Protocol of the Session on May 16, 2013

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Zillich?

Nein, im Augenblick nicht. – Danke schön!

Gar keine Zwischenfragen? – Danke!

Dritte große Frage:

[Martina Michels (LINKE): Sie hätten Herrn Wolf einmal zuhören müssen!]

Hören Sie doch einmal einen Moment zu; dann können wir gern diskutieren. – Wird der Übergang vom Netzbetreiber – das ist einmal die GASAG und einmal Vattenfall – zeitnah und vor allem zu einem angemessenen Preis erfolgen, wenn dann ein Neuer das Netz erhält? Das ist eine Frage, die wir uns wirklich einmal stellen sollten.

Eine ganz wichtige Frage für uns als SPD und für uns als Koalition ist: Was passiert eigentlich mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern? Ist sichergestellt – und wie kann es weitestgehend sichergestellt werden –, dass sie weiter beschäftigt werden und nicht in ein schwarzes Loch fallen? Ist eine Bestandsgarantie möglich? Wie können wir das sicherstellen?

Die fünfte große Frage ist, wie das Land Berlin neben den Netzfragen sicherstellt, dass wir uns mit einem eigenen Stadtwerk, das sich in die Produktion und Vermarktung von Strom, von ökologisch produziertem Strom begibt, auch zukunftsfähig aufstellen. Das sind die fünf großen Fragen. Leider, Herr Kollege Wolf, sind Sie darauf nur sehr am Rand eingegangen. Das ist bedauerlich.

[Uwe Doering (LINKE): Das ist auch nicht das Thema!]

Lesen Sie einmal Ihre eigene Überschrift, die wir hier gefunden haben!

[Dr. Manuela Schmidt (LINKE): Es geht nicht um Überschriften, sondern um Inhalte!]

Genau! Ich möchte noch kurz auf die Punkte der echten großen Herausforderung eingehen, die ich gerade genannt habe. 1. Konzessionsverfahren: Wir sind mit Abstand die größte Stadt. Wir haben die größten Gas- und Stromnetze. Es gibt einen wirklich sehr verantwortlichen Umgang der Finanzverwaltung mit diesem Verfahren. Das bitte ich einmal zu sehen.

Wir haben vom bisherigen Netzbetreiber – nehmen wir einmal das Stromnetz Vattenfall – alle – ich glaube zumindest die Energiesprecher – ein ganz dickes InfoTelefonbuch bekommen. Es enthält viele tolle Informationen. Vattenfall sagt, dass sie über das hinaus, wonach sie nach dem Gesetz verpflichtet sind, handeln. Wir sagen aber klar, dass wir uns das intensiv angeschaut haben. Unsere Fraktion und unsere Arbeitsgruppe Daseinsvorsorge sagen klar, dass wir klarere und detailliertere Informationen über die tatsächlichen Erträge in den Gesellschaften und Tochtergesellschaften der Vattenfall Netzservice GmbH benötigen. Das gilt auch für deren Personalstruktur – sind dort 1 000 oder 1 500 Leute tätig? Wir müssen dort bundespolitisch vorwärtsgehen, um auf der

Bundesebene Gesetze zu ändern und mehr Transparenz zu schaffen. Es kann nicht sein, dass derjenige, der bisher das Netz hat, dies praktisch mitbringt und der beste Bewerber sein kann, weil er der Einzige ist, der die wahren Daten kennt. Wo wird Geld verdient? Wo wird wirklich Personal eingesetzt? Wir möchten gern mit Ihnen zusammen kämpfen, diese Transparenz zu erlangen.

[Beifall bei der SPD]

Gestern ist, das hat Herr Kollege Wolf, völlig zu Recht angesprochen, bekanntgegeben worden: Ein hochkompetenter Mensch wird bei Berlin-Energie für das Land Berlin die Geschäfte führen. Glückwunsch an Senator Müller! Das ist eine Auswahl, um die uns andere noch beneiden werden. Der Mann kennt sich mit dem Thema Stromnetz wirklich aus. Er war einer derjenigen, der die elektrische Wiedervereinigung in Deutschland bei den deutschen Stromnetzen aktiv gestaltet und nicht zugeschaut hat.

