Warum unterstellen Sie, Herr Kollege Esser, eigentlich bereits vor den Verhandlungen das Gegenteil? Diese Frage müssen Sie auch einmal beantworten!
Und schließlich: Die Piraten behaupten, der Kaufpreis wird in den BWB versteckt, anstatt im Haushalt dargestellt zu werden. Auch diese Behauptung ist absurd, denn eine haushaltsneutrale Finanzierung ist ein legitimer Weg, den Kaufpreis zu günstigen Konditionen zu finanzieren, ohne den Landeshaushalt zu belasten.
Vonseiten des Wassertischs wird nun verlangt, zwei Klauseln mit hineinzusetzen, einmal die mögliche Nichtigkeit. Da hat der Sonderausschuss „Wasserverträge“ – der Kollege Karsten und andere haben sich da verdient gemacht – verdeutlicht, entsprechend zu beraten.
Lieber Herr Dr. Lederer! Sie wissen, es gab dort viele Anhörungen. Es gab zwei Gutachten des WPD. Beide Gutachten kommen zu dem Ergebnis, dass eine Nichtigkeit und eine mögliche Rückabwicklung der Verträge nicht gegeben ist. Das muss man irgendwann einmal zur Kenntnis nehmen. Man kann niemandem dreizehn, vierzehn Jahre danach erzählen, dass die Nichtigkeit realistisch ist. Insofern ist die Klausel als solche schon völlig sinnlos.
Sie sind doch als Opposition im Sonderausschuss eindeutig an das Ende Ihrer Argumente gekommen, deshalb verlagern Sie die Debatte in das heutige Geschäft.
Auch eine Klausel, die auf eine nachträgliche Kaufpreisveränderung nach weiteren Gutachten zielt – auch das ist eine Forderung des Wassertischs –, ist realitätsfern, da die Verkäuferseite einen solchen Vertrag verständlicherweise nicht unterschreiben würde. Insofern ist die Behauptung der Opposition, der Vertrag sei zu teuer und zu schlecht ausgehandelt, durch nichts belegt, sondern allein der offensichtliche Versuch, das Geschäft zu torpedieren. Deshalb sage ich: Wie wollen eigentlich die Abgeordneten aller drei Oppositionsfraktionen den Berlinerinnen und Berlinern erklären, dass das Land Berlin trotz des erfolgreichen Volksentscheids nicht die Anteile von RWE an den BWB übernimmt? Das ist die Konsequenz dessen, wenn Sie heute mit Nein stimmen.
Der Vertrag kommt dann nicht zustande, das wissen Sie. Und das müssen Sie den Leuten, die über 500 000 Stimmen gesammelt haben, erklären. Das ist unglaubwürdig.
Die Koalitionsfraktionen stimmen dem vorgelegten Vertrag ausdrücklich zu. Wir nehmen den Wunsch der Berlinerinnen und Berliner ernst, den Einfluss des Landes Berlin auf die BWB deutlich zu erhöhen. Wir wollen, dass die Wasserpreise sinken, und wir fordern die Opposition in diesem Parlament auf: Stimmen Sie dem Geschäft zu! Machen Sie keinen Klamauk! Kommen Sie Ihrer Verantwortung nach. – Vielen Dank!
Meine Damen und Herren! Die Kollegin Kosche hat das Wort für eine Kurzintervention. – Sie haben jetzt das Wort, Frau Kosche! Bitte auf den Vorredner beziehen!
Herr Stroedter! Sie waren ein ehrlicher und fleißiger Helfer bei dem Wasservolksbegehren. Da haben Sie Ihre Kollegen und Kolleginnen aus der Partei gut unterstützt. Das schützt Sie einen kleinen Moment, aber eben nur einen kleinen Moment.
Ich will Ihnen deutlich sagen, was ich denke, warum Veolia klagt: Sie klagen, weil sie Angst haben, dass mit dem Einstieg des Landes in diese privatrechtliche Gesellschaft der Wert ihres Anteils RVB sinkt. Das ist meine Meinung.
Ob das so stimmt, das ist eine andere Frage. Ob wirklich der Wert einer privatrechtlichen Gemeinschaft mit dem Einstieg des Landes Berlin sinken würde, weiß ich nicht, aber das ist der Grund, den ich auch nachvollziehen kann. Sie können nicht sagen, ich lüge, weil ich diesen Grund akzeptiere oder nicht akzeptiere, sondern ich stelle ihn erst einmal hier vor.
