Protocol of the Session on December 13, 2012

Es ist richtig, die Berlin-weite Onlineplattform in das Modernisierungsprogramm aufzunehmen und zu finanzieren, denn im Haushaltsplan ist meines Erachtens nichts aufgenommen.

Finanzen sind wichtig, aber ebenso, Herr Schneider, ist die Ausstattung mit Personal notwendig. Die Ordnungsämter haben jetzt schon keine auskömmliche Personalausstattung. Der zuständige CDU-Stadtrat von Mitte erklärte gegenüber der BVV – Zitat –:

Die Sinnhaftigkeit dieses Projektes wird für den Bezirk Mitte bereits deshalb infrage gestellt, weil im 1. Halbjahr 2012 in der Zentralen Anlauf- und Beratungsstelle ZAB bereits mehr als 13 000 Bürgeranliegen dokumentiert eingegangen sind. Die Bearbeitung mit dem System Maerker würde bei solchen Mengen durch das vorhandene Personal nicht leistbar sein.

Ähnliches könnte ich zu der Personalsituation in Treptow-Köpenick und Lichtenberg berichten. Ohne zusätzliche Personalaufstockung ist Qualität nicht zu leisten.

[Beifall bei der LINKEN]

Bei dem weiteren geplanten Personalabbau auch in den Ordnungsämtern bleibt Bürgerservice ein Wunschtraum. Für den Dauerbetrieb muss deshalb neben dem geforderten Finanzierungskonzept auch ein Personalkonzept entwickelt werden. Ich finde, da macht sich die Koalition mit ihrem Antrag einen schlanken Fuß, wenn sie meint, dass mit Blick auf Lichtenberg keine weiteren Personalkosten entstehen.

[Sven Kohlmeier (SPD): Was ist denn Ihr Vorschlag?]

Die Realität ist allerdings eine andere. Stadtrat Prüfer weist im „Tagesspiegel“ darauf hin, dass es beim Onlineangebot in Lichtenberg bisher nur eine sehr geringe Nutzungsrate gibt. Das sagt übrigens auch der Evaluierungsbericht der Senatsverwaltung für Inneres und Sport für Juli dieses Jahres. Von 1 200 Hinweisen kamen 70 Prozent über das Telefon und knapp 14 Prozent schriftlich. Aber nur 2,2 Prozent haben das Onlineangebot genutzt.

Herr Kollege! Sie müssten bitte zum Ende kommen!

Wie man da jetzt bereits eine Aussage darüber treffen kann, dass man keinen weiteren Personalbedarf hat, wenn das System zu hundert Prozent läuft, ist mir schleierhaft.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Die derzeitige Nutzungsrate spricht nicht gegen das Online-Bürgeramt, aber dafür, dass das Angebot bekannter gemacht werden muss.

Herr Kollege! Welchen Teil von „Sie müssten bitte zum Ende kommen“ haben Sie nicht verstanden?

[Heiterkeit und Beifall von Sven Kohlmeier (SPD)]

Die Entwicklung einer mobilen App oder Applikation könnte hierfür ein Ansatz sein.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Herzlichen Dank! – Der Kollege Oberg hat sich für eine Kurzintervention gemeldet. – Bitte schön!

Der Kollege Doering hat um eine Kurzintervention gebeten. Ganz im kollegialen und weihnachtlichen Stil kommen wir der Bitte sehr gern nach.

Herr Doering! Sie kritisieren unseren Antrag, weil er Ausdruck der Untätigkeit des Senats sei. Wenn Sie damit recht hätten, dann wären alle unsere Anträge, alle Anträge von SPD und CDU, per se unnütz, weil der Senat ja immer ohne Antrag handeln könnte und alles, was wir tun, nichts anderes als eine unnötige Form der Ersatzvornahme wäre.

[Udo Wolf (LINKE): Und meistens sind sie Quatsch!]

Gleichzeitig kritisieren Sie und andere Oppositionsfraktionen aber auch immer wieder, dass die Koalitionsfraktionen zu wenig Anträge stellten, dass wir keine eigenen Prioritäten anmeldeten, dass wir ein merkwürdiges parlamentarisches Verständnis hätten. Deshalb müssten Sie sich jetzt denn doch mal entscheiden: Stellen wir zu viele Anträge, weil der Senat auch ohne uns handeln könnte, oder stellen wir zu wenig Anträge, weil wir schließlich auch Parlamentarier sind,

[Udo Wolf (LINKE): Qualität, nicht Quantität!]

die von diesem Ort aus diesen Senat entsprechend kontrollieren könnten?

