[Beifall bei der CDU – Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN – Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Das ist Volksverdummung! – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Er redet sich um Kopf und Kragen!]
Meine Damen und Herren! Bitte ein wenig abrüsten und dem Redner die Gelegenheit geben, seine Rede fortzusetzen!
[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Wir hören Ihnen gerne zu! Aber schauen Sie bei Ihrer Rede mal in die Gesichter Ihres Koalitionspartners! – Beifall bei den PIRATEN – Benedikt Lux (GRÜNE): Schlicht unerträglich!]
Wir wollen, dass die dauerhaft bei uns lebenden Menschen vollständiger Teil dieses Landes werden. Das ist unser Ziel. Dieses Ziel können wir nicht erreichen, wenn wir ein Wahlrecht auf kommunaler Ebene oder – wie Frau Bayram es neulich im Plenum vorgeschlagen hat – auf Landesebene einführen, sondern das können wir nur, indem wir den Weg ebnen, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben. Das ist es, worauf sich die Koalition verständigt hat. Wir wollen, dass dieser Integrationsfaktor deutsche Staatsangehörigkeit nicht geschwächt, sondern gestärkt wird. Wir behaupten auch nicht, dass der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit eine Zumutung ist. Wir glauben, dass es eine Auszeichnung ist.
Ich möchte Ihnen noch einen Aspekt nennen. In Berlin leben Zuwanderer aus über 180 Herkunftsländern.
Herr Kollege Dregger! Ist Ihnen aufgefallen, dass die Einbürgerungsvoraussetzungen gerade bei der Lebenssicherungsgrundlage oder etwa beim Deutsch- und Einbürgerungstest seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts immer wieder, insbesondere von einer CDU-geführten Bundesregierung, erschwert wurden, sodass das Privileg, das Sie mit der deutschen Staatsbürgerschaft verbinden, nur noch für sehr, sehr wenige Menschen möglich ist? Ist Ihnen bekannt, dass das Bundesverfassungsgericht seinerzeit auch gesagt hat, dass es eine Diskrepanz gibt, wenn Einbürgerungsvoraussetzungen erschwert werden? Und ist Ihnen auch bekannt, dass die Einbürgerungszahlen eher zurückgehen? Wissen Sie also, dass diese Möglichkeit, über Einbürgerung Wahlrecht ausüben zu können, gerade eher abnimmt?
Vielen Dank! – Das ist eine berechtigte Frage, die nehme ich ernst. Das Problem sieht die Koalition. Deswegen hat sie sich darauf verständigt, administrative Hindernisse und sonstige Hindernisse bei der Einbürgerung zu beseitigen. Darauf kommt es nämlich an. Wir unterbreiten das wirkliche Angebot zur Teilhabe, und das geht nur durch den Erwerb der Staatsangehörigkeit.
Solange die Staatsangehörigkeit allen offensteht, die hier dauerhaft leben wollen und die sich im Rahmen unserer Verfassung bewegen, gibt es keine Ausgrenzung. Diesen Vorwurf weise ich zurück. Er ist falsch.
In dieser Stadt leben 180 Herkunftsnationen, was einer deutschen Hauptstadt gut zu Gesicht steht. Das begrüße ich.
Deswegen ist das Problem nicht, die Vielfalt zu unterstützen, sondern den Gemeinsinn zu erzeugen. Das geht nur, wenn es etwas Gemeinsames gibt, das die Menschen verbindet.
Dieses Gemeinsame müssen wir unterstützen. Deswegen hat sich die Koalition auf die Fahnen geschrieben, dass wir die deutsche Staatsangehörigkeit und ihren Erwerb erleichtern werden. Das wird das Ziel sein, und darauf werden wir uns konzentrieren. – Vielen Dank!
[Beifall bei der CDU – Beifall von Alex Lubawinski (SPD), Liane Ollech (SPD) und Tom Schreiber (SPD)]
Vielen Dank, Herr Kollege Dregger! – Jetzt habe ich zwei Kurzinterventionen. – Herr Kollege Claus-Brunner! Es sind nur zwei möglich. Tut mir leid! – Bitte schön, Herr Taş! Sie haben die erste Kurzintervention!
Danke, Herr Präsident! – Sehr geehrter Herr Dregger! Sie sollten sich genauer informieren, wenn Sie hier etwas wiedergeben! In dem Grünen-Antrag von damals ging es um die Änderung der Länderverfassung, und in dem Antrag heute geht es um eine Bundesratsinitiative. Als Jurist müssten Sie den Unterschied eigentlich kennen.
Für Sie noch mal die Information: In 19 anderen europäischen Ländern gibt es bereits das kommunale Wahlrecht. Das ist anscheinend an Ihnen vorbeigegangen.
Was Sie wollen, ist eine totale Ausgrenzung von Menschen mit Migrationshintergrund. Ihr Redebeitrag hat gezeigt, dass Sie an Integration, an Partizipation, an Beteiligung gar nicht interessiert sind,
sondern dass Sie nur ein großes Interesse daran haben, dass die Menschen sich hier in Deutschland, in Berlin assimilieren. An Integration geht das vorbei.
Vielen Dank! – Herr Kollege Mutlu, Sie waren derjenige mit der nächsten Kurzintervention! Bitte sehr!
Lieber Herr Dregger! Bei aller Wertschätzung – wenn Sie hier sagen, dass mein Vater, der seit Jahrzehnten in diesem Land lebt und Steuern zahlt, wie jeder ordentliche Bürger, kein Bürger sei, – ist das eine Unverschämtheit!
Ich kann verstehen, dass Sie an diesem letzten Dogma noch festhalten und sagen: Das Wahlrecht, die doppelte Staatsbürgerschaft – das dürfen wir nicht aufgeben, und die deutsche Staatsbürgerschaft darf nicht wie ein Wisch übertragen werden. – Das will doch auch keiner! Wir wollen doch, dass das, was für EU-Bürger gilt, auch für die Menschen gilt, die seit Jahrzehnten hier leben. Das, was gut ist für diejenigen, die aus Europa stammen und drei Monate in diesem Bundesland leben, soll auch gut sein für Ali, Ayşe und Fatma, die sei 15, 20, 30, 40 Jahren hier leben. Darum geht es.
Ich kann Sie in einem Punkt sogar beruhigen, das können Sie sich auch von Frau Demirbüken sagen lassen: Diese ganzen Türken, die „Kanaken“, die da draußen sind,
die dann auch ohne die deutsche Staatsbürgerschaft wählen können sollen, die sind konservativ. Sie werden wahrscheinlich irgendwann zu ihrer Heimat finden, zur CDU. Da brauchen Sie gar keine Angst zu haben!