Protocol of the Session on May 24, 2012

[Joachim Esser (GRÜNE): Ja!]

Das sind die Bereiche, wie wir das Portfolio untergliedern.

Natürlich müssen wir auch über die Instrumente nachdenken. Hierzu haben wir drei Verfahren: Wir haben einmal – wie bisher bei dem normalen Verkauf, wo es auch um die Vermögensaktivierung und Haushaltskonsolidierung geht – das Bieterverfahren – bedingungsfrei. Wir haben aber auch das Bieterverfahren mit Bedingungen für spezifische Förderkriterien, und wir denken darüber nach, auch Direktvergaben zu machen, mit verbindlich definierten Förderbedarfen oder Förderzwecken. Das Ganze in seiner Ausgestaltung einmal als Kaufpreiszahlung oder – wo es sinnvoll ist – auch als Erbpachtzahlung. Das sind die Varianten, mit denen wir arbeiten wollen. Ich glaube, das bietet ein breites Instrumentarium, um die Liegenschaftspolitik so auszurichten, dass wir auf der einen Seite dem Förder- und Entwicklungsbedarf der Stadt gerecht werden, und auf der anderen Seite auch dem Finanzbedarf. Damit handeln wir extrem nachhaltig für die Zukunft unserer Stadt.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Für die Förderzwecke selbst ist es wichtig zu entscheiden, ob wir es über Kaufpreisverzicht machen oder ob wir es aufgrund bestimmter rechtlicher Bestimmungen als Subvention ausweisen müssen. Hier muss die Fachverwaltung das Thema noch einmal detailliert abarbeiten und prüfen, was vernünftig und was rechtlich sicher ist. Für uns ist aber klar, dass der Förderzweck und das damit verbundene Fördervolumen transparent und abgesichert sein müssen.

Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter?

Danke, nein! Ich bin noch nicht fertig mit meinen Ausführungen.

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Deshalb nennt man es Zwischenfrage!]

Aber Sie müssen zuerst den Sinnzusammenhang mitbekommen.

[Ah! bei der LINKEN – Martin Delius (PIRATEN): Wir warten! – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE) – Weitere Zurufe von der LINKEN]

Welche Bereiche wollen wir, und welche sind bereits mit einem hohen Konsens versehen? – Wir haben zum einen den Bereich Wirtschaftspolitik mit den Feldern Ansiedlung, tarif- und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, dann für die Zukunftsbranchen dieser Stadt und anlagenintensive Investitionen, die mit entsprechenden Gewerbesteuereinnahmen einher gehen, sowie die Ansiedlung von Headquartern. Das sind die wesentlichen Bereiche in der Wirtschaftspolitik.

Wir haben wohnungs- und stadtentwicklungspolitische Aspekte: Schaffung von Wohnraum – dabei nicht nur im Innenstadtbereich, sondern in Gesamtberlin, auch außerhalb des S-Bahnringes, zum Beispiel in Spandau wohnt es sich gut und liebenswert –

[Uwe Doering (LINKE): Und in Köpenick!]

auch in Köpenick und in Treptow auch. – Hier schweben uns Verfahren vor bei der Schaffung von Wohnraum mit entsprechenden Miet- und Belegungsbindungen. Das muss nicht für den gesamten Teil der Objekte sein, sondern für einen Anteil von 30 bis 45 Prozent mit Miet- und Belegungsbindungen in einem Bereich von 10 bis 20 Jahren und Mietpreisen zwischen 4,50 bis 6,50 Euro pro Quadratmeter. Das sind die Eckwerte. Anhand dieser Eckwerte, der Lage des Grundstücks, dem spezifischen Bedarf vor Ort und der Wohnungsmarktsituation kann man dann den Subventions- und Steuerungswert des Grundstücks ermitteln, und dann auch eine gezielte und nachhaltige Wohnungspolitik für die Stadt betreiben.

