Vielen Dank, Frau Kollegin Lompscher! – Für die Fraktion der Piraten hat der Kollege Herberg jetzt das Wort. – Bitte sehr, Herr Kollege Herberg!
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Bauprojekte laufen nicht immer reibungslos ab. Das merken wir vor allen Dingen hier in Berlin seit Jahrzehnten. Nehmen wir uns einmal die U 55 vor, die durch Eingriffe der Frau Senatorin Junge-Reyer statt zur WM 2006 erst 2009 eröffnet werden konnte, und dann bei Großveranstaltungen auch noch gesperrt werden muss, weil sie anscheinend nicht ausreicht, oder – um in der Nähe zu bleiben – den Humboldthafen, der statt 3,7 Millionen Euro 7,9 Millionen Euro – Stand 2011 – kosten wird. Wir werden sehen.
Dass Sie das als Koalition anpacken wollen, ist dringend notwendig. Wir stehen voll dahinter, wir finden das gut. Mehrausgaben sind immer blöd, vor allem in Hinblick auf große Vorhaben wie der Sanierung – oder dem Abriss – des ICC – das wissen wir ja noch nicht, das haben wir noch nicht geklärt. Bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass der Senat aus eigenem Interesse abgeschlossene Bauvorhaben analysiert, um künftige Planungen besser zu machen. Wenn wir ihn jetzt dazu auffordern müssen, dass er das macht, dann finde ich, ist das schon ein gewisses Armutszeugnis.
Den Vorschlag, den Sie unterbreiten, wie auf die Analysen reagiert werden soll, den können Sie doch nicht ernst meinen. Wie von der Linken und den Grünen schon vorgebracht worden ist: Wenn ich unvorhergesehene Ausgaben habe, dann sind diese unvorhergesehen, und sie müs
sen gezahlt werden. Aber nur, weil sich diese Ausgaben ergeben haben, können wir doch nicht ein pauschales Budget für alles nach dem Motto „das kann alles passieren“ festsetzen. Am Ende soll ein Objekt 3 Millionen Euro kosten, wir setzen aber 1 Million Euro mehr an, denn es kann ja noch etwas passieren. Dann kostet das Objekt tatsächlich 4 Millionen Euro, denn jeder Unternehmer sagt sich doch: Ich plane meine Kosten so, dass die unvorhergesehenen Dinge tatsächlich eintreten. Eher müssten wir auf der Grundlage der Daten für die neuen Bauprojekte die einzelnen Budgets besser anpassen. Wir müssen schauen, an welchen Punkten es gestiegen ist, an welchen Punkten unvorhergesehene Dinge eingetreten sind. Dann müssen wir diese Punkte angehen. Dann kommen wir – was Frau Lompscher schon gesagt hat – dahin, dass wir möglicherweise zu dem Preis, zu dem wir es geplant haben, gar nicht bauen können, sondern wir von Anfang an mehr Geld einplanen müssen. Dann ist das so. Dann müssen wir das machen. Dann haben wir hinterher nicht immer die Debatten, dass wir Kostensteigerungen hatten.
Weiterhin fordern wir in den Verwaltungen und den Bezirken extreme Effizienzsteigerungen und eine Verschlankung. Ausgerechnet im Senatsbereich Stadtentwicklung gehen wir davon ab und sagen: Gut, packt drauf, wir haben die Kohle. – Das finde ich nicht sehr clever. Damit geben wir nicht nur dem Senat, sondern auch allen anderen Firmen, die daran beteiligt sind, einen Freifahrtsschein. Die planen dann von Anfang an mit höheren Kosten, dann können wir diese Kosten aber auch ausschreiben. In den Verträgen steht ohnehin meistens, wenn irgendetwas passiert, dann übernehmen wir das auch. Ich finde, das wäre ein fatales Signal, wenn wir das nach draußen an die Wirtschaft geben würden.
Deshalb hoffe ich, dass wir Sie im Ausschuss Bauen, Wohnen und Verkehr sowie im Hauptausschuss noch davon überzeugen können, dass wir die Anweisungen an den Senat ein wenig anders formulieren, und zwar dahin gehend, dass der Senat in Zukunft ein bisschen mehr darauf achtet, wie er seine Bauvorhaben plant beziehungsweise welche Kosten er dafür einplant, welche Budgetierung er dafür vornimmt, damit wir am Ende nicht – beispielsweise bei der Klaus-Wowereit-Gedächtnisbibliothek – statt 270 Millionen Euro noch ein Budget von 100 Millionen Euro für Unvorhergesehenes haben. Ich glaube, das möchte niemand in der Zeitung stehen haben. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr
und an den Hauptausschuss empfohlen. – Auch hierzu höre ich keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.
