Protocol of the Session on June 9, 2011

Darf ich darum bitten, dass etwas mehr Ruhe in den Saal einkehrt, und dass die, die ein Schwätzchen anlässlich des Wiedersehens führen, dies ganz hinten oder außerhalb des Saales tun! – Danke!

Jetzt kommt die Antwort. Wer antwortet für den Senat? – Die Frau Justizsenatorin. – Die Justizsenatorin, Frau von der Aue, hat das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dr. Felgentreu! Die Berliner Justiz hat seit dem 1. Januar 2008 Erfahrungen mit dem Neuköllner Modell. Das Neuköllner Modell ist ein kleiner, wie ich aber meine, wichtiger und auch erfolgreicher Baustein bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität. Ziel ist es, die bereits vorhandene Möglichkeit des vereinfachten Jugendverfahrens durch weitere Optimierung zu beschleunigen. Durch das Nutzen kurzer Wege, unter anderem durch den telefonischen Vortrag der Polizei bei der Staatsanwaltschaft, und durch die Installierung von festen Ansprechpartnern bei Polizei, Staatsanwaltschaft und beim Jugendgericht soll eine abschließende Bearbeitung solcher Fälle in drei bis sechs Wochen ermöglicht werden. Die Erfahrung besagt, dass Jugendstrafverfahren schnell und konsequent geführt werden müssen, um die Verfestigung krimineller Lebensgewohnheiten von vornherein zu unterbinden. Die Strafe muss der Tat sozusagen auf dem Fuße folgen.

Wir haben dieses Modell sukzessive in den Berliner Polizeidirektionen eingeführt, und seit dem 1. Juni 2010 wird es in ganz Berlin praktiziert. Bis Ende 2010 wurden 527 Verfahren nach dem Neuköllner Modell durchgeführt. Es hat sich für jugendgerichtliche Intervention als die schnellste Möglichkeit in den Fällen herausgestellt, bei denen die Diversion nicht mehr greift, aber eine härtere Maßnahme als Jugendarrest nicht zu erwarten ist. Die praktische Anwendung des Neuköllner Modells hat im Übrigen auch dazu geführt, dass sich die Nutzung des vereinfachten Verfahrens deutlich erhöht hat. Die Fortbildungsoffensive im Zusammenhang mit der Umsetzung des Neuköllner Modells hat die Bereitschaft der Verfahrensbeteiligten gefördert, die Möglichkeiten von Verfahrensbeschleunigungen auszuschöpfen. Auf diese Weise

hat sich der Anteil der vereinfachten Verfahren an allen beim Amtsgericht Tiergarten eingehenden Jugendstrafverfahren in der Zeit von 2007 bis 2010 nahezu verdoppelt. Außerdem hat sich die durchschnittliche Verfahrensdauer ab Eingang beim Gericht deutlich auf 3,2 Monate verkürzt.

Zu Ihrer Frage 2, Herr Dr. Felgentreu: Im Bereich der Kinder- und Jugenddelinquenz ist die Berliner Justiz gemeinsam mit der Polizei, mit Jugend- und Sozialbehörden, mit Schulen und freien Trägern in ein gut funktionierendes und effizientes Netz der Prävention und Intervention eingebunden. Dieses reicht von der Früherkennung bei Auffälligkeiten im Kindesalter über die effektive Strafverfolgung mit speziellen Konzepten für Intensiv- und Schwellentäter bis hin zu einem Jugendstrafvollzug, der die Nach- und Resozialisierung des Verurteilten sicherzustellen hat.

Die Justiz beteiligt sich in erheblichem Umfang an der ressortübergreifenden Zusammenarbeit mit anderen Behörden. So nehmen Vertreter der Justizverwaltung unter anderem an der ressortübergreifenden Steuerungsgruppe Jugendkriminalität sowie an einer weiteren Vielzahl von Arbeitsgruppen und Steuerungsrunden insbesondere auf den Gebieten des Straf- und Familienrechts teil. Auch über die Landeskommission Berlin gegen Gewalt ist die Senatsverwaltung für Justiz an weiteren Gremien und Arbeitsgruppen beteiligt. Hierzu gehört beispielsweise die ressortübergreifende Arbeitsgruppe zur Kinder- und Jugenddelinquenz unter Federführung der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Diese hat zuletzt Handlungsempfehlungen für den Datenschutz und eine einheitliche Vorgehensweise bei Fallkonferenzen erarbeitet. Ferner wurden in fünf Bezirken Präventionsräte und in sechs Bezirken spezielle Präventionsgremien zum Thema Kinder- und Jugenddelinquenz eingerichtet.

