Protocol of the Session on May 26, 2011

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Kollege Meyer! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich lasse nun abstimmen, und zwar zunächst über den Antrag der Fraktion der CDU, für den sich im Ältestenrat und auch hier eine Mehrheit abgezeichnet haben. Wer dem Antrag der Frak

tion der CDU die Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDU, die SPD und Die Linke. Danke! – Die Gegenprobe! – Das ist die FDP. Ersteres war die Mehrheit. Dann ist der Antrag damit angenommen. Es enthält sich Bündnis 90/Die Grünen.

Ich rufe das Thema der Aktuellen Stunde unter Tagesordnungspunkt 3 auf und verbinde damit die Beratung von Tagesordnungspunkt 25. Die anderen Anträge haben damit ihre Erledigung gefunden.

Ich komme zur Ihnen vorliegenden Konsensliste und dem Verzeichnis der Dringlichkeiten. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, so bitte ich um eine entsprechende Mitteilung.

An Entschuldigungen von Senatsmitgliedern für die heutige Sitzung liegt vor: Senator Dr. Zöllner ist ganztägig abwesend wegen der Teilnahme an einer Sitzung des Wissenschaftsrates in Jena. Frau Senatorin Lompscher ist ganztägig abwesend wegen der Teilnahme an der Umweltministerkonferenz in Wernigerode. Der Regierende Bürgermeister schließlich wird um etwa 19.45 Uhr das Abgeordnetenhaus verlassen, um an der A-LänderVorbesprechung teilzunehmen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1:

Fragestunde – Mündliche Anfragen

Bevor ich die erste Frage aufrufe, möchte ich Ihnen vorschlagen, die Fragen Nr. 2 und 3, die sich auf die Sicherheit im ÖPNV beziehen, sowie die Fragen Nr. 6 und 10 zur EHEC-Infektion zu verbinden. – Widerspruch dazu höre ich nicht.

Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat der Abgeordnete Thomas Kleineidam von der SPD-Fraktion mit einer Frage über

Anschlag auf die S-Bahn

Bitte schön, Herr Kollege Kleineidam!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Hintergründe des Anschlages auf die S-Bahn?

2. Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Sicht des Senats, um solche Vorfälle für die Zukunft zu verhindern?

Der Senator für Inneres wird das wohl beantworten müssen. – Bitte schön, Herr Dr. Körting!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kleineidam! In den Morgenstunden des 23. Mai 2011 hat eine Gruppe von Tätern auf dem Gelände der Deutschen Bahn AG am S-Bahnhof Ostkreuz einen Brandanschlag auf Versorgungs- und Kommunikationsleitungen verübt, und zwar nicht allein auf die Kommunikations- und Versorgungsleitungen der S-Bahn, weil zusammen mit diesen Kabeltrassen verlaufen, die auch andere Versorgungen beinhalten – Telefonkommunikationskabel und Ähnliches. Wir haben nach den Erkenntnissen, die die Polizei hat, eindeutig festgestellt, dass es sich um einen Anschlag, einen Brandanschlag gehandelt hat. Es gab innerhalb weniger Stunden ein Selbstbezichtigungsschreiben einer Gruppe, die das mit politischen Motiven begründet hat, unter anderem mit der Einstellung gegen die Atompolitik. Wir haben übrigens keinen ernsthaften Zweifel, dass das Selbstbezichtigungsschreiben authentisch ist, weil es Einzelheiten enthält, die wahrscheinlich nur aus Tätersicht erkennbar waren. Wir gehen davon aus, dass es sich um linksextremistisch-autonome Täter handelt, die diese Tat begangen haben. Einzelne Detailerkenntnisse über Namen oder Ähnliches der Täter haben wir bisher nicht.

Die zweite Frage ist, wie wir mit Konsequenzen umgehen, um solche Vorfälle für die Zukunft zu verhindern. Wir sind schon bisher davon ausgegangen, dass insbesondere Infrastruktureinrichtungen sowohl von terroristischen Aktivitäten wie auch von sonstigen kriminellen oder Sabotageaktivitäten besonders betroffen sein können. Das heißt, dass wir seit dem Anschlag auf das World Trade Center und das Pentagon in den USA regelmäßige Treffen mit den Infrastrukturbetreibern haben, um Möglichkeiten zu erörtern, welche vorbeugenden Maßnahmen gegen Angriffe auf Infrastruktureinrichtungen in Berlin erfolgen können. Das betrifft nicht nur den öffentlichen Personennahverkehr, das betrifft genauso gut die Elektrizitätsversorgung, den Mobilfunk, die Wasserversorgung und Ähnliches.

