Protocol of the Session on September 27, 2012

Noch mal zur Kostenfrage: Nach meinem Kenntnisstand sind es 450 Millionen. Ich weiß nicht, woher Sie ihren – über 500 Millionen – haben. Letztlich muss man insgesamt abwägen, ob das Projekt volkswirtschaftlich einen hohen Nutzen hat. Bisher sind die Rückmeldungen, dass der volkswirtschaftliche Nutzen höher ist als die eingesetzten Mittel – im Verhältnis drei zu eins. Auch das muss man zur Kenntnis nehmen. Jetzt können wir hier Beschlüsse mit einem Begleitrahmen fassen, die schön sind, aber die der Senat eh umsetzt und die Sie als Opposition und wir als Regierung eh machen. Insofern ist Ihre Beschlusslage überflüssig und unsinnig. – Danke!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Kreins! – Für die Linksfraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Harald Wolf das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kreins! Das war ja wieder eine Rede aus dem verkehrspolitischen Paralleluniversum.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Wenn Sie zur Rede von Herrn Moritz, der noch mal die Kritik an der A 100 vorgetragen hat, erklären, Unsinn bleibt Unsinn, dann ist das auch eine Mitteilung an die Mehrheit Ihres ersten Landesparteitags, der die A 100 abgelehnt hat,

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

und es ist eine Mitteilung an die knappe Minderheit Ihres zweiten Landesparteitags, der Klaus Wowereit zuliebe dann der A 100 zugestimmt hat. Die Argumente sind doch in Ihrer Partei durchaus bekannt und akzeptiert, aber

ich nehme zur Kenntnis, dass Sie der Hälfte Ihres Parteitags mitteilen, dass er Unsinn beschlossen hat und dass er für Unsinn eintritt.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Teilen Sie ihr das auch so in dieser Deutlichkeit mit! Das ist der neue Respekt, den Herr Stöß verkündet hat, der Respekt vor dem sozialdemokratischen Parteitag. Das haben wir schon bei der S-Bahn gesehen: keine Teilausschreibung. Was kommt? – Die Teilausschreibung! Unterstützung des Volksbegehrens Energietisch. Was passiert? – Ablehnung des Volksbegehrens Energietisch! Das ist die Parteitreue der Sozialdemokraten.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Benedikt Lux (GRÜNE): Papiertiger!]

Jetzt zur Sache: Es bleibt dabei, es ist doch absurd, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, dass mit der A 100 der Verkehr aus der Innenstadt herausgebracht wird. Das Gegenteil ist der Fall. Die A 100 – man muss es doch nicht noch mal erklären – führt mit dem 16. Bauabschnitt den Verkehr direkt in die Innenstadt auf die Elsenbrücke an den Treptower Park und produziert dort verkehrliches Chaos.

[Beifall bei der LINKEN – Torsten Schneider (SPD): Perpetuum mobile!]

Und wenn man den 17. Bauabschnitt bauen will, was immer der kosten mag und was das städtebaulich bedeutet, der 17. Bauabschnitt führt an die Frankfurter Allee. Mein Gott! Heißt das vielleicht, den Verkehr aus der Innenstadt hinausführen? – Das ist doch absurd. Waren Sie schon mal in der Stadt? Waren Sie mal an der Frankfurter Allee? Das liegt doch nicht im Umland, das liegt mitten in der Stadt.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Sie haben die Verkehrsprognose und die Entlastung angesprochen. Wie ich aus der laufenden Verhandlung in Leipzig erfahren habe, war die Stadtentwicklungsverwaltung mit ihren 30 Experten nicht in der Lage, ihre Verkehrsprognose herzuleiten, was den Richter zu der Feststellung veranlasst hat, dass für die Planfeststellung eine plausible, auf das Projekt bezogene Prognose des Verkehrsaufkommens notwendig sei. Also Sie laufen in das Risiko, dass Sie hier noch mal nachbessern müssen, wenn Sie das nicht nachweisen können. Es ist ja interessant, die Planer in Berlin gehen davon aus, dass 7 Prozent Lkw-Verkehr verlagert werden, im Bundesverkehrswegeplan geht man von 14 Prozent aus. Ich frage mal: Wo ist da die Prognose? Wo ist da die Seriosität?

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

(Oliver Friederici)

Jetzt zum Antrag der Grünen: Ich finde, wenn man sozialdemokratische Parteitagsbeschlüsse ernst nimmt, müssten die Grünen eigentlich ein Interesse daran haben, dass diese Maßnahmen nicht umgesetzt werden, denn dann müsste die Konsequenz sein, wenn der SPD-Parteitagsbeschluss umgesetzt wird und die zwingenden Vorbedingungen für den Bau der A 100 nicht erfüllt sind, dass die SPD gegen den Bau der A 100 stimmt. Da wir aber wissen, dass sozialdemokratische Parteitagsbeschlüsse in der Regel nicht eingehalten werden, unterstützen wir diesen Antrag und sind der Meinung, dass das Parlament informiert werden muss, wie der Umsetzungsstand dieser Maßnahmen ist, die sowohl in der Koalitionsvereinbarung stehen als auch im Stadtentwicklungsplan Verkehr festgelegt sind. Herr Kreins! Wenn Sie meinen, dass sei so selbstverständlich, können Sie dem ja auch zustimmen. Sie können dann auch auf dem nächsten Parteitag die Abgeordnetenhausdrucksache vorlegen und prüfen, was von den Forderungen der SPD erfüllt worden ist und ob die Voraussetzungen für den Bau der A 100 gewährleistet sind. – Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Kollege Wolf! – Für die CDUFraktion hat jetzt der Kollege Friederici das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Wolf! Man kann sich ja über diese Linkspartei nur wundern. Sie haben hier zehn Jahre regiert, Sie haben dieses Planfeststellungsverfahren zehn Jahre lang in der Koalition begleitet.