Als aktuelles Beispiel für eine erfolgreiche ressortübergreifende Zusammenarbeit im Bereich der Prävention und der Verfolgung von Jugendkriminalität kann die Senatsarbeitsgruppe „Abgestimmte Intervention für straffällige beziehungsweise gefährdete Kinder“ genannt werden, deren Einrichtung am 3. August 2010 beschlossen wurde. Ausgangspunkt waren – wie Sie sich erinnern werden – die Schwierigkeiten, die im Zusammenhang mit sogenannten Kinderdealern aus dem Personenkreis unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge im Sommer 2010 in der Öffentlichkeit diskutiert wurden. Als Ergebnis der Arbeit wurde vorgestern unter anderem die Einrichtung eines intensivpädagogischen Krisen- und Clearingangebots mit vier Plätzen in einer Jugendhilfeeinrichtung mit der Möglichkeit freiheitsentziehender Maßnahmen beschlossen. Darüber hinaus wurden beispielweise die Standards und Verfahren zur Beschleunigung der Altersfeststellung definiert und verbindlich geregelt. Ich denke, wir sind damit auf einem guten Weg.

Danke schön, Frau Senatorin! – Eine Nachfrage des Kollegen Felgentreu? – Bitte!

Frau Senatorin, erst einmal herzlichen Dank! Gibt es bei der von Ihnen angesprochenen Richtlinie über die Einrichtung von Fallkonferenzen und den Umgang mit Datenschutzfragen bereits Rückmeldungen und Erfahrungswerte, wie sich das im konkreten Einzelfall bewährt hat, oder ist das noch in einer Anfangsphase?

Frau Senatorin von der Aue – bitte!

Herr Abgeordneter Felgentreu! Ich kann Ihnen dazu noch keine Ergebnisse mitteilen. Ich bin mir aber sicher, dass diese Erarbeitung von Richtlinien dazu führen wird, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich mit den Fragen beschäftigen müssen, Sicherheit über die Möglichkeit der Weiterleitung von Informationen haben, die an verschiedenen Stellen notwendig sind, um mit den unterschiedlichen Möglichkeiten der Behörden in die Entwicklung eingreifen zu können.

Danke schön! – Eine Nachfrage des Kollegen Rissmann. – Bitte!

Danke, Herr Präsident! – Frau Senatorin! Verzeihen Sie, dass ich die gestellte Wahlkampffrage etwas durcheinanderbringe. Wie erklären Sie sich, dass das nicht vom Berliner Senat, nicht von Ihnen erfundene, sondern von engagierten Jugendrichtern, zuvorderst von der leider verstorbenen Frau Heisig, entwickelte Neuköllner Modell in anderen Bundesländern, in die es exportiert wurde, mit deutlich verkürzteren Verfahrenslaufzeiten in Verbindung steht als hier bei uns?

Frau Senatorin von der Aue!

Herr Abgeordneter Rissmann! Ich habe mich nie damit geschmückt, gesagt zu haben, ich hätte dieses Modell erfunden. Ganz im Gegenteil, ich habe immer betont und begrüßt, dass es aufgrund des Engagements von Jugendrichtern entstanden ist. Ich habe es aber von Anfang an, wie Sie wissen, unterstützt, wo ich es nur konnte. Das ist

bei den Jugendrichtern auch sehr wohl zur Kenntnis genommen worden.

Dieses Modell ist von Berlin ausgehend, wie Sie selbst sagen, ein Exportschlager geworden. Ich denke, wir haben gute Voraussetzungen, in einer schwierigen Situation, in einer Großstadt mit erheblichem kriminellem Potenzial hier entgegenzuwirken. Wenn Sie uns noch ein bis zwei Jahre Zeit geben, damit alle Beteiligten geschult sind, dann werden sich die Zahlen auch bei uns noch deutlich verbessern.

Danke schön, Frau Senatorin!

