Ich kann Ihnen versichern, dass die Entscheidung der Senatorin über die Umstrukturierung des Integrationsbeauftragten unsere volle Zustimmung erhält.
[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Michael Schäfer (GRÜNE): Damit beschreiben Sie das Problem sehr gut!]
Jetzt nehme ich mit Verwunderung zur Kenntnis, dass Sie der Senatorin vorwerfen, dass die Wahlen zum Migrationsbeirat für ungültig erklärt worden sind. Ich kann ü
berhaupt keine Verantwortung der Senatorin dafür feststellen. Möglicherweise haben die Wahlen ja nicht in ihrer Anwesenheit, sondern unter der Leitung des jetzigen Integrationsbeauftragten stattgefunden.
Und ich finde, wir sollten doch die Senatorin nicht mit Dingen belasten, die sie nicht zu verantworten hat.
Wenn wir uns die Funktion des Integrationsbeauftragen anschauen, dann unterscheidet er sich von anderen Beauftragten, die wir kennen, wie den Datenschutzbeauftragten. Der Integrationsbeauftragte übt keine Kontrollfunktionen aus wie beispielsweise ein Datenschutzbeauftragter. Deswegen glaube ich, dass Ihre Argumente gegen die Eingliederung in die Abteilung als Abteilungsleiter nicht ziehen. Ich glaube, dass es richtig und klug ist, die politische Verantwortung der Senatsführung zu stärken.
Und wenn Sie eben angemerkt haben, dass es in anderen Bundesländern Integrationsminister gibt – übrigens auch von der CDU in Niedersachsen –, dann zeigt das ja, dass die politische Führung für das Thema von Bedeutung ist. Deswegen halte ich es für richtig, dass wir die wichtige Integrationspolitik nicht federführend von einem Integrationsbeauftragten artikulieren und entwickeln lassen, sondern von der politischen Führung, die es auch politisch zu verantworten hat. Und das ist die Senatorin und die sie tragende Koalition. Deswegen nochmals: Ich unterstütze ausdrücklich die Entscheidung, die die Senatorin Kolat hier getroffen hat.
Der erste Redner hatte auf einen erheblichen Streit zwischen den Koalitionsfraktionen im Bereich der Integrationspolitik hingewiesen. Ich habe den nicht wahrgenommen. Ich kann Ihnen versichern, Frau Kolat und ihr Staatssekretär und auch die Kolleginnen aus der SPDFraktion und wir arbeiten außerordentlich vertrauensvoll zusammen. Es gibt überhaupt keinen Streit.
[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Udo Wolf (LINKE): Nichts schlimmer als das!]
Deswegen sollten wir unseren Blick nicht nur auf Strukturen richten, sondern auch innehalten und überlegen, was wir in der Integrationspolitik erreicht haben und was noch vor uns liegt. Sie wissen alle, es sind die vier Handlungsfelder formuliert worden, die, glaube ich, auch Allgemeinkonsens im Hause sind, nach dem sich die Integrationspolitik des Senats und des Hauses ausrichtet. Und es ist – das gebe ich gerne zu – sehr viel erreicht worden: Handlungsfeld 1 beispielsweise bezeichnet als Ziel die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Leben. Jawohl, das ist wichtig und richtig, und dort ist schon viel erreicht worden, aber es ist auch noch viel zu leisten.
Wenn Sie sich unseren Haushaltsentwurf ansehen, sehen Sie ja, wie viele Projekte in diesem Bereich unterstützt werden, die genau diesem Ziel dienen. Ich glaube, das steht außer Frage. Das sind übrigens Projekte, die auch vom Vorgängersenat gefördert worden sind.
Es gibt aber auch Themen, die in den Handlungsfeldern zitiert werden, deren Probleme noch nicht vollständig gelöst sind. Ich zitiere mal aus dem Handlungsfeld 1:
Das Integrationskonzept richtet seinen Blick sowohl auf Zugewanderte und ihre Familien als auch auf die einheimische Bevölkerung, um Ängsten entgegenzuwirken und Akzeptanz zu fördern.
Das ist etwas, was Common Sense hier im Haus und im Senat immer gewesen ist. Ich frage mich, wodurch wir das Ziel erreicht haben. Da ist meines Erachtens noch viel zu tun.
Es ist auch viel erreicht worden im Bereich Handlungsfeld 2, die Teilhabe an Bildung, Ausbildung und die Integration in den Arbeitsmarkt, aber es ist noch viel zu tun. Kritisch hinterfrage ich das, was ebenfalls im Handlungsfeld 2 definiert wird: Ist es uns wirklich gelungen, ethnienübergreifend den Integrationsprozess durch qualifizierte Beratung zu fördern, also die Strukturen so zu organisieren, dass türkischstämmige Zuwanderer nicht nur von türkischen Organisationen gefördert werden, sondern dass das möglichst ethnienübergreifend stattfindet?
