Protocol of the Session on June 14, 2012

Danke schön, Herr Präsident! – Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor acht Monaten standen wir hier schon einmal mit relativ einfachen Vorschlägen. Wir

haben uns die Geschäftsordnung angeschaut und haben vorgeschlagen, dass die vom Volk gewählten Abgeordneten, die immerhin Vertreter von über 20 000 Menschen Berlinerinnen und Berliner sind, mehr Rechte bekommen, unter anderem auch Gesetze allein einbringen können.

Wie ernst diese Initiative und wie ernst die Diskussion darüber ist, sollte man sehen, wenn man sich anschaut, dass in den letzten Monaten vermehrt darüber diskutiert wurde, ob im Deutschen Bundestag Redner, die von ihrer Fraktion abweichen, überhaupt eine eigene Redezeit bekommen sollen, um diese Abweichung zu begründen.

Ein zweiter Vorschlag war, die kleinen Fraktionen weniger zu benachteiligen, beispielsweise indem sie auch allein Sondersitzungen einberufen können. Ich glaube nicht, dass die Gefahr, dass dieses jeden Tag passiert, zu groß ist. Dass Sie aber die Angst vor Sondersitzungen oder überhaupt vor zu vielen Sitzungen haben, haben wir gesehen, weil Sie auf der letzten Sitzung die zusätzlichen Sitzungen für das Jahr 2013 abgelehnt haben.

Wenn Sie hoffen, dass es jetzt gar nicht passiert und wir nicht in der Lage sind, von diesen Sonderrechten Gebrauch zu machen, sind Sie schief gewickelt. Sie haben schon gehen, dass sich die Opposition einig ist, wenn die Notwendigkeit besteht. Sie schafft es dann auch, gemeinsam einen Sonderausschuss einzuberufen, der, wie im aktuellen Fall, den Flughafen BER untersucht.

Wir haben natürlich nicht erwartet, dass wir spontan besonders viel Zustimmung für unsere Vorschläge bekommen. Zumindest haben wir aber eine ernsthafte Diskussion erwartet. Man hätte sich auch auf andere Vorschläge einigen können, immerhin waren es acht Monate, innerhalb derer Sie sich hätten überlegen können, welchen der Vorschläge Sie konkret gut heißen können und welchen der Vorschläge nicht. Sie hätten auch Vorschläge unterbreiten können, die wir schlecht hätten ablehnen können, beispielsweise dass es vier Vizepräsidenten gibt, die aber nach d’Hondt verteilt werden, dass also die Piraten keinen abbekommen. Das wäre auch eine interessante Idee gewesen. Stattdessen war aber alles, was wir zu hören bekommen haben, der Vorwurf, dass wir einen Vizepräsidenten wollen, weil wir ein zusätzliches Auto wollen. Und das sagen Sie uns, obwohl wir unseren ersten uns zustehenden Dienstwagen für unseren Fraktionschef Baum noch nicht einmal nutzen.

Dann sagten Sie noch, Sie wollten unser Anliegen umschreiben, sodass statt einzelner Abgeordneter nun fünf Prozent der Abgeordneten die Anträge einbringen können. Das wären nun acht Abgeordnete dieses Hauses statt bisher zehn Abgeordnete dieses Hauses. Sie wissen, welcher Anzahl von Menschen dies entspricht: Es sind 160 000 Berlinerinnen und Berliner, die durch diese Abgeordneten vertreten werden. Mit 20 000 Menschen kann man hier eine Volksinitiative starten und in dieses Parla

ment einbringen. Diese Relation eröffnet sich uns überhaupt nicht. Wir haben uns nicht darauf verlassen, dass wir mit Ihnen einen Kompromiss finden. Wir haben im April dieses Jahres eine Organklage gegen die Geschäftsordnung dieses Hauses eingereicht. Der Satz: Wir sehen uns vor Gericht wieder, der normalerweise relativ folgenlos ist, ist an dieser Stelle wahr. Etwas Gutes hat es nun: Wir hoffen, dass wir mit der erfolgreichen Organklage einen Präzedenzfall schaffen und auch ein Zeichen für andere Bundesländer und auf der Bundesebene setzen. Die von Ihnen eingebrachten Änderungsvorschläge zu unseren Anträgen sind leider für uns überhaupt nicht akzeptabel. – Vielen Dank!

