Protocol of the Session on January 31, 2013

[Torsten Schneider (SPD): Ja, ja!]

Da sind ja alle in der falschen Richtung unterwegs!

Sie werfen uns gern mal vor, ohne Konzept zu agieren und nur zu skandalisieren.

[Zurufe von Torsten Schneider (SPD) und Lars Oberg (SPD)]

Herr Schneider! Den Ton kennen Sie doch. Ganz genau! Aber Sie eiern rum! Sie glauben, sich weiter durchwurschteln zu können. Das ist das Grundmuster Ihres Regierens, meine werten Senatorinnen und Senatoren, meine werte Koalition! Dieser Senat fährt ins Nirgendwo, und das ist in der Tat ein Skandal!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Kommen wir zum landeseigenen Fuhrpark. Der Senat muss die Züge selbst bestellen und einen landeseigenen Fuhrpark aufbauen. Verschwenden Sie keine Zeit mehr! Sie sollten die Zughersteller zu einem Krisengespräch einladen und die frühestmögliche Zuglieferung gemeinsam erörtern. Das wäre der richtige, der saubere Weg. Noch eines: Die Idee eines landeseigenen Fuhrparks, die Sie jetzt immer wieder kritisieren und als neoliberal und Ähnliches hinstellen, diese Idee ist keine einzigartig grü

ne Idee, ganz im Gegenteil. In Niedersachsen wird das so gemacht, und zwar seit mehr als 15 Jahren. Das wurde 1996 eingeführt. Dort arbeitet die LNVG, die Landesnahverkehrsgesellschaft. Und wissen Sie, wer sie eingeführt hat? – Eine rote Alleinregierung, die von Gerhard Schröder.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von der SPD]

Wenn Sie das doch selber mal machen würden. Das wäre doch mal ein Schritt nach vorne, wenn Sie zumindest das, was in anderen Ländern offensichtlich funktioniert – und ich höre aus Niedersachsen, dass es funktioniert –, hier kopieren und nicht versuchen, irgendwelche wirren Wege zu gehen, die hier eben seit Jahren nicht funktionieren. Ich sage Ihnen eines: Auf der Linie RE 4 fahren Fahrzeuge der LNVG, weil sich die ODEG diese von dort ausgeliehen hat, weil die Fahrzeugbestellung dort auch Probleme gegeben hatte. Die Fahrzeugbestellung ist nun einmal ein Thema beim S-Bahnverkehr und auch beim Regionalverkehr.

Auch aktuell fährt die S-Bahn nicht ordnungsgemäß, frieren Berlinerinnen und Berliner auf den Bahnsteigen und ärgern sich. Das liegt nicht an den Mitarbeitern der S-Bahn, denen gebührt vielmehr unser Dank. Aber das ist heute nicht das Thema. Auch die Entschädigung, die in der letzten Woche durch die Zeitung rollte, ist heute nicht das Thema. Es ist richtig, da zu sagen: Wir wollen die Fahrgäste mit einem Gratismonat beispielsweise entschädigen –, aber bitte keine Placebos. Es darf nicht von den Problemen ablenken.

2009 begann die S-Bahnkrise bereits – fast genau vor vier Jahren. Das Versagen reicht natürlich weiter zurück, aber seit damals ist der Handlungsbedarf bekannt und allen offenbar. Diese neuerlichen Verzögerungen hat der Senat zu verantworten. Das ist auch allen klar. Er trägt die Verantwortung, und dazu hat er sich auch in der Debatte im letzten November hier bekannt. Es ist immer so eine Sache mit der politischen Verantwortung. Wer trägt denn eigentlich die Mehrkosten von bis zu 100 Millionen Euro für die Umrüstung von älteren Zügen? – Das werden die Damen und Herren Senatoren sicher nicht machen, trotz Kenntnis der Sachumstände, trotz Warnung von Opposition und externen Experten.

Herr Kollege! Kommen Sie jetzt bitte zum Schluss!

Ich schließe. Sie von der Koalition haben eines erneut bewiesen: SPD und CDU können weder Infrastruktur noch können Sie Hauptstadt. Dafür keinen Dank, aber vielen Dank für das Zuhören!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Eine Kurzintervention durch Herrn Kollegen Schneider!

