Protocol of the Session on September 27, 2012

Der Bau der A 100 führt zum Verlust von 350 Kleingärten, die meisten sind schon gekündigt und verlassen, eine Vielzahl zerstört. Viele Bäume wurden dabei gerodet, Hunderte müssten noch folgen. Gewerbe wurde vertrieben, und die verbliebenen Betriebe stehen vor dem Aus, wenn die Autobahn kommt.

Von diesem Pult aus wurde in letzter Zeit viel über Wohnungspolitik und den notwendigen Wohnungsneubau gesprochen. Durch die A 100 werden 250 eher preiswerte Wohnungen vernichtet. Und das alles für Kosten in Höhe von mindestens 500 Millionen Euro.

[Beifall bei den GRÜNEN – Oliver Friederici (CDU): Das werden ja immer mehr!]

Ja, die Fakten der A 100 sind hinlänglich bekannt. Wir, Bündnis 90/Die Grünen, wollen diese unsinnige Geldverschwendung nicht.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Die SPD hat über die A 100 so lange abgestimmt, bis das Ergebnis pro A 100 ausfiel. Allerdings musste sie diesen Beschluss in ein Gesamtkonzept packen. Im Beschluss heißt es:

Die Berliner SPD spricht sich für den Weiterbau der A 100 aus, sofern garantiert wird, dass die im Folgenden aufgelisteten flankierenden Maßnahmen des StEP Verkehr auch tatsächlich umgesetzt werden.

Die flankierenden Maßnahmen werden im Beschluss dann noch einzeln benannt wie Straßenrückbau, Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung, Tempo-30-Strecken, kurzfristige Realisierung einer Stellplatzverordnung. – Die gesamte Liste ist in unserem Antrag nachzulesen. In den schwarz-roten Koalitionsvereinbarungen ist ein ähnlicher Passus zu finden:

Um die mit der Verlängerung der A 100 verbundenen Ziele dauerhaft zu erreichen und zu gewährleisten, dass insgesamt keine Erhöhung der Straßenkapazität für den Kraftfahrzeugverkehr erfolgt, sind mit der Maßnahme eine Reihe von Komplementärmaßnahmen untrennbar verbunden.

Auch hier folgt dann eine Auflistung. Wir fragen uns allerdings: Wann sind hier mal greifbare Ergebnisse zu sehen? – Die flankierenden Maßnahmen sind im Stadtentwicklungsplan Verkehr schon fast zehn Jahre lang beschlossene Sache, aber – fehlt es am Geld oder am politischen Willen?

[Claudia Hämmerling (GRÜNE): Beides!]

Ganz anders bei der A 100. Da geht man zügig voran. Immer schon ist der nächste Schritt vorbereitet. Da wird auch mal versucht, mit Brachialgewalt Tatsachen zu schaffen, wie Anfang des Jahres bei der Baufeldfreimachung auf den Kleingartenflächen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Uwe Doering (LINKE): So sind sie!]

Heute – ist vorhin schon erwähnt worden – treten der Vorhabenträger und die Senatsverwaltung mit 30 Personen zur mündlichen Verhandlung in Leipzig an, vertreten gleich von zwei externen Anwaltskanzleien, als wenn in der Senatsverwaltung nicht genug Anwälte wären.

[Zuruf von Oliver Friederici (CDU)]

(Ole Kreins)

Hier zeigt sich der Wille des Senats, und Geld spielt da auch keine Rolle. Übrigens: Die Kosten für die Verhandlung bezahlt nicht der Bund, sondern das Land Berlin.

Aber zurück zum Antrag: Ich denke, nicht nur wir, Bündnis 90/Die Grünen, auch die Öffentlichkeit hat ein Interesse, über den Sachstandsbericht informiert zu werden. Ich nehme auch an, dass SPD und CDU darauf brennen, den Stand ihrer Beschlüsse zu erfahren. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank, Herr Moritz! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Kreins das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrte Abgeordnete! Unsinn bleibt Unsinn bleibt Unsinn. Auch wenn man es drei- oder viermal wiederholt, sind auch die Argumente der Grünen, die Sie eben genannt haben, mitunter wirklich Unsinn.

[Zuruf von Claudia Hämmerling (GRÜNE)]

Ich will noch mal sagen, nach einem Jahr des Schweigens zu diesem Thema und ein Jahr nach einem Verhandlungskompromiss zwischen Volker Ratzmann und der SPD rufen Sie das Thema auf, und es gibt mit der heutigen Gerichtsverhandlung auch einen aktuellen Anlass.

[Ah! von den GRÜNEN]

Dabei spielt es keine Rolle, mit wie vielen Personen wir den Planfeststellungsbeschluss dort verteidigen. An der Stelle sei Ihnen mal gesagt, dass der Kompromiss auch innerhalb der SPD gefunden worden ist und dass wir diesen Kompromiss mittragen.

[Claudia Hämmerling (GRÜNE): Ein fauler!]