Im Bereich Sozial-, Jugend-, Bildungs-, Kultur- und Sportpolitik schweben uns auch Kriterien vor, wo wir Förderansätze sehen. Das sind einmal Trägerwechsel zu privaten Trägern, Einspareffekte und nachgewiesener Bedarf, das grundsätzliche öffentliche Interesse in dem Bereich, und natürlich Investitionen in sanierungsbedürftige Gebäude durch Träger, die das Land derzeit selbst nicht leisten kann. Das machen wir übrigens schon. Ich erinnere nur an die Kitagrundstücke, für die wir ein ent

sprechendes Verfahren gefunden haben. Das sind die politischen Bereiche.

Jetzt kommt der letzte Punkt. Wie stellen wir uns vor, dass der Förderzweck auch erhalten bleibt? Das ist jetzt vielleicht etwas trocken, aber es ist wichtig. Ein Grundstück bloß wegzugeben, damit etwas passiert, wir aber nicht wissen, ob es den Träger in drei Jahren noch gibt, hilft uns nicht. Uns ist klar, dass wir Nutzungsbindungen in den Bereichen Wirtschaft, Sozial-, Jugend-, Kultur- und Bildungspolitik mit 5 bis 15 Jahren absichern müssen – mit rechtlich verbindlichen Erklärungen, dazu komme ich gleich noch –, im Bereich von Wohnungspolitik denken wir langfristiger, also eher an einen Zeitkorridor von 10 bis 20 Jahren.

Wie geht das mit den Nutzungsbindungen? – Zum einen vertraglich, worauf ich mich bei Grundstücken aber nicht immer verlassen würde, sondern insbesondere über entsprechende Eintragungen im Grundbuch. Das hängt von der Situation ab. Rückauflassungsvormerkungen, persönliche Dienstbarkeiten oder andere angemessene Lasten oder Merk-Grundschulden, um sicherzugehen, dass man immer darüber informiert ist, was mit dem Grundstück passiert. Am Ende sind hier Erbbaurechte ein gutes Instrument, wenn es dann entsprechend zusammenfällt.

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD) – Beifall von Antje Kapek (GRÜNE)]

Vielen Dank! – Das ist das Bild. Es kommt über die verschiedenen von uns entwickelten Kriterien, die Bedarfs- und die Nutzungsbindungsfelder. Es ist eine ganz konkrete politische Vorstellung, die wir hier in diesem Bereich umzusetzen gedenken.

Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

Nein! Ich habe nur noch 30 Sekunden. – In der Summe sind dies drei Felder und drei klare politische Ansätze für die Stadt und die Grundstückspolitik, die das in Einklang bringt: Zum einen geht es um eine finanzielle Perspektive, zum anderen geht es um die Entwicklungsperspektive. So macht man nachhaltige Politik für Berlin und nicht nur für den Augenblick. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Herr Brauner! – Für die Linksfraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Lompscher das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Brauner! Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie ein wenig zur Sache gesprochen haben. Ansonsten hätten wir es von den Koalitionsfraktionen etwas dreist gefunden, dass Sie dieses Thema für eine Aktuelle Stunde anmelden. Sie rühmen sich hier einer Einigung, die keiner kennt. Es wird eine Senatsvorlage angekündigt, die huldvoll den anderen Fraktionen zur Kenntnis gegeben wird. Das ist kein guter parlamentarischer Stil, wenn man auf unterschiedlicher Informationsgrundlage debattiert.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Einen Hinweis möchte ich Ihnen noch geben: Die 2,2 Milliarden Euro Erlös aus den Liegenschaftsverkäufen reichen leider nicht für die Investition des BER. Damit will ich es jetzt aber auch belassen.

Im Übrigen hat der Senat bisher nicht geliefert, obwohl der Parlamentsauftrag noch aus dem Jahr 2010 datiert. Es ist aus meiner Sicht nicht übertrieben zu konstatieren, dass der Senat nicht nur auf Zeit spielt, er missachtet in seinem praktischen Handeln den erklärten Willen des Parlaments.