Jetzt ist der Kollege Statzkowski von der CDU-Fraktion an der Reihe mit einer Frage zu dem Thema

Der Senat zwischen Lust und Frust – trotz Hitze sind viele Sommerbäder geschlossen!

Bitte schön, Herr Statzkowski!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Aus welchem Grund sind trotz hoher Lufttemperaturen im Mai und Anfang Juni nur sieben von 18 Sommerbädern der Berliner Bäder-Betriebe bislang geöffnet, währenddessen die verpachteten Freibäder trotz kälterem Wasser bereits weitestgehend geöffnet haben?

2. Wieso konnten im letzten Jahr die Sommerbäder bereits zwischen dem 13. Mai und dem 29. Mai geöffnet werden?

Danke schön! – Jetzt hat Herr Staatssekretär Härtel das Wort. – Bitte schön, Herr Staatssekretär!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Abgeordneter Statzkowski! Ich beantworte Ihre beiden Fragen gemeinsam und wie folgt: Ich stelle zunächst erfreut fest, dass sich die Verpachtung der Freibäder bewährt hat. Die Pächter entscheiden selbst, wann sie mit welchem Personal öffnen. Diese verpachteten Freibäder stehen den Bürgerinnen und Bürgern umfänglich zur Verfügung.

Der Zeitpunkt der Öffnung der Sommerbäder durch die Berliner Bäder-Betriebe gestaltet sich hingegen leider etwas schwieriger. Da keiner prognostizieren kann, wie das Wetter jeweils im Mai sein wird, müssen sich die Bäder-Betriebe zu Beginn der Sommersaison entscheiden,

ob vorrangig im Mai Sommerbäder aufgemacht werden oder Hallenbäder länger am Netz bleiben, da die wirtschaftlichen und personellen Voraussetzungen für längere – und ich betone: gleichzeitige – Öffnungen von Hallen- und Sommerbädern nicht vorliegen.

Beim Öffnungszeitenmodell im Jahr 2010 wurden bereits Anfang Mai die ersten Schwimmhallen geschlossen. In den zurückliegenden Jahren konnten viele Kundinnen und Kunden aber nicht verstehen, warum Hallenbäder so früh schließen, während es im Mai draußen frisch und regnerisch war. Zur Erinnerung: Der Mai 2010 hatte 25 Regentage, nicht ein Tag hatte eine Höchsttemperatur von 23 Grad, und die Durchschnittstemperatur betrug 12,9 Grad. Sommerbäder haben insbesondere bei schlechtem Wetter einen sehr hohen Energiebedarf bei gleichzeitig geringen Umsätzen. Wenn dann kritisch gefragt wird, warum nicht Hallenbäder länger offen bleiben und die Energieverschwendung in Sommerbädern unterlassen wird, haben wir zu Recht auch darüber eine öffentliche Debatte.

Die Berliner Bäder-Betriebe starteten in dieser Sommersaison 2011 mit einem neuen Öffnungszeitenmodell. Statt wie bisher schon lange im Voraus die Eröffnung der Sommerbäder festzulegen, gilt dies nur noch für einige publikumsstarke Bäder mit traditionell frühem Saisonbeginn. Im Gegenzug erfüllen die Berliner Bäder-Betriebe die lang geäußerten Wünsche der Kundinnen und Kunden, das Gros der Schwimmhallen nicht schon im Mai zu schließen. Deshalb haben in diesem Jahr gegenüber dem letzten Jahr 15 Schwimmhallen länger für Badegäste geöffnet. Gerade innerhalb des Saisonwechsels ist es Anspruch der Berliner Bäder-Betriebe, den Interessen der verschiedenen Nutzergruppen – einerseits der Öffentlichkeit, die auf die Öffnung jedes einzelnen Sommerbades sehnsüchtig wartet, andererseits des Schul- und Vereinssports, der die Hallenbäder benötigt – gleichermaßen gerecht zu werden.

Am 11. Juni werden mit zwei Ausnahmen alle Sommerbäder geöffnet sein – im Übrigen auch das Strandbad Tegel. Das Sommerbad Staaken-West eröffnet erst am 18. Juni, da erst zu diesem Zeitpunkt das notwendige Personal aus dem Hallenbad Spandau-Nord zur Verfügung steht. Dieses Hallenbad wurde länger offengelassen, um den Schul- und Vereinsbetrieb aus dem geschlossenen Kombibad Spandau-Süd aufzunehmen. Das Sommerbad im Kombibad Gropiusstadt bleibt während der aktuell laufenden Sanierungsmaßnahme für diese und die nächste Saison geschlossen.

