Protocol of the Session on November 24, 2011

Das wird man vielleicht im Laufe dieser Legislaturperiode sehen, aber ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass auch Sie zur Einsicht kommen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Für die Fraktion der CDU hat der Abgeordnete Melzer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich versuche es mal weniger laut, aber dafür vielleicht mit dem einen oder anderen inhaltlichen Zungenschlag. Die Linke beglückt uns hier mit einem weiteren Antrag aus der Kiste „Zehn Jahre regiert, dort nicht durchgesetzt“. Vor zwei Wochen war es das Straßenausbaubeitragsgesetz, das Sie abschaffen wollten – CDU und SPD werden es jetzt abschaffen –, und jetzt ist es das Vergabegesetz, über das Sie hier diskutieren wollen.

[Uwe Doering (LINKE): Wird auch Zeit! – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Haben Sie gut gemacht!]

Hier zählt auch, Herr Albers: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich möchte gern erst einmal zitieren und dann weiter fortfahren. – Dort steht nämlich drin:

Die Koalition hält an dem Vergabegesetz fest. Der Senat soll künftig in regelmäßigen Abständen einen Vergabebericht vorlegen, der die Wirkung des Gesetzes sowie die Arbeit der Vergabestellen und der im Gesetz vorgesehenen Kontrollkommission untersucht. Auf dieser Grundlage soll eine Evaluierung in den nächsten zwei Jahren durchgeführt werden. Der im Vergabegesetz festgeschriebene

Mindestlohn für öffentliche Aufträge wird durch den neuen Senat auf 8,50 Euro angehoben.

Zusammengefasst bedeutet das: Das Vergabegesetz bleibt, der Vergabebericht kommt, das Entgelt von 8,50 Euro kommt, die Kontrollkommission kommt, und die Evaluierung des Gesetzes kommt.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

Ich würde ganz gern auf eine Zwischenfrage verzichten wollen.

Sehr wohl!

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Sie sollen sie ja auch beantworten!]

Vielleicht hören Sie zu, und dann ist es möglich, dass sich Ihre Fragen erübrigen, denn immerhin ist es so, dass die Forderungen, die Sie hier gestellt haben, mit dem, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, obsolet sind. Die Koalition hat sich auf all diese Positionen geeinigt, und wir werden diese Punkte auch in die gesetzliche Umsetzung des Koalitionsvertrages bringen, dies sicherstellen, partnerschaftlich und in Verantwortung für Berlin.

Sie hätten lange Zeit gehabt, den Mindestlohn auf 8,50 Euro pro Stunde anzuheben, über eine Verordnung, die der Senat hätte zustimmend zur Kenntnis nehmen müssen. Wir werden unsere Entscheidungen zum Mindestlohn zukünftig an objektiven Kriterien ausrichten, an sich verändernder wirtschaftlicher und sozialer Dynamik und deren Verhältnissen. Wir werden die Sozialpartner, die Arbeitgeber- und die Arbeitnehmervertretungen in diesen Prozess einbinden. Auch das haben wir vereinbart, auch das ist richtig, und das müssten Sie eigentlich auch unterstützen. Vertrauen in die Gewerkschaften und in die Arbeitergeberverbände sollten wir alle in diesem Haus haben.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Grundsätzlich gilt für uns weiterhin: Derjenige, der arbeitet, soll mehr bekommen als derjenige, der nicht arbeitet, und jeder soll von seiner Hände Arbeit leben können. Auch da benötigen wir nicht Ihre Nachhilfe.

Die CDU hat auf ihrem Bundesparteitag kürzlich eine Lohnuntergrenze für all jene Arbeitnehmer beschlossen, die bislang ohne tarifliche Vereinbarung arbeiten. Wir vertrauen darauf, dass die Tarifvertragsparteien in ihrer Verantwortung eine Lohnuntergrenze definieren und festlegen, und zwar branchenspezifisch und mit regionalen Unterschieden. Damit hat zukünftig jeder und jede Arbeit eine Lohnuntergrenze, weil es uns wichtig ist, dass jeder von seiner Arbeit leben kann.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Gleichzeitig wissen wir, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften ihre jeweiligen Märkte und Voraussetzungen für die Lohnhöhen sehr genau kennen. Deswegen binden wir auch die Sozialpartner bei zukünftigen Entscheidungen ein, und deswegen haben wir auch in der Koalitionsvereinbarung entschieden, dass die Sozialpartner in diesen Absprachen anzuhören und zu beteiligen sind.

Die Linke gibt in einem weiteren Antrag vor, dass die verstärkte Kontrolle des Vergabegesetzes für sie von besonderer Bedeutung ist. Herr Wolf! Als wir in den Haushaltsberatungen und im Wirtschaftsausschuss in den vergangenen Jahren immer wieder eine Stärkung der Kontrollinstanzen forderten, haben Sie das abgelehnt. Sie hörten sich da noch ganz anders an.

[Harald Wolf (LINKE): Sie sollen nicht lügen!]

Es ist schon eigenartig, wie sich die Zeiten ändern.

