Sie sagen, der Senat und insbesondere seine Vertreter im Aufsichtsrat der Wasserbetriebe seien aufgefordert, dies in ihrer Verantwortung und in den jeweiligen Gremien sicherzustellen. Sie sagen, das solle durch Gewinnverzicht geschehen. – Nun verhandelt der Senat schon seit Monaten, ohne dass Veolia offenbar dazu bereit ist. Geht das Risiko des Scheiterns jetzt ausschließlich zulasten des Landeshaushalts? Oder wo soll das Geld herkommen? Sie werden es nicht auf den Tisch legen. Ihre Antwort: Sie haben keine. Damit ist das doch offensichtlich ein ungedeckter Scheck, den Sie heute ausstellen, Herr Stroedter und Herr Melzer. Klarheit, Entschiedenheit, Entschlossenheit, hinter den Phrasen verbirgt sich eine Realität: Sie können nicht sagen, woher die 60 Millionen Euro kommen sollen.
Nun wissen wir, dass der Berliner Wasserpreis sowohl in Bezug auf Frischwasser als auch in Bezug auf Abwasser erheblich zu hoch ist. Das sagt uns das Bundeskartellamt, das der linke Wirtschaftssenator 2010 eingeschaltet hat. Und wir kennen auch den Grund: weil die Gewinngarantien, die Sie 1999 den Konzernen gegeben haben, die kalkulatorischen Kosten und damit den Preis hochtreiben. Der Senat sagt, der Kaufpreis sei refinanzierbar, auch wenn die Kartellamtsverfügung umgesetzt würde. Wir als Linke sagen: Ihre angekündigte Preissenkung, bei der noch völlig unklar ist, woher sie kommen soll, bleibt sogar noch hinter dem zurück, was das Bundeskartellamt allein für die Trinkwasserkalkulation verlangt.
Wenn Sie aber anerkennen – und Herr Stroedter zumindest hat das getan –, dass das Trinkwasser zu teuer ist, dann müssen Sie das auch für den Abwasserpreis anerkennen. Beide werden nach den gleichen Kriterien kalkuliert, erhebliche Gewinne inbegriffen. Dann wäre es doch aber das Mindeste, was Sie den Berlinerinnen und Berlinern jetzt geben müssten, dass Sie diese Preisüberhöhung vollständig beenden, damit die Berlinerinnen und Berliner nicht weiter für die Gewinne Berlins und Veolias zahlen müssten. Sie müssten also um das Zwei- oder Dreifache dessen entlastet werden, was Sie ihnen jetzt für 2013 und 2014 in Aussicht gestellt haben.
Meine Damen und Herren von der Koalition! Sie haben ein zentrales und politisches und rechnerisches Problem, um das Sie sich herumdrücken. Ganz offenbar lässt sich der Rückkauf zum Kaufpreis nicht vollständig aus dem RWE-Anteil refinanzieren, wenn Sie die Maßstäbe des Kartellamts für die Kalkulation des Frischwasser- und des Abwasseranteils am Wasserpreis zugrundelegen. Jedenfalls geht das nicht haushaltsneutral, wie Sie es vorhaben. Deshalb sagen wir als Linke, die Koalition muss jetzt hier schon einmal klarmachen, wer für die Altlasten und politischen Fehlentscheidungen geradestehen soll. Sie können doch nicht ein zweites Mal ausschließlich die Wasserkunden die Zeche bezahlen lassen.
Und Herr Melzer, Sie können doch nicht ernsthaft erzählen, die Wasserkunden merkten den Rückgang im Portemonnaie, wenn Sie jetzt schon wissen, dass sie jeden Cent dieses Rückkaufs bezahlen müssen. Das ist doch Rosstäuschung. Damit belügen Sie doch die Berlinerinnen und Berliner. Das ist doch ganz klar. Die Kosten aus dem Schiedsverfahren beispielsweise sind Altlasten. Die müssen im Landeshaushalt abgebildet werden. Das ist
Wasser müssen wir alle zahlen. Steuern zahlen diejenigen, die über das entsprechende Einkommen verfügen. Deshalb ist es nicht egal, wie Sie den Rückkauf refinanzieren wollen. Es ist auch kein Erfolg, wenn Sie behaupten, dass Sie das haushaltsneutral hinbekommen. Dabei geht es nämlich um eine soziale Frage ersten Ranges. Ob Hartz-IV-Bezieher oder Millionär, alle zahlen das mit, das ist sozial unverantwortbar, da können Sie erzählen, was Sie wollen.
