Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor allem Ihnen, Herr Schneider, vielen Dank für die Brosamen, aber auf die Keule warten wir hier noch. Vielleicht bekommen wir es aber doch gemeinsam auf den Weg.
Dieses Gesetz, über das wir heute reden, soll ein weiteres Kapitel in einer für Berlin doch sehr bitteren Geschichte einleiten. Wir haben schon so einige Geschichtsdebatten gehabt. Dem Gedächtnis muss man scheinbar an der einen oder anderen Stelle ein bisschen nachhelfen. Ausgangspunkt ist und war der Berliner Bankenskandal, Ergebnis und gleichzeitig Endpunkt der großen Koalition der 90er-Jahre, also auch Ergebnis der Leistungsbilanz, von der die CDU heute so gern noch spricht – auch wenn sie kaum im Saal ist –, aber so ist das Thema doch ein peinliches für sie, wie es scheint.
Aufräumarbeiten auf dem Trümmerfeld dieses bitteren Erbes kosten das Land Berlin noch immer erhebliche Aufwendungen, Kraft, Zeit und vor allem eine ganze Menge Geld. Dieses Bankendesaster, welches letztlich die Schuldensituation des Landes wesentlich verschärfte, zwang dieses Haus mit der Entscheidung zur Risikoabschirmung, welches gleichzeitig die Profiteure dieses Debakels begünstigte, zu einer schmerzlichen Notoperation, um Schlimmeres zu verhindern. Das war die berühmte Wahl zwischen Pest und Cholera.
Genau diese Geschichte zwingt uns, dass wir uns für die Beratung des Gesetzes über die Ermächtigungen im Zusammenhang mit der Abschirmung des ehemaligen Konzerns der Bankgesellschaft Berlin AG von den wesentlichen Risiken aus dem Immobiliendienstleistungsgeschäft – man muss es auch einmal komplett aussprechen – die notwendige Zeit nehmen und verantwortungsbewusst prüfen, ob der vorgeschlagene Weg der richtige ist.
Was uns bisher vorliegt, überzeugt uns nicht. Uns stellen sich eine Reihe von Fragen, Herr Esser hat einige benannt. Die Frage, die aus unserer Sicht über allem steht, ist: Was ist der Vorteil, es jetzt zu machen, gegenüber dem Preis, den wir zahlen, und dem Risiko, das wir uns damit einhandeln? Warum muss dieser Schritt jetzt erfolgen? Warum muss es eine Neuordnung zu einem Zeitpunkt geben, an dem das erklärte Ziel die Übernahme der Fonds zu 100 Prozent noch nicht erreicht ist? Ist es nicht so, dass sowohl die beteiligungspolitische als auch die
wohnungspolitische Nutzbarkeit des Inhalts des BIH-Konzerns die vollständige Verfügung über die Fonds zur Voraussetzung hat, unabhängig davon, ob jetzt diese Umstrukturierung erfolgt? Sind nicht auch die Verpflichtungen Berlins im Kern Garantien gegenüber den Anteilseignern an diesen Fonds, und hängt ihre Ablösung nicht an der kompletten Verfügung über diese Fonds ebenfalls unabhängig davon ab, ob jetzt diese Umstrukturierung erfolgt? Warum also wird nicht erst eine Operation abgeschlossen, nämlich 100 Prozent an den Fonds zu erwerben – da ist man, wie im Parlament dargestellt wurde, ganz gut dabei –, bevor man die nächste beginnt?
Eine Frage ist, ob dieses Gesetz mit seiner Garantieermächtigung rechtskonform ist. Der Überweisung an den Rechtsausschuss – das waren die Brosamen – wurde zumindest schon wohlwollend zugestimmt. Haben die Rechtsgutachten im Zusammenhang mit der Einführung der Risikoabschirmung nicht gezeigt, dass, um die Höhe der Garantieermächtigung zu bestimmen, die verschiedenen Garantien eben nicht gegeneinander aufgerechnet, saldiert oder nach der Wahrscheinlichkeit ihrer Fälligkeit berechnet werden dürfen? Es stellen sich noch zahlreiche weitere Fragen, aber lassen Sie uns diese Fragen gemeinsam beraten. An dem Punkt hat Herr Esser völlig recht: Wir brauchen alle die grüne Nummer 31. In dem Gesetzestext wird darauf verwiesen, aber kaum einer hat ihn in der Hand. Worüber beraten wir also, wenn wir nicht alle gemeinsam den gleichen Kenntnisstand haben?
Hinzu kommt: Warum soll ausgerechnet jetzt das Kontrollinstrument des Parlaments, die BCIA, abgeschafft werden? Dazu wollen wir uns beraten und beraten lassen. Wir wollen gegebenenfalls weitere Partner in die Beratung einbeziehen. Das Verhalten der Koalition im Hauptausschuss, weitere Beratungsinstanzen abzulehnen, macht misstrauisch, ob gemeinsam eine verantwortungsbewusste Entscheidung für das Land Berlin getroffen werden will.