Ich möchte kurz zusammenfassen: Ich unterstütze ausdrücklich die Haltung der Senatorin. Es gibt keinen Streit. Wir sind uns in der Sache völlig einig und werden vertrauensvoll zusammenarbeiten. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Dregger! – Für die Linksfraktion hat jetzt der Abgeordnete Herr Taş das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meinen Beitrag zu den beiden Anträgen möchte ich mit zwei kurzen Zitaten beginnen:
Es gibt Migrantinnen und Migranten, die sich aktiv gegen unsere rechtsstaatliche Ordnung und Kultur wenden oder sich einfach nur verweigern und die eigenen Werte und Kulturen überhöhen.
Damit keine Missverständnisse aufkommen, Herr Dregger: Ich habe nicht aus dem Wahlprogramm der Berliner CDU zitiert, sondern aus der Presseerklärung Nr. 387, vom 14. Oktober 2010, herausgegeben von den beiden damaligen Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen. Nun, nachdem das Fischen in trüben populistischen Gewässern für die Bündnis90/Die Grünen das erhoffte Ergebnis nicht gebracht hat, wollen sie sich offensichtlich wieder umorientieren, aber da gab und gibt es bereits Die Linke.
Wir haben uns nicht von populistischen Anfeindungen beirren lassen und beispielsweise mit allem Nachdruck für die Verabschiedung des Partizipations- und Integrationsgesetzes gesorgt. Ich musste letztes Jahr Folgendes lesen:
Statt endlich den Schulen in benachteiligten Stadtteilen mit einem Sofortprogramm unter die Arme zu greifen, debattiert Rot-Rot über ein nichtssagendes Integrationsgesetz.
Ich weiß auch, wo ich das gelesen habe, nämlich in „Eine Stadt für alle“, dem Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen für die Berliner Abgeordnetenhauswahl 2011.
Und nun will die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dieses „unnütze Gesetz“ voll umgesetzt wissen. Diesen Sinneswandel können wir nur begrüßen, Herr Mutlu.
Ziel soll laut Antrag von Bündnis 90/Die Grünen sein, das verlorene Vertrauen der Migrantinnen und Migranten wieder zurückzugewinnen. Sie sollten diese Forderung an sich selbst stellen, liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen. Aber trotzdem, meine Damen und Herren, den Antrag der Grünen finden wir vom Grundsatz her richtig. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.
Damit komme ich zu dem Gesetzentwurf der Piraten: Der Regierende Bürgermeister Richard von Weizsäcker wollte ursprünglich die Ausländerbeauftragte in der Senatskanzlei ansiedeln, doch dann wurde 1983 diese Stelle bei der Sozialverwaltung eingerichtet und nach der Einrichtung der Senatsverwaltung für Integration dort als Stabsstelle beheimatet.
Nun wurde die Integrationsbeauftragte aus der Stabsstelle herausgenommen und zu einer Abteilung herabgestuft. Wir teilen die Begründung der Piraten, dass durch die Umstrukturierung die Stelle des Integrationsbeauftragten ihre politische Bedeutung verloren hat. Mit der bisherigen Regelung und Praxis war die Balance zwischen einem Teil der Verwaltung und gewissen Freiräumen gut geglückt. Dieser Zustand, also die Stabsstelle, sollte wiederhergestellt werden.
Die weiteren Vorschläge in den Absätzen 2 bis 5 finden im Kern der Formulierungen nicht immer unsere Unterstützung. Auch hier freue ich mich auf die Ausschussberatungen.
Es gibt übrigens noch ein Problem: Laut Partizipations-/ Integrationsgesetz muss der Landesbeirat in Integrations- und Migrationsfragen vor der Ernennung angehört werden. Deshalb möchten wir wissen, wie die Wahlwiederholung der Migrantenvertreterinnen und -vertreter am 3. Mai und die Neubesetzung der Stelle des Integrationsbeauftragten zum 1. Juli in Einklang gebracht werden sollen.
Von der Koalition erwarten wir eine klare Positionierung, wie es in der Integrationspolitik weitergehen soll. Wollen Sie – wie es Rot-Rot eingeführt hat – Integration durch Partizipation, oder wollen Sie zurück zur Leitkultur?
Wollen Sie die Herausforderungen der Einwanderungsgesellschaft annehmen, oder wollen Sie zurück zur Abschottung?
Ich komme zum Schluss: Den ersten Schritt in die falsche Richtung haben Sie mit der Ablehnung des kommunalen Wahlrechts für nicht EU-Bürger schon vor zwei Wochen getan. Sie haben noch einige Zeit und können heute vielleicht noch etwas dazulernen. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Gesetzantrags der Piratenfraktion und des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an den Ausschuss für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen empfohlen. – Ich höre keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.