Sehr geehrter Herr Gelbhaar! Manchmal ist es doch ganz einfach – Sie haben jetzt so ein bisschen drumherum geredet. Machen Sie es doch politisch. Sie haben recht, es gibt in diesem Haus verschiedene Ansätze, wie man mit dem Problem umgeht. Die einen favorisieren eine Ausschreibung – das ist die gemeinsame Haltung der CDU und der SPD, dass die Ausschreibung möglichst geheilt werden soll. Die anderen sagen, wir müssen jetzt sofort Züge kaufen, Kostenpunkt jetzt ungefähr 600 Millionen Euro. Innerhalb dieser favorisierten Haltung der Anschaffung von Zügen gibt es hier politisch einen klaren Riss im Haus. Der Riss verläuft – ich weiß es nicht genau, die Piraten werden ihre Haltung ja noch zum Ausdruck bringen – zwischen der Fraktion der Linken und der Fraktion der Grünen. Die Grünen wollen die Züge, die wir zu Eigentum halten, Dritten überlassen, damit die damit in gewohnt sorgfältiger Arbeit mit fremdem Eigentum umgehen, und haben die Vision: Wenn es nicht klappt, kann man ja kündigen, und dann holen wir uns diese Züge zurück.

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Zeitfenster: Fünf Jahre durch drei Instanzen – herzlichen Glückwunsch!

Die Linken haben die Vision: Wir machen es selber, lassen keine kapitalisierten Verhältnisse zu – und haben keinen Druck in die Arbeitsverhältnisse. Wenn wir jemals dazu kommen, Züge anschaffen zu müssen, dann – und das kann ich Ihnen politisch sagen – haben wir glasklar die Haltung der Linken in dieser Frage. Dann benennen Sie doch die Unterschiede auch so, statt hier von Gerhard Schröder zu schwadronieren!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank! – Herr Gelbhaar! Möchten Sie antworten? – Bitte sehr, dann haben Sie jetzt die Gelegenheit!

Sehr geehrter Herr Schneider! Hier geht vor allem ein Riss durchs Haus: Ein Teil des Hauses kriegt das seit Jahren nicht hin!

[Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

Lassen Sie uns ran, dann zeigen wir’s Ihnen!

[Lachen bei der SPD – Lars Oberg (SPD): Die Berliner lassen Sie nicht ran!]

Und noch eins: Sie bauen hier immer einen Popanz auf – auf der einen Seite heißt es, dass wir die Züge umsonst bekommen würden, nach einer anderen Vision, dass wir ganz viel bezahlen müssen. Das ist doch Quatsch!

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Herr Schneider! In beiden Fällen werden wir das bezahlen müssen bzw. werden wir einen Betreiber bezahlen müssen.

[Lars Oberg (SPD): Hat er nicht gesagt!]

Dann formulieren Sie es genau. Das tun Sie ganz offensichtlich nicht. – Die Frage ist: Nehmen Sie die Verantwortung dafür in Kauf und bringen die Zugbestellung auf den Weg? Gehen wir in Vorleistung, oder machen wir das nicht – mit dem Risiko, dass wir ab 2017 die Züge eben nicht haben? Darum geht es, und um diese Frage drücken Sie sich in der SPD-Fraktion seit geraumer Zeit herum, und das ist das Problem, woran Berlin auch 2017 noch zu knabbern haben wird.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Herr Friederici das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass wir uns als Berliner Parlament wiederum mit der Berliner S-Bahn beschäftigen. Deshalb haben wir uns als Koalition auch schon in der letzten Woche unmittelbar erneut mit dem Thema der Zukunft der Berliner S-Bahn beschäftigt und beschlossen, dass hier und heute das Thema S-Bahn im Berliner Parlament behandelt werden soll.

[Zuruf von Wolfgang Brauer (LINKE)]

Die Koalition aus SPD und CDU hat sich unmittelbar um die Lösung der S-Bahnfrage nach der Senatsbildung Anfang des Jahres 2012 gekümmert, und das wird auch so weitergehen.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Aha!]

Die Koalition hat unter Federführung der betreffenden Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Verkehr ein Ausschreibungsverfahren begonnen, um mehr Züge ins Netz zu bringen und nach den nicht ganz so optimalen Erfahrungen mit dem jetzigen Betreiber der S-Bahn durch neue Fahrzeuge, Wettbewerb, neue Leistungsstandards und bessere Disziplinierungsmöglichkeiten ein Mehr für die Kunden des ÖPNV zu erreichen. Es ist auch richtig, dass der Druck auf die S-Bahn aktuell wieder erhöht werden muss. Die S-Bahn muss jetzt täglich den Zustandsreport bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Verkehr abgeben. Das hat Senator Michael Müller völlig zu Recht angestoßen, das wird jetzt um

gesetzt. Wir wollen täglich wissen, zu welcher Leistung die Berliner S-Bahn täglich bereit ist – das muss transparent und offen für die Kunden sein! Eingedenk der Tatsache, dass es seit dem 6. Januar 2009 nicht einen einzigen Tag gegeben hat, an dem die Berliner S-Bahn zu 100 Prozent vertragskonform fährt, nicht nur deshalb, nein, auch weil die Berliner S-Bahn aktuell nur knapp 80 Prozent Fahrbetrieb leistet, weil der S-Bahn schon seit sieben Wochen das Wetter wieder zu schaffen macht, genau deshalb muss auch endlich wieder ein Entschädigungsmonat her!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

S-Bahn-Schokopralinen für Fahrgäste im morgendlichen Berufsverkehr am Südkreuz, Ostkreuz, an der Friedrichstraße und am Gesundbrunnen reichen da nun wirklich nicht mehr.

