Protocol of the Session on June 14, 2012

Für Piratenfraktion hat nun der Abgeordnete Höfinghoff das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Vielen Dank! – Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben das jetzt schon mehrmals hier gehört, und wir haben es in den Ausschüssen gehört: Die Privatisierung der GSW im Jahr 2004 war ein großer Fehler. – Das Problem ist aber, dass das Versagen durch diese Entschuldigung nicht kleiner wird. Im Gegenteil! Es steht zu vermuten, dass insbesondere in den Wohnungen aus dem sozialen Wohnungsbau, die bei der GSW liegen, die Probleme in den nächsten Jahren massiv spürbar werden. Die Mieter der GSW am Kottbusser Tor sind so verzweifelt, dass sie seit Pfingsten ein dauerhaftes Protestcamp eingerichtet haben, um auf ihre Lage aufmerksam zu machen. Mir ist nicht bekannt, dass sich Politiker der großen Koalition, die ja angeblich so mieterfreundlich sein wollen und Bündnisse für Mieten oder sonst was einrichten, bei diesen Mietern einmal gezeigt haben, sich einmal hingesetzt haben und sich die Sorgen dieser Menschen angehört haben, die Angst – wirkliche Angst – um ihre Wohnungen haben.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Lars Oberg (SPD): So ein Quatsch! – Daniel Buchholz (SPD): Wir waren auch da, Herr Kollege!]

Die Koalition zeigt beim Thema GSW – das kennt man ja schon aus den 90er-Jahren –, auf welcher Seite sie steht, nämlich auf der Seite der Bauherren und der angeblichen Investoren. Da wird zwar pikiert geschaut, wenn die GSW-Vorstände es nicht für nötig halten, der Einladung des Bauausschusses zu folgen, aber wenn es an das Eingemachte geht, verweigern sich SPD und CDU. Die Piratenfraktion hatte den Antrag eingereicht, die Geheimverträge zur GSW-Privatisierung zu veröffentlichen, damit

die Mieter überhaupt wissen, welche Rechte sie haben und diese auch gegen die GSW durchsetzen können.

[Iris Spranger (SPD): Quatsch! Es gibt gar keine Geheimverträge!]

Aber SPD und CDU wischen solche Anträge einfach vom Tisch, ohne sich um die Interessen der Mieterinnen und Mieter zu scheren.

[Zuruf von SPD: Unerhört!]

Und Sie werden diesen Antrag wahrscheinlich auch mit ihren üblichen fadenscheinigen Argumentationsmustern vom Tisch wischen, weil Ihnen die Bauherren eben immer schon näher standen als die Bürger dieser Stadt.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Zurufe von der SPD]

Am Montag werden Mieterinitiativen erneut gegen die Politik des Senats demonstrieren. Ich wünsche mir, dass diese Demonstration groß und laut wird. Vielleicht sieht der Senat dann einmal ein: Politik muss man für Menschen machen und nicht gegen sie.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Abgeordnete Schmidberger das Wort. – Ich bitte um Entschuldigung, dass wir Sie in der Reihenfolge übersprungen haben. Die Wortmeldung ist schlichtweg hier nicht eingetragen worden. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Das kann mal passieren, kein Problem! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mieterinnen und Mieter! Gemeinsam mit der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion bringen wir heute diesen dringlichen Antrag zum Schutz der Mieterinnen und Mieter gegen die GSW ein. Dazu wurden wir leider veranlasst, da sich der Senat bei diesem Thema seiner Verantwortung vollkommen entziehen will.

Es gibt zwei dringliche Gründe für diesen Antrag. Erstens: Nachdem der Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr zwei Anhörungen zu den Folgen der Privatisierung der GSW durchgeführt hat und dort massive Vertragsverletzungen durch die GSW sichtbar wurden, ist es dringend geboten, endlich zu handeln und den Mieterinnen und Mietern zu helfen. Die können nämlich am wenigsten für die augenblicklich hoch prekäre Situation.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Zweitens: Viele Mieterinnen und Mieter in den Wohnungen rund um das Kottbusser Tor sind akut verunsichert und bedroht. Sie werden bei weiteren Mietsteigerungen bzw. den überhöhten Betriebskosten, die ihnen Unter

nehmen wie die GSW oder Hermes zumuten, bald aus ihrem angestammten Kiez wegziehen müssen. Deshalb betreiben die Betroffenen seit fast drei Wochen ein 24Stunden-Protestcamp und werden nicht locker lassen, bis der Senat eine sozialverträgliche Lösung findet. Wir unterstützen die Initiative von Kotti & Co ausdrücklich, da der Senat bisher nichts unternimmt, und das ist wirklich schändlich.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Aber kommen wir zurück zu den beiden Anhörungen! Eine dritte soll es nach den Ferien geben, was ja auch schon ziemlich absurd ist, aber okay. Bei der ersten Anhörung haben Mieterinnen und Mieter von fehlenden Instandhaltungen der Wohnung oder von Weiterverkäufen einiger Häuser ohne Information der Betroffenen berichtet. Dazu gibt es auch noch viele andere Beispiele. Sie, der Senat, sind noch nicht einmal bereit, das eigenständig zu prüfen. Sie haben es sogar abgelehnt, einen sachlichen Berichtsbeschluss des Ausschusses mitzutragen, der lediglich das schädliche Verhalten der GSW kritisiert und das dem Parlament zur Kenntnis geben will. Na, danke schön! Das ist also Mieterschutz nach Wowereitscher Art. Darauf kann die Stadt echt verzichten.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Was haben Sie stattdessen bei der zweiten Anhörung verkündet? – Ach ja, Sie haben ein Gespräch mit der GSW geführt.

