Protocol of the Session on September 1, 2011

[Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister! – Es gibt eine Nachfrage von Frau Kollegin Grosse. – Bitte!

Herr Regierender Bürgermeister! Das ist ein hoher Anspruch, den die Wirtschaft eingegangen ist. Ich hoffe, dass es nicht nur eine Absichtserklärung ist, sondern tatsächlich auch eingehalten wird. Gehen Sie davon aus, dass auch Jugendliche zum Zug kommen, die nicht einen Notendurchschnitt von Note 2 oder 2,5 haben, sondern auch einen schlechteren?

Bitte schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Diese Prognose ist jetzt schwer abzugeben.

[Joachim Esser (Grüne): Weil es eine Absichtserklärung ist!]

Ich gehe davon aus, dass die Abschlüsse der Schülerinnen und Schüler gut sind, sich weiter steigern werden. Deshalb kann man nicht sagen, bis zu welchem Kontingent man abarbeiten kann. Aber eines ist klar: Je mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden, desto größer werden die Chancen auch für die Schülerinnen und Schüler, die nicht diesen tollen Durchschnitt haben, sondern die auch mit der Note 3 oder 3,5 abgeschlossen haben. Für die wird natürlich das Angebot insgesamt größer.

Wir haben mittlerweile in Berlin Gott sei Dank eine Situation, dass sich einige Schülerinnen und Schüler zwischen vier oder fünf Angeboten entscheiden können. Das

hat sich im Vergleich zu der Zeit davor deutlich verändert, wo es sehr schwierig war, überhaupt einen Ausbildungsplatz zu bekommen, auch für diejenigen, die einen guten Abschluss hatten.

Viele Unternehmen klagen heute darüber, dass sie Schwierigkeiten hätten, Ausbildungsplätze zu besetzen. Insofern haben wir immer noch eine Diskrepanz zwischen den offenen Ausbildungsplätzen und der Zahl derjenigen, die noch als Ausbildungssuchende bezeichnet werden. Deshalb freue ich mich darüber, dass die Nachvermittlungsaktion jetzt beginnt. Jeder Ausbildungsplatz, der zusätzlich zur Verfügung gestellt wird, erhöht selbstverständlich die Chancen für Schülerinnen und Schüler mit einem mittleren Notendurchschnitt und nicht mit dem Superdurchschnitt. Die erhalten sicher schnell einen Ausbildungsplatz. Aber wir wollen selbstverständlich, dass alle einen Ausbildungsplatz erhalten. Wir wissen auch, dass in der Entwicklung von Jugendlichen bei vielen erst der Knoten irgendwann platzt, im Zweifel durch eine gute Ausbildung vor Ort, im Betrieb. Denn dort gibt es einen Ausbilder, der sich um die Jugendlichen kümmert, der Verständnis für sie hat und versteht, dass sie nicht alle sofort top sind. Aber er hat ein Herz für die Jugendlichen und wird sich um sie kümmern und sie motivieren. Bei dem einen oder anderen platzt vielleicht dann auch der Knoten, weil er ganz praktisch etwas machen muss. Dann eröffnet sich auch der Zugang zum theoretischen Teil.

[Beifall bei der SPD]

Danke schön!

Jetzt geht es weiter mit einer Frage des Kollegen Wansner von der Fraktion der CDU. – Herr Wansner, bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage die Integrationssenatorin. – Wie reagieren Sie darauf, dass viele Bezirke die Zusammenarbeit mit Ihnen und Ihrem Integrationsbeauftragten aufgekündigt haben, weil sie Ihnen, Frau Senatorin, vorwerfen, dass Sie sich um die wahren Probleme der Integration in der Stadt nicht gekümmert haben? Gleichzeitig verzeichnen wir im Bereich der Integration eine Art Rückstand, und weiterhin bevorzugen Sie bewusst Vereine, die der PDS bzw. Linkspartei nahe stehen.

Frau Senatorin Bluhm – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Wansner! All das entspricht nicht der Realität. Ich freue mich ausdrücklich, dass Sie mir diese Frage gestellt haben und mir damit die Möglichkeit geben, aus

führlich auf das, was Sie gefragt haben, antwortend einzugehen.

Zunächst ist es so, dass es keine Hinweise darauf gibt, dass sowohl der Integrationsausschuss – also der Beirat für Integration und Migration – oder die Integrationsbeauftragten der Bezirke ihre Zusammenarbeit aufgekündigt haben. Im Gegenteil gibt es sehr intensive Arbeits- und Gesprächskontakte zwischen allen Seiten.