[Torsten Schneider (SPD): Und lauwarmer Tee!]

Die Ausschreibung ist die Folge der Weigerung der Deutschen Bahn, die Berliner S-Bahn aus dem Konzern zu entlassen, damit die Länder Berlin und Brandenburg das Unternehmen hätten übernehmen können – zu welcher Rechtsform auch immer, zu welchem Preis auch immer. Die Koalition hat sich auf den zwangsläufig daraus resultierenden Weg verständigt, der Situation zu begegnen und neue Züge beschaffen zu wollen – als Konsequenz aus den Erfahrungen mit dem jetzigen Betreiber und als Konsequenz der zu wenigen Züge im Netz der Berliner S-Bahn.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Wie denn?]

Diese Ausschreibung ist mit den erforderlichen Sozialstandards für die Mitarbeiter ausgestattet. Wir als CDU wissen, dass gerade bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Berliner S-Bahn Sorgen und Befürchtungen bestanden haben und auch noch bestehen, ob denn der Weg der Ausschreibung aus ihrer Sicht der richtige gewesen ist. Als CDU sage ich ihnen, dass wir diese Sorgen sehr ernst nehmen. Ich selbst habe dies auf einigen Mitarbeiterzusammenkünften, Betriebsversammlungen und in persönlichen Gesprächen immer wieder erfahren, dort wurde es mir gegenüber so zum Ausdruck gebracht.

Die CDU stellt sich den Herausforderungen im Berliner öffentlichen Nahverkehr – sei es in der Opposition, sei es in der bislang dreizehnmonatigen Regierungszeit der Berliner Senatskoalition. Die CDU möchte neben dem Individual- und Wirtschaftsverkehr einen leistungsfähigen öffentlichen Nahverkehr solide betrieben und solide ausfinanziert wissen. Die Berliner CDU steht zu den Mitarbeitern des Unternehmens und zum einheitlichen System der Berliner S-Bahn. Dies haben wir immer und immer wieder deutlich gemacht, das ist auch Basis für das gemeinsam konzertierte Vorgehen des Senats von Berlin.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Eine wie auch immer auszugestaltende und nun vom Kammergericht erwogene rechtliche Prüfung und Wertung durch EU-rechtliche Instanzen nehmen wir zur Kenntnis. Wir bewerten sie nicht, das ist auch nicht Aufgabe einer Parlamentsfraktion – Gerichte bewerten ja auch nicht Meinungsäußerungen von Parlamentsfraktionen.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Doch, manchmal schon!]

Wir wissen, dass es keine ernst zu nehmende Alternative zur Ausschreibung gibt – eine Ausschreibung, die längst überfällig war, denn die Vorgängersenatsregierung aus SPD und Linken hatte sich ja nicht darauf verständigen können. Und das, obwohl ich mich noch sehr genau daran erinnern kann, dass die Vorgängerin von Senator Michael Müller schon alles vorbereitet hatte für eine Ausschreibung in den Grundsätzen des heute laufenden Verfahrens. Nur kam es dazu nicht. Kostbare Zeit verging leider, weil der kleine Koalitionspartner in Berlin nicht wollte und auch nicht konnte. Genau diese Linken, die sich heute und auch gerne auf Betriebsversammlungen als vermeintlich besserwissende Verkehrspolitiker aufspielen, genau diese Linken haben es in den letzten zwei Jahren von Rot-Rot immer wieder versucht und auch erreicht, jegliche Initiativen für mehr S-Bahnfahrzeuge zu verhindern. Schlimmer noch: Sie haben damals nicht mal eigene Vorschläge entwickelt. Heute kommen Sie mit nicht umsetzbaren, langwierigen Ideen aus Zeiten der DDRReichsbahn. Das ehrt Sie nicht, wenn Sie sich nach dem staatssozialistischen Beschaffungswesen der DDR sehnen!

[Beifall bei der CDU und der SPD – Uwe Doering (LINKE): Da würden die Züge wenigstens fahren! – Zuruf von Wolfgang Brauer (LINKE)]