Vielen Dank, Herr Kollege Reinhardt!

[Gongzeichen]

Irgendjemand hat hier den Gong gedrückt. Es ist noch nicht Mittagspause, sondern handelt sich um ein Versehen.

[Heiterkeit]

Die Hoffnung stirbt zuletzt. – Herr Kollege Kohlmeier, Sie sind mir als Redner benannt worden. Möchten Sie sprechen? – Ich sehe, Sie wollen nicht. Die Fraktionen der Grünen, der CDU und der Linken haben für diesen Punkt keine Redner angemeldet. Dann komme ich zu den Abstimmungen.

Zum Antrag der Fraktion der Piraten Drucksache 17/0012 empfiehlt der Rechtsausschuss mehrheitlich gegen die Piraten bei Enthaltung der Linken die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der Piraten. Wer enthält sich? – Das ist die Linke. Wer stimmt dagegen? – Das sind die Grünen, die SPD und die CDU. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen dann zur Drucksache 17/0013. Hier liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD, der CDU und von Bündnis 90/Die Grünen vor. Wer diesem Änderungsantrag Drucksache 17/0013-1 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind spiegelbildlich wieder die SPD, die CDU und die Grünen. Wer ist dagegen? – Das sind die Piraten. Wer enthält sich? – Dann ist dies angenommen.

Wer nun dem Antrag Drucksache 17/0013 in der Fassung des soeben beschlossenen Änderungsantrags zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD, die CDU und die Grünen. Wer enthält sich? – Das sind die Linken und einige Piraten. Wer stimmt dagegen? – Das sind einige Piraten. Damit ist der Antrag angenommen.

Dann kommen wir zum Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/0278. Der Rechtsausschuss empfiehlt

(Vizepräsident Andreas Gram)

mehrheitlich gegen die Piraten bei Enthaltung der Linken die Ablehnung. Ich weise darauf hin, dass eine Verfassungsänderung einer Zweidrittelmehrheit bedarf. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind nur die Piraten. Wer ist dagegen? – Das sind die SPD, die CDU und die Grünen. Wer enthält sich? – Das sind die Linken. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich komme nun zur

lfd. Nr. 3:

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsstellung der Fraktionen des Abgeordnetenhauses von Berlin (Fraktionsgesetz – FraktG)

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung vom 16. Mai 2012 Drucksache 17/0366

zum Antrag der Fraktion Die Linke, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Piratenfraktion Drucksache17/0267

Auch hier eröffne ich die zweite Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der drei Artikel miteinander zu verbinden, und höre hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also die Überschrift und die Einleitung sowie Artikel I bis III Drucksache 17/0267 auf. Auch hier steht wieder ein Kontingent von 15 Minuten zur Verfügung. Für die Fraktion Die Linke hat sich bei mir der Kollege Dr. Lederer gemeldet. – Sie haben das Wort, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In seiner von Beschwörungen, Selbstsuggestion sowie krampfigen Humorversuchen und Ausweichmanövern gekennzeichneten Rede hat der SPD-Fraktionsvoristzende Saleh heute Morgen zum Flughafen der Opposition erklärt: „Wir akzeptieren einen Untersuchungsausschuss zum Flughafen.“ In diesem Satz steckt das ganze Verständnis von SPD und CDU zum Umgang mit den Rechten der Opposition.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Das ist Gutsherrenmanier, herablassende Besserwisserei, Kenntnisfreiheit und Machtpolitik in der Sache. Meine Damen und Herren von der Koalition! Meine Hoffnung, dass Sie dem Oppositionsantrag zur besseren Ausstattung von Sonderausschüssen heute Ihre Zustimmung geben, ist gleich null. Vom ersten Tag an haben Sie hier im Parlament und haben Ihre Zählfiguren im Sonderausschuss Wasserverträge alles getan, um die von den Berlinerinnen und Berlinern mittels Volksentscheid eingeforderte Aufklärung und juristische Prüfung der Teilprivatisierungsverträge zu blockieren und zu behindern.