[Uwe Doering (LINKE): In den letzten drei Jahren nicht mehr! Schön bei der Wahrheit bleiben!]

Stellen Sie sich nicht hierhin als der Vorbote der Gerechten und der Verhinderer der A 100. Sie haben genauso mitgemacht, wie die SPD es geplant hat. Sie waren in der Koalition, und wir verfolgen das jetzt nur nach. Ich sage Ihnen: Das ist auch gut so, dass die A 100 weitergeplant und irgendwann gebaut wird.

[Beifall bei der CDU]

Dass die Grünen heute im Rahmen der Prioritäten ausgerechnet das Thema Weiterbau der A 100 gewählt haben, verwundert überhaupt nicht vor dem Hintergrund der gerade laufenden Verhandlungen beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Aber mir scheint, dass auch die Grünen vom Weiterbau der A 100 inzwischen ausgehen und sich auch damit abgefunden haben. Dass wir als Regierungskoalition

natürlich darauf hoffen, dass die jetzige Planung zum Weiterbau der A 100 Bestand haben wird, versteht sich von selbst. Der Senat hat heute auch Entsprechendes in Leipzig vorgetragen. Diese Position vertritt die CDUFraktion bereits seit Jahren, und auch im Vorfeld der Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus im letzten Jahr war das immer klar.

[Uwe Doering (LINKE): Das wundert uns jetzt nicht wirklich!]

Lassen Sie mich noch einmal sagen: Berlin braucht ein leistungsfähiges Verkehrssystem mit einem geschlossenen Innenstadtring. Ziel muss es doch gerade sein, mit leistungsfähigen Hauptverkehrsstraßen und -adern Durchgangsverkehre in Wohngebieten und intakten Stadtquartieren zu minimieren und den Verkehr dort wesentlich zu reduzieren. Die A 100 ist für die Entwicklung von Adlershof und für den neuen Flughafen BER unabdingbar notwendig.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Was?]

Durch eine Verlängerung der A 100 vom Autobahndreieck Neukölln zum Treptower Park und eine mögliche spätere Verlängerung könnten große Bereiche der Innenstadt, insbesondere Wohngebiete in Neukölln, Treptow, Kreuzberg-Friedrichshain, Prenzlauer Berg und Mitte, endlich nachhaltig vom Durchgangsverkehr entlastet werden.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Ihr Ehrenwort?]

Auch unter volkswirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten kann und darf Berlin es sich nicht leisten, auf eine vom Bund finanzierte Investition in die Infrastruktur in einer Größenordnung von 420 Millionen Euro zu verzichten.

[Beifall bei der CDU]

Ein wesentlicher Teil der Wertschöpfung aus dieser Maßnahme verbleibt in Berlin und der Region – Arbeitsplätze und Steuereinnahmen, die wir dringend benötigen und auf die wir nicht verzichten wollen und dürfen.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Ich weiß, dass dieser Aspekt neben den verkehrlichen Sachgründen bei den Grünen keine besondere Bedeutung hat. Für uns aber ist die Zukunftsfähigkeit des Wirtschafts- und Verkehrsstandortes Berlin auch unmittelbar mit einer guten und leistungsfähigen Straßeninfrastruktur verbunden.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Mir scheint, dieser Antrag ist auch ein Beleg der Hilflosigkeit der Grünen, die sich offensichtlich mit dem Weiterbau der A 100 inzwischen abgefunden haben und nur noch Fragen zum Bau und zu den Auswirkungen stellen können. Nur muss ich Ihnen sagen, da taugt dieser Antrag inhaltlich nur für eine Kleine Anfrage. Eine Kleine Anfrage ginge für den Erkenntnisgewinn übrigens auch

schneller als die von Ihnen ja immer sehr langwierig initiierte parlamentarische Behandlung.

Kleinen Moment, Herr Kollege! Ich möchte nur sagen, dass Sie keine Zwischenfragen zulassen, damit das jeder weiß. Darüber bin ich vorab informiert worden.

Den Grünen fällt zum Weiterbau der A 100 gar nichts mehr ein. Deshalb stellen Sie lediglich Fragen, statt dem Senat einen konkreten Handlungsauftrag zu erteilen. So etwas habe ich in meinen 17 Jahren Parlamentszugehörigkeit von den Grünen bislang noch nicht erlebt.

[Zuruf von Stefan Gelbhaar (GRÜNE)]

Aber es kommt noch besser. Sie begründen das Ganze auch noch damit – was natürlich für Sie frustrierend sein muss –, dass es schließlich eine Koalitionsvereinbarung gebe, die es einzuhalten gilt. Ja, da haben Sie recht! Die Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU wird eingehalten und auch in diesem Punkt konsequent abgearbeitet.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und der SPD]

Jetzt wissen Sie, meine Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, warum Sie nicht in Regierungsverantwortung gekommen sind und Herr Wowereit, der Regierende Bürgermeister, damals sagte – ich zitiere –:

Der Anzug für die Grünen ist nun mal im Schrank hängen geblieben.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Gucken Sie noch mal auf Ihr Wahlergebnis!]