Und der VDGN und diejenigen, die in den Siedlungsgebieten für das Wasser-Volksbegehren gestimmt haben, und die Aktivistinnen und Aktivisten sagen völlig zu Recht nein zu diesem Spielchen, denn der Rückkauf kommt im Portemonnaie an, und zwar im Portemonnaie der Wasserkunden – als Kosten!
Die Linke ist der Ansicht, dass die vollständige Refinanzierung des Rückkaufs durch die Wasserkunden inakzeptabel ist –
und dass die vollständige Refinanzierung des Rückkaufs über die Wasserpreise für die Berlinerinnen und Berliner trockenes Brot bedeutet, wo ihnen Kuchen zustünde.
Die Vorschläge der Linken, die gesetzlichen Kalkulationsgrundlagen zu ändern und die Spielräume zur Wasserpreisdämpfung endlich zu nutzen, liegen auf dem Tisch. Sie müssen als Koalition Farbe bekennen. Wollen Sie langfristig sicher die Preise senken, dann müssen Sie die Kalkulationsgrundlagen im Berliner Betriebegesetz ändern. Ich kenne kein Gesetzesvorhaben der Koalition, das vorsieht, wie Sie die Wasserpreise senken wollen und zu wessen Lasten das gehen soll.
Schon deshalb müssen wir heute das Vermögensgeschäft und auch Ihre Entschließung ablehnen. Beide werfen viel mehr Fragen auf, als Sie bisher beantwortet haben. Sie setzen die Preisüberhöhung fort, statt sie zu beenden. Und Sie kündigen Wasserpreissenkungen an, ohne zu erklären, wie Sie das bewerkstelligen wollen, ohne dass es zulasten der Beschäftigten der BWB oder zulasten der Leistungsfähigkeit des Unternehmens geht. Da können Sie hier heute Bekenntnisse beschließen, so viel sie wollen.
Kriegen die Berliner also tatsächlich im Sinne der eingangs beschriebenen Tradition der Kommunalwirtschaft ihr Wasser zurück? – Nein! Berlin bekommt heute ein Stück BWB zurück, aber die Berlinerinnen und Berliner
bekommen mitnichten ihr Wasser zurück. Berlin braucht ein vollständig demokratisch kontrolliertes Wasserwirtschaftsunternehmen, um unabhängig von Rendite und Gewinngarantien über eine ökologisch wichtige, über eine sozial entscheidende Ressource entscheiden zu können.
Es geht um die Frage, wer in fünf oder zehn oder in 20 Jahren in welcher Weise auf die Lebensadern der Stadt Einfluss nehmen kann. CDU, Heilmann, Graf, Garmer, Sie alle haben gesagt: Behalten wir bloß Veolia hier, die sind doch so gut zu uns. Das ist nicht die Rekommunalisierung, liebe SPD, für die wir Ihnen unsere Zustimmung geben könnten. Das lehnen wir ab.
Danke, Kollege Dr. Lederer! – Mir ist eine Kurzintervention des Kollegen Stroedter signalisiert worden. – Bitte, Herr Kollege Stroedter! Sie wissen als altgedienter Parlamentarier, sich auf den Vorredner beziehen!
Herr Dr. Lederer! Ich bin schon ein bisschen überrascht über das, was Sie sagen und was Sie meiner Rede entnehmen. Erst einmal zu den Kalkulationsgrundlagen: Was hat eigentlich Harald Wolf als Wirtschaftssenator all die Jahre gemacht? Was hat er denn verändert? Was hat er dafür getan?
Zweite Bemerkung: Abwasser. Die Frage Abwasser ist vom Bundeskartellamt bisher in keinster Weise diskutiert worden. Frau Kosche hat ja offensichtlich einen direkten Draht. Wir haben darüber keinerlei Informationen. Wenn es da Entscheidungen gibt, die auch Rechtsbestand haben, dann wird das natürlich auch in den Gesprächen eine Rolle spielen.
Dritter Punkt: Wir haben ganz deutlich gesagt – das bitte ich auch dem zu entnehmen, Herr Dr. Lederer, deshalb ist das eben einfach nicht korrekt –: Wir wollen entsprechende Verhandlungen mit Veolia. Und wir wollen dafür sorgen, dass Gewinngarantien, wie es sie in der Vergangenheit gab, so nicht eingehalten werden.
