Protocol of the Session on March 21, 2013

Das ist ein wesentlicher Grundsatz, zu dem wir uns bekennen und der von niemandem infrage gestellt wird. Die Initiative der Linken ist daher offensichtlicher Populismus und reine Angstmacherei.

[Beifall bei der CDU – Dr. Klaus Lederer (LINKE): Lesen Sie mal den Gesetzentwurf der Bundesregierung!]

Es geht der Bundesregierung und vielen Ländern darum, zukünftig besser ungerechtfertigte Prozesskostenhilfebewilligungen zu vermeiden und dem Missbrauch von PKH entgegenzuwirken. Mit anderen Worten: Nur derjenige, der auch wirklich bedürftig ist, soll diese staatliche Unterstützung erhalten. Deshalb müssen die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse stärker als bisher geprüft werden.

Auch scheint es aus meiner Sicht gerechtfertigt, ohne dabei de facto den Zugang zum Recht abzuschaffen, die Empfänger dieser Leistungen stärker an der Finanzierung zu beteiligen. Ferner kann der Maßstab für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur der „vernünftig bemittelte Rechtsuchende“ sein, wie ihn das Bundesver

fassungsgericht nennt. Dieser wägt Kostenrisiko und Erfolgsaussichten vernünftig gegeneinander ab. Wenn man nun den Unbemittelten dem Bemittelten gleichstellt, kann das Gebot der Rechtsschutz- und Rechtswahrnehmungsgleichheit nicht verletzt sein, wie es hier von den Linken und den Grünen behauptet wird.

Im Kern geht es darum, die berechtigten Interessen der Länder an einer Kostensenkung und der Unterbindung von Missbrauch in einen angemessenen Ausgleich mit der Rechtschutz- und Rechtsweggarantie der Bürgerinnen und Bürger zu bringen. Ich bin davon überzeugt, dass die Fraktion der CDU/CSU im Deutschen Bundestag dies bei der weiteren Beratung beachten und einen vernünftigen, sachgerechten und sozialen Ausgleich erzielen wird.

Da der Bereich der Prozesskosten- und Beratungshilfe auch für Berlin eine große Rolle spielt und erhebliche Steuermittel bindet, bin ich auf die Beratung im Rechtsausschuss gespannt. Dort wird darzustellen sein, wie viel Haushaltsmittel das Land Berlin im Fall der Umsetzung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung einsparen kann. Dass dagegen Die Linke auch nur einen Fall wird nennen können, in dem einem vernünftigen bemittelten oder eben dem vernünftigen nicht bemittelten Rechtsuchenden, der auch tatsächlich mittellos ist, der Zugang zum Recht verwehrt wird, darf ich bereits jetzt bezweifeln. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Kollege Rissmann! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Kollege Dr. Weiß. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Manchmal muss man kurzfristig etwas umdisponieren. Ich wollte meine Rede nämlich mit dem gleichen Satz anfangen wie Herr Dr. Lederer vorhin:

[Sven Rissmann (CDU): Das wundert mich nicht!]

Vor dem Gesetz sind alle gleich. – Ich wollte noch weiter zitieren: „Vor dem Gesetz steht ein Türhüter.“ – Das ist der erste Satz der bekannten Parabel von Kafka „Vor dem Gesetz“. Es geht da auch ähnlich unerfreulich weiter.

[Beifall bei den PIRATEN]

Da gibt es doch einige unterschiedliche Vorstellungen, aber ich glaube, es ist in den vorherigen Redebeiträgen schon hinreichend klar geworden, welche Bedeutung die Prozesskosten- und Beratungshilfe dafür hat, dass unser Rechtsstaat und das rechtsstaatliche Prinzip des gleichen Rechtszugangs für alle nicht nur auf dem Papier steht.

Konkret zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung bzw. aus dem Haus der Bundesjustizministerin, die vor

hin von Kollegen Gram schon als linksliberal bezeichnet wurde: Ich will ihm zugestehen, dass er diese Zeit noch miterlebt hat. Dieser Gesetzentwurf spricht allerdings eine andere Sprache, was die konkreten Probleme darin, was die Freibetragsgrenze, was die Beiordnung in Scheidungsverfahren usw. angeht. Es gibt noch einige andere Punkte. Sie sind in dem Antrag enthalten. Man könnte sogar noch mehr nennen. Das wurde schon ausgeführt.

Wenn diese Gesetzänderung so durchkommt, bedeutet das eine erhebliche Erhöhung der Hürden zum Rechtszugang für einkommensschwache Menschen. Der Grund, auch das wurde schon angesprochen, aus dem diese Änderungen vorgenommen worden sind, sollen Kosten sein. Jetzt wurde behauptet, die Kosten wären explodiert. Wenn man sich mal die Statistik der Entwicklung der Prozesskosten- und Beratungshilfe mal anguckt, ist zumindest in den letzten Jahren nichts von einer Explosion zu sehen. Die Kosten waren ungefähr gleich. Über einen längeren Zeitraum gibt es eine Erhöhung, und wenn man sich fragt, was dafür der Grund ist, ist es sicherlich nicht der, dass Rechtsmissbrauch zum neuen Volkssport ausgerufen wurde, sondern sicherlich – ich zitiere direkt aus der Begründung des Gesetzentwurfs –:

die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zahlreicher Haushalte im Bereich der Geringverdiener.