Auch hier gibt es wieder fünf Minuten Redezeit pro Fraktion. Es beginnt die Fraktion der Grünen mit der Kollegin Kapek. – Bitte schön!
Vielen Dank! – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn es ein Thema gibt, mit dem alle hier anwesenden Fraktionen noch im letzten Jahr Wahlkampf gemacht haben, dann ist es das Thema Wohnungs- und Mietenpolitik. Selbst wenn wir, wie sich in der Diskussion heute zeigt, zu unterschiedlichen Lösungsansätzen kommen, so sind wir uns doch alle in dem Punkt einig: Der Handlungsbedarf ist immens.
Wir unterstützen es deshalb ausdrücklich, dass der Senat – wie heute angekündigt – einen neuen Stadtentwicklungsplan Wohnen erstellen will. Der alte StEP Wohnen ist mehr als zehn Jahre alt. Die Zeit ist also mehr als reif für eine Neuauflage.
Im letzten StEP Wohnen aus dem Jahr 2000 stand viel Richtiges, vieles aus heutige Sicht Wichtige fehlt aber. Deshalb brauchen wir zuerst eine Evaluation des alten StEP Wohnen. Was wurde dabei umgesetzt, welche Strategien und Ansätze waren erfolgreich, welche Ansätze sind gescheitert und weshalb, was muss komplett neu aufgenommen werden? An diese Erkenntnisse muss dann ein neuer StEP Wohnen anknüpfen. Das beste Ergebnis, also den besten StEP Wohnen bekommen wir, wenn wir uns bereits im Vorfeld auf eine breite Diskussion einlassen und alle Expertinnen und Experten daran beteiligen.
Dabei muss das Ziel eine ressortübergreifende Gesamtstrategie sein, die nicht nur in der Verwaltung, sondern auch mit dem Parlament, der interessierten Öffentlichkeit und vor allem den Expertinnen und Experten in dieser Stadt erarbeitet wird. Aus diesem Grund haben wir mit unserem Antrag versucht, einen ersten Aufschlag zu
machen. Wir wünschen uns auf dieser Basis eine fundierte Diskussion in den Fachausschüssen. Und da es unsere Pflicht als Abgeordnete ist, informiert zu sein, sollte der Senat seinen Arbeitsstand beim StEP Wohnen regelmäßig vorstellen.
Ziel eines neunen StEP Wohnen ist, eine nachhaltige, ökologische, soziale und ökonomische Stadtentwicklung zu ermöglichen.
Die Schaffung und der Erhalt von bezahlbarem Wohnraum in allen Stadtteilen gehört zu den größten Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Um dieses zu erreichen, brauchen wir beim StEP Wohnen weit mehr Maßnahmen als nur Wohnungsneubau. Stattdessen müssen wir uns auch darüber Gedanken machen, wie wir mit unserem Bestand umgehen, was wir mit dem Leerstand machen und wo es vielleicht weitere Ausbaupotenziale gibt. Ein sinnvoller Einsatz mietenpolitischer Instrumente könnte darüber hinaus den Wohnungsmarkt entlasten.
Doch all diese wohnungspolitischen Überlegungen machen keinen Sinn, wenn man sie nicht auch in eine stadtentwicklungspolitische Strategie einbettet; denn Stadtentwicklung muss integrativ betrieben werden. In Berlin vollziehen sich bereits heute große Wandlungsprozesse, Tendenz steigend. Diese müssen wir mitdenken. Es werden neue Quartiere entstehen, andere werden an Attraktivität verlieren. Die Bevölkerung Berlins wird stetig größer. Sie wird aber auch stetig älter. All dieses bringt Konsequenzen für den Wohnungsneubau und die Wohnumfeldversorgung und eine neue Mobilität mit sich. Auch auf diese Herausforderung muss ein StEP Wohnen eine Antwort bieten.
Steuernd eingreifen müssen wir in die Verdrängungsbewegung, die es von der Innenstadt in die Außenbezirke gibt. Außerdem gab es in den letzten 20 Jahren Verschiebungen zwischen Ost und West. In den nächsten 20 Jahren wird es Veränderungen in andere Richtungen geben. Die Flughafenschließungen in Tempelhof und Tegel, die Verlagerung nach Schönefeld führen zu einer Neustrukturierung Berlins. So wird sich die wirtschaftliche Entwicklung von Norden nach Süden verlagern. Es wird zu neuen Verkehrsströmen kommen, einer neuen Ansiedelungspolitik. Auch deshalb müssen wir den StEP Verkehr, den StEP Einzelhandel und Gewerbe und den StEP Zentren mitdiskutieren, nicht zu schweigen vom StEP Klima.