Die Berliner Bäder-Betriebe werden die Sommersaison 2011 sorgfältig auswerten und ihre Öffnungspolitik auf Grundlage ihres Wirtschaftsplans und der Betriebsergebnisse der Hallen- und Sommerbäder dann erneut reflektieren. Sie sehen, wie schwierig es ist, auch angesichts der Witterungsverhältnisse und der wirtschaftlichen Bedingungen gleichermaßen jedem in einer solchen Übergangszeit gerecht zu werden. Wir tun unser Bestes und versu

chen natürlich, auch aufgrund der Erfahrungen, die wir in diesem Jahr machen, hoffentlich noch besser zu werden. – Herzlichen Dank!

[Mieke Senftleben (FDP): Das versprechen Sie schon seit vielen Jahren, dass Sie besser werden wollen!]

Kollege Statzkowski hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte schön!

Herr Staatssekretär! Wie können wir Ihres Erachtens eine höhere Flexibilität der Berliner Bäder-Betriebe erreichen, insbesondere angesichts der Tatsache, dass zurzeit sechseinhalb Hallenbäder aus besonderen Gründen geschlossen sind und dementsprechend das Personal, das normalerweise in diesen Hallenbädern vorhanden ist, eigentlich in den Sommerbädern einzusetzen wäre? – Mit anderen Worten: Am Personal dürfte es also in diesem Umfang nicht liegen.

Herr Staatssekretär Härtel – bitte!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Statzkowski! Meine Damen und Herren! Es ist immer sehr schwierig, das Personal, das wir haben und das wir nicht aufstocken können, wirtschaftlich angemessen einzusetzen. Da die Bäder-Betriebe kein gewinnbringendes Unternehmen sind und bei schlechten Witterungsverhältnissen und anderen Bedingungen wie erhöhten Wasserpreisen oder anderen Energiefaktoren auch Verluste aufweisen, besteht das Problem, dass wir mit den Kosten, die wir insgesamt zu verantworten haben, bzw. mit dem, was im Wirtschaftsplan ausgewiesen ist, auskommen müssen. Wir können nicht jeweils in der Saison zusätzlich Personal einstellen. Das ist nicht möglich, und insofern gibt es diese Flexibilität, wie wir sie uns wünschen, leider nicht.

[Mieke Senftleben (FDP): Ein bisschen mehr geht schon, wenn man will! Ich kann es nicht mehr hören, seit zehn Jahren das gleiche Lied!]

Kollege Melzer hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Staatssekretär! – Im letzten Jahr wurde die Kündigung des Pachtvertrages für die Wasserfreunde Spandau 04 im Freibad Staaken-West damit begründet, dass das vorhandene Personal der Bäder-Betriebe dort

eingesetzt werden müsste. Heute wird die verspätete Öffnung dieses Freibades damit begründet, dass die BäderBetriebe dafür nicht genug Personal hätten. Können Sie uns in Aussicht stellen, dass aufgrund dieser Gemengelage für das nächste Jahr wieder verlässliche Pachtverträge mit erfahrenen Partnern abgeschlossen werden können.

Herr Staatssekretär Härtel – bitte!

Herr Abgeordneter Melzer! Herr Präsident! Ich kann Ihnen garantieren, dass die Bäder, die verpachtet worden sind, ordnungsgemäß ihre Aufträge erfüllen, wie es in diesem Jahr auch geschehen ist.

Jetzt hat Kollegin Astrid Schneider von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort zu ihrer Anfrage über

Was tut der Berliner Senat bei der EHEC-Epidemie?

Danke, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Was leistet der Berliner Senat, um die Berlinerinnen und Berliner schnell und aktuell zu der EHEC-Epidemie zu informieren, und an welche Berliner Stelle können besorgte Menschen sich wenden?

2. Was empfiehlt der Berliner Senat den Bürgerinnen und Bürgern zum Schutz, und welche Maßnahmen hat er zum Schutz der Bevölkerung vor der EHEC-Epidemie eingeleitet?

Frau Senatorin Lompscher hat das Wort. – Bitte schön!