Das ist eine ungewohnt ehrliche Ansage aus einem FDPgeführten Ministerium.

[Beifall bei den PIRATEN – Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

Herr Kohlmeier hat das vorhin anekdotisch bestätigt. – Das heißt, soweit es dort zu einer erhöhten Anzahl von Fällen gekommen ist, ist es das Ergebnis einer verfehlten Sozialpolitik auf Bundesebene. Es kann nicht sein, dass die dadurch entstehenden Kosten wiederum auf die Opfer dieser gleichen Politik abgewälzt werden.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Jetzt wurden hier zwei Argumente gebracht. Das eine war: Das ist ein Bundesthema. Dazu sollte sich Berlin nicht positionieren. – Es ist, glaube ich, aus der Diskussion schon hinreichend klar geworden, dass dies, auch wenn es ein bundespolitisches Thema ist, eines ist, das Berlin durchaus in besonderem Maße betrifft. Es betrifft Haushaltsmittel, die hier ausgegeben werden. Es ist nicht ohne Grund so, dass die Initiative zu diesem Gesetzentwurf ursprünglich, so verfehlt er von der Intention her auch sein mag, aus den Ländern kam. Natürlich ist das ein Thema, bei dem die Länder in besonderer Weise gefragt sind.

Zu dem zweiten Aspekt, der finanziellen Entlastung: Da muss man sich einmal konkret die Zahlen angucken. Da gehe ich jetzt mal von den Zahlen aus der Begründung

aus, von den Zahlen, die das Justizministerium selbst nennt. Da ist von einer Einsparung von bundesweit ungefähr 70 Millionen Euro die Rede. Gleichzeitig ist dort aber auch von einem erheblichen Personalmehraufwand in den Gerichten die Rede. Von der Personalsituation in der Berliner Gerichtsbarkeit will ich jetzt gar nicht erst anfangen. Da bliebe dann laut Begründung immer noch ein Überschuss von mindestens 10 Millionen Euro – wie gesagt, bundesweit. Rechnen wir diese 10 Millionen Euro anhand des Anteils der Prozesskostenhilfe, der in Berlin belegt wird, mal auf die Landesebene runter! Das ist unterdurchschnittlich, selbst pro Einwohner gerechnet. Da kommt man auf 300 000 Euro. Das ist wahrlich nicht das, womit man den Berliner Haushalt sanieren kann. Das sollte es auch nicht sein. Unserer Ansicht nach wäre das ein zu schäbiger Preis für einen Abbau von Rechtsstaatlichkeit. Deshalb unterstützen wir diesen Antrag.

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Uwe Doering (LINKE) und Dr. Klaus Lederer (LINKE)]

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Weiß! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Hier wird die Überweisung an den – kurz gesagt – Rechtsausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Dann kommen wir zu der

lfd. Nr. 4.2:

Priorität der Piratenfraktion

Tagesordnungspunkt 25

Gesetzliche Kennzeichnungs- und Legitimationspflicht für Dienstkräfte im Polizeivollzugsdienst im Land Berlin

Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/0880

Die Redezeit beträgt fünf Minuten, und der Kollege Höfinghoff hat das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich mit der Begründung unseres Antrags zur polizeilichen Kennzeichnungspflicht beginne, möchte ich kurz mein Bedauern für die Opfer des Hubschrauberunglücks am Olympia-Stadion ausdrücken. Die Piratenfraktion trauert mit den Angehörigen des Todesopfers und hofft mit den Angehörigen der Verletzten.

Zum Antrag: Eine Polizei, die den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber nahbar auftreten soll, muss menschlich erscheinen. Dafür müssen die einzelnen Beamten und Beamtinnen mit Unterstützung und Antworten helfen können. Eine solche Polizei wird es aber nur geben, wenn

jeder einzelne Beamte, jede einzelne Beamtin als Mensch und als Person wahrgenommen wird. Diese Notwendigkeit hat bereits der letzte Senat erkannt und einen ersten Schritt getan, um sie mit der internen Dienstanweisung der Polizei zur individuellen Kennzeichnungspflicht umzusetzen.

Das Argument gegen die Kennzeichnungspflicht, der immer wieder vorgetragene Einwand einer angeblich erhöhten Gefährdung von Polizeibeamtinnen und -beamten und deren Angehörigen ist durch die praktischen Erfahrungen mit der Kennzeichnungspflicht widerlegt. Dort, wo sie eingeführt worden ist, ist es eben nicht zu entsprechenden Gefährdungen gekommen. Hinzu kommt, dass Polizeibeamte auch bei jeder Aussage vor Gericht namentlich bekannt sind, ebenso wie Staatsanwälte und Richter.