[Beifall bei der LINKEN]

Vielleicht wird es heute deshalb die Stunde des Parlaments, und wir können fraktionsübergreifend, Koalition und Opposition gemeinsam, dem Senat Beine machen. Frau Haußdörfer hat so etwas angedeutet. Zeit wäre es.

Ich hatte übrigens auch gehofft, dass die Akteure von Koalition und Senat diesem jüngst hart errungenen Kompromiss zur Bereitstellung von 14 – in Worten: vierzehn! – Grundstücken für die städtischen Wohnungsbaugesellschaften nicht so abfeiern. Zum Glück haben Sie nicht die Mär vom 20-Millionen-Deal wiederholt, der Verkehrswert läge bei 10 Millionen Euro. Bei bedingungsfreier Veräußerung hätte man aber leicht das Doppelte erzielen können.

Viel mehr ist aber leider von Ihrer Seite nicht gekommen. Schön wäre es auch, wir meinten alle das Gleiche, wenn wir über die Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik reden. Öffentliche Liegenschaften sind ein wichtiges, vielfach das wirksamste, mitunter das einzige Instrument zur Einflussnahme auf die Stadtentwicklung. Liegenschaftspolitik ist dabei weit mehr als die Politik des Liegenschaftsfonds. Landeseigene Liegenschaften sind zum Beispiel auch die Zukunftsorte mit eigenen Projektgesellschaften. Tempelhof, Tegel, Adlershof und Stralau sind bezirkliche Immobilien und sind nicht zuletzt auch nicht mehr benötigte Grundstücke von Beteiligungsunternehmen. Ich erinnere einmal an die Mediaspree.

Die Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik ist kein neues Thema. Wir fangen nicht bei null an. Bereits seit

mehreren Jahren ist sie mehr als bloßer Geldbeschaffer für den noch immer klammen Landeshaushalt. Die Linke hat sich bereits in rot-roten Zeiten dafür stark gemacht, öffentliche Liegenschaften stadtentwicklungspolitisch stärker steuernd einzusetzen. Stichworte hierzu sind: Zwischennutzung, Konzeptvergabe, Übertragung an freie Träger, gemeinsame städtebauliche Konzepte von Liegenschaftsfonds und Bezirken, Sicherung bzw. Ermöglichung alternativer Projekte, Beispiel Ex-Rotaprint, Beispiel Schokoladen. Sie gehören genauso dazu wie soziokulturelle und gewerbliche Nutzung in ehemaligen Kitas und Schulen als Alternativen zum Abriss.

[Beifall bei der LINKEN]

Ich erinnere daran, dass es maßgeblich dem Engagement einzelner Abgeordneter, auch Senatsvertreterinnen und -vertreter, auch beherzter Bezirkspolitikerinnen und -politiker unterschiedlicher Parteien, aber auch insbesondere der Linken, zu verdanken ist, dass wir den einen oder anderen mühsam erzielten Erfolg konstatieren können.

[Beifall bei der LINKEN]

Auch das muss hier einmal für das Protokoll vermerkt werden.

Ich warne davor, unter dem Begriff Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik lediglich eine Umprogrammierung des Liegenschaftsfonds zu verstehen. Das ist ein Element, wie wir aus schmerzlicher Erfahrung gegenüber einem Senat mit sehr unterschiedlichen Interessen – der zwar mit einer Stimme sprechen soll, sich mitunter doch etwas länger bei der Meinungsfindung aufhält – wissen, das nur sehr schwer umzusetzen ist. Der Liegenschaftsfonds Berlin, das ist hier schon gesagt worden, ist 2001 noch von der damaligen großen Koalition gegründet worden, um die Berliner Liegenschaftspolitik zu professionalisieren und mit dem Verkauf Geld für den Landeshaushalt zu verdienen. Das ist durchaus gelungen. Der Liegenschaftsfonds ist kompetent, macht meist einen guten Job, und wenn es Kritik gibt – auch die gibt es –, hat er meistens Recht, wenn er an seinen politischen Auftraggeber weiterreicht.

