Die Regelungslücke, die besteht, wenn die Einsatzjacken bei Hitze ausgezogen werden, muss geschlossen werden. Doch egal, ob mit oder ohne Gesetz: Die Koalition würde, wenn sie ihren Koalitionsvertrag ernst nimmt und die Kennzeichnungspflicht weiter konsequent umsetzt, dafür sorgen, dass diese Probleme behoben werden. Das ist das Mindeste, was wir von Ihnen erwarten, meine Damen und Herren von der Koalition! Leider haben Sie hierbei bislang wenig Engagement an den Tag gelegt.
Es ist auch, liebe Piraten, ein zweifelhafter Weg, den Senat in einem Antrag aufzufordern, einen Gesetzentwurf
vorzulegen. Bei den Beratungen zum Gesetzentwurf zu den Übersichtsaufnahmen bei Versammlungen haben wir alle erlebt, wie es um die Kompetenz zum Schreiben von Gesetzentwürfen beim Innensenator Henkel bestellt ist. Ich will so ein Desaster nicht noch einmal erleben! Deshalb rege ich an: Machen wir es doch lieber selbst! – Danke!
Vielen Dank, Herr Taş! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Das ist nicht der Fall, dann verfahren wir so.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich in aller Deutlichkeit auf eine Sache hinweisen: Es ist hier der Eindruck entstanden, dass es möglicherweise zu einer Handgreiflichkeit gekommen ist. Sollte dem so sein, möchte ich in aller Deutlichkeit darauf hinweisen, dass das absolut inakzeptabel ist! – Danke!
Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der SPD. Das Wort hat die Abgeordnete Frau Becker. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es war unsere SPD-Fraktion unter Arbeitsminister Olaf Scholz, die den Entwurf für das Anerkennungsgesetz bereits 2009 in den Deutschen Bundestag eingebracht hatte. Das Gesetz trat dann vor einem Jahr, zum 1. April 2012, in Kraft. Die schwarz-gelbe Koalition hatte mit dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz, kurz BQFG, eine zentrale Forderung der SPD umgesetzt.
Wir, die SPD, hatten frühzeitig gesehen, dass die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen dringend
notwendig ist, um vorhandene Fachkräftepotenziale für den hiesigen Arbeitsmarkt zu gewinnen. Das Gesetz ist für hier lebende Migrantinnen und Migranten ein Meilenstein an Integration und Partizipation und erkennt ihre Erwerbsbiografien und Bildungsleistungen an.
Nun brauchen wir eine analoge Landesregelung, um die Situation der landesgesetzlich geregelten Berufe zu klären. Dadurch ändern wir die Anerkennungsrealität für landesrechtlich geregelte Berufe sowohl bei den reglementierten als auch den nicht reglementierten Berufen, wobei bei den Letztgenannten die Gleichwertigkeit nicht explizit festgestellt werden muss, um erwerbstätig zu werden.
Landesrechtlich geregelt und reglementiert sind die sogenannten Mangelberufe wie Lehrer, Erzieher und Ingenieure. So wollen wir Migrantinnen und Migranten den Zugang zum Berliner Arbeits- und Ausbildungsmarkt erleichtern. Davon profitiert die Berliner Wirtschaft, weil sich für sie ein neuer Weg für Fachkräfte erschließt.
Wir wollen ein klares, einheitliches und transparentes Verfahren, welches Berufserfahrung berücksichtigt, Kompetenzen feststellt und Antragstellern binnen drei Monaten eine verbindliche Rückmeldung gibt.
Das BQFG für das Land Berlin soll die Bewertungspraxis zur Anerkennung beruflicher Qualifikation verbessern. Wir wollen einen allgemeinen Beratungsanspruch verankern. Dafür haben wir mit dem IQ-Netzwerk Berlin bereits eine Beratungsinfrastruktur aufgebaut, das vor neun Monaten sehr erfolgreich angelaufen ist und zeigt, dass die Nachfrage nach landesrechtlich geregelten Berufsfeldern, vor allem aus den hochschulischen, hoch ist.
