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Kollege Schäfer das Wort. – Bitte, Herr Kollege Schäfer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Buchholz! Sie haben einen wahren Satz gesagt, nämlich, dass der SPD-Parteitagsbeschluss zum Stadtwerk schon Jahre zurückliegt. Das war richtig.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Weil viele schon einnicken, wenn der Begriff „Konzessionsvertrag“ fällt, weil er so langweilig klingt, möchte ich nur kurz erklären, worum es geht: Mit dem Konzessionsvertrag regelt das Land, wer das Land unter öffentlichem Straßenraum nutzen darf, um dort Leitungen liegen zu haben. Das ist ein Hebel, denn wer dieses Recht bekommt, kann auch das Eigentum an diesen Netzen erwerben. Diese Vergabe findet nur alle 15 bis 20 Jahre statt.

Wir haben schon 2007 beantragt, den Konzessionsvertrag vorzeitig zu kündigen. Das hat damals leider noch keine Mehrheit gefunden. Jetzt sind sich alle einig: Wir wollen

die Gestaltungsmöglichkeiten, die es da gibt, nutzen. Die sind recht vielschichtig. Man kann sich nicht nur entscheiden, wer es ist, sondern man kann auch entscheiden, wie das Netz betrieben werden soll – bis hin zum Anteil der Elektroautos an der Fahrzeugflotte des Netzbetreibers kann da Einfluss genommen werden. Man hat weitere Einflussmöglichkeiten, wenn auch begrenzte, über die Vergabekriterien, man hat weitere Einflussmöglichkeiten im Falle einer Beteiligung über Kooperationsverträge, Konsortialverträge. All das hat der Senat im Entwurf an alle Unternehmen geschickt – und nicht veröffentlicht. Darum geht es in dieser Debatte.

Es geht anders. Herr Nußbaum, das wollen wir heute von Ihnen wissen. Das ist das Thema dieser Aktuellen Stunde und des Antrags „Öffentliche Debatte um die Zukunft der Energienetze ermöglichen“. Drei Gründe, warum wir Sie bitten, diesem Antrag zuzustimmen:

[Torsten Schneider (SPD): Er soll das?]

Erstens ist es sinnvoll, zweitens ist es rechtlich möglich und drittens ist es im Sinne des Parlaments.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Es ist sinnvoll, weil wir in dieser Stadt sehr viele Menschen haben, die sich ganz intensiv mit den kleinsten Details beschäftigen, etwa dem, wie man eine Ausbildungsquote über das Kriterium Versorgungssicherheit hineinbringen kann. Das interessiert die Beschäftigten, und die würden da gern mitreden. Es gibt Leute, die beschäftigen sich seit vielen Monaten intensiv mit Transparenzregeln, die man dem künftigen Netzbetreiber auferlegen soll. Wir möchten, dass diese Menschen ihre Expertise einbringen können, und wir sind überzeugt: Berlin kann nur davon profitieren, wenn wir diese Debatte öffentlich führen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Das Zweite ist: Eine öffentliche Debatte ist rechtlich möglich, sie ist zulässig. Uns hat das Kartellamt gesagt, dass aus seiner Sicht nichts dagegen spricht, es gibt Studien – Herr Nußbaum, Sie können jetzt sagen: Was interessieren mich Studien? Es gibt für alles ein Rechtsgutachten, dass es möglich ist. –, aber dieser Rechtsgutachter ist zufällig genau die Kanzlei, die sie mit der Begleitung des Konzessionsverfahrens beauftragt haben. Die sind ja wohl nach Ihrer Auffassung glaubwürdig. Sie können jetzt alle Vertragsentwürfe, Kriterienentwürfe für den Konzessionsvertrag, für den Kooperationsvertrag, alles veröffentlichen und mit den Menschen in dieser Stadt besprechen, diskutieren, verändern und besser machen. Das wollen wir hier beschließen – mit Ihnen zusammen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Das Dritte ist: Die Geheimhaltungspolitik dieses Senats ist nicht im Interesse des Abgeordnetenhauses.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Wir alle hier müssen am Ende beschließen, ob wir einem Konzessionsvertrag zustimmen oder nicht. Der Senat stellt sich das so vor: Er hat einen Vertragsentwurf fertig gemacht, hat nach diesen Verfahren einen Vertragspartner ausgewählt, und dann dürfen wir Ja sagen. Der Senat hat sogar die Rechtsauffassung vertreten, wir dürften gar nicht Nein sagen, wir müssen Ja sagen. Gerade wenn es so ist – ein bisschen Wahres ist daran –, dann muss doch das Parlament verdammt noch mal die Möglichkeit haben, zumindest die Vergabekriterien mit zu diskutieren und mit zu beeinflussen. Dazu fordern wir Sie auf!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Herr Nußbaum! Sie sind im Senat für das Vergabeverfahren zuständig, das auch Thema dieser Aktuellen Stunde ist. Warum behaupten Sie, dass es nach dem Beschluss des Senats noch nicht einmal möglich ist, diese ganzen Papiere zu veröffentlichen, wo es in anderen Städten schon davor passiert? Warum legt der Senat 200 Seiten Vertrags- und Zahlenwerk uns Abgeordneten hier in den Datenschutzraum, wo es in anderen Städten im Internet veröffentlicht wird? Warum dürfen Stuttgarts Gemeinderäte ihre Kommentare zu den Vertragsentwürfen in Blogs und Zeitungsartikeln veröffentlichen, und wir müssen unsere Notizen, die wir uns im Datenraum machen, dort lassen und im Tresor einsperren lassen? Wir müssen uns doch als Parlament diesen Umgang, der keine rechtliche Grundlage hat, nicht länger bieten lassen!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Herr Graf! Sie selbst haben im letzten Jahr im „Tagesspiegel“ gesagt:

