Bevor ich die Mündliche Fragestunde aufrufe, möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass zwei Mitarbeiterinnen des Referats Öffentlichkeitsarbeit Fotoaufnahmen für unsere Hausbroschüre „A bis Z“ machen werden.
Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat Frau Abgeordnete Dr. Susanne Kitschun von der SPD-Fraktion mit der Frage über
1. Welche Maßnahmen ergreift der Senat vor dem Hintergrund der aktuellen Serie von Angriffen mit rechtem Hintergrund, um die Engagierten zu unterstützen?
2. In welcher Form und welchem Umfang findet eine spezielle Sensibilisierung und Schulung von Polizeibeamten in den betroffenen Kiezen im Umgang mit den Opfern rechter Gewalt und dem Erkennen von rechtsextremen Tathintergründen statt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Kitschun! Im August 2012 wurden in den Bezirken Treptow-Köpenick und Neukölln mehrere Straftaten mit politisch motiviertem Hintergrund verübt. Am 1. sowie am 22. August kam es jeweils in den frühen Morgenstunden zu Angriffen auf die in Treptow-Köpenick befindlichen Wohnhäuser von Bezirkspolitikern aus Treptow-Köpenick, Nico S. und Dr. Hans E., die sich beide in der BVV Treptow-Köpenick in den Themenbereichen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus engagieren. An beiden Häusern wurden die Briefkästen unter Zuhilfenahme von Pyrotechnik zerstört und jeweils eine Fensterscheibe mittels eines Steins eingeworfen. Der polizeiliche Staatsschutz führt diesbezüglich Ermittlungen. Es besteht der Verdacht, dass die Taten durch rechtsmotivierte Täter begangen wurden.
Am 20. August sowie in der Nacht vom 21. zum 22. wurde das Bürgerbüro der Jusos Treptow-Köpenick erheblich beschädigt. Am 23. August, 20 Uhr, wurde ein Mitglied der „Falken – Sozialistische Jugend Deutschlands“ beim Überkleben eines NPD-Aufklebers von hinten von einer männlichen unbekannten Person geschubst und anschließend mehrmals mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Der Geschädigte brachte den Sachverhalt zur Anzeige, als er zu einem späteren Zeitpunkt von zwei schwarzgekleideten Personen vor seiner Haustür mit den Worten: „Hast du noch nicht genug, oder willst du noch mehr?“ angesprochen wurde. Bereits am 12. August gegen 22 Uhr war zur Anzeige gebracht worden, dass in Johannisthal eine bisher unbekannte männliche Person beim Abkratzen eines NPD-Plakats von einem vermummten Täter auf den Gehweg gezerrt und mit einem brennenden Gas ins Gesicht gesprüht worden sei. Am 22. August stellten Polizeibeamte in Neukölln mehrere Plakate und Schmierereien fest, die den Straftatbestand
des Verwendens von Kennzeichnen verfassungswidriger Organisationen erfüllen. Es wurden 15 Strafanzeigen gefertigt. Die Plakate beziehen sich eindeutig auf Themen der rechtsextremen Szene. Aufgrund der räumlichen Nähe der Tatorte – fünf in Buckow, zehn in Rudow – kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die Straftaten der in Rede stehenden Plakataktion mit den Sachverhalten in Treptow-Köpenick in Verbindung stehen.
Der Senat nimmt all diese Straftaten, insbesondere die konkrete gegen Personen gerichteten, sehr ernst. Es kann nicht sein, dass Menschen wegen ihrer Überzeugung, ihres politischen und gesellschaftlichen Engagements solchen Angriffen ausgesetzt sind. Den Opfern gebührt unsere Solidarität und Unterstützung.
Über die Aufklärung der Taten hinaus gilt es, die Betroffenen solcher Straftaten – erstens – zu beraten und – zweitens – zu schützen. Das LKA führt daher in Fällen wie diesen persönliche Sicherheits- und Sensibilisierungsgespräche durch. Dabei wird unter anderem die individuelle Gefährdungssituation erläutert, und es werden Verhaltensempfehlungen gegeben. Darüber hinaus werden den Betroffenen direkte Ansprechpartner benannt.