[Dr. Manuela Schmidt (LINKE): Elektrische Wiedervereinigung?]

Ja, die elektrische Wiedervereinigung. Es ging um die elektrische Wiedervereinigung der Stromnetze. Lesen Sie einmal den Lebenslauf von Herrn Nelden. Sie werden beeindruckt sein.

Dann gibt es bei der Senatsverwaltung ein neues Sonderreferat. Es heißt Klima und Energie. Es begleitet und unterstützt diesen ganzen Bewerbungsprozess aktiv. Dann haben wir die ernsthaften Bewerbungen um das Gas- und um das Stromnetz, an denen aktiv gerade gearbeitet wird. Im Verfahren sind wir als Land Berlin einer der Bieter. Ich hoffe und glaube, dass wir nicht die Schlechtesten sind. Wir werden dafür sorgen müssen, dass diese Bewerbungsarbeiten im nächsten Haushalt noch mehr mit Geld untersetzt werden. Wenn man einen solchen Betrieb aufbaut, benötigt man auch Geld dafür. Es handelt sich um Beträge im Millionenbereich. Wir sind bereit, diese bereitzustellen.

Ein dritter ganz wichtiger großer Punkt: Wenn nicht der bisherige Netzinhaber die Konzession bei Gas oder bei Strom gewinnt, wird die Frage sein, was der Spaß im Übergang für den Neubetreiber kostet. Es kann nicht sein, dass die Firma Vattenfall sagt, dass der Sachzeitwert von 3 Milliarden Euro der aktuelle Wert des Berliner Netzes ist. Wir glauben gerade im Vergleich zu anderen Großstädten – Hamburg hat es gezeigt –, dass wir eher bei einem Wert von rund 1 Milliarde Euro sind und nicht bei 3 Milliarden Euro. Wenn wir uns den Ertragswert anschauen, das, was das Bundesgesetz selbst definiert, kann es auch einen fairen Wettbewerb um dieses Netz geben. Ansonsten wird das sehr schwierig. Uns geht es darum, die gesetzlichen Pflichten, die der bisherige Netzbetreiber hat, penibel eingehalten zu sehen.

Ein ganz wichtiger weiterer Punkt betrifft die Arbeitnehmerrechte. Für uns ist das ein wichtiger und elementarer

(Vizepräsident Andreas Gram)

Teil. Dort sind rund – sagen wir einmal – 1 000 oder vielleicht gar 1 500 Menschen im Netzbereich bei Vattenfall beschäftigt. Wir können leider nur durch die bundesgesetzliche Grundlage des § 613a BGB – Betriebsübergang – sichern, dass es ein Jahr Übergang auf einen neuen Betreiber geben wird, wenn es einen gibt. Da gelten die bisherigen Beschäftigungskonditionen. Danach gibt es leider kein spezielles Anrecht durch Bundesrecht.

Wir wollen und haben uns auch im Rahmen der Vergabekriterien dafür eingesetzt zu sagen, dass jeder neue Betreiber, der in Berlin ein Gas- oder ein Stromnetz betreiben will, sicherstellen muss, dass es eine Tarifbindung gibt. Wer unter Tarif bezahlt, muss sich in Berlin eigentlich nicht um Netze bewerben. Uns geht es darum, dass die vorhandenen Beschäftigten ein Know-how haben, jeder neue Bewerber braucht sie. Und sie wollen wir mit aller Kraft auch in einem neuen Unternehmen sehen. Wir werden uns weiterhin sehr dafür stark machen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wie stehen wir beim Thema Stadtwerke wirklich da? – Wir stehen viel besser da, als Sie, Kollege Wolf, als Sie noch Wirtschaftssenator waren. Das möchte ich ganz klar festhalten.

[Beifall von Heiko Melzer (CDU)]

Sie wissen ganz genau – der SPD-Parteitagsbeschluss ist schon Jahre her –,

[Lachen bei der LINKEN]

dass wir gesagt haben, mehr öffentliche Verantwortung zu wollen,

[Zurufe von der LINKEN]

nicht nur im Bereich der Stromnetze, sondern auch bei Produktion und Vertrieb. Wir haben das als Koalition vereinbart.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Wer hat den Hund zum Jagen getragen?]