Ich möchte gern die wenigen Sekunden, die noch bleiben, dafür nutzen, Ihnen einen kurzen Einblick zu geben, wie wir unsere parlamentarische Rolle verstehen. Selbstverständlich sind wir Parlamentarier der Koalitionsfraktionen, so, wie Sie es vor einiger Zeit auch waren, dazu da, den Senat zu kontrollieren, wie es das Parlament als ganzes tut. Aber selbstverständlich sind wir auch dafür da, Initiativen anzuschieben, um gemeinsam mit dem Senat wichtige Dinge voranzubringen. Genau das ist das, was der Antrag tut. Uns dafür zu kritisieren, dass wir einen Antrag stellen, der – wie Sie sagen – in die richtige Richtung geht, das ist schon ein bisschen sehr kleines Karo. Deshalb, glaube ich, ist der Antrag nicht nur inhaltlich richtig, sondern es ist auch geboten, dass er aus den Reihen der Koalitionsfraktionen kommt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Danke schön, Kollege Oberg! – Wird das Wort zur Erwiderung gewünscht? – Ich sehe, ja. Kollege Doering, Sie haben das Wort. – Bitte sehr!

Auch nach Ihrem schönen Vortrag – ich habe gesagt, dass ich den Antrag inhaltlich unterstütze – bleibt es dabei, dass der Senat beim Online-Ordnungsamt offensichtlich

bisher nicht tätig gewesen ist. Erstens. Das können Sie nicht schönreden.

[Sven Kohlmeier (SPD): Wir haben ihn nicht aufgefordert!]

Vielleicht haben Sie auch nur ein Jahr lang gepennt,

[Oliver Friederici (CDU): Na, na, na!]

und Ihnen ist es jetzt erst aufgefallen, dass nichts passiert ist. – „Pennen“ ist nicht unparlamentarisch.

Zweitens: Es ist auch so, wie der Kollege Birk schon angedeutet hat, dass der Versuch der Opposition, über die Service-Stadt Berlin zu reden, darüber zu reden, wie die Projektliste aussieht, wie sie abgearbeitet wird, regelmäßig am Verhalten der Koalition im Ausschuss scheitert. Dort haben Sie bis jetzt überhaupt keine Lust gehabt, über diese einzelnen Punkte zu reden.

[Torsten Schneider (SPD): Das ist doch Quatsch, Uwe!]

Auch das kann man an der Stelle einmal festhalten. Soviel zu Ihrer Diskussionsfreudigkeit und dem Versuch, die Oppositionsfraktionen bei diesem Thema mitzunehmen.

[Beifall von Udo Wolf (LINKE)]

Drittens bleibt es auch dabei – dazu sagt Ihr Antrag nichts –: Der Personalabbau in den Bezirken, gerade in dem von Ihnen erwähnten Musterbezirk Lichtenberg – ich sage aber auch Treptow-Köpenick, ich sage auch Mitte, ich habe es ja zitiert –, wird dazu führen, dass Ihr schöner Antrag nicht umgesetzt werden kann.

[Beifall bei der LINKEN – Sven Kohlmeier (SPD): Jetzt muss der Personalabbau für alles herhalten!]

Danke schön, Herr Kollege Doering! – Für die Piratenfraktion erteile ich jetzt dem Kollegen Dr. Weiß das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Anliegen eines Online-Ordnungsamtes, einer berlinweiten Plattform zum elektronischen Anliegenmanagement, wie das auch genannt wird, ist natürlich ein unterstützenswertes, und in dem Sinne unterstützen wir auch das Anliegen dieses Antrags.

[Beifall von Sven Kohlmeier (SPD)]

Jetzt kommt es: Aber was den konkreten Antrag angeht, stellen sich ein paar Fragen. Zunächst einmal: Sie wollen den Senat auffordern, etwas zu tun. Kollege Langenbrinck hat eine Kleine Anfrage gestellt, die ich auch gelesen habe, in der ihm geantwortet wurde, dass zu dem, was in diesem Antrag steht, der Senat vorhat, es zu tun.

