Protocol of the Session on November 10, 2011

Vielen Dank! – Uns ist weiterhin nicht klar, wer diese Daten überhaupt erheben soll und wie mit den erhobenen

Daten verfahren wird. Ich bin mir aber sicher, Sie werden eine ganz sichere Variante präsentieren.

Herr Zöllner! Sie haben vorhin gesagt, es gehe nicht um die Überwachung von Lehrkräften, sondern um den Schutz vor Raubkopien. Seit wann müssen Schulen vor Raubkopien geschützt werden?

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN]

Vielleicht sind das linksradikale Raubkopien, die diese Schulen anzünden wollen. Herr Zöllner, ich lache hart! Wir reden hier von verlustfreien Kopien, die von Lehrern angefertigt werden, damit Kinder etwas lernen. Wenn Sie mir jetzt sagen, es muss kontrolliert werden, dass Kinder etwas lernen …

Herr Zöllner! Vorhin, bei der Anfrage der Linken, haben Sie demonstriert, dass Ihnen nicht ganz klar ist, worum es geht. Sie haben das Wort „Trojaner“ abgelehnt. Wir können es gern auch „Currywurst“ nennen, wenn es der Entscheidungsfindung hilft. Es geht darum – ich wiederhole mich –, dass hier Rechner überwacht werden sollen. Sie haben von geistigem Eigentum gesprochen. Im Grundgesetz steht, Eigentum verpflichtet. Wer wird denn hier verpflichtet? – Doch nicht die Eigentümer, Herr Zöllner! Diese versuchen, hier ihre alten, nicht mehr tragfähigen Geschäftsmodelle durchzusetzen, und Sie helfen ihnen dabei. Hier werden Schüler und Lehrkräfte gegängelt. Warum gibt die Stadt Berlin nicht – sagen wir zum Beispiel – 1,6 Millionen Euro für die Erstellung von Schulbüchern unter einer Creative Commons License aus? Dann müssen wir auch nicht solche komischen Verträge abschließen.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Wir werden, glaube ich, viel Spaß daran haben. Sie haben gesagt, Sie wissen nicht, ob es solch eine Software überhaupt schon gibt und wann sie programmiert wird. Jetzt freuen wir uns alle sehr auf Ihre Antwort. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN]

Vielen Dank! – Zur Beantwortung der Großen Anfrage hat nunmehr Herr Senator Dr. Zöllner das Wort. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann Sie, sehr verehrte Dame, meine Herren der Piraten, beruhigen. Es wird in Berlin und auch in den übrigen Bundesländern, wie Sie es in Ihrer Großen Anfrage formulieren,

keine Überwachungssoftware geben. Richtig ist: Die Kultusministerkonferenz hat sich in den letzten Monaten verstärkt mit dem Thema des Urheberschutzes auseinandergesetzt. Ich gehe davon aus, dass die Wahrung des Urheberrechts im Interesse aller Abgeordneten, die in diesem Hause vertreten sind, ist.

[Beifall bei der CDU]

Wir befinden uns dabei in einem laufenden Prozess, in dem eine Reihe unterschiedlicher Interessen miteinander abzuwägen sind. Es ist das Geheimnis des Parlamentarismus und der Öffentlichkeitsvertretung, dass es unterschiedliche Interessen gibt.

Lassen Sie mich vorwegschicken, dass der in den vergangenen Tagen kursierende Begriff des Schultrojaners die Situation meines Erachtens mehr verschleiert als erhellt. Wir sollten die Diskussion mit Sachlichkeit führen. Daher bin ich sogar dankbar. Ich habe ein Interesse daran gehabt, die Große Anfrage nicht auf die lange Bank zu schieben, sondern sie schnell zu beantworten, weil sich so auch einige Vorwürfe in der Öffentlichkeit in diesem Zusammenhang klarstellen lassen können.

Der seit 2004 bestehende Gesamtvertrag zu § 53 Urhebergesetz lief zum 31. Dezember 2010 aus. Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus, vertreten durch Ministerialdirektor Erhard, wurde von der KMK gebeten, einen neuen Gesamtvertrag auszuhandeln. Dieser neue Vertrag wurde am 21. Dezember 2010 unterzeichnet, in der Amtschefkonferenz der KMK am 10. Februar 2011 einstimmig gebilligt und nach einstimmigem Beschluss der Finanzministerkonferenz mit Datum vom 31. März 2011 rechtskräftig.

Eine Beteiligung von Schulen oder Beschäftigungsvertretungen im Rahmen der Vertragsverhandlungen erfolgte selbstverständlich nicht. Die Schule kann im Sinne des § 7 Abs. 1 Schulgesetz nicht Vertragspartner der Verwertungsgesellschaften nach § 1 Abs. 1 Urheberwahrnehmungsgesetz sein.

[Zuruf von Martin Delius (PIRATEN)]

Auch die Beteiligung der Personalvertretungen an diesen Verhandlungen gehört nicht zu den Aufgaben der Personalvertretungen nach § 72 Personalvertretungsgesetz Berlin.

Die Verhandlungspartner der Verlage sind zunächst und allein die Länder. Es ist jetzt erst die Aufgabe der Verlage, eine Software zu entwickeln, die Urheberrechtsverletzungen auf den Schulrechnern – ich betone: Schulrechnern! – identifizieren könnte. Erst nach Vorlage der Software wird das Land Berlin – wie alle anderen Länder auch – den Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit einbeziehen. Diese Prüfung wird nach Vorlage der Software durch die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung unter Nutzung der wissenschaftlichen Einrichtungen des Landes in Kooperation

(Senator Dr. Jürgen Zöllner)

mit dem Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit erfolgen. Wir werden eine jeweilige umfassende juristische und technische Prüfung der Software sicherstellen.