Über diese wichtigen, auf den Einzelfall bezogenen Maßnahmen hinaus ergreift der Senat bereits zahlreiche Maßnahmen zur Bekämpfung der politischen, rechtsmotivierten Kriminalität. Die Schwerpunkte liegen sowohl im Bereich der Bildung und Prävention als auch im Bereich der Repression.
Wir haben es in Berlin mit einem rechtsextremistischen Potenzial von ca. 1 400 Personen zu tun. Davon gelten etwa 650 als gewaltbereit. Im Jahr 2000 waren es mehr als doppelt so viele. Die Sicherheitsbehörden rechneten dem rechtsextremen Spektrum 2 900 Personen zu. Damit liegt der Rückgang in Berlin im bundesweiten Trend.
Bei den Straftatenzahlen im Bereich der politisch motivierten Kriminalität rechts waren im Jahr 2011 nur geringfügige Veränderungen festzustellen. Die Anzahl der Straftaten stieg im Vergleich zu 2010 um etwa 2 Prozent auf 1 157 Straftaten an. Bei der genauen Betrachtung dieser Straftaten war eine drastische Steigerung bei den politisch motivierten Gewaltdelikten rechts, nämlich von 28 im Jahr 2010 auf 61 im Jahr 2011, festzustellen. Darunter wurde in 47 Fällen wegen Körperverletzung und in 7 Fällen wegen Brandstiftung ermittelt. Der Halbjahresvergleich zwischen 2011 und 2012 weißt derzeit Fallzahlen im Bereich der PMK rechts aus, die geringer sind.
Der Senat hat mehrfach deutlich gemacht, dass politisch motivierte Straftaten und damit auch die hier in Rede stehenden Angriffe verabscheuungswürdig und durch nichts zu rechtfertigen sind. Dazu hat sich die Koalition im Rahmen der Extremismusbekämpfung auch klar posi
tioniert. In den vergangenen Monaten stand die Bekämpfung rechtsextremistischer Straftaten im Fokus von Öffentlichkeit und Politik. Die rot-schwarze Koalition wie auch der Senat haben frühzeitig reagiert und gehandelt. Mit dem neuen Doppelhaushalt haben wir beim Verfassungsschutz fünf neue, d. h. zusätzliche Stellen im Bereich des Rechtsextremismus geschaffen. Die entsprechenden Besetzungsverfahren laufen derzeit.
Im LKA Berlin sind bereits vor Jahren die organisatorischen Voraussetzungen geschaffen worden, dass sich spezialisierte Dienststellen mit der Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität rechts befassen. Die Polizei hat die Struktur des polizeilichen Staatsschutzes im LKA aktuell erneut überprüft und wird den neuen Herausforderungen entsprechend zum 1. September 2012 ein spezielles Dezernat mit integrierter Auswerteeinheit zur Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität rechts einrichten. Ich hatte darüber im Innenausschuss informiert.
Gerade in der aktuellen Zeit kommt der Prävention für die Sicherheitsbehörden besondere Bedeutung zu. Im Rahmen des Projekts „Wissen und Bildung als Schutzfaktor gegen Rechtsextremismus“ bietet die Berliner Polizei Schulen eine Informationsveranstaltung zum Thema rechtsextremistische Gefahren für Schüler der Klassenstufe 9 an. In zwei Unterrichtsstunden werden mit den Schülern Begriffe und Merkmale des Rechtsextremismus, aktuelle Erscheinungsformen nazistischen Gedankenguts und der Begriff der freiheitlich demokratischen Grundordnung erarbeitet, vorgestellt und erläutert. Durch die Präventionsbeauftragten der Polizeiabschnitte erhalten die Schüler in dieser Veranstaltung Handlungsempfehlungen, wie sie sich beim Versuch rechtsextremistischer Nachwuchsgewinnung verhalten können und wie ihr demokratisches Bewusstein gestärkt werden kann. Die Polizei beteiligt sich unter anderem am Runden Tisch Spandau und am Treffen des Bündnisses für Demokratie und Toleranz, gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus Treptow-Köpenick.
