Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur transparenten Senatsarbeit werden wir nachher noch einen Antrag behandeln. In der Aktuellen Stunde würden wir uns gern über ein entsprechendes Beispiel unterhalten, nämlich über die Gutachten zum ICC, die endlich offengelegt werden müssen.
Dieses ICC ist ein ziemlich kompliziertes Ding. Zumindest macht die Position der CDU einen entsprechenden Eindruck und lässt schwer verwundern. Das ICC wird praktisch heiliggesprochen, und die Christdemokraten sind seinem Erhalt in Nibelungentreue ergeben, wie es im Ausschuss hieß,
außer der von ihr gestellten Wirtschaftssenatorin, Frau von Obernitz, die gern mal mit dem Ruf nach Abriss vorprescht und dann zurückrudert, wahrscheinlich auf entsprechende Weisung. Die SPD hat sich bis jetzt grandios durch Nichtpositionierung aus dem Spiel gezogen. Die andere Möglichkeit ist, dass aus der Reihe von Gutachten, die der Öffentlichkeit bekanntlich vorenthalten werden, Informationen exklusiv an die Koalitionsfraktionen weitergegeben wurden.
So werden im Wochenrhythmus neue Zahlen genannt und mögliche Szenarien lanciert mit dem schönen Effekt, dass die Öffentlichkeit genauso verwirrt ist, wie es der Senat und die Messe vermutlich gern hätten.
182 Millionen Euro stehen im Landeshaushalt für die Sanierung. Natürlich wissen wir inzwischen, dass der Spaß nicht ganz so günstig zu haben wäre. 330 Millionen Euro darf das Ganze schon kosten, obwohl das auch nicht ganz sicher ist.
Senatorin von Obernitz taxiert mögliche Ersparnisse mal eben auch auf 20 Millionen, 30 Millionen oder 40 Millionen Euro, gibt dann aber zu, dass es in jedem Fall teurer wird. Wie lange es dauern wird, weiß auch keiner. Es ist nicht mal bekannt, wie marode das ICC eigentlich ist und wie teuer allein die Beseitigung von Schadstoffen wird. Vielleicht begrenzt man das Ganze auf 250 Millionen Euro, wie von Stadtentwicklungssenator Müller und Herrn Stroedter gewünscht. Solch eine Sanierung in Etappen ließe sich dann auch häppchenweise bezahlen, nur dass niemand so richtig sagen kann, ob es mit 250 Millionen Euro getan sein wird. Wenn dann 2020 ein womöglich halbfertig saniertes ICC da steht – da tappt man auch wieder im Dunkeln, genau wie die Allgemeinheit.
Die Messe Berlin selbst scheint ebenso eigene Interessen zu verfolgen. Mit reichlich Zuschüssen aus dem Landeshaushalt ausgestattet – 11,9 Millionen Euro sind bis 2017 jährlich zur Bewirtschaftung des Messegeländes und des ICC vorgesehen –, lässt sie das ICC bequem weiterhin verrotten. Das hat man bereits 30 Jahre lang erfolgreich und gewinnbringend vollzogen.
„Gewinnbringend“ ist ein passendes Wort, denn woher sonst nimmt die Messe Berlin die Mittel, spontan in einen Kongresshallenneubau zu investieren oder die stolze Summe von 80 Millionen Euro liquider Mittel im Jahr 2010. Ein Abriss scheint auch keine Option zu sein, wenn er auch als Nebelkerze gezündet, immer mal wieder lanciert wird. Zu eng ist das ICC mit der umliegenden Stadt verbunden, und auch der Abriss wäre ein kostspieliges Vergnügen, 100 Millionen, 200 Millionen, 300 Millionen Euro. Immerhin gibt es da noch auch noch die Autobahn, und eine Vollsperrung am Ring samt Verkehrskollaps hat auch Folgekosten.
Man weiß es nicht, will es nicht wissen, weiß es vielleicht oder will es nicht sagen, und so stochert die Allgemeinheit weiter im Nebel und es wird wieder ein Doppelhaushalt beschlossen, in dem grobe Fehleinschätzungen die Arbeitsbasis bilden. Zahlen kann man auch später oder
durch einen Nachfolgesenat, der sich gemeinsam mit dem Steuerzahler mit den Folgekosten der Versäumnisse von gestern und heute rumschlagen darf.
Was uns weiterhin als erfolgreiche Senatsarbeit verkauft wird, basiert unserer Meinung nach auf bewusster Täuschung der Öffentlichkeit.
Wir alle sind uns bewusst, dass die finanzielle Situation des Landes Berlin ohnehin angespannt ist und uns jede Option das ICC betreffend – oder wo wir schon dabei sind, Tegel – eine Menge Geld kosten wird. Der Unterschied ist aber: Eine transparente Entscheidung kann nur getroffen werden, wenn möglichst viele Menschen den Zugang zu möglichst vielen Informationen haben. Darum sagen wir: Als Erstes müssen die Gutachten offengelegt werden –, und darüber möchten wir gern noch länger mit dem Plenum reden. – Danke!
Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich lasse nun abstimmen. Die Koalitionsfraktionen haben darum gebeten, zunächst über den Antrag der Fraktion der CDU abzustimmen. Wer diesem Thema zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? – Das sind die Oppositionsfraktionen. Ersteres war die Mehrheit. Somit rufe ich das Thema Hortlücke für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 3 auf. Die anderen Anträge haben damit ihre Erledigung gefunden.
Dann möchte ich auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, bitte ich um entsprechende Mitteilung.
Entschuldigungen von Senatsmitgliedern für die heutige Sitzung: Ich kann mitteilen, dass Frau Senatorin Kolat ganztätig abwesend ist. Grund ist die Teilnahme an der Integrationsministerkonferenz in Saarbrücken vom 21. bis 22. März. Herr Senator Henkel wird von ca. 15.50 bis 19.30 Uhr abwesend sein. Er nimmt an der Sonderinnenministerkonferenz im Bundesrat mit der anschließenden Pressekonferenz teil. Der Regierende Bürgermeister ist ab 19.30 Uhr wegen der Teilnahme an der 21. EchoVerleihung abwesend.
Bevor ich die erste Frage aufrufe, möchte ich Ihnen vorschlagen, die Fragen Nr. 2 und 6 – sie betreffen das Guggenheim Lab – zu verbinden. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.
Zudem teile ich Ihnen mit, dass die Mündliche Anfrage Nr. 1 der Fraktion der SPD als sechste Frage aufgerufen wird und die Mündliche Anfrage Nr. 8 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zurückgezogen wurde.
Somit hat zur Mündlichen Anfrage Nr. 1 der Kollege Kurt Wansner von der CDU-Fraktion das Wort mit der Frage:
1. Wie bewertet der Senat angesichts der Bedeutung des Guggenheim Lab für die Stadtentwicklung im Kreativquartier am Kreuzberger Stadtufer den Rückzug des Projekts aufgrund von Drohungen aus der gewaltbereiten linken Szene und dessen Auswirkungen auf die internationale Wahrnehmung Berlins?
2. Welche Anstrengungen unternimmt der Senat, dem Projekt an einem anderen Standort eine Heimat zu geben, und wie sind die Erfolgsaussichten zu beurteilen?
2. Ist die Kulturverwaltung an der Vermittlung möglicher Alternativstandorte für das BMW Guggenheim Lab beteiligt?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich versuche, die Fragen zusammen zu beantworten. Das BMW Guggenheim Lab ist ein innovatives und kreatives Projekt, das darauf angelegt ist, Kultur, Ökologie und Wissenschaft mit zukünftiger Stadtgestaltung zu verklammern. In New York hat dieses Projekt bereits erfolgreich zahlreiche Besucherinnen und Besucher angezogen und für seine stadtentwicklungspolitischen Themen begeistert. Dass die Guggenheim Foundation Berlin dazu auserwählt hat, zweite Station auf der Weltreise des BMW Guggenheim Labs zu sein, können wir als Auszeichnung ansehen. Dieses Ideenlabor über die Form des Zusammenlebens in der Stadt der Zukunft ist in Berlin am richtigen Ort, denn Berlin ist weltweit bekannt und geschätzt für seine Liberalität und Offenheit, seine künstlerische und intellektuelle Kreativität, und nicht zuletzt für seine gesellschaftliche Toleranz. Dabei muss man den Ideen und vielleicht auch der Kooperation zwischen Wirtschaft und Kultur nicht unkritisch gegenüberstehen – das Guggenheim Lab eröffnet ja gerade den Raum für Diskussionen, geht auf Kritikerinnen und Kritiker zu. Nur durch diesen Dialog entsteht etwas neues. Insofern ist das kein Gegensatz. Deshalb sind die Gewaltandrohungen und Einschüchterungsversuche aus der autonomen Szene, die zu einer Absage des Projekts am Standort Kreuzberg geführt haben, auf das Schärfste zu verurteilen und müssen jeden von uns empören.
Ich denke, bei allen Auseinandersetzungen, die wir in dieser Stadt oder im Parlament über die zukünftige Stadtgestaltung haben, sollten wir gemeinsam gegen solche Methoden vorgehen,
mit denen solche Institutionen abgeschreckt werden. Das kann und will sich Berlin nicht leisten! Das muss das Gemeinsame sein. Es muss, wenn es schief geht, in den Vordergrund gerückt und deutlich gemacht werden: Diese Stadt wird eben nicht geprägt durch einige Wenige, die das verhindern wollen, sondern wird geprägt durch einen Geist der Offenheit. Dafür steht die Stadt Berlin.