[Daniel Buchholz (SPD): Ja, Sie nicht!]

Da wurde Ihnen dann von der GSW berichtet, dass alles in Ordnung ist. Na prima! Dann können wir hier ja gleich alle nach Hause gehen. Das ist also Ihr Verständnis von verantwortungsvollem Handeln. Sie wollen die Sache noch nicht einmal eigenständig prüfen. Auch wollen Sie die Mieterinnen und Mieter nicht über ihre in dem Kaufvertrag festgelegten Mieterschutzrechte informieren. Was haben Sie also zu verbergen? Oder ist Ihnen die Sache einfach nicht so wichtig? – Das würde ich gern mal wissen. Ihr Verhalten versteht keiner da draußen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

In den Häusern der GSW ist teilweise eine dramatische Situation zu beobachten. Die Leute haben keine Zeit, keine Nerven und kein Geld mehr. Sie wollen einfach in ihren Wohnungen in Ruhe leben, und ich finde, darauf haben sie auch ein Anrecht. Herr Müller! Sie sagen, es gebe kein Recht auf Innenstadt. Aber vor 20 oder 30 Jahren wollte keiner am „Kotti“ leben. Das Neue Kreuzberger Zentrum sollte laut CDU sogar mal abgerissen werden. Die Leute haben sich dort ihr Leben aufgebaut, und jetzt, wo die Nachfrage und der Druck steigen, sollen die Einkommensschwachen einfach aus der Innenstadt verschwinden. Das ist also Ihr Verständnis von einer prosperierenden Stadt. Wir wollen das nicht. Auch die

Menschen mit wenig oder keinem eigenen Einkommen haben ein Recht, in dieser Stadt und auch in der Innenstadt zu leben.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Sie als Senat hatten zweimal die Chance, sich auf die Seite der Mieterinnen und Mieter zu stellen, Ihre Fehler von damals bei der GSW-Privatisierung endlich gutzumachen. Das hier ist Ihre dritte Chance. Also nutzen Sie sie. Der rechtsfreie Raum GSW muss endlich kontrolliert und vor allem reguliert werden. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Schmidberger! – Für die SPDFraktion hat Frau Spranger das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Herzlichen Dank für diesen aussagekräftigen Unfug, den Sie hier geredet haben! Denn die Stadt kann gut und gern auch auf Sie verzichten.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Wir haben Ihnen sehr klar im Ausschuss dazu etwas gesagt. Der Senator hat sehr klare Worte dazu gefunden, dass der Vorstand nicht anwesend war. Ich habe einen Senator kaum so erlebt wie in dieser Bauausschusssitzung, wo er gesagt hat, dass es eine Sauerei ist, dass sich ein GSW-Vorstand erdreistet, ein Parlament nicht ernst zu nehmen.

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Und was?]

Und ich will Ihnen eins sagen, der Herr mit den blauen Haaren, ich will Ihnen mal sagen: Wenn Sie sich hierher stellen und so tun, als ob Sie die Mieterpartei sind – was soll denn das? Sie wussten nicht mal, wie Parlament geschrieben wird, als wir schon Mieterpolitik gemacht haben.

[Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Zurufe von den PIRATEN]

Das kann alles nicht wahr sein. Und ich will Ihnen noch was sagen: Wenn Sie hier so tun, als ob nur Sie die mieterfreundlichen Parteien seien: Wir sind vor Ort. Unsere Abgeordneten sind dort und sprechen mit den Mietern. Ich selbst habe mir die Häuser angeschaut. Da habe ich von Ihnen keine Spur gesehen. Aber machen Sie es, und dann werden wir mal gucken, wie wir weitermachen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Das Wort für eine Kurzintervention hat die Abgeordnete Schmidberger.

Liebe Frau Spranger! Wenn Sie doch die tolle Mieterschutzpartei sind, dann frage ich mich: Warum stimmen Sie denn dem Antrag heute nicht zu? Und warum haben Sie denn im Ausschuss letztes Mal nichts Verbindliches verabredet, um endlich mal die GSW an die Zügel zu nehmen? Das ist doch der Punkt hier.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Sie erzählen uns, Sie sind bei den Mieterinnen und Mietern vor Ort. Davon wissen die eigentlich Betroffenen aber nichts, wenn man mit denen mal redet. Die haben Sie bisher nicht mal vor Ort gesehen.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Sie geben auch schon fast damit an, dass Sie die Verträge mitverhandelt haben, beim letzten Mal im Ausschuss. Ja, und Sie haben noch ein paar Fehler zugegeben. Aber was folgt denn daraus politisch? Was für eine Konsequenz gibt es Ihrerseits? – Sie sagen mir, Sie hätten mit der GSW geredet, und es ist alles super in Ordnung. Das ist also politisches Handeln der SPD. Das ist Mieterschutz. Na, vielen Dank! Darauf können wir wirklich verzichten. Wir brauchen hier keine Lippenbekenntnisse, wir brauchen auch keine Wahlkampfreden von Herrn Müller im Ausschuss, sondern wir brauchen Handeln. Und deswegen stimmen Sie jetzt diesem Antrag zu!

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank! – Frau Spranger! Ich gehe davon aus, Sie möchten replizieren. – Bitte sehr, dann haben Sie das Wort.

[Zuruf von den PIRATEN: Ist das gefärbt? – Peroxid!]

Wir haben Mieterversammlungen gemacht, die waren wegen Überfüllung geschlossen. Wir waren vor Ort. Und wir werden im Übrigen – das hat der Ausschuss beschlossen, das hat noch niemand gesagt – selbstverständlich die nächste Bausausschusssitzung wo machen? Bei der GSW!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]