Eine Auswertung Ende 2012 ergab, dass besonders häufig zu den deutschen Referenzberufen Lehrer/Lehrerin und Ingenieur/Ingenieurin beraten wird. Insgesamt bezog sich die Hälfte der Beratungen auf die Berufsfelder Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung. Das sind die Bereiche, in denen wir aktuell Fachkräftebedarf haben. Wir werden einheitliche Kriterien für gleiche Anerkennungssachverhalte aufstellen und Zuständigkeiten bündeln. Damit gewährleisten wir ein modernes und professionelles Verfahren. Das gilt auch für den Preis des Anerkennungsverfahrens, der lediglich die tatsächlich entstandenen Kosten für Gebühren und Auslagen decken soll, die also dem originären Verwaltungshandeln entsprechen.
Das BQFB für das Land Berlin soll es ermöglichen, dass Fachkräfte ausbildungsadäquater als bisher zu ihrer eigenen Qualifikation auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt eingebunden werden können. Wenn sich dabei eine Lücke zwischen erworbenem und dem im Land Berlin erforderlichen Ausbildungsstand ergibt, werden wir – im
Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens – darauf achten, dass diese Lücke durch angemessene Lehrgänge oder Eignungsprüfungen von Migrantinnen und Migranten geschlossen werden kann. Dabei müssen wir zwischen den Politikzielen Anerkennung von Berufsabschlüssen einerseits und negative Anreize durch zu hohe Aufrüstungskosten andererseits abwägen. Wir lassen es nicht länger zu, dass die dringend benötigte Erzieherin ungewollt als Crêpes-Verkäuferin auf dem Berliner Weihnachtsmarkt aushilft oder sich der ausgebildete Ingenieur als Küchenhelfer und Spülkraft unter seiner Qualifikation verdingen muss, weil deren Abschlüsse nicht anerkannt sind.
Sie sehen, statt nur darüber zu debattieren, wie es die Opposition am liebsten tut, machen wir Politik für die Menschen in Berlin und für die, die sich auf den Weg nach Berlin machen wollen, und setzen ein Zeichen für eine bessere Willkommenskultur.
[Beifall von Ülker Radziwill (SPD) und Erol Özkaraca (SPD) – Zurufe von Benedikt Lux (GRÜNE) und Uwe Doering (LINKE)]
Die rot-schwarze Koalition richtet mit Berlin-Arbeit die Arbeitsmarktpolitik wirksamer aus. Dazu gehört die Aktivität von Fachkräften, deren Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert werden soll, so wie es der vorliegende Antrag beabsichtigt, den wir als Koalition in Kürze beschließen werden. Für heute beantragen wir die Überweisung in den Ausschuss. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau West! – Frau Becker! Verzeihung! Entschuldigung! – Ein wenig Trubel am Rande, ja! Es freut mich, dass mir klargestellt worden ist, dass es sich nicht um das handelte, was offensichtlich von außen der Anschein war. Ich muss aber auch ganz deutlich sagen, dass ich es eigentlich etwas daneben finde, dass wir uns in dieser Sitzung mit solchen Sachen am Rande beschäftigen müssen. So! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort Frau Dr. Kahlefeld.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es freut mich ja, dass Sie das Berufsanerkennungsgesetz für einen Meilenstein halten. Das ist es tatsächlich. Umso mehr wundert es mich, dass in Berlin bisher so wenig passiert ist, um es umzusetzen. Berlin steht mal wieder mehr als schlecht da. Die Landesgesetze zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikation wurden nämlich bereits am 1. August in Hamburg, am 30. November im Saarland, am 19. Dezember in Niedersachsen, am 21. Dezember in
Dabei wäre es diesmal gar nicht schwer gewesen, vorne mit dabei zu sein. Es liegt nämlich ein Musterentwurf für ein Anerkennungsgesetz der in den Ländern geregelten Berufe vor. An diesem haben sich die anderen Bundesländer orientiert und Spezifika für ihre Länder eingearbeitet. Ich frage mich, warum das in Berlin bisher nicht möglich gewesen ist.
Immerhin haben Sie diesmal in Ihrer Rede darauf verzichtet, darauf hinzuweisen, dass Berlin schon so weit entwickelt ist, dass es so schwierig ist, hier Neuerungen umzusetzen.