Ganz konkret: Ich kann immer wieder nur fragen – Kollege Schäfer wird hier auch gleich eine Tirade loslas- sen –, wo ein einziger Oppositionsantrag zur konkreten Ausgestaltung für diese Stadtwerke ist.

Sie müssten bitte zum Ende kommen, Herr Kollege!

Gleich, Herr Präsident! – Wo ist Ihr konkreter Antrag? Sie haben einen zweiseitigen Antrag mit einem Fragenkatalog produziert. Diese Koalition hat im Dezember zwei ganz konkrete Anträge zur Änderung der Haushaltsordnung, des Betriebegesetzes und die Geschäftsleitlinien für ein Stadtwerk vorgelegt.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Roman Simon (CDU)]

Wo sind Ihre Anträge? Wir sind zehnmal weiter.

[Martina Michels (LINKE): Das ist Ihre Aufgabe!]

Jetzt müssen Sie enden!

Ich kann nur einen letzten Satz sagen: Wir brauchen für dieses Stadtwerk ökologisch produzierten Strom. Wir haben – auch der Fraktionsvorsitzende der SPD Raed Saleh und ich – mit dem Chef zusammengesessen.

Herr Kollege! Ein Satz ist kurz.

Wir wollen auf eigenen Flächen Strom mit Windrädern produzieren. Wir werden diese Chance auch wahrnehmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Joachim Esser (GRÜNE): Können Sie sich noch an 2006 erinnern?]

Danke schön! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt der Kollege Harald Wolf. – Bitte sehr!

Kollege Buchholz! Das war ein interessanter Beitrag über alle interessierenden Fragen im Zusammenhang mit der Rekommunalisierung der Energieversorgung. Diese Fragen sind uns allen bekannt. Wir haben sie auch an anderer Stelle immer wieder diskutiert. Es sind auch von Ihnen viele Fragen aufgeworfen worden. Zu dem Thema aber, das hier zur Debatte steht, zu dem ich gesprochen habe und zu dem ein Antrag unserer Fraktion sowie der Fraktion der Grünen vorliegt, welche Transparenz im Vorfeld der Festlegung der Wertungskriterien und damit einer zentralen Frage, welche Aufgabe, welche Zuständigkeiten, welche Transparenzregelungen, welche Form der Bürgerbeteiligung und Weiteres vom zukünftigen Netzbetreiber verlangt werden, und auch zu dem Thema, das Sie lange angesprochen haben und das ich völlig teile – die Frage der Arbeitnehmerrechte – frage ich Sie, wo die Arbeitnehmer und wo die Gewerkschaften gegenwärtig die Möglichkeit haben, über den Entwurf der Wertungskriterien des Senats und der Frage der Regelung, wie der Übergang organisiert, welche Arbeitnehmerrechte bei dem neuen Netzbetreiber existieren sollen und wo sie die

Möglichkeit haben, diskutieren können und wo sie die Information bekommen, was vonseiten der Senatsverwaltung für Finanzen geplant wird. Wir vertreten die Auffassung, dass eine öffentliche Diskussion mit den verschiedenen Interessengruppen den Senat und auch die Koalition nicht zwangsläufig dümmer machen muss – übrigens auch uns nicht. Es kann uns allen nur nutzen.

Es gibt keinen Zwang, die vorgelegten Vorschläge vom Senat zu übernehmen. Das muss er dann selbst abwägen und entscheiden. Dafür plädieren wir. Dazu hätte ich gern einmal von der sozialdemokratischen Fraktion gehört, ob sie mehr oder weniger Transparenz wollen, als in Stuttgart unter einer CDU-Regierung möglich war. Auf diese Antwort warte ich noch.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Steffen Zillich (LINKE): Gibt es eine Vertraulichkeitsklausel? ]

Danke schön! – Das Wort zur Erwiderung hat noch einmal der Kollege Buchholz. – Bitte sehr!