Diese Antwort hat er erhalten am 9. Dezember, am 9. Dezember 2011.

[Alexander Spies (PIRATEN): Ha, ha!]

Ich will Sie nicht dafür kritisieren, dass Sie einen Antrag einbringen, in dem Sie den Senat dazu auffordern, etwas zu tun, was er eigentlich ohnehin schon vorhat. Ich weise nur deswegen darauf hin, weil ich es schon relativ oft erlebt habe, dass Oppositionsanträge von Ihnen mit der Begründung niedergestimmt werden, das mache der Senat doch eh.

[Beifall bei den PIRATEN – Zuruf von Udo Wolf (LINKE)]

Ich persönlich finde es nicht schlecht, so etwas auch einmal einzubringen. Dann hat man eine schöne Möglichkeit, in der parlamentarischen Debatte darüber zu sprechen – ganz offen, und das ist in diesem Fall auch geboten.

Damit komme ich zum zweiten Punkt. Der Antrag, so, wie Sie ihn vorgelegt haben, spricht von einer Plattform, und legt sich nicht weiter darauf fest, welche Plattform das ist. Wenn man sich aber die Begründung anguckt, sieht man, dass ziemlich klar ist, in welche Richtung die Reise gehen soll. Da ist zum Beispiel von diesem Ampelsystem die Rede. Das ist eine ganz spezifische Eigenheit der Benutzeroberfläche des Maerker, der in Lichtenberg im Einsatz ist. Da wird auf die Kosten in Lichtenberg verwiesen – dazu sage ich gleich auch noch etwas –, das heißt, es liest sich ein bisschen so, dass man sich eigentlich schon festgelegt hat, dass man den Maerker haben will und nicht irgendetwas anderes. Das ist deshalb bemerkenswert, wenn wir hier über etwas reden, über Lösungen mit freier Software, wenn wir über Open-SourceLösungen reden, uns klarmachen sollten, dass es in dem Bereich durchaus welche gibt. Das ist so etwas wie FixMyStreet, das ist in Großbritannien landesweit im Einsatz, oder auch Mark-A-Spot, das ist in Projekten in Bonn oder in Nürnberg schon in Betrieb genommen worden. Das heißt, es gibt da durchaus verschiedene Möglichkeiten. Die sollte man sich durchaus einmal ergebnisoffen angucken. Das kommt in dem Antrag so, wie er vorliegt, nicht wirklich rüber.

Was die Kosten angeht: Sie sagen, die Kosten seien gering, und beziehen sich dabei auf die Kosten aus Lichtenberg. Was in der Begründung des Antrags steht, 829 Euro für die Anpassungen, 73 Euro Betriebskosten – das sind ja die Sachen, die in der Antwort auf die Kleine Anfrage stehen. Das ist kein großes Thema, aber es hat mich irritiert, dass in der Antwort des Bezirksamts Lichtenberg auf die Große Anfrage Drucksache 0265-VII aus der BVV Lichtenberg, von 91 Euro Betriebskosten die Rede ist. Aber das soll jetzt nicht das Thema sein, denn in Wirklichkeit geht es um viel größere Summen. Wenn man sich einmal den Entwurf des Haushaltsplans des Bezirksamts Lichtenberg anguckt, dann sieht man, dass dort auf einmal 3 500 Euro im Jahr veranschlagt sind,

allein für Lizenzen und Updates für den Maerker. Diese Differenz erklärt sich so, dass das Pilotprojekt jetzt vorbei ist, dass man sich eben nicht mehr an Brandenburg anschließen kann, weshalb jetzt Lizenzkosten fällig werden. Die werden natürlich auch entsprechend hoch skaliert und würden auch hier fällig, wenn man Maerker oder eine andere proprietäre Software verwendet. So ehrlich sollte man sein, das zuzugeben. Dann muss man die 3 500 Euro hochrechnen, es geht gegebenenfalls ein Mengenrabatt ab, aber es ist nicht so, dass man Lichtenberg heranziehen und sagen kann, es koste nichts. Da kann man genauso gut sagen: Jetzt hat uns die Probefahrt mit dem Auto nichts gekostet, da wird sich der Kauf bestimmt finanziell für uns lohnen.

[Beifall von Alexander Spies (PIRATEN)]