Bürgerbeteiligung sichert Berater und Begleiter anstelle von Wutbürgern.

Hier haben Sie eine Möglichkeit, das umzusetzen. Ihr Parteifreund Schuster hat das in Stuttgart vorgemacht. Haben Sie den Mumm und stimmen Sie diesem Antrag von Linken und Grünen zu, denn dieser Antrag ist genau das, was diese Beteiligung ermöglicht!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Herr Schneider und Herr Saleh stehen beim Energietisch im Wort.

[Torsten Schneider (SPD): Was?]

Herr Saleh hat dort Transparenz versprochen. Jetzt reicht es nicht, Herr Buchholz, einfach zu sagen: Die Bundesregierung muss irgendetwas für Transparenz tun. – Sie selbst haben die Verantwortung, ein transparentes Verfahren zu organisieren und den Senat dazu zu zwingen, diese Unterlagen zu veröffentlichen, sodass jede Berlinerin und jeder Berliner, die oder der sich dafür interessiert, mitreden und ihre guten – oder vielleicht auch weniger guten – Vorschläge einbringen kann. Welche dann gut sind oder nicht, können wir immer noch entscheiden. Das

Entscheidende ist: Je mehr Leute sich einbringen können, um so besser kann es nur werden. Das wäre im Sinne von Berlin. Deshalb bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Kollege Schäfer! – Für die Fraktion der CDU erteile ich jetzt dem Kollegen Melzer das Wort. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die große Koalition hat einen klaren, gemeinsamen Fahrplan, was die Energiepolitik in Berlin anbetrifft. Wir wollen die klimaneutrale Stadt 2050, wir unterstützen als Metropole die Energiewende,

[Benedikt Lux (GRÜNE): 2060!]

wir denken über ein Stadtwerk nach und wir stellen sicher, dass es ein transparentes, diskriminierungsfreies Ausschreibungsverfahren für die Gas- und Stromnetze geben wird. Genau über dieses diskriminierungsfreie Verfahren wollen Sie heute reden. Dabei ist ausdrücklich offen, wer das Netz künftig betreiben wird.

[Harald Wolf (LINKE): Es gilt das gesprochene Wort!]