Dazu gehört auch, dass das Parlament die Möglichkeit haben muss, das Gesetz zu bewerten und sich eine Meinung zu bilden, und das in aller Ruhe. Hinzu kommt: Dieser Politikstil, etwas auf die Schnelle durchdrücken zu wollen, ist uns bekannt, und er hat zur Risikoabschirmung geführt. Es ist eine Risikoabschirmung, die einer Notoperation glich. Glauben Sie mir, einer weiteren Notoperation wird meine Fraktion nicht zustimmen.
Danke! – Nichts geschieht ohne Risiko, aber ohne Risiko geschieht auch nichts. Frei nach diesem Zitat von Walter Scheel, mussten wir leider feststellen, hat die Bankgesellschaft versucht, Marktführer auf dem Gebiet der Immobilienfonds zu werden. Die Geschichte mit den verschiedenen Wendungen ist bekannt, mit dem Ende, über das wir heute sprechen, aber nicht vielleicht im erwarteten Rahmen. So viel zum Anfang.
Risiko ist also immer gegenwärtiger Bestandteil nicht nur des Bankgeschäftes, sondern auch des Unternehmertums. Das Land Berlin ist hier ein Stück weit in diese Rolle geschlüpft. Der vorliegende Gesetzesvorschlag ist in Summe, muss man sagen, ein erfreulicher Vorschlag trotz des unrühmlichen Kapitels, das damit verbunden ist.
In Summe können wir sagen, dass der nunmehr dort stehende Betrag in Höhe von 3,8 Milliarden Euro das Ergebnis harter Arbeit ist, insbesondere der Mitarbeiter der Geschäftsführung der BIH, der Mitarbeiter und der Geschäftsführung der BCIA und natürlich in Summe der Kollegen, die hier im Vermögensausschuss lange Jahre den Risikobericht verfolgt haben.
All das kommt zusammen. Am Ende stehen auf der Uhr nur noch 3,8 Milliarden Euro und nicht mehr 21,6 Milliarden Euro. Hintergrund war, das das Land Berlin die Bürgschaft in Höhe von 21,6 Milliarden Euro übernehmen musste, um die Bankgesellschaft zu restrukturieren und natürlich die Fonds, die diese Schieflage erzeugt haben, aus der normalen Bankbilanz herauszugliedern.
Das ist nicht der Symbolwunsch, Herr Esser. Nein! – Jetzt haben wir die Situation, dass das Portfolio der BIH so weit bereinigt ist, die Strukturen so weit gelegt sind, dass wir zum nächsten Schritt dieser Operation kommen können. – Vielleicht eine Anmerkung zum Redebeitrag von Frau Schmidt: Kein Cent der rund 60 Milliarden Euro Schulden des Landes Berlin geht auf die Schieflage der Bankgesellschaft zurück. Erfreulicherweise konnten wir bisher alle Kosten aus dem Verkauf der Landesbank Berlin decken und haben noch eine gut kapitalisierte Investitionsbank erhalten.
Insofern haben wir die Situation, dass wir bisher mit einer finanziell ausgeglichenen Lage durch diese Krise gehen konnten. Da muss ich sagen – das gehört auch zur Wahrheit –: Ich bin dem Vorgängersenat dankbar, dass er hier Kurs gehalten hat und dieses Risiko mit dem Risikoabschirmungsgesetz eingegangen ist. Das war nicht selbstverständlich. Es ist sicherlich auch richtig, Herr Esser: Der Senat hat nicht nachgegeben, das Geld zu verschenken, sondern hat sich die harte Arbeit gemacht. An der Stelle bin ich dankbar.
Das Ergebnis ist, dass wir unter dem Strich bisher aus dem ganzen Verfahren einen Vermögensgewinn ziehen konnten.
Wir sind jetzt in der Lage, durch Abschaffung des Gesetzes diese Veränderungen in der BIH auch zu realisieren.
Herr Esser! Das gehört zur Wahrheit dazu: Sie haben aus dem Verkauf der Bankgesellschaft 5,3 Millionen Euro realisiert. Am Ende des Tages habe ich jetzt einen Immobilienkonzern mit einem Buchwert von rund 3,8 Milliarden Euro, wo ich nur eine Bürgschaft geben muss, damit die Kreditfinanzierung gesichert ist. Das ist in Summe ein Gewinn,
aber ein Gewinn, der auf unternehmerischen Entscheidungen beruht, die der Senat vor zehn Jahren getroffen hat und die wir jetzt finalisieren.