Da diese Software bisher nicht vorliegt, hat die Senatsverwaltung selbstverständlich noch keine Maßnahmen zur Umsetzung des § 6 Abs. 4 des Gesamtvertrags vorgenommen; wie hätten wir auch können? – Aus dem gleichen Grunde können auch noch keine Angaben über mögliche Kosten und die Auswahl der Schulen gemacht werden.

Ebenso wenig ist bisher der Auswahlmodus der Schulen festgelegt worden. Ich kann aber jetzt schon versichern: Im Lande Berlin wird eine solche Software erst dann zur Anwendung kommen, wenn vorab sichergestellt ist, dass durch diese Software die Persönlichkeitsrechte der Lehrerinnen und Lehrer und Schülerinnen und Schüler nicht berührt werden.

[Özcan Mutlu (GRÜNE): Ist ja wohl das Mindeste!]

Es wird diese Software in Berlin nur dann geben, wenn sichergestellt ist, dass grundsätzlich und ausschließlich festgestellt werden kann, ob und welche urheberrechtlich geschützten Werke im Verstoß zu § 52a bzw. § 53 Urhebergesetz auf den schulischen Speichermedien existent sind. Deshalb werden ebenfalls die genauen Modalitäten zur Verwendung der gesammelten Daten nach Vorlage der Software noch mit dem Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit abgestimmt.

Der Senat geht davon aus, dass die Daten zunächst ausschließlich der zuständigen Senatsverwaltung zur Verfügung stehen und den Verlagen von der Senatsverwaltung in einer Form übermittelt werden, die keine Rückschlüsse auf personenbezogene Daten zulässt.

Es ist selbstverständlich klar, dass es keine pauschale Verurteilung der Lehrkräfte und Schulen gibt. In enger Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten werden wir diese Software detailliert prüfen und erst dann in Berlin einsetzen, wenn alle Vorbehalte ausgeräumt sind.

[Pavel Mayer (PIRATEN): Also nie!]

Zu dem Schlenker in Ihrer Rede, dass ich von der Sache nichts verstehe, mache ich nur, aber gerne, diese zwei Bemerkungen: Ich habe selber schon Programme geschrieben, als Sie möglicherweise noch gar nicht das Licht der Welt erblickt hatten.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Martin Delius (PIRATEN): Ja, so hört sich das an!]

Zweitens sage ich Ihnen dann auch: Es mag sein, dass ich nicht ausreichend etwas davon verstehe, aber ich verstehe zumindest, dass man personengeschützte Daten nicht auf „CC“ an alle Welt verschicken darf, weil dieses sicher eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts ist.

[Beifall bei der SPD, der CDU und der LINKEN – Oh! von den PIRATEN – Weitere Zurufe von den PIRATEN]

Ich habe das nur in Reaktion auf diese charmante Kommentierung meiner Fähigkeiten gesagt.

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Das Ross ist hoch!]

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin! Ich gehe davon aus, dass das meine letzte Rede in diesem Haus war. Ich will keine Bilanz ziehen und auch vermeiden, gute Ratschläge zu geben. Ich will nur eine persönliche Bemerkung machen: Was ich oft in diesen Jahren nicht für möglich gehalten hätte: Sie werden mir fehlen! – Ich bedanke mich!

[Heiterkeit und allgemeiner Beifall]

Vielen Dank, Herr Dr. Zöllner! – Zur Aussprache steht den Fraktionen nun eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Piratenfraktion. Das Wort hat der Abgeordnete Lauer.

Herr Zöllner! Vielen lieben Dank für die Antwort! Ich finde das sehr charmant, dass Sie sich vor meiner Geburt mit Computern beschäftigt haben.

[Senator Dr. Jürgen Zöllner: Verstehe!]

Das bringt aber alles nichts, wenn Sie das nicht im Moment tun. Nach Ansicht der Piratenfraktion – das haben wir schon einmal gesagt – –

[Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

Wie bitte? Ich habe das akustisch nicht verstanden.

[Lars Oberg (SPD): Da kennen Sie den Senator mal richtig schlecht!]

Gut, dann nehme ich das zurück und behaupte das Gegenteil.

[Heiterkeit – Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

Wir können das jetzt zehn Minuten so weitermachen. Ich mache das gern.

[Zurufe]

Sie haben gerade versucht, diese Anfrage zu beantworten. Das hat irgendwie nicht ganz funktioniert. Mir sind ein paar Sachen aufgefallen. Ich wiederhole mich noch einmal: Es geht hier um ein Geschäftsmodell, das nicht mehr zeitgemäß ist. Wir werden dieses Problem, dass man Werke verlustfrei kopieren kann, an Schulen, Behörden oder sonstwo, immer haben. Was wir im Moment machen, das ist, dass wir den Verlagen Rechte einräumen – jetzt wird es spannend –, die Schulen und Lehrer zu dis

ziplinieren. Sie machen ein Vertragswerk. Ich hatte Sie eben auch gefragt, wer da dieser Ansprechpartner ist, den wir seit dem 1. März haben sollten, und da wussten Sie auch nicht, wer das ist. Ich weiß nicht, wie das hier geplant ist.