Doch die Bekämpfung des Rechtsextremismus – das wissen Sie, meine Damen und Herren Abgeordnete – ist nicht allein Aufgabe der Sicherheitsbehörden. Das Land Berlin ist mit den zwei aus der Umsetzung des Landesprogramms gegen Rechtsextremismus resultierenden Foren, dem Berliner Beratungsnetzwerk und dem Berliner Ratschlag für Demokratie, gut aufgestellt. Wenn wir auf dem Niveau weiter zusammenarbeiten – ohne Scheuklappen und Ressentiments –, werden wir die rechte Szene in der Stadt in Zukunft weiter schwächen. Da bin ich sicher.
Zu Ihrer zweiten Frage, Frau Kollegin: Die Thematik Rechtsextremismus ist fest in der polizeilichen Ausbildung für den mittleren und gehobenen Polizeivollzugsdienst sowie in der Fortbildung verankert. Entsprechende
Lehrmaterialien, z. B. Schriften zur Fortbildung, liegen vor. Es existiert ein Merkblatt „Rechtsextremismus“ für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schutz- und Kriminalpolizei zum sensiblen Umgang mit Opfern und Betroffenen rechter Gewalt. Die Polizeiangehörigen werden über Hintergründe und Folgen rechtsextremistischer Straftaten informiert, um im Rahmen eines ersten Angriffs die Notwendigkeit des sensiblen Umgangs mit den Betroffenen zu erkennen und im Interesse einer wirksamen Strafverfolgung entsprechend agieren zu können.
Weiterhin werden Polizeibeamtinnen und -beamte in der Ausbildung grundsätzlich im Umgang mit Opfern von Straftaten verschiedenster Art geschult. Das Thema Opferschutz, einschließlich Opfer rechter Gewalt, wird für alle Polizeieinsatzkräfte im Rahmen der Fortbildung durch verschiedene Seminare vertieft.
Ein Handzettel für Zeugen und Opfer rechtsextremistischer Straftaten soll Geschädigte, Zeugen oder Hinweisgeber aufklären. Auf dem Handzettel für Betroffene sind neben Kontaktadressen der Polizei und des Verfassungsschutzes auch Opferhilfestellen vermerkt, die individuelle Möglichkeiten zur Bewältigung der Situationen aufzeigen können. Die Informationsmaterialien, Merkblätter und Handzettel stehen allen Polizeibeamtinnen und -beamten jederzeit im Intranet der Polizei zur Verfügung. Es gehört zum Selbstverständnis der Berliner Polizei, dass rechtsextreme Tendenzen nirgends toleriert werden.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Innensenator! Können Sie uns vor dem aktuellen Anlass, dass vorgestern eine Attacke auf das jüdische Leben, nämlich auf einen Rabbiner stattgefunden hat, erklären, wie und in welchem Umfang die Berliner Polizei sicherstellt, dass Menschen, über die wie als Berliner sehr froh sein können, ihre Religion öffentlich ausleben können? Wie wird die Berliner Polizei auf diesem Gebiet geschult?
Herr Kollege Lux! Ich habe gerade deutlich gemacht, wie die Polizei mit dem Thema Extremismus und den Gefah
ren für unsere Demokratie umgeht und wie sie darauf achtet, dass Toleranz – auch im Hinblick auf Religion – durchgesetzt werden kann.
Zum konkreten Fall: Ich habe dazu gestern mit dem Regierenden Bürgermeister deutlich Stellung bezogen und betont, wie abscheulich dieser Übergriff auf den Rabbiner war. Ich habe deutlich gemacht, dass wir so etwas in unserer Stadt nicht dulden werden und nicht dulden dürfen.
Die Polizei ermittelt im Augenblick, und es wird darum gehen, dass wir – erstens – der Täter schnell habhaft werden und sie – zweitens – einer gerechten Strafe zuführen.
Damit kommen wir zur zweiten Frage. Sie wird gestellt von Herrn Melzer von der CDU-Fraktion und behandelt das Thema
1. In welcher Form hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung den Veranstalter bei der Vorbereitung und Durchführung der erfolgreichen Campus Party in Berlin unterstützen können?
2. Wie bewertet der Senat den Erfolg der Campus Party 2012 für den IT-Standort Berlin, und welche Erkenntnisse für die Zukunft konnten gewonnen werden?
Herr Abgeordneter! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Campus Party war ein großer Erfolg für Berlin. Wie haben wir sie unterstützt? – Seit Bekanntwerden des Termins im Mai haben wir alle Akteure um einen Tisch versammelt, um möglichst Unterstützung zu