Protocol of the Session on November 10, 2011

halten. Zu dem Zeitpunkt hätten die Grünen das am liebsten auch noch in den Bauausschuss überwiesen. Weshalb, ist mir nicht ganz klar.

Ich fühlte mich an eine kleine Geschichte erinnert: Der Schüler bereitet sich auf eine Biologieprüfung vor und lernt auf Lücke. Er lernt alles über den Wurm. Als er in die Prüfung kommt, verlangt der Biologielehrer: Erzählen Sie uns etwas über den Elefanten. Da fängt der Schüler an und sagt: Der Elefant hat einen langen Rüssel, genau wie der Wurm. Dann spult er sein ganzes Thema ab. So ähnlich ist es mit dem Kollegen Behrendt. Es ist tatsächlich so, dass das Thema Fetischcharakter bei ihm hat, das Thema für ihn traumatisch ist und er deshalb gern darüber redet. Hätten wir heute irgendeine andere Vorlage erhalten, in der das Wort „Gefängnis“ oder „Justizvollzugsanstalt“ aufgetaucht wäre, hätte Herr Behrendt sicher auch Redebedarf angemeldet.

Machen wir es doch einfach so: Über die Kündigungsklausel können wir uns im Justizausschuss gern unterhalten, wenn er existiert. Ansonsten gibt es sicher eine Reihe Themen, über die man vernünftig reden muss: Was wird aus der Altbausubstanz der Justizvollzugsanstalten? Wie organisiert man das Rahmenkonzept geschlossener Männervollzug in moderner Weise? Wie sorgt man in der Tat dafür, dass die Justizvollzugsanstalten so ausgestattet werden, dass die Resozialisierungsvorgaben des Justizvollzugsgesetzes nicht nur auf dem Papier stehen, sondern real umgesetzt werden können? – Das sind alles Dinge, über die man sich unterhalten kann. Dabei machen wir auch gern mit. Wir können auch über die Ausfinanzierung der Stellen reden. Dabei bin ich auf die CDU gespannt, die für den Fall ihrer Regierungsbeteiligung ehrgeizige Pläne für die Ausfinanzierung der Justizvollzugsanstalten hatte. Sie werden sich sicher erfolgreicher, noch erfolgreicher mit dem Finanzsenator auseinandersetzen können, als wir es gemacht haben. Wenngleich ich finde, dass wir da nicht so schlecht waren. Über all diese Dinge kann man diskutieren.

Aber: Die Vollzugsanstalt steht, sie ist fast fertig. Vielleicht kann man die Debatten darüber, ob man sie errichten sollte oder nicht, jetzt ad acta legen. Sie ist da, und wir müssen damit jetzt sinnvoll umgehen. Sie muss einem sinnvollen Zweck dienen und sie muss gut geführt werden. Das ist das Entscheidende. Alles andere ist jetzt irrelevant. Da haben Sie uns an Ihrer Seite und wir können im Einzelnen darüber diskutieren, wie man das gestaltet.

Zu dem Zeitpunkt, zu dem wir entschieden haben, Heidering zu bauen, gab es in den Berliner Justizvollzugsanstalten eine massive Überbelegung. Das Land Berlin ist wegen rechts-, ja sogar wegen verfassungswidriger Unterbringung seinerzeit vom Kammergericht verurteilt worden. All diese Dinge haben wir im Hinterkopf zu behalten. Wir sollten jetzt keine alten Schlachten schla

gen, sondern eine vernünftige Strategie entwickeln, wie wir den Berliner Justizvollzug zukunftsfähig machen. Dafür, Kollege Behrendt, können wir von der Oppositionsbank gemeinsam streiten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Das Wort für die Piratenfraktion hat der Abgeordnete Reinhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Lederer! Es ist natürlich so, wenn Sie sagen, es gebe keinen Redebedarf, dann müsste ich die vier Minuten und 50 Sekunden jetzt mit irgendwelchen anderen Sachen füllen.

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Ich habe nur zwei Minuten geredet! – Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

Deshalb schlage ich vor, dass wir uns doch dem Kern des Ganzen zuwenden, nämlich der Art und Weise, wie wir in Berlin Justizvollzugsanstalten betreiben wollen, wie der Vollzug aussehen soll. Ich kann mich an der Stelle nur dem Kollegen Behrendt anschließen: Diese Haftanstalt außerhalb von Berlin ist nicht sinnvoll. Darauf möchte ich gern im Folgenden noch eingehen.

