Protocol of the Session on March 8, 2012

gezwungen ist, Kompromisse einzugehen.

[Zurufe von den Grünen]

Ich habe Sie fragen lassen. Bitte lassen Sie mich auch antworten. Ich weiß, es fällt Ihnen schwer, Herr Lux, aber so sind hier die Regeln. Wir sollten auch dabei bleiben.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Es ist ein völlig natürlicher Vorgang, dass nach einer Wahl Parteien miteinander verhandeln und Kompromisse schließen. Es ist natürlich das Recht der Bürgerinnen und Bürger zu beurteilen, ob die Kompromisse akzeptabel sind oder nicht. Darüber kann man trefflich streiten. Das ist so in einer Demokratie. Wenn man aber Kompromisse eingeht und Verträge schließt, gelten diese, jedenfalls für meine Partei.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Was?]

Das mag bei Grünen anders sein. – Insofern haben wir eine ganz klare Positionierung und werden Ihrem Antrag hier nicht unsere Zustimmung geben. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Es gibt nicht einmal eine inhaltliche Aussage!]

Vielen Dank, Herr Kollege Kleineidam! – Für die Fraktion Die Linke hat der Kollege Taş das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kleineidam! Es geht hier nicht um eine Autobahn, die gebaut oder nicht gebaut werden soll, sondern um Menschenrechte, die selbstverständlich sind.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Der Gesetzentwurf der Grünen zum kommunalen Wahlrecht für nicht EU-Bürgerinnen und -Bürger wurde in den Ausschüssen für Arbeit, Integration und Frauen und Inneres, Sicherheit und Ordnung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt. Es ist sehr bedauerlich, dass die SPD nun aus Koalitionsgründen gegen diesen Antrag gestimmt hat, obwohl die Sozialdemokraten seit über zwei Jahrzehnten vorgeben, dies zu befürworten.

Wir haben in der letzten Legislaturperiode gemeinsam das Partizipations- und Integrationsgesetz verabschiedet, Herr Saleh. Unser gemeinsames Ansinnen und unsere gemeinsame Begründung für dieses Gesetz war, dass Integration Partizipation braucht oder, noch genauer formuliert, Integration ist Partizipation.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Frau Senatorin Kolat hat auf der Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Integration und Frauen betont, dass auch für die jetzige Landesregierung Teilhabe ein wichtiger Faktor für die Integration ist. Deshalb wäre Ihre Zustimmung zu diesem Entwurf ein wichtiges Signal des Abgeordnetenhauses und der Landesregierung gewesen. Leider haben die Kolleginnen und Kollegen der SPD diese Chance nicht wahrgenommen. Von der CDU erwartet man in dieser Frage leider überhaupt nichts mehr. Sie zieht sich auf den Standpunkt zurück, dass ein kommunales Wahlrecht für Menschen aus Drittstaaten verfassungsrechtlich nicht möglich ist. Damit bleiben Sie, liebe CDU, weiter in der integrationspolitischen Steinzeit.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Spätestens seit der Einführung des kommunalen Wahlrechts für EU-Bürgerinnen und Bürger ist klar, dass auch Nicht-Deutsche zum Wahlvolk gehören dürfen. Die SPD hat das verstanden. Leider lässt sie sich nun von der CDU in Geiselhaft nehmen. Es ist nur zu hoffen, dass die Integrationssenatorin und der Berliner Senat in anderen Be

reichen ihr selbst formuliertes Ziel der Partizipation fördern, ihm treu bleiben und in die Politik umsetzen. Wir von der Fraktion Die Linke werden weiter Überzeugungsarbeit leisten, bis es auch die letzten verstehen. Deutschland ist ein Einwanderungsland. Das muss sich auch im Wahlrecht auf allen Ebenen widerspiegeln.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und bei den PIRATEN]

Danke, Herr Kollege Taş! – Für die Fraktion der CDU hat der Kollege Dregger das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege Dregger!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich gerade aufklären lassen, dass die Linkspartei am 23. Juni 2011 hier in diesem Haus gegen das kommunale Ausländerwahlrecht gestimmt hat.

[Uwe Doering (LINKE): Stimmt nicht! – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Erklären Sie uns das!]

Dieser Antrag der Grünen verfolgt drei Ziele. Erstens: Sie versuchen, die Koalition zu spalten.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Sie spalten die Stadt!]

Zweitens: Sie versuchen, die Kollegen der SPD vorzuführen. Drittens: Sie versuchen, die Koalition als integrationsfeindlich darzustellen.

[Zurufe von der Linken, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Sie versuchen hingegen nicht, etwas Sinnvolles im Interesse der Integration der Zuwanderer zu leisten.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Im Gegenteil! Sie führen ideologische Debatten auf dem Rücken der Zuwanderer. Das lehne ich ab.

Meine Damen und Herren! Ich bitte, dem Redner etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Er ist kaum noch zu verstehen.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Mehr Aufmerksamkeit kann er gar nicht bekommen!]

Diese Koalition lässt sich nicht spalten. Sie arbeitet vertrauensvoll und effektiv zusammen,

[Christopher Lauer (PIRATEN): Da hab ich aber anderes gehört!]

und zwar gerade bei den Themen, bei denen sie in der Sache unterschiedlicher Auffassung ist. Das ist die Stärke dieser Koalition. Das unterscheidet uns von den Grünen.

[Beifall bei der CDU]

Zweitens: Es steht völlig außer Frage, dass diese Koalition Anwalt aller integrationswilligen Zuwanderer ist. Denn nicht wir sind integrationsfeindlich, sondern das von Ihnen vorgeschlagene Ausländerwahlrecht.

[Zuruf]

Das werde ich Ihnen jetzt erklären. – Hören Sie doch zu. Vielleicht lernen Sie doch noch etwas. – Ein Ausländerwahlrecht würde bedeuten, dass die deutsche Staatsangehörigkeit ihres wesentlichen Inhaltes beraubt wird. Die wesentlichen Rechte in diesem Land sind Rechte, die allen Menschen zustehen. Das unterstütze ich auch. Aber das Wahlrecht ist ein Recht der Staatsbürger.

Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Mutlu?

Ja, sehr gern!

Lieber Kollege Dregger! Es geht hier um das Kommunalwahlrecht. Ich habe eine ganz persönliche Frage. Mein Vater lebt seit 50 Jahren in diesem Land, zahlt Steuern, hat gearbeitet wie ein jeder Deutscher und jeder EUBürger auch. Können Sie mir bitte sagen, warum er nicht in Kreuzberg mitentscheiden darf, wer in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg darüber entscheidet, ob eine Kita oder eine Straßenampel an der Kreuzung gebaut wird?

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Warum ist es denn so schwer, dass mein Vater auch ohne deutsche Staatsbürgerschaft das Wahlrecht, weil es ein demokratisches Recht ist, ausüben darf?

Bitte, Herr Kollege Dregger!

Herr Kollege! Das Wahlrecht ist ein Bürgerrecht. Das üben Bürger aus. Wenn Sie in einem Verein Mitglied werden wollen, können Sie dem Verein beitreten und haben auch ein Wahlrecht in dem Verein.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Das Staatsangehörigkeitsrecht unseres Landes – das übrigens unter der rot-grünen Bundesregierung reformiert worden ist –

[Zurufe von den GRÜNEN]

ist offen für jeden Menschen, der dauerhaft in diesem Lande lebt, um die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben und damit auch das Wahlrecht. Und deswegen, lieber Herr Taş, geht es hier nicht um Ausgrenzung,

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Doch, natürlich!]