Sie formulieren hier, dass eine Kann-Bestimmung verändert werden soll. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass im derzeit geltenden Vergabegesetz die KannBestimmung überhaupt nicht enthalten ist. Hier steht: „Der Senat richtet dazu eine zentrale Kontrollgruppe ein.“ Das war Ihre Verantwortung, Herr Wolf. Es wäre dienlicher gewesen, an diesem Punkt in der Regierungszeit zu handeln, als heute nur zu fordern.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Harald Wolf (LINKE): Die Vorlage ist so beschlossen worden!]

Zusammenfassend stelle ich fest, dass wir ein Vergabegesetz benötigen. Wir brauchen ein Vergabegesetz, das sich dynamisch entwickeln kann, dessen Wirksamkeit nach einiger Zeit überprüft, das nachgebessert und an die Realität angepasst werden kann. Das werden wir in unserer Evaluation des Vergabegesetzes sicherstellen. Das gilt auch für die Überprüfung der Kontrollinstanzen sowie der Sanktionen. Sie werden uns allerdings gestatten, die gerade ausgehandelten Vereinbarungen zwischen CDU und SPD mit der nötigen Besonnenheit und Verantwortung selbst umzusetzen,

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Was heißt das denn?]

wie es die Überschrift unserer Koalitionsvereinbarung vorgibt: Berliner Perspektiven für starke Wirtschaft, gute Arbeit im sozialen Zusammenhalt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat Frau Abgeordnete Matuschek. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Melzer! Bei dem Vorwurf, es hätte mit der Kontrolle nicht so richtig funktioniert, haben Sie offensichtlich in der letzten Legislaturperiode nicht so wirklich zugehört. Es ist an Ihrem jetzigen Koalitionspartner SPD gescheitert. Ich bin gespannt, wie Sie als CDU die Kontrolle durchsetzen werden. Wir werden Sie gemeinsam daran messen, sowohl die SPD als auch Sie als CDU.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Herr Melzer! Ich hatte eigentlich nur eine einzige Frage. Wann nehmen Sie die Anpassung auf 8,50 Euro vor? Sie haben uns hier lang und breit erklärt, was Sie gemeint haben, im Koalitionsvertrag verankert zu haben. Mir ist daraus sehr deutlich geworden, dass Sie das auf die lange Bank schieben werden. Sie wollen erst ein Evaluationsverfahren. Dann wollen Sie ein Anhörungsverfahren. Dann wollen Sie das noch einmal mit den Lohnuntergrenzen vergleichen sowie vieles andere mehr. Am Ende kommt ein Gesetzesverfahren irgendwann einmal heraus, vielleicht einmal in zwei Jahren.

Wir sagen hier, dass eine Unterschrift des Regierenden Bürgermeisters reicht, der heute auch wieder gewählt wurde. Eine Unterschrift reicht, und das Ding ist dieses Jahr umgesetzt. Das ist die Forderung.

[Beifall bei der LINKEN]

Herr Melzer, möchten Sie erwidern? – Bitte sehr!

Meine Damen und Herren! Frau Matuschek! Herr Esser! Zehn Jahre werden wir mit Sicherheit nicht brauchen.

[Wolfgang Brauer (LINKE): Nun sagen Sie schon, wann Sie es machen. Geben Sie sich einen Ruck!]

Sie hatten diese Zeit und haben sie nicht genutzt. Diese Zeit werden wir nicht benötigen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): So viel Zeit haben Sie auch nicht!]

Für die Piratenfraktion hat der Abgeordnete Reinhard das Wort. – Bitte!

[Uwe Doering (LINKE): Dann mal los!]

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt haben alle Fraktionen die Bälle hin und her gespielt. Nun sind auch die Piraten mit ihrem Senf an der Reihe.

Das Vergaberecht: Die Stoßrichtung des Antrags ist gut und durchaus unterstützenswert. Leider ist die Forderung zu allgemein gehalten. Wir würden gern noch einige Punkte hinzufügen.

[Uwe Doering (LINKE): Gern!]

Das Problem an dieser Stelle ist, dass nicht nur bei den Vergabestellen, sondern auch bei den Richtlinien und gerade im Antrag die genannten Aspekte Soziales, Ökologie und Frauenförderung zwar enthalten sind, uns jedoch noch einige Aspekte fehlen, vor allem die Themen Transparenz, Korruptionsbekämpfung und Rechtsstaatlichkeit, wozu ich jetzt einiges sagen werde.

Im Bereich der Transparenz sind die Unterschwelligkeitsbereiche ganz wichtig. Es müssen auch die Grenzen vor dem Konjunkturpaket II abgesenkt werden. Ganz wichtig ist aber auch die Transparenzpflicht im Unter- und Oberschwellenbereich. Dies ist auch eine Forderung aus dem Piratenwahlprogramm. Ein Offenlegen der Verträge sowie der Verhandlungen, die zur Vergabe geführt haben, ist wichtig. Die Nachvollziehbarkeit der Vergabeentscheidungen stärkt auch die Vertrauenskultur und Vertrauensbasis in die Politik und in die Verwaltung.