Es wird entschieden werden, ob sachgemäß abgewogen ist. Die ganzen Fragen, die Sie jetzt genannt haben, werden im Abwägungsverfahren vom Gericht gar nicht noch mal geprüft, sondern tatsächlich, ob zwischen den öffentlichen und den privaten Belangen ausreichend abgewogen worden ist.

Am gemeinsamen Ziel, die Berliner Stadt von Durchgangsverkehren zu befreien und Verkehre aus der Innenstadt um die Innenstadt herum zu leiten, halten wir fest. Dieses Ziel ist in diesem Haus unumstritten.

[Zuruf von Uwe Doering (LINKE)]

Es ist weiterhin das erklärte Ziel der Sozialdemokraten, die Mobilität aller Berlinerinnen und Berliner zu fördern. Dazu gehören auch die Rad- und Fußverkehre sowie ein gutes Angebot von S-Bahn und BVG. Daher haben wir im Haushalt für einen guten Mix aus Investitionen in

Rad- und Fußwege, aber auch für einen guten ÖPNV und zur Sanierung des Straßenlandes Vorsorge getroffen.

Jetzt noch mal zur öffentlichen Wahrnehmung: Ich habe da eine andere Wahrnehmung, Herr Kollege Moritz, die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt begrüßt den Weiterbau der A 100.

[Philipp Magalski (PIRATEN): Quatsch!]

Na, lesen Sie die – – So sprachen sich Ende Oktober 2011 bei einer Forsa-Umfrage der „Berliner Zeitung“ knapp zwei Drittel der Berlinerinnen und Berliner für den Weiterbau der A 100 aus.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Das ist die letzte Studie, die es dazu gibt. Das muss man mal zur Kenntnis nehmen.

[Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

Lediglich 23 Prozent lehnen den Weiterbau ab. Und ganz besonders spannend wird es unter den Grünenwählern. Da lehnen 43 Prozent ab, aber 41 Prozent sind dafür.

[Aha! von der CDU]

Herr Kreins! Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein! Ich gestatte keine Zwischenfrage. – Wie frustrierend muss das eigentlich sein, wenn man eine grüne Politik machen will, die bei den eigenen Wählern nur auf ein mäßig geteiltes Echo trifft, und andererseits Spielräume einer Regierungsbeteiligung, über die Sie ja nicht hinwegkommen, und einen Kompromiss leichtfertig wegwirft?

[Andreas Otto (GRÜNE): Wie ist die Quote bei der SPD?]

Bereits in den letzten Jahren sind ergänzende Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung umgesetzt worden: die Verbesserung der Radwege, die Ausdehnung der Parkraumbewirtschaftung, die Anweisung von Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen bei der integrierten und intelligenten Verkehrslenkung.

[Zurufe von der LINKEN]

Gleichwohl müssen weitere Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung folgen. Die A 100 ist ein Teil eines Gesamtkonzepts zur Verkehrsberuhigung in der Innenstadt und kann daher nicht isoliert betrachtet werden. Sie steht in Korrespondenz mit den vergangenen und künftigen Maßnahmen.

[Zuruf von Uwe Doering (LINKE)]

Jede Investition in die ÖPNV-Beschleunigung, jede Sanierung eines Radwegs, jede Verlängerung von Straßenbahnlinien, jede neu eröffnete U- und S-Bahnstation dient

(Harald Wolf)

letztlich dem gleichen Ziel wie die A 100, die Innenstadt von Verkehr zu befreien, und das in einem gesamtstädtischen Gefüge.

Nun noch mal zur Bedeutung der A 100: Die Gesamtverkehrsprognosen für das Land Berlin-Brandenburg für das Jahr 2025 sagen, dass der motorisierte Individualverkehr leicht abnehmen wird. Trotzdem ist festzustellen, dass Wirtschaftsverkehre hauptsächlich motorisiert sein werden. Und wenn wir uns jetzt gerade die letzten Statistiken anschauen, die wir gesehen haben – 1,8 Prozent Wirtschaftswachstum, mehr als alle anderen Bundesländer –, dann liegt das auch daran, dass wir eine Verkehrsinfrastruktur haben, die ein Standortvorteil ist. Diesen Standortvorteil sollten wir nicht so einfach verspielen, auch im Sinne der Arbeitsplätze, die in dieser Stadt dringend gebraucht werden.

Noch mal zur Kostenfrage: Nach meinem Kenntnisstand sind es 450 Millionen. Ich weiß nicht, woher Sie ihren – über 500 Millionen – haben. Letztlich muss man insgesamt abwägen, ob das Projekt volkswirtschaftlich einen hohen Nutzen hat. Bisher sind die Rückmeldungen, dass der volkswirtschaftliche Nutzen höher ist als die eingesetzten Mittel – im Verhältnis drei zu eins. Auch das muss man zur Kenntnis nehmen. Jetzt können wir hier Beschlüsse mit einem Begleitrahmen fassen, die schön sind, aber die der Senat eh umsetzt und die Sie als Opposition und wir als Regierung eh machen. Insofern ist Ihre Beschlusslage überflüssig und unsinnig. – Danke!