Im Errichtungsgesetz des Liegenschaftsfonds ist der Verkauf zum besten Preis als wesentlicher Zweck der Gesellschaft festgelegt. Wenn öffentliche Grundstücke jetzt also verstärkt und zielgerichtet für eine soziale Stadtentwicklung eingesetzt werden sollen, muss das in den Handlungsrichtlinien und gesetzlichen Grundlagen des Liegenschaftsfonds klargestellt werden. Dabei können weiterhin auch Verkäufe ein sinnvolles Mittel ein, allerdings nicht mehr das Einzige und Vorrangige und keinesfalls zum Höchstpreis. Das aktuell viel diskutierte und hier schon erwähnte Erbschaftsmodell ist nicht nur interessant für Nutzer und Erwerber mit geringem Eigenkapital, es ist interessant für die Stadt, weil sie die Verfügung über die Grundstücke langfristig zurückerlangen kann. Die Linke unterstützt ausdrücklich die Idee eines Verkaufsmorato

riums bis der Senat endlich geliefert hat, was er sich unter Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik vorstellt.

[Beifall bei der LINKEN]

Herr Brauner hat hier gesagt – ich hoffe, dass die Zahl stimmt –, der Liegenschaftsfonds hätte bis 2011 13,9 Millionen Quadratmeter verkauft. Aktuell hat er in seinem Portfolio noch 17 Millionen Quadratmeter. Diese Zahl stammt aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage von März und sollte also halbwegs stimmen. Ich möchte daran erinnern, dass im Sondervermögen des Landes bei der SILB rund 4 Millionen Bruttogrundfläche vorhanden sind. Es gibt über 10 Millionen Quadratmeter bezirkliche Liegenschaften. Bei den Universitäten und Hochschulen gibt es ebenfalls mehrere Millionen Quadratmeter. Beteiligungsunternehmen und Senatsverwaltungen haben auch noch Flächen. Wenn wir über eine Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik sprechen, müssen wir einen weitaus größeren Bogen spannen.

Es kann nicht sein, dass die Bezirke aus blanker Not ihre Rathäuser zur Vermarktung an den Liegenschaftsfonds abgeben müssen.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Es kann nicht sein, dass gemeinnützige Träger in ihrem Bemühen behindert werden, für nicht mehr benötigte öffentliche Liegenschaften sinnvolle Zwischen- oder Nachnutzungen zu entwickeln, sei es durch bürokratische Hemmnisse oder utopische Preisvorstellungen. Aktuelles bizarres Beispiel aus Köpenick ist der Versuch von Friedrichshagener Bürgerinnen und Bürgern, ihr früheres Rathaus zurückzukaufen. Das Grundstück war übrigens noch zu Kaisers Zeiten der Gemeinde mit der Auflage einer dauerhaften, gemeinwohlorientierten Nutzung geschenkt worden.

Es kann doch nicht so bleiben, dass Berliner Beteiligungsunternehmen mit ihren Grundstücksgeschäften massiv die Berliner Stadtentwicklung beeinflussen und dabei keiner parlamentarischen Kontrolle unterliegen, Stichwort: BEHALA oder Charité.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Dabei ist den Unternehmen zunächst gar kein Vorwurf zu machen. Der Senat, genauer, der Gesellschafter, hat ihnen aufgetragen, mit den Erlösen in das jeweilige Unternehmen mangels ausreichender Landeszuschüsse zu investieren. Zudem hat der Gesellschafter in den Zielbildern der Unternehmen oder in den speziellen Rechtsgrundlagen bisher keine stadtentwicklungspolitischen Kriterien oder Transparenz- und Beteiligungsregelungen für den Umgang definiert. Die Unternehmen können also gar nicht anders, als sich ausschließlich betriebswirtschaftlich zu verhalten.

Verkaufen oder Nicht-Verkaufen ist keine Frage des Zeitgeistes. Verkauf kann auch künftig im Einzelfall sinnvoll sein, wenn beispielsweise ein städtisches Unter