Wir haben bei der Frage des ÖPNV folgende Situation: Die Bundesbahn hat in Deutschland ein Streckennetz von 34 000 Kilometern, allein in Berlin ein solches von 257 Kilometern. Und um es nur mal zu ergänzen: Die U-Bahn hat ein Streckennetz von 146 Kilometern in Berlin. Alle diese Streckennetze werden von Kabeltrassen unterschiedlicher Art begleitet. Mal sind es nur die unmittelbar für den Betrieb erforderlichen Kabeltrassen, die diese Strecken begleiten, aber natürlich von ähnlicher Brisanz, weil damit die Signalanlagen und alles Ähnliche verbunden sind. Mal sind es eben Kabeltrassen, die gleichzeitig für andere Nutzer genutzt werden, etwa Telefonunternehmen oder Ähnliches. Da heißt, eine ganz zentrale Fragestellung ist: Wie kontrolliere ich diese Kabeltrassen, um möglichst frühzeitig etwas zu unternehmen? Oder: Wie lege ich diese Kabeltrassen so aus, dass größte anzunehmende Unfälle nach Möglichkeit zu vermeiden sind?

Ich habe noch mal ein Gespräch mit der BVG gehabt, die eine andere Situation hat als die Deutsche Bahn. Die Deutsche Bahn hat einige wenige Knoten; wenn die außer Betrieb gesetzt werden, fällt ein gesamter großer Bereich aus. Die BVG hat mir auf meine Nachfrage noch mal gesagt, dass man zwar eine Strecke eventuell blockieren kann, aber nicht den gesamten BVG-Betrieb, weil sie nicht solche Knotensituationen hat.

Die zweite Frage betrifft natürlich auch: Wie sichere ich die Kabeltrassen? – Normalerweise werden diese Kabeltrassen wie übrigens auch andere Kabeltrassen und Versorgungsleitungen, die im öffentlichen Straßenland liegen oder unter Brücken geführt werden oder Ähnliches, gesondert geschützt. Das gilt auch bei der Deutschen Bahn AG. Im vorliegenden Fall bei dem Anschlag auf das Ostkreuz war die Sondersituation, dass diese Kabeltrassen quasi so als Kabeltrasse geführt wurden, weil es eine Baustelle gab, und dann wieder in den Boden eingeführt wurden. Der Anschlag ist in dem Zusammenhang unter Ausnutzung der Baustellensituation passiert. Das bedeutet nicht, Herr Kollege Henkel, dass ich dem Opfer einen Vorwurf mache, dass es Opfer geworden ist. Denn ich glaube, die Deutsche Bahn AG hat nach bestem Wissen und Gewissen die Baustelle mit einem Zaun gesichert und das gemacht, was man üblicherweise tut. Es bedeutet aber, dass wir uns vielleicht für die Zukunft noch mehr Gedanken machen müssen, wie wir derartige besonders kritische Situationen sichern. Natürlich ist es dann in erster Linie eine Sache des Betreibers, derartige kritische Situationen zu sichern, aber unter Beratung von anderen Beteiligten; und dazu gehören wir eben auch.

Wir werden sehen, was man aus diesem Verbrechen positiv für die Zukunft lernen kann, wie wir unsere Infrastruktureinrichtungen noch besser vor möglichen Anschlägen sichern. Ich werde innerhalb der nächsten Tage zu einem neuen Gespräch der Infrastrukturbetreiber einladen, weil es mir nicht nur um den ÖPNV geht, sondern auch um die anderen Infrastruktureinrichtungen, was man an weiteren Maßnahmen noch ergreifen kann.

Danke schön, Herr Senator! – Es geht weiter mit einer Nachfrage von Frau Matuschek.

Herr Senator! Es hat ja schon vor einiger Zeit einen Anschlag auf die Signal- und Sicherungstechnik der S-Bahn in Neukölln gegeben. Gibt es diesbezüglich schon Erkenntnisse zur Aufklärung dieses Sachverhalts?

Herr Senator Dr. Körting – bitte!

Nein, Frau Kollegin Matuschek, der Anschlag in Neukölln ist aber von ähnlicher Machart wie der, den wir am Ostkreuz erlebt haben, sodass man durchaus davon ausgehen kann, dass eine ähnliche oder dieselbe Tätergruppe dort tätig geworden ist. Der Anschlag in Neukölln war allerdings so angelegt, dass er sehr schnell bemerkt werden konnte, sodass kurzfristig von der Bahn eingegriffen werden konnte, sodass er keine großen Weiterungen gehabt hat. Das hat die große Öffentlichkeit gar nicht in dem Maße gemerkt, weil relativ zügig eingegriffen werden konnte. Wir werden das weiter untersuchen, auch das, was an Brandbeschleuniger bei beiden Anschlägen benutzt wurde, um zu sehen, ob es sich um dieselbe Tätergruppe handelt.

Danke schön! – Eine Nachfrage des Kollegen Dr. Juhnke!

Vielen Dank! – Wie beurteilen Sie denn die Absichten, dass gegebenenfalls die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe die Ermittlungen in diesem Fall übernimmt, da es sich um einen Terroranschlag handelt?

Herr Senator!