Dann sind Sie übergegangen zu den Fragestellungen, die es in der vergangenen Woche zum Beirat für Integration und Migration gegeben hat. Am Montag wird die letzte Sitzung des Beirats stattfinden. Es liegt eine überaus erfolgreiche Arbeit des Gremiums vor. Allein der Vorwurf, der hier jetzt unterstellt worden ist, dass es dort eine Instrumentalisierung der Mitglieder durch meine Person gegeben habe, ist schon sehr merkwürdig. Er ist sowohl von mir als auch von allen anderen Beteiligten zurückzuweisen. Ich finde es seltsam zu sagen, dass IHK, Handwerkskammer, UVB, alle Staatssekretäre der SPD und auch die Migrantenvertreterinnen und -vertreter, die gewählt worden sind, sich von einer Senatorin instrumentalisieren lassen. Diesen Vorwurf hier in Frageform gekleidet vorzutragen, das sollte man sich noch einmal überlegen.

Darüber hinaus gab es den Vorwurf, dass mein Stellvertreter eine bestimmte Position eingenommen hat. Dieser Stellvertreter ist seit gut einem Jahr aus dem Kreis der Migrantenvertreterinnen und -vertreter gewählt worden. Es gab keinerlei Einflussnahme der Senatorin, die gleichzeitig die Vorsitzende des Beirats ist, auf diese Wahlentscheidung. Außerdem ist der Vorwurf der Instrumentalisierung gemacht worden. Er ist von sehr vielen Beiratsmitgliedern, auch vom DGB, – schriftlich und öffentlich wahrnehmbar – zurückgewiesen worden. Wir haben eine Zusammenarbeit, die einmalig ist. Auch wenn Sie in den letzten vierzehn Tagen vor den Wahlen versuchen, das Gegenteil zu behaupten, wird das nicht gelingen. Beiratsmitglieder haben sich zu dem Thema deutlich geäußert. Im Sinn demokratischer Meinungsbildung bitte ich Sie, das zur Kenntnis zu nehmen.

[Beifall bei der Linksfraktion – Beifall von Burgunde Grosse (SPD) und Frank Zimmermann (SPD)]

Der Beirat hat in dieser Zusammensetzung den Senat in herausragender Art und Weise beraten – was ich mir in anderen Bundesländern wünschen würde, dass dort Staatssekretäre mit Migrantenvertreterinnen und vertretern und wichtigen Akteuren der Zivilgesellschaft gemeinsam Integrationsfragen beraten. Das heißt, wir haben auf der einen Seite beispielsweise die IHK, die Handwerkskammer, den UVB und die Staatssekretäre aus allen Ressorts, die gemeinsam mit den Migrantenvertretern Probleme beraten, die jene auf der anderen Seite als Alltagsprobleme aus ihren Vereinen mitbringen. Das diskutieren wir zusammen und streiten gemeinsam darüber. Wir haben stets positiv gestritten, und es ist auch etwas dabei herausgekommen, das über eine reine Be

ratungsfunktion eines solchen Gremiums hinausgeht. Aus diesem Integrationsbeirat ist so die Empfehlung an den Senat gegangen, ein Partizipations- und Integrationsgesetz vorzulegen. Es sind Grundsätze vorgestellt worden. Dieser Beirat hat den Prozess der Erstellung eines Gesetzes kompetent begleitet. Das alles ist nicht ohne Auseinandersetzung zu erhalten. Das finde ich jedoch völlig normal. Wir haben uns gemeinsam diesen Auseinandersetzungen gestellt und ein – wie ich finde – sehr gutes Ergebnis erreicht. Am Montag werden wir das im Rahmen einer Feierstunde sicher noch einmal von zahlreichen Seiten hören können. – Deshalb finde ich Ihre Frage überlegenswert.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Danke schön! – Eine Nachfrage des Kollegen Wansner. – Bitte!

Ich freue mich, Frau Senatorin, dass meine Frage für Sie überlegenswert ist. Die Frage stellt sich dennoch: Wenn von den Integrationsbeauftragten zweier Bezirke wie Neukölln – sozialdemokratischer Bürgermeister – und Berlin-Mitte – sozialdemokratischer Bürgermeister – Ihre Verwaltung als eine Quatschbude und eine Bude bezeichnet wird, wo man Kaffee trinkt, sich aber nicht um die Probleme der Migrantinnen und Migranten in dieser Stadt kümmert, dann ist es doch eigentlich für Sie ein Wahrnehmungsproblem, dass Ihre eigenen politischen Freunde inzwischen an Ihrer Arbeit mehr oder weniger zweifeln.

[Zurufe von der Linksfraktion]

Die Frage der weiteren Verwendung Ihres Integrationsbeauftragten Piening steht auch weiter im Raum. Die Frage lautet: Werden Sie ihn weiterbeschäftigen, oder werden Sie ihn wegen absolutem politischen Versagen in den Ruhestand schicken?

Herr Kollege Wansner! Ich mache darauf aufmerksam, dass das fünf Fragen waren. Zulässig ist aber nur eine. Es wäre gut, wenn Sie sich an die Geschäftsordnung hielten!