Der Sonderausschuss sollte solide prüfen, öffentlich und unter Hinzuzierung von unabhängigem Sachverstand. Ich ziehe eine Zwischenbilanz nach knapp einem halben Jahr. Erstens: Ernsthaft strukturiert gearbeitet hat die Opposition und nur die Opposition.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Unruhe bei der SPD und bei der CDU]

Sie waren überhaupt nicht da. Die meisten von Ihnen waren überhaupt nicht da. Ihre Runde hat doch permanent das Personal gewechselt. Wie soll dabei strukturiert und kontinuierliche gearbeitet werden?

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Zweitens: Sämtliche Anträge und Vorschläge der Opposition hat die Koalition weggestimmt, zum Teil mit abenteuerlichen Argumenten und Ausflüchten. Drittens: Eigene Vorschläge kamen als Tischvorlagen, entschuldigt mit der Unbelecktheit der Koalitionsabgeordneten in dieser Materie. Angesichts dessen, dass SPD und CDU die Teilprivatisierung 1999 verbockt haben, ist das schon ein starkes Stück. Wer keine Ahnung hat, muss nicht in einen solchen Ausschuss gehen.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Viertens: Verabredungen in den Sprecherrunden wurden regelmäßig gebrochen, zum Teil auf Intervention der beiden PGF-Pitbulls der Koalition, die damit ihre ohnehin schon blassen Platzwärmer im Ausschuss endgültig brüskiert haben.

[Zurufe von der SPD und von der CDU]

Fünftens: Der Finanzsenator – er ist ja jetzt auch nicht da – verteilt hier im Plenum Noten, wurde aber im Ausschuss nie gesehen.

Sechstens: Knigge-Stunden eines überforderten, thematisch sichtlich desinteressierten und alles andere als unparteiischen Vorsitzenden runden das Bild ab.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Fassen wir zusammen: Das Aufklärungsinteresse der Raub- und Beutekoalition ist gleich null. Sie beschränken sich darauf, ein Geschäft abzufeiern, das Herr Nußbaum plant. Zum Rückkauf der RWE-Anteile und zum Thema Veolia haben Sie wahrscheinlich noch keinen Plan. Da werden Sie sich demnächst noch ein bisschen zerlegen. Das Parlament weiß wenig bis überhaupt nichts. Und damit wird selbst die möglicherweise sinnvoll greifbare Rekommunalisierung politisch nicht diskutierbar. Aber wir werden es hier diskutieren. Das wird keine SPDCDU-Erweckungsmesse, denn die Abzocke der Berlinerinnen und Berliner muss endlich ein Ende haben.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Ba, ba! Was will denn der Herr Buchholz? Was will denn der kleine Terrier aus Spandau?

[Heiterkeit – Ole Kreins (SPD): Hat Sie heute jemand gebissen? – Zuruf von der SPD: Ist das parlamentarisch? – Weitere Zurufe von der SPD]

Frau Merkel mag eine Basta-Kanzlerin sein, aber selbst im Bund finden –

[Zurufe von der SPD]

Können Sie wieder Ruhe geben, unsere Redezeit ist knapp! –

[Zurufe von der SPD und der CDU]

bei zentralen politischen Grundentscheidungen im Kanzleramt Runden statt, in denen alle – ich betone: alle – Fraktionsvorsitzenden über die Eckdaten von wichtigen politischen Prozessen informiert werden. Bei diesem Beton-Senat und Blockade-Senat scheint das undenkbar. Ich meine, wenn Sie heute erneut blockieren – und das werden Sie tun, denn Sie sind sich Ihrer Mehrheit ja sicher –, ist die Opposition gut beraten, über einen Antrag zur Beendigung dieses Sonderausschuss-Schmierentheaters nachzudenken.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Daniel Buchholz (SPD): Traurig, traurig! – Zuruf von der SPD: Er sollte mal ein kaltes Bad nehmen! – Zuruf von Dr. Manuel Heide (CDU)]

Wir haben jetzt in der Sommerpause dazu Zeit. Aus unserer Sicht ist Zeit- und Ressourcenverschwendung das Privileg und Kennzeichen dieser Stümperkoalition. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Zurufe von der SPD und der CDU]