Herr Kollege Dr. Juhnke! Die Entscheidung trifft der Generalbundesanwalt, ob er die Ermittlungen übernimmt. Ich halte diesen Anschlag immerhin für so schwerwiegend und auch im Hinblick auf mögliche andere Anschläge im Bundesgebiet für so schwerwiegend, dass ich durchaus Verständnis dafür haben würde, wenn der Generalbundesanwalt das Verfahren an sich ziehen würde.

Danke schön, Herr Senator!

Es geht weiter mit der Frage 2 des Kollegen Trapp von der CDU-Fraktion zum Thema

Sicherheit im öffentlichen Personennahverkehr

Bitte schön, Herr Kollege Trapp!

Herr Präsident! Ich frage den Senat:

1. Wie viele Einsätze im öffentlichen Nahverkehr wurden von der landesweiten Einsatzreserve seit dem 12. Mai durchgeführt, an welchen Tagen, zu welchen Uhrzeiten und an welchen Orten/U-Bahnlinien, und

wie viele Straftaten/Ordnungswidrigkeiten wurden durch diese Einsatzkräfte festgestellt?

2. Gab es während der Einsätze der landesweiten Einsatzreserve im öffentlichen Personennahverkehr Großlagen, die es erforderlich machten, dass die für die BVG bestimmten Beamten der landesweiten Einsatzreserve zu anderen Einsatzorten abgezogen wurden, und was waren das für Einsätze, und wie viele Beamte wurden gebraucht?

Herr Kollege Trapp! Der Senator wird das gleich beantworten. Ich muss nur darauf aufmerksam machen, dass das eine ziemlich statistische Nachfrage ist, eigentlich nicht ganz passend für die Fragestunde. Wenn der Senator uns ärgern will, dann liest er nämlich seitenweise diese Dinge vor. Ich sage das nur, aber bitte, der Senat kann ja beantworten.

Jetzt stellt Benedikt Lux von den Grünen Frage 3 über

Einsatz von Polizei zur Sicherheit im ÖPNV

Bitte schön, Herr Kollege Lux! – Das ist das gleiche Problem.

Danke schön, Herr Präsident! Da das erst vor Kurzem vorgestellt worden ist, was der Regierende Bürgermeister zum Sicherheitskonzept im öffentlichen Nahverkehr vorgestellt hat, denke ich, dass die statistischen Daten nicht allzu ausführlich sein können. Deswegen frage ich den Senat:

1. Wann, wie oft, wo und in welcher Personalstärke sind die 60 Beamten der Polizeireserve im öffentlichen Personennahverkehr eingesetzt worden, seitdem der Regierende Bürgermeister ein „Sicherheitskonzept“ für den ÖPNV vorgestellt hat?

2. Wie will der Senat – unabhängig von akuten Lageentwicklungen – gewährleisten, dass in der Zeit bis zur Einstellung neuer, zusätzlicher Polizeibeamter eine dauerhaft höhere Polizeipräsenz im öffentlichen Nahverkehr erzielt wird?

Es antwortet der Senator für Inneres, Dr. Körting.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Trapp und Herr Kollege Lux! Wir haben seit dem 12. Mai 2011 die Landeseinsatzreserve in der Nachtzeit, in der Zeit von 19 bis 6 Uhr, eingesetzt. Wir haben gesagt: Bis zu 60 Kräfte, abhängig von der jeweiligen aktuellen Situation, was es eventuell an Großlagen oder Ähnlichem

gibt. – Es hat eine deutlich sichtbare Präsenz der Polizei im U-Bahnbereich gegeben. Es ist verständlich, dass die Kollegen schwerpunktmäßig in den Bereichen Mitte, Kreuzberg und Neukölln und nicht in Krumme Lanke oder weiß ich wo eingesetzt wurden. Aber es ist auch ein Ziel der Einsatzanordnung des Polizeipräsidenten, dass nicht vorhersehbar ist, wo sie eingesetzt werden, und deshalb mögliche Täter nicht darauf spekulieren können, dass nur bestimmte U-Bahnhöfe oder Ähnliches kontrolliert werden, sondern davon ausgehen müssen, dass die Polizei insgesamt tätig ist. – Wie gesagt, Uhrzeit 19 bis 6 Uhr! In diesem Zeitraum wurden 53 Strafanzeigen gefertigt, 340 Personen überprüft und 24 Personen festgenommen.

Zur zweiten Frage des Kollegen Trapp: Das betrifft die Frage, wie sie im Detail eingesetzt wurden. Sie wurden außer an einem Tag an allen anderen Tagen eingesetzt. Der eine Tag, wo die Landeseinsatzreserve nicht für die Einsätze zur Verfügung stand, war die Ad-hoc-Situation nach der rechtsextremistischen Demonstration mit anschließender Tätigkeit der Polizei im Raum.

Ansonsten wurden am 12. Mai 2011 – der Herr Präsident hat schon angekündigt, dass ich das vorlesen werde – 63 Polizeibeamte eingesetzt, am 13. Mai 60 Polizeibeamte, am 15. Mai 63, am 16. Mai 60, am 17. Mai 37, am 18. Mai 24, am 19. Mai 71.