Ich wundere mich im Übrigen auch, weshalb dieses Thema hier mit Würmern und Phallussymbolen belegt wird.

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN]

Ich glaube, wir können hier Besseres im Parlament machen, und würde mich freuen, wenn wir das auch machten.

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Der Knast steht jetzt aber! – Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

Wir haben die Situation, dass im letzten Jahr von Frau von der Aue noch gesagt worden ist, dass wir in Berlin eine Überbelegung mit Häftlingen haben. Die Situation hat sich anscheinend geändert. Im Januar gab es eine Debatte in diesem Haus, in der vonseiten des Senats explizit gesagt wurde, dass die Entwicklung der Gefangenenzahl nicht prognostiziert werden könne, es sei unklar, wie sich das entwickele. Im Grund sei alles unklar, man könne darüber überhaupt nicht sinnvoll reden. – Wenn das nicht klar ist, dann brauchen wir auch keine weiteren Gefängnisse. Ich befinde mich da in guter Tradition. Zahlreiche Bürgerrechtsorganisationen haben eine klare Position, wenn es um Haftvollzug geht: Mehr Gefängnisse führen zu einem Anwachsen der Gefangenenzahlen. Insofern bin ist streng dafür, dass wir uns an den Richtlinien der Humanistischen Union orientieren, die emp

fiehlt, keine zusätzlichen Gefängnisse zu schaffen, wenn es nicht unbedingt nötig ist.

[Sven Kohlmeier (SPD): Ist hier aber notwendig!]

Ja, wenn es notwendig ist, weshalb konnte die Senatorin es dann nicht belegen?

[Sven Kohlmeier (SPD): Hat sie belegt!]

Insofern sehe ich die Notwendigkeit hier nicht gegeben.

Ich möchte einen wichtigen Aspekt erwähnen. Wir haben uns den Standort bei Großbeeren angeschaut, und da kommen wir zu einem Thema, das der Kollege Lederer angesprochen hat, nämlich die Resozialisierung – ein Begriff, den die Grünenfraktion gern benutzt.

[Beifall bei den PIRATEN]

Es geht hier um die Frage, wie weit ist der lokalisierte Platz eigentlich entfernt? Vom nächsten Bahnhof sind es etwa 1,4 km. Das ist eine schöne Strecke. Da muss man unter anderem auch über die Autobahn, und das eben nur, wenn man die Möglichkeit hat, öffentlichen Personennahverkehr zu benutzen. Insofern ist die Lokation außerhalb von Berlin schwierig, und zwar aus mehreren Gründen. Die Resozialisierung soll eigentlich dadurch unterstützt werden, dass für Häftlinge eine Nähe des Wohnortes gegeben ist. Diese Nähe des Wohnortes ist sinnvoll, weil die Angehörigen dann die Möglichkeit haben, ihre Angehörigen im Gefängnis zu besuchen. Das heißt, eine Haftanstalt in Brandenburg für Berliner Häftlinge widerspricht dem Grundsatz, dass eine Resozialisierung das Ziel der Haft sein soll, und ist deswegen grundsätzlich abzulehnen.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

In der Tat haben Sie recht, es geht hier um einen Staatsvertrag, und wir müssen über diesen Staatsvertrag abstimmen bzw. ihn verweisen. Trotzdem ist es eine grundsätzliche Frage, die sich auch stellen sollte. Außer Floskeln konnte ich aber Ihrem Beitrag, Herr Kollege Kohlmeier, leider überhaupt nichts entnehmen.

[Beifall bei den PIRATEN]

Insofern habe ich immer noch keine Gründe gehört, warum wir uns diesem Staatsvertrag beugen sollten, nur weil er im Moment im Raum steht. Deswegen würde ich unserer Fraktion empfehlen, den Staatsvertrag in dieser Form abzulehnen.

Entschuldigung! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Oberg?

Ja, meinetwegen können Sie gern eine Frage stellen!

Danke, dass Sie mir die Möglichkeit geben, eine Zwischenfrage zu stellen, Herr Kollege! Wie schätzen Sie denn das Thema „Wohnortnähe in Flächenstaaten“ ein, zum Beispiel in Niedersachsen, in Bayern oder in NRW? Da sprechen wir von ganz anderen Distanzen als zu einem unmittelbaren Vorort von Berlin, der maximal 35 bis 50 km von dem Heimatort des Berliners, der hier inhaftiert wird, entfernt liegt.