Frau Senatorin Bluhm! – Bitte!

Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Wansner! Ich konnte keine Frage erkennen, die Sie an mich gestellt haben, die ich beantworten kann und beantworten will.

[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Aber Kaffee gibt es!]

Frau Senatorin! Beantworten müssen Sie sie schon, wenn Sie die Fragen erkennen.

[Heiterkeit – Beifall bei der CDU und den Grünen]

Aber wenn Sie die Fragen nicht erkennen, kann ich es auch nicht ändern.

[Andreas Gram (CDU): Das war früher in der Volkskammer auch so! Viele Fragen, keine Antwort! – Weitere Zurufe von der CDU]

Frau Senatorin! Sie müssen nicht.

Ich habe, glaube ich, klargestellt, dass es mir nicht zusteht, die Kompetenzen beispielsweise bezirklicher Bürgermeister zu bewerten und einzuschätzen. Ansonsten habe ich eine sehr ausführliche persönliche und fachliche Bewertung der Situation abgegeben.

[Andreas Gram (CDU): Aber eine falsche!]

Jetzt hat Kollege Esser von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort zu einer Anfrage. – Bitte schön!

Danke schön, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an Wirtschaftssenator Wolf: Herr Wolf! Bedeutet Ihre Behauptung, die Zulassung der Anklage wegen Bestechlichkeit gegen den Finanzvorstand der BSR habe keine neue Sachlage geschaffen, dass die BSR Herrn Kramm weiterhin die anwaltliche Vertretung bezahlen wird?

[Dr. Manuel Heide (CDU): Zulasten der Berliner Steuerzahler!]

Herr Senator Wolf – bitte!

Herr Esser! Ich muss an dieser Stelle eines richtigstellen: Das, was Sie aus der Presseberichterstattung zitieren, ist falsch. Die BSR hat nicht die anwaltliche Vertretung von Herrn Dr. Kramm finanziert, sondern wir haben unabhängig von der Rechtsvertretung, die Herr Dr. Kramm hat und die Herrn Dr. Kramm vor Gericht und gegenüber der Staatsanwaltschaft vertritt, im Auftrag des Aufsichtsrats einen eigenen anwaltlichen Begutachter der Sachlage bezahlt, damit er den Sachverhalt auch gegenüber dem Aufsichtsrat noch einmal darstellt und bewertet.

Die Erklärung, dass es keinen neuen Sachverhalt gibt, bezieht sich darauf, dass es keine neuen Erkenntnisse in der Sache gibt. Ich will an dieser Stelle noch einmal sagen, dass hier zwei Kammern konträre Einschätzungen desselben Sachverhaltes getroffen haben, nämlich die erste Kammer, die die Anklage nicht zugelassen hat, und die zweite Kammer, die gesagt hat, die Vorwürfe könnten nur in einer Hauptverhandlung geklärt werden. Das zeigt, dass die Unschuldsvermutung, die im bundesdeutschen Rechtsstaat grundsätzlich gilt, gerade auch in diesem Fall besonders angebracht ist.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Sehr gut!]

Kollege Esser hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte schön!

Danke erst einmal für die Klarstellung in der Frage, worauf sich die anwaltliche Beauftragung durch den Aufsichtsrat der BSR bezieht! – Für mich stellt sich dann aber die Frage, warum Herr Kramm jetzt den Dienst quittiert hat, nachdem sich der Aufsichtsrat in der Vergangenheit ungewöhnlich stark vor Herrn Kramm gestellt hat, und ob Herr Fätkinhäuer, der sich als Leiter der Zentralstelle Korruptionsbekämpfung fragt, was die wahren Motive hinter Ihrem Verhalten und dem des Aufsichtsrats sind, mit seiner Frage richtigliegt.

Herr Senator Wolf – bitte!

Herr Esser! Ich finde diese Äußerung von Herrn Fätkinhäuer unangemessen. Er könnte diese Frage genauso in Bezug auf die erste Kammer stellen, die die Anklage nicht zugelassen hat. Fragt er da auch, ob hier eigenartige Motive dahinterstehen? – Ich finde, es steht einem Staatsanwalt nicht zu, eine derartige Bewertung vorzunehmen.

Der Aufsichtsrat hat sich sehr intensiv mit diesem Sachverhalt beschäftigt, hat auch externe Beratung – juristischen Sachverstand von außerhalb – hinzugezogen und ist deshalb einmütig als Aufsichtsrat mit all seinen Mitgliedern – wir haben uns gestern auch noch einmal über die neue Sachlage unterhalten – zu dem Ergebnis gekommen, dass aus Sicht des Aufsichtsrats – Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberseite – diese Vorwürfe nicht zutreffend sind und deshalb Herr Dr. Kramm auch weiterhin unser Vertrauen genießt. Die Vorwürfe werden jetzt in der Hauptverhandlung geklärt.