Mit der Schaffung der Struktur kann das Unternehmen in eine normale Beteiligungssituation überführt werden. Das ermöglicht es, jetzt auch immobilienwirtschaftlich ausgerichtet zu werden. Nichtsdestotrotz – deshalb muss dieses Gesetz auch beraten werden; wir stimmen der Überweisung an den Rechtsausschuss zu – heißt das, das Parlament lässt diese Gesellschaft an die etwas längere Leine. Das will wohlüberlegt sein. Wir glauben aber, dass die Strukturen, die innerhalb der BIH geschaffen wurden, auch mit der gesonderten Revision und der Ausprägung einer weiteren Berichterstattung nach DetV und ZuVO die richtige Grundlage dafür sind. Insofern denken wir, dass wir mit dem Schritt, die BIH jetzt in die normale
Unternehmensstruktur zu entlassen, den richtigen Zeitpunkt gewählt haben und den Zeitpunkt auch so gewählt haben, dass die BIH jetzt in der Lage ist, mit den verbleibenden Fondszeichnern auf einer guten Grundlage zu verhandeln. In diesem Sinne stimmen wir dem Gesetz zu. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Brauner! Mein Zwischenruf war: Ich kenne Sie so nicht! – Die Auseinandersetzung damals zur symbolischen Zahl – die war auch so. Die 21,3, die hören sich schrecklich an. Jeder wusste immer: Die 21,3, die kommen nicht. – Deswegen waren die 3,4, die damals vom rot-roten Senat eingetragen werden sollten, noch lange nicht verfassungskonform. Das sage ich zu Ihren 3,8 Milliarden Euro auch. Diese Frage, wie die Garantien eingetragen werden müssen, hat mit der Frage, was aus der Garantie anfällt, nur mittelbar etwas zu tun. Das sind zwei verschiedene Schuhe. Sie sollten diesem Symbolismus nicht wieder nachgeben, so wie man ihm damals nachgeben wollte. 3,4 hätten übrigens von heute aus auch nicht gereicht. Wir sind bei 4,7 Milliarden Euro, und Sie schlagen 5 Milliarden Euro vor.
Die zweite Sache ist: Sie sollten nicht versuchen zu sagen, da sei ein Gewinn entstanden. Da fangen Sie ein bisschen spät zu rechnen an. Diese Bankgesellschaft hat ein Eigenkapital von 3 Milliarden Euro Volksvermögen gehabt. Das ist durch den Verkauf weg. Wir haben 2001 1,8 Milliarden Euro Kapitalzuführung vornehmen müssen. Sie sind durch den Verkauf weg. Das heißt: We got our money back. – Die 4,7 Milliarden Euro entsprechen ziemlich genau dem, was wir vorher hineingesteckt und durch den Verkauf verloren hatten. Das heißt, wir sind mit einem Euro aus der Sache herausgekommen. Insofern geht die Uhr so, dass alles, was die Risikoabschirmung gekostet hat, was wir formal aus der Rücklage bezahlen, tatsächlicher Verlust ist. Da stehen wir momentan bei 4,7 Milliarden Euro, wenn Sie eine Vermögensrechnung machen. Sie können so was ja – und nicken auch. Wunderbar!
Sie schlagen jetzt vor: Noch mal zweimal 140 Millionen Euro drauf und auf 5 Milliarden raufgehen. – Da sage ich Ihnen, das ist in dieser ganzen Argumentation gar nicht logisch, deswegen werden wir auch beantragen, die 140 Millionen Euro zu streichen. Ich glaube, dass wir mit den 460 Millionen Euro aus der Rücklage und den 500 Millionen Euro freien Liquiditätsmitteln in der BIH
noch eine Weile laufen können. Und dann möchten Sie, bitte, als Regierung bei uns ankommen, wenn das nicht reicht. Die entscheidende Frage für uns alle – deswegen sind auch diese ganzen Veränderungen nicht nötig – ist dieser Flaschenhals: Bekommen wir jemals 100 Prozent der Fondsanteile? – In dem Moment sind wir frei, und in dem Moment können wir die Fondsgesellschaften auflösen, und in dem Moment werden überhaupt erst Ihre ganzen Betrachtungen tragfähig. Da müssten wir erst mal hin.
Es ist unfein, aber trotzdem – ich zitiere mal etwas von mir selbst aus dem Jahr 2005, damit höre ich dann auf. Damals war ich auch so wohlgemut, und dann gab es einen interessanten Zwischenruf von Innensenator Körting, der bekanntlich rechtlich relativ firm in der Risikoabschirmungsfrage war. Ich sagte: Wenn wir die Fonds jetzt kaufen, dann werden wir auf Gesellschafterversammlungen die wirtschaftlich notwendigen Entscheidungen treffen, den Schaden zu minimalisieren. Dann können Häuser und anderes verkauft werden. – Dann bekam ich den Zwischenruf von Herrn Körting: Aber nicht zugunsten eines Gesellschafters des Landes Berlin! – Da war ich wieder oberschlau und habe gesagt: Zugunsten der Gesellschaft! – Das stimmt auch. Aber das ist bis heute der Stand der Dinge, dass diese Entscheidungen zu unseren Gunsten nach wie vor frei nicht möglich sind. Darauf hat Herr Körting mich damals hingewiesen. Die letzten fünf Jahre haben mich belehrt. Damals waren wir bei 75 Prozent, heute sind wir bei 94 Prozent oder so. Dieser letzte Rest ist es, den wir schaffen müssen. Da helfen auch keine Gesetzesumformulierungen.
Herr Esser! Ich neige an der Stelle nicht zum Symbolismus. Ich habe nur mal aufgerechnet. Bei Ihrer Rechnung fehlt noch etwas, es fehlt die IBB. Es fehlen 700 Millionen Euro.