Ich gehe davon aus, dass Herr Schwarz wie auch Herr Wowereit Geschäftsführer und Aufsichtsratsvorsitzende auf Bewährung sind, und rechne damit, dass die in dem Antrag der Grünen geforderte Zukunft jederzeit Realität werden kann. – Vielen Dank!
Die antragstellende Fraktion hat sofortige Abstimmung beantragt. Wer dem Antrag Drucksache 17/0563 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und eine Stimme bei den Piraten. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD, der CDU und der fraktionslose Abgeordnete. Enthaltungen? – Das sind die Linksfraktion und die übrigen Stimmen der Fraktion der Piraten. Dann ist der Antrag abgelehnt.
Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Die Linke. Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. Lederer. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aktuell liegt der durchschnittliche Dispozinssatz in Deutschland – so können wir von der Stiftung Warentest erfahren – bei fast zwölf Prozent. Einige Banken verlangen sogar über 15 Prozent. Die Banken hingegen erhalten gegenwärtig frisches Geld von der EZB für 0,75 Prozent. Der Basiszinssatz der EZB ist auf historisch tiefstem Niveau. Dispositions- und Überziehungskredite sind offenbar ganz klar eine rentable Veranstaltung für die Banken, eine perfekte Cashmaschine für die krisenbedingt wacklige Eigenkapitalbasis. Wer aber braucht Dispo- und Überziehungskredite? – Jeder dritte Haushalt nimmt regelmäßig Dispokredite in Anspruch.
Nein, für den Berliner Flughafen findet Herr Nußbaum noch Geld im Landesetat. Dafür brauchen wir keine Dispokredite. Dispokredite brauchen diejenigen, die gewerbetreibend und deren Kunden säumig sind. Das sind auch Prekäre mit unregelmäßigem Zahlungseingang, das sind vielleicht Hartz-IV-Beziehende, die sich beispielsweise eine Neuanschaffung leisten müssen und deswegen darauf angewiesen sind, mal etwas tiefer in den Dispo zu gehen, aber es sind auf keinen Fall die Vermögenden. Es sind diejenigen, die ohnehin schon nicht in stabiler sozialer Situation sind. Es liegt hier also ein für die Betroffenen ziemlich schwieriger sozialer Missstand vor, eine zusätzliche Belastung. Da muss man sich die Frage stellen: Wodurch ist diese Belastung gerechtfertigt?
Die Banken sagen: Wir haben Bearbeitungskosten, wir haben Ausfallrisiken zu tragen oder Ähnliches. – Wenn wir uns aber die Fakten angucken, dann stellen wir fest: Die Bearbeitungskosten sind in den vergangenen Jahren de facto nicht gestiegen. Das Ausfallrisiko bei Dispositionskrediten liegt gerade mal bei 0,3 Prozent. Rechtfertigt das eine Differenz zwischen Kreditaufnahme einerseits und Dispozinsen andererseits, die nicht selten bei 14, 15 Prozent liegt? – Aus unserer Sicht rechtfertigt sie das nicht.
Nun ist auch die Bundesverbraucherschutzministerin aufgewacht und hat ein Gutachten in Auftrag gegeben. In diesem Gutachten heißt es,
dass die Erträge aus dem Dispokreditgeschäft die Kosten, die dem Kreditinstitut … entstehen, deutlich übersteigen.
Man könnte es auch in anderen Worten ausdrücken: Die Banken zocken ab, und sie sanieren sich auf Kosten ihrer ärmsten Kunden.
Bedauerlicherweise hat die Bundesregierung dieser Feststellung bislang keine großen Taten folgen lassen. Es gibt Spitzengespräche mit den Lobbyinstitutionen und den Banken mit der Folge, dass die Banken sich jetzt freiwillig bereit erklärt haben, Vergleichszinssätze anzugeben. Das soll der höheren Transparenz und der Kundensouveränität dienen. Aber kassiert wird weiter, und das ist der eigentliche Punkt. Wir meinen und fordern: Eine gesetzliche Begrenzung der Dispositionskreditzinsen ist dringend erforderlich.
Wenn an dieser Stelle oft der Einwand gebracht wird, das würde dazu führen, dass die Banken bis an die Obergrenze gehen, kann ich nur sagen: Ordnungspolitisch ist das überhaupt nicht zwingend. Im Gegenteil, auch dann würden sich die Banken im Wettbewerb, Kundinnen und Kunden zu bekommen, durchaus darum bemühen, auch bei Dispokreditzinsen in die eine oder andere Richtung Signale an die Marktteilnehmer zu senden.