Mehr als ein erster Schritt kann die interne Dienstanweisung aber nicht gewesen sein. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Umsetzung dieser behördeninternen Richtlinien in der Praxis Mängel aufweist. Es ist dem Innensenator bislang nicht gelungen, die Kennzeichnungspflicht ausnahmslos und fehlerfrei im polizeilichen Alltag zu etablieren. – Ist er denn da? – fällt mir ein. – Gerade nicht, oder?

[Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Seit der Einführung kam es in der Praxis immer wieder dazu, dass die Kennzeichnungspflicht unterlaufen wurde. Dies hat die Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin bereits in einer Präsentation im Innenausschuss am 5. November letzten Jahres anhand einiger Beispiele deutlich gemacht. Auf den gezeigten Bildern waren u. a. Dienstkräfte des Polizeivollzugsdienstes bei Einsätzen zu sehen, die nur mit T-Shirts bekleidet waren und keine Kennzeichnung trugen.

Die Einzelheiten dieser Anweisung waren für die Bürgerinnen und Bürger nicht einsehbar. Sie wurden erst bekannt, als die Geschäftsanweisung geleakt wurde. Auch jetzt wird sie noch von der Senatsverwaltung für Inneres mit dem Verweis versandt, dass eine Veröffentlichung dem Entscheidungsvorbehalt der Senatsverwaltung für Inneres unterliegt. Aber nur wenn die Einzelheiten bzw. auch etwaige Ausnahmen der Kennzeichnung bekannt sind, kann auch auf ihre konsequente Umsetzung geachtet werden. Mit einer gesetzlichen Regelung und der dazugehörigen Rechtsverordnung wird dies anders. Jeder kann mit einem Blick in das Gesetz erfahren, wie die Regelungen und Ausnahmen im Einzelnen ausgestaltet sind. So wird Rechtssicherheit für alle geboten.

Seit dem 1. Januar dieses Jahres gilt in Brandenburg eine gesetzlich verankerte Kennzeichnungspflicht für Polizeivollzugsbedienstete des Landes. Der Antrag dazu kam übrigens von der brandenburgischen CDU. Mit ideologischen Grabenkämpfen haben wir es offensichtlich nicht zu tun. Letztendlich haben wir die meisten Punkte der

CDU übernommen und an einigen Stellen etwas knapper gefasst: keine Ausnahme für bestimmte Kleidungsstücke; Zivilbeamte mit hinein; Ausweispflicht gegenüber jedermann und nicht nur denjenigen gegenüber, die von einer Maßnahme betroffen sind.

Lassen Sie mich noch kurz zur heutigen Groteske des Tages Stellung nehmen, nämlich der Pressemitteilung der GdP! Sie verdient diesen Titel mit Fug und Recht. Bei unserem Antrag von einer Verschärfung der Kennzeichnungspflicht zu sprechen, zeugt von absolutem Unvermögen, sich Sachverhalte durch aufmerksames Lesen zu erschließen.

[Beifall bei den PIRATEN]

Faktisch ändert unser Antrag an der Art und dem Umfang der Kennzeichnung für Polizeibeamtinnen und -beamte nichts. Lediglich Zivilbeamtinnen und -beamte, die sich in einem Einsatz sowieso mit den üblichen Westen ausstatten, sollen nach unserem Vorschlag diese auch mit Identifikationsnummern ausrüsten. Wir haben auch vor, die in der Geschäftsanweisung vorgesehenen Ausnahmen für Sommerbekleidung abzuschaffen. Die Notwendigkeit dafür ergibt sich aus den gemachten Erfahrungen: Die Pflicht zur Kennzeichnung wurde nachweislich mehrfach unterlaufen. Wir wollen nichts, als die in der Geschäftsanweisung bereits eingeführten Regelungen durch ein Gesetz rechtssicher gestalten. Wenn Herrn Purper von der GdP daran gelegen ist, doch noch sachlich über unseren Antrag zu sprechen, erkläre ich mich bereit, im Namen meiner Fraktion Rede und Antwort zu stehen. – Danke schön!

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt – er steht auch schon bereit – der Kollege Zimmermann das Wort. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für uns ist die individuelle Kennzeichnung von Polizeibeamten eine sehr wichtige Maßnahme zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen der Polizei einerseits und den Bürgerinnen und Bürgern andererseits. Sie wird langfristig die Arbeit der Polizei erleichtern und nicht erschweren. Wir setzen deshalb darauf, dass die Akzeptanz dieser Maßnahme, die wir vor einigen Jahren eingeleitet haben, in der Polizei weiter zunimmt. Ich bin sicher, dass dies auch der Fall sein wird.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]