Und jetzt zeige ich mal die Alternative: Sie haben begründet, auf meine Rede hin noch mal verstärkt: Sie wollen das Geschäft heute nicht machen. Sie wollen den Berlinerinnen und Berlinern das Wasser zurückgeben, wie Sie das sagen, und eben nicht hier einfach irgendein Geschäft machen. Was passiert denn, wenn abgelehnt wird? Wem geben Sie denn dann etwas zurück? Was ändert sich denn dann an der Kalkulation? Wie ist denn dann die Entwicklung, wenn RWE und Veolia drinbleiben?
Wie sorgen Sie denn dafür, dass RWE dann noch weiterhin bereit ist zu verkaufen? Was machen Sie denn, wenn die an jemand anders verkaufen, wenn die drin bleiben? Ändert sich dann irgendwas? – Gar nichts! Deshalb ist diese Politik unglaubwürdig.
Das, was den Berlinerinnen und Berlinern etwas bringt, und dafür bitten wir um Unterstützung auch von Ihnen, ist, dass wir das Geschäft abschließen, dass das Land Berlin einen großen Teil der Teilprivatisierung wieder zurücknimmt und dass 75 Prozent in Händen des Landes Berlin sind. Dafür bitten wir um die Unterstützung dieses Hauses. – Danke!
Lieber Herr Stroedter! Sie hätten mir schon mal zuhören sollen. Das Kartellamt hat ja nicht mal für den Trinkwasserbereich bisher eine rechtsfeste Preissenkungsverfügung, weil Sie ja die Berliner Wasserbetriebe darin ermutigen, das Kartellamt, mit den Kosten der Wasserkunden bezahlt, zu beklagen – und zwar bis in die letzte Instanz. Es geht gar nicht darum, ob wir hier irgendetwas Rechtsfestes haben, sondern es geht darum, ob wir die Be
rechnungsgrundlagen des Bundeskartellamts für die Preissenkungsverfügung im Trinkwasserbereich akzeptieren. Wenn wir das tun, dann gilt das Gleiche natürlich auch für den Abwasserbereich, denn da werden dieselben Gewinnmargen, dieselben kalkulatorischen Kosten eingepreist. Darum geht es, und davon wollen Sie ablenken, dass Sie da auch ranmüssen. Sie tun so, als sei im Abwasserbereich alles okay; dabei läuft dort genau dieselbe Schweinerei durch die 99er Teilprivatisierungsverträge, wie sie auch im Wasserbereich läuft. Und dem müssen Sie sich stellen. Da kommen Sie überhaupt nicht raus, es tut mir leid.
Was hat Herr Wolf gemacht? – Na ja, Herr Wolf hat etwas gemacht – ich erinnere noch mal daran, er musste sich da von Ihnen und auch von der Bank da drüben erheblich beschimpfen lassen –, er hat das Kartellamt angerufen, damit auf RWE und Veolia Druck ausgeübt werden kann. Ohne diese Preissenkungsverfügung wäre RWE möglicherweise jetzt noch da und würde weiter seine Renditemargen kassieren. Es gibt doch überhaupt keinen Grund, bei so perfekten und komfortablen Verträgen seine Sachen zu packen und zu gehen, wenn man nicht befürchtet, es könnte zukünftig schlechter werden. Und anstatt die Chance zu nutzen und auch Veolia unter Druck zu setzen, macht Herr Heilmann ein Kaffeegespräch, macht die CDU-Fraktion – das steht auch in Ihrer Entschließung – Veolia schöne Augen und sagt: Wir wollen euch unbedingt hier behalten. Wir müssen noch mal ein bisschen über die vertraglichen Grundlagen diskutieren, aber im Grunde soll Veolia hier im Unternehmen bleiben. – Da widerspricht doch die SPD nicht! Das tragen Sie doch offenbar mit. Und wenn Herr Melzer recht hat mit Einheit und Geschlossenheit – den Spruch kenne ich aus SED-Zeiten –, dann müssten Sie sich sozusagen genau mit in die Argumentationslinie einordnen, die die CDU hier vorgetragen hat. Herr Dr. Garmer: Veolia großartige PPP. – Diese PPP setzen Sie fort. Das ist das Problem. Und dem verweigern wir unsere Zustimmung, lieber Herr Stroedter.
Modernisierung der Verträge, Neuverhandlung der Grundlagen der Zusammenarbeit mit Veolia: Das höre ich ja nun alles schon seit Monaten. Wo soll denn das enden? Und glauben Sie, Veolia bleibt hier und will zukünftig keine Gewinne mehr machen? – Entschuldigen Sie, aber das müssten Sie doch selbst bei Ihrem JusoMarx-Seminar mal gelernt haben, dass das mit der Realität nichts zu tun hat, nichts!