Nun haben fünf Bundesländer – darunter auch das schwarz-rot regierte Sachsen-Anhalt – eine entsprechende Bundesratsinitiative gestartet. Der federführende Wirtschaftsausschuss, der Ausschuss für Fragen der EU, der Finanzausschuss, der Innenausschuss und auch der Rechtsausschuss des Bundesrats haben diesem empfohlen, die Entschließung anzunehmen. Bedauerlicherweise ist am 12. Oktober 2012 genau das Gegenteil passiert; die Entschließung ist abgelehnt worden. Soweit ich es überblicke, hat Berlin dazu beigetragen, dass diese Entschließung nicht angenommen wurde. Deswegen ist es an der Zeit, dass das Parlament sich zu dieser Frage positioniert und dem Senat ein bisschen Rückendeckung für mehr Mut gibt, damit die Zockerei ein Ende hat. Wir wünschen uns deswegen erstens eine solide Beratung des Antrags und zweitens eine möglichst große Zustimmung in diesem Haus. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Dr. Lederer! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt die Abgeordnete Köhne das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich diesen Antrag gelesen habe, habe ich gedacht: Gute Idee! Der Antrag greift genau das richtige Thema zur richtigen Zeit auf. – Wie gerade Herr Dr. Lederer schon sagte, gibt es zurzeit extrem günstige Zinsen für die Banken, um Geld zu leihen, 0,75 Prozent bei der EZB. Diese gute Zinslage wird aber von den Banken nicht an die Kunden weitergereicht. Außerdem ist die Nutzung des Dispokredits gerade durch die unteren Einkommensschichten und den Mittelstand – das hatten Sie vergessen, Herr Dr. Lederer; für die Flexibilität im Tagesgeschäft wird es auch da gebraucht – deutlich gestiegen. Das heißt, das Dispozinsproblem trifft eine breitere Bevölkerungsschicht. Insofern können wir die Forderung des Antrags eigentlich nur unterstützen.
Aber man kann und sollte an dieser Stelle noch weiter gehen und den Antrag erweitern bzw. ändern. Das ganze Thema ist ein Kernthema der SPD. Auch unser Kanzlerkandidat redet gern mit den Banken und über die Banken
und hat sie immer im Blick. Außerdem hat die SPDBundestagsfraktion gerade einen Regelungsvorschlag zu genau dieser Thematik im Bundestag vorgestellt.
Dieser Regelungsvorschlag der SPD-Bundestagsfraktion beinhaltet unter anderem auch folgenden Punkt: Die Banken sollen mit ihren Zinsforderungen für Dispositionskredite nicht mehr als 8 Prozent über dem geltenden Basiszinssatz liegen dürfen.
So weit geht die Regelung in etwa konform mit Ihrem Antrag. Bei Ihnen ist allerdings keine konkrete Zahl genannt; es wird nur ganz allgemein von einer Begrenzung gesprochen. Da frage ich mich, warum wir eigentlich so zögerlich sind. Warum wird in Ihrem Antrag keine konkrete Zahl genannt? Lassen Sie uns doch mutiger sein und uns trauen! Wir nennen einfach eine konkrete Zahl, beispielsweise diese 8 Prozent.
Alles andere ist viel zu unverbindlich und kann wieder unterschiedlich ausgelegt werden. Das beliebte Argument dagegen, das sagten Sie vorhin auch schon, ist, dass diese gesetzliche Regelung vom Markt schnell als Obergrenze gesehen wird und die Gefahr besteht, dass auch bisher günstigere Banken ihr Zinsniveau anheben. Auch jetzt gibt es Banken – allerdings wenige –, die nicht so hohe Zinsen verlangen. – Wie heißt es so schön? – Der Wettbewerb wird es regeln. Aber auf jeden Fall kann es nicht höher gehen.
Frau Köhne! Ich teile das ja. Wir haben als Linke im Bundestag 5 Prozent verlangt. Ein bisschen Spielraum sollte noch drin sein, auch hier im Hause, sich zu verständigen. – Aber wie erklärt sich denn, dass das sozialdemokratisch regierte Berlin im Bundesrat gegen die Entschließung gestimmt hat? Können Sie mir das erklären?
Da Sie offenbar, wie ich auch, der Ansicht sind, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht, hätte die Regierung im Bundesrat eigentlich auch entsprechend abstimmen müssen.
Berlin ist nicht nur sozialdemokratisch. Das zuständige Senatsmitglied hatte da offensichtlich ohne Diskussion eine Meinung abgegeben.
Der Antrag als solcher geht also in die richtige Richtung. Aber ich würde ihn gern noch weiter ergänzen: Bei geduldeten Kontoüberziehungen sollen die Banken verpflichtet werden, ihre Kunden auf günstigere Möglichkeiten der Kreditaufnahme hinzuweisen. In Frankreich wird beispielsweise so verfahren.