[Zuruf von der SPD: Da brauchen Sie einen Transrapid!]

Betrachten Sie das als grundsätzlich menschenunwürdig, oder wie schätzen Sie das im Verhältnis zur bundesdeutschen Praxis im Allgemeinen ein?

Herr Kollege! Es gibt auch Gefängnisse in Russland. Da sind die Entfernungen noch größer. Das ist aber kein Grund dafür, in Berlin größere Entfernungen als notwendig zurückzulegen.

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN]

Die Menschenunwürdigkeit muss im Einzelfall geprüft werden. Darauf kann man keine pauschale Antwort geben. – Ich bin am Ende meiner Rede und danke für die Aufmerksamkeit.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den künftig für Recht zuständigen Ausschuss und an den künftigen Hauptausschuss empfohlen. – Ich höre dazu keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Ich komme zur

lfd. Nr. 9:

Große Anfrage der Piratenfraktion Drucksache 17/0023

Überwachungssoftware an Berliner Schulen

Zur Begründung der Großen Anfrage rufe ich ein Mitglied der Piratenfraktion auf. – Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Zöllner! Erst einmal freue ich mich, dass Sie diese Anfrage sofort beantworten. – Zur Begründung: Am 21. Dezember hat ein Herr Josef Erhard, seines Zeichens Ministerialdirektor im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus, den Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53

Urheberrechtsgesetz auch für das Land Berlin unterschrieben. Der Vertrag, abgeschlossen zwischen den Ländern, der VG WORT, der VG Musikedition, der Zentralstelle Fotokopieren an Schulen und einer Reihe durch die VdS Bildungsmedien vertretenen Verlage, regelt, wie viel Geld die Länder an Rechteinhaber abdrücken müssen, damit das Kopieren von Unterrichtsmaterialien an Schulen legal bleibt. Die Gesamtbelastung für die Länder beträgt von 2011 bis 2014 – das kann man nachlesen – viele, viele Millionen Euro – 32 600 000, um genau zu sein. Nach dem Königsteiner Schlüssel wären das für Berlin von 2011 bis 2014 ungefähr 1,6 Millionen Euro.

Dieser Vertrag, meine Damen und Herren, lieber Herr Zöllner, ist ganz großes Tennis, weil er die technischen Realitäten des 21. Jahrhunderts ignoriert. Die Piratenfraktion fand ihn so gut, dass wir dazu 26 Fragen formuliert haben. Diese Fragen liegen Ihnen hier vor. – Polemik über verhungernde Schulbuchautoren – – Entschuldigung! Da habe ich jetzt meinen eigenen Kommentar vorgelesen.

[Beifall bei den PIRATEN – Heiterkeit bei den GRÜNEN]

Wir kennen ja eines der dringendsten Probleme in diesem Land, die Horden von Schulbuchautoren und -autorinnen, die in unseren Straßen herumlungern und betteln, weil sie kein Geld für ihre Arbeit bekommen. Das ist komisch, denn die Verlage erhalten Geld durch den Kauf der Unterrichtsmaterialien durch die Eltern, die Verlage erhalten Geld durch den Kauf von Unterrichtsmaterialien durch die Schulen und die Lehrkräfte. Die Verlage erhalten Geld durch Abgaben für die Fotokopiergeräte, und sie erhalten Geld auf Computer und Datenträger. Das reicht anscheinend nicht. Der Vertrag betrifft die Arbeit von Lehrern, weil ihnen und ihren Schulen bei dem Verstoß Disziplinarmaßnahmen angedroht werden. Uns interessiert, inwiefern die Berliner Schulen in die Ausarbeitung des Vertragswerks einbezogen worden sind.

Der Vertrag sieht weiterhin vor, das interessiert uns besonders, dass auf mindestens 1 Prozent der Computer – der von Schulen genutzten Computer; das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, das ist sehr lustig, sie müssen den Schulen noch nicht mal gehören – eine Software installiert werden soll. Auf diesen Computern soll nach Digitalisaten gesucht werden. – Was ist ein Digitalisat? – Das ist Neusprech für eine digitale Kopie, eine verlustfreie Kopie von Unterrichtsmaterial. – Uns ist hierbei nicht klar, wie die Durchsuchung eines Computers vonstatten gehen soll, ohne dabei das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu verletzen.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN]

Vielen Dank! – Uns ist weiterhin nicht klar, wer diese Daten überhaupt erheben soll und wie mit den erhobenen