Das Berlin-Institut hat auf Basis des Mikrozensus von 2005 ermittelt, mit welchen Abschlüssen und Qualifikationen Menschen nach Berlin kommen. Wir haben viele Fachkräfte, die hierher kommen. Bei den Personen aus dem Nahen Osten liegt die Akademikerquote bei 48 Prozent, bei Personen aus afrikanischen Ländern bei 31 Prozent und bei Aussiedlern und Aussiedlerinnen immerhin noch bei 16 Prozent. Akademiker heißt hier, es liegt ein abgeschlossenes Studium vor. Andere Fachqualifikationen sind noch nicht mal eingerechnet. Zum Vergleich: Bei den Einheimischen liegt der Prozentsatz der Akademiker gerade mal bei 19 Prozent, aber die brauchen sich zum Glück auch nichts anerkennen zu lassen.
Die drei genannten Gruppen sind zugleich die, die es besonders schwer auf dem Arbeitsmarkt haben. Es liegt also auf der Hand, dass Berlin ein eminentes Interesse daran hat, diesen qualifizierten Menschen endlich den Weg in eine angemessene Stelle zu ermöglichen. Studierte Taxifahrer und Lebensmittelverkäuferinnen haben wir genug in der Stadt, da sind wir uns einig, das haben Sie auch genannt.
In der Praxis ist es jedoch so – und das zeigen die anderen Bundesländer, die schon weiter sind –, dass es häufig zu Teilanerkennungen kommt. Im Antrag fehlt aber die Entwicklung von Nachqualifikationen, die dann nötig werden. Mit einer Dreiviertelkrankenschwesterausbildung kann man noch nicht als Krankenschwester arbeiten, aber man muss auch mit der Ausbildung nicht von vorne anfangen. Wir fordern daher die vom Bundesgesetz vorgeschriebenen Möglichkeiten der modularen Nachqualifikation in Berlin zu schaffen.
Hamburg hat aus diesem Grund festgeschrieben, dass den Antragstellern und Antragstellerinnen im Fall einer Ablehnung der Gleichwertigkeit die Unterschiede zur landesrechtlich geregelten Berufsbildung genau darzulegen sind. Die Menschen erhalten damit die Möglichkeit eines relativ schnellen Ausgleichs und die Chance auf volle Anerkennung. In NRW ist die Anerkennungsberatung
gleich mit einem Netzwerk zur Weiterbildung verbunden, was die Arbeit der IQ-Netzwerke erleichtert und die Prozesse beschleunigt.
Wir fordern die Umsetzung des Bundesgesetzes auch für die nicht reglementierten Berufe, so wie sie im Mustergesetz vorgesehen sind, weil das zu Transparenz führt und dazu, dass die Menschen mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Wir fordern ein transparente Gebührenordnung und die Einbindung der Jobcenter bei der Übernahme von Kosten für Anerkennung und Nachqualifikation. Es wäre wünschenswert, wenn in Berlin endlich das umgesetzt würde, was hier schon in diesem hübschen Flyer steht. Noch hat der Senat damit nicht mal angefangen.
Vielen Dank, Frau Dr. Kahlefeld! – Für die CDUFraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Dregger. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen, dass unsere Zuwanderer, die dauerhaft ihre Zukunft in unserem Land finden, Teil unseres Landes werden. Das heißt, dass sie sich in unserem Land zu hause fühlen, dass sie sich mit unserem Land identifizieren und dass sie in unserem Land alle Chancen für einen Leistungsaufstieg finden.
Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels liegt es auch im Interesse unseres Landes, vergleichbare ausländische Bildungs- und Berufsabschlüsse unserer Zuwanderer anzuerkennen. Gesetzliche und bürokratische Hindernisse sind eine Vergeudung von qualifizierten Kapazitäten, und sie werden von den Betroffenen nicht selten als ungerechte Aufstiegsbremse empfunden. Dies birgt die Gefahr, dass sich ausgerechnet die Qualifizierten zur Abwanderung veranlasst sehen. Das wollen wir nicht.
Daher begrüßen wir, dass die CDU-geführte Bundesregierung das Gesetz des Bundes zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen zustande gebracht hat, das am 1. April letzten Jahres in Kraft getreten ist. Mit diesem Anerkennungsgesetz des Bundes werden die Verfahren zur Bewertung ausländischer Berufsqualifikationen im Zuständigkeitsbereich des Bundes weiter geöffnet, vereinfacht und verbessert. Ziel der erleichterten Anerkennung ist es, die Qualifikationspotenziale hier lebender Menschen, die im Ausland einen Beruf erlernt haben, besser zu erschließen und eine Beschäftigung im erlernten Beruf zu ermöglichen. Damit werden die Integration von Zuwanderern in die Arbeitswelt gefördert und ein