Unser Ziel ist eine Weiterentwicklung der Stadt und die Stärkung der Lebensqualität. Wir haben bereits heute, aber auch in der Vergangenheit viele Vorschläge zum Thema Wohnungspolitik gemacht und bitten Sie deshalb, gemeinsam den Versuch zu unternehmen, mit Expertinnen und Experten, den Verbänden und den Berlinerinnen und Berlinern eine fruchtbare Debatte zu führen, und
Das Ergebnis wird aus unserer Sicht ein schlagkräftiges Instrument für eine bessere Wohnungspolitik sein. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Kollegin Kapek! – Für die Fraktion der SPD – die Kollegin Haußdörfer! – Bitte sehr! Sie haben das Wort!
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Kapek! Ich glaube, es ist Ihnen gelungen, sehr genau und gut zu begründen, warum der Ausschuss für Stadtentwicklung so wunderbar spannend und wichtig für diese Stadt ist. Das hat sich gelohnt, das muss ich sagen. Ich muss auch sagen, dass ich den Antrag der Grünen sehr gut finde.
Jeder Mensch hat Talente, und zwar gute und auch mal weniger gute, skurrile und innovative. Die Grünen haben aber häufig ein Talent, gute, konsensfähige Themen mit einem verbal erhobenen Oberlehrerfinger zu versehen, sodass die Mehrheit ihrer Forderungen oft ad absurdum geführt wird.
Was meine ich damit? – Der Senat wird aufgefordert, einen neuen, integrierten Stadtentwicklungsplan Wohnen zu erarbeiten. – Das ist hier Konsens. Das haben Sie zu Recht dargestellt, das wollen wir nämlich alle. Dazu werden aber umfangreiche Vorgaben gemacht: Es sollen sechs Schritte zur Erarbeitung gemacht werden. Der reine Prozessablauf wird beschrieben. Dazu werden sieben politische Ziele aufgeschrieben, sieben Kriterien für die Darstellung des Neubaubedarfs und acht stadtentwicklungspolitische Ziele. Schließlich gibt es auch noch sechs Vorgaben für die Quartiersentwicklung. De facto heißt das, der StEP Wohnen soll durch relevante Akteure und eine Kommission des Abgeordnetenhauses erarbeitet werden. Zu welchen Schlüssen und, vor allem, zu welchen Vorgehensweisen er kommt, liefern die Grünen aber dazu. Und wehe, wenn davon abgewichen wird! Das ist immer ganz schön schwierig bei Ihnen!
Nun hat aber die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bereits mit der Erarbeitung eines Stadtentwicklungsplans Wohnen angefangen. – Ich weiß, das ist viel zu früh und nicht mit den Grünen abgestimmt, darum haben Sie auch diesen Antrag geschrieben.
Ebenso zeigt sich, dass die Abstimmung und die Einbindung der diversen Stadtentwicklungspläne und Konzepte, wie z. B. die neue Bevölkerungsprognose, die wir im Sommer 2012 erwarten, mitgedacht werden. Dazu gehört auch die Diskussion über Barrierearmut und freiheit, weil sie u. a. für die Lebens- und Wohnqualität bestimmend ist. Damit spielen die Wohnqualitäten in dieser Stadt eine große Rolle. Die Frage nach Barrierefreiheit ist keine nur für Seniorinnen und Senioren, sondern genauso für die jungen Familien, die wir auch in dieser Stadt haben.
Wir haben gerade in den vorherigen Rederunden auch die Diskussion geführt, welche wohnungspolitischen Akteure welche Aufgaben in welchen Zeiten und mit welchen Prognosen zu erfüllen haben. Gerade diese Fragen sind es, die die Zukunft für jeden von uns, aber auch für jeden wohnungspolitischen Akteur darstellen. Es haben die ersten Koordinierungsrunden mit Bezirksvertretern und -vertreterinnen und mit weiteren Akteuren begonnen, und zwar in einem dialogorientierten Prozess. Und: Ja, das ist das, was wir wollen, aber das führt auch dazu, dass man in einem dialogorientierten Prozess nicht alles vorschreiben kann, sondern es ist auch Teil des Prozesses, zu neuen Wegen und zu neuen Erkenntnissen zu gelangen.