Herr Kollege Stroedter! Wünschen Sie das Wort zur Erwiderung? – Das ist nicht der Fall. Dann erteile ich jetzt dem Kollegen Dr. Lederer für die Linksfraktion das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wasser, Strom, Nahverkehr hat das Bürgertum um die Wende zum 20. Jahrhundert in die eigenen Hände genommen, um sich frei zu machen von den feudalen Strukturen und Fesseln, um über städtische Geschicke selbst bestimmen zu können. Das war die politische Grundlage kommunaler Selbstverwaltung. Die kommunale Infrastruktur sollte wirtschaftliche Entwicklung ermöglichen, die Wasserwirtschaft insbesondere ein lebenswichtiges Gut bereitstellen und Hygiene und Gesundheit in der Stadt sichern. Später dann, in der Weimarer Republik, als die Arbeiterbewegung ihre demokratische Beteiligung erkämpft hatte, kamen sozialer Ausgleich, Umverteilung und Solidarität als die Kommunalwirtschaft tragende Aspekte hinzu. Und ja, auch die Möglichkeit – sie waren an der kurzen, zentralstaatlichen Leine –, zusätzliche Einnahmen zu generieren, auch das war ein Aspekt kommunaler Wirtschaft. Aber es war längst nicht der wichtigste, im Mittelpunkt stand die selbstbestimmte Erledigung gemeinschaftlicher Aufgaben.
Die schwarz-rote Koalition – nicht Herr Wolf, niemand sonst! – hat 1999 die Berliner Wasserbetriebe teilprivatisiert. RWE und Vivendi erhielten die Regie über das Unternehmen. Berlin kassierte brutto 3,4 Milliarden DM. Die abgeschlossenen Verträge verpflichteten Berlin notfalls zum Ausgleich, falls eine fest definierte Gewinnerwartung der privaten Konzerne nicht befriedigt werden konnte, womit Berlin in eine Erpressungssituation gebracht wurde: Entweder die Kohle kommt über die Wasserpreise herein, oder der Landeshaushalt muss herhalten.
Das ist genau das Gegenteil dessen, was sich das Bürgertum und die Arbeiterbewegung an emanzipatorischen Freiräumen erkämpft hatten. Maßgeblich für die unternehmerische Strategie wurde eine vorgegebene Renditezielmarge als Machtverhältnis vertraglich festgelegt. Unter Schwarz-Rot, Herr Melzer, verkaufte Berlin sein Recht auf politische Gestaltung der Wasserpreise und sein Recht, die Strategie seiner kommunalen Wasserver- und Abwasserentsorgung demokratisch zu definieren. Das ist der Grund, warum wir 1999 gegen diese Teilprivatisierung gekämpft haben, als Sie sie durchgeführt haben.
Verkauft wurde die Entscheidungsbefugnis über Investitionen, über Flächennutzung und Verwaltung, über Forschung, Entwicklung, Nachhaltigkeit und Zukunftsplanung und über die Chance der Berlinerinnen und Berliner, Mitbestimmung, Transparenz und Bürgerbeteiligung an der Wasserwirtschaft unserer Stadt politisch festzule
Wir müssen jetzt eine Frage beantworten: Geht die Koalition mit der heutigen Rückkaufentscheidung einen Schritt in die Richtung, den 1999er-Sündenfall rückgängig zu machen? Darum geht es. Dafür gibt es genau zwei entscheidende Kriterien. Das erste ist: Stimmt der Kaufpreis, und wer zahlt für den Rückkauf? Wie werden die Wasserpreise zukünftig gestaltet? Das zweite ist: Sind die Berliner Wasserbetriebe nach diesem Deal demokratischer, transparenter und wirklich kommunal, oder sollen sie es werden? Können wir als Berlinerinnen und Berliner darüber jetzt wieder selbst verfügen, oder können wir es zumindest in einer absehbaren zeitlichen Perspektive?
Zum ersten Aspekt Kaufpreis und Refinanzierung: Analysten sehen den Unternehmenswert deutlich unter dem Kaufpreis. Nun sind eine Reihe von Altlasten mit eingepreist, weshalb hier eine Summe von ca. 650 Millionen Euro brutto in Rede steht. Diese Summe – so die Koalition, so der Finanzsenator – soll aus den Einnahmen refinanziert werden, die zukünftig auf den RWE-Anteil für Berlin entfallen sollen.
Nein, nein, da stecken ja Leute dahinter, die dafür bezahlen müssen. Fakt ist, Sie wollen allein den Wasserkunden den Rückkauf in Rechnung stellen. Damit die das dann schlucken, erklären Sie in Ihrer Entschließung die Absicht, die Wasserkunden pauschal um 60 Millionen Euro pro Jahr irgendwann 2013 oder 2014 zu entlasten.
Dazu sagen wir als Linke: Bisher ist überhaupt nicht klar, woher diese 60 Millionen Euro stammen sollen. Herr Stroedter! Aus dem aktuellen Haushalt offenbar nicht, sonst könnten Sie heute Ihre Entschließung nicht verabschieden, sondern müssten sie erst einmal in den Hauptausschuss überweisen.