Protocol of the Session on May 12, 2011

Unter diesen Maßgaben haben wir mit dem neuen Rundfunkgebührenmodell eine Systemumstellung, die in der Lage ist, wieder zu mehr Akzeptanz hinsichtlich des Gebührenmodells beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk beizutragen und damit auch insgesamt den öffentlichrechtlichen Rundfunk in Deutschland stärkt. Deswegen wird die CDU-Fraktion diesem Gesetz zustimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Goiny! – Jetzt ist für die SPDFraktion der Kollege Zimmermann dran und hat das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die SPDFraktion ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland eine Entwicklungsperspektive geben und insbesondere auch eine verlässliche Finanzierungsgrundlage schaffen. Diesem dient der Staatsvertrag, den wir heute ratifizieren. Er steht übrigens im Zusammenhang mit dem letzten Staatsvertrag, den wir beschlossen haben, mit dem Funktionsauftrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dessen Entwicklungsgarantie im Internet. Beides muss zusammen gesehen werden. Wir wollen verlässliche Finanzierungsgrundlagen für das öffentlich-rechtliche System, und deswegen werden wir diesem Staatsvertrag zustimmen.

Wir haben in den letzten Jahren feststellen müssen, dass es in der Frage der Gebühren grundlegenden Reformbedarf gegeben hat, weil wir vor allem drei Tendenzen feststellen mussten: Zum Ersten war die Unterscheidung in klassische und neue Empfangsgeräte nicht mehr haltbar. Erneut zu begründen – Sie erinnern sich –, warum man für PCs Gebühren zahlen muss, wurde immer schwerer, und deswegen konnte diese Trennung nicht mehr aufrechterhalten werden.

Zweitens: Die demografische Entwicklung und vor allem die Prognose der künftigen Forderungsausfälle und der Befreiungen haben dazu geführt, dass wir sagen mussten, dass möglicherweise bis 2013 eine Summe von bis zu 1,3 Milliarden Euro bundesweit in der Finanzierung fehlt.

Deswegen musste auch aus diesem Grund gehandelt werden.

Drittens gab es eine feststellbare, sinkende Akzeptanz der Gebühr in der Bevölkerung und auch eine sinkende Akzeptanz der GEZ. All diese Gründe haben dazu geführt, dass wir diese Reform initiiert haben.

Ganz kurz gesagt: Wir haben künftig eine technikneutrale Anknüpfung. Die Differenzierung zwischen TV, Radio, Handy und PC wird aufgegeben. Es wird nur noch einen Beitrag pro Haushalt geben – egal wie viele Menschen er umfasst und wie viele Geräte dort vorhanden sind. Die GEZ kommt nicht mehr in die Wohnungen, sie braucht nicht mehr in die Wohnungen. Deswegen darf sie auch nicht mehr in die Wohnungen. Sie kommt allenfalls noch bis zur Tür.

Schließlich haben wir auch für die Betriebe eine vernünftige Regelung mit der Staffelung je nach Beschäftigtenzahl gefunden. Deswegen ist diese Umstellung insgesamt – Herr Goiny hat es gesagt, und ich kann ihm nur zustimmen – eine gelungene Systemumstellung.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Martina Michels (Linksfraktion)]

Ich will zwei Stichworte noch nennen, die im Zusammenhang mit dieser Reform diskutiert wurden. Das eine ist der für uns, den RBB und diese Region enorm wichtige Strukturausgleich innerhalb der ARD. Wir haben im Zug der Beratungen zum Staatsvertrag ausdrücklich den Strukturausgleich ausgeklammert, weil es keine mögliche Einigung mit den reichen Ländern und den reichen Anstalten gab. Wie Sie wissen, ist in der Verteilung der ganzen Finanzierungsmasse das ZDF seit Jahren bevorteilt worden, und seit Jahren erhalten die großen Anstalten im Westen und im Süden relativ mehr als die kleineren, wie zum Beispiel der RBB. Das ist eine Ungleichheit, eine Disparität, die so nicht bleiben kann. Wir konnten das im Zug der Verhandlungen natürlich nicht regeln. Es bleibt aber eine Aufgabe, und es ist der Auftrag an die Anstalten, hier einen Ausgleich zugunsten der in schwächeren Strukturen handelnden Anstalten wie dem RBB und anderen auszuhandeln.

[Alice Ströver (Grüne): Genau!]

Wir brauchen aber zweitens – und das ist eine ganz wichtige Botschaft für uns als SPD-Fraktion – eine Beitragsstabilität. Wir haben 17,98 Euro pro Monat, und wir müssen auch mit der Umstellung des Systems dafür sorgen, dass die Beiträge für Rundfunk und Fernsehen künftig möglichst nicht steigen. Nun haben wir das nicht allein in der Hand. Es ist die KEF, die Empfehlungen ausspricht.

Dummerweise kann mit der Umstellung des Gebühren- auf das Beitragssystem auch eine Gebührenerhöhungsempfehlung der KEF einhergehen. Deswegen haben wir den dringenden Appell an die Anstalten – besonders an den RBB, aber auch an die anderen; Herr Goiny hat es auch schon angesprochen –, bei der Anmeldung ihres

Bedarfs so moderat wie möglich vorzugehen, damit wir keine Erhöhung der Beiträge ab 2013 haben müssen. Das ist ein Appell; wir haben keinen Hebel, den wir umlegen können. Aber wir bitten sehr herzlich, dies zu tun. Es wird die Akzeptanz des gesamten Systems erhöhen.

Das letzte Stichwort: Wir hören, dass im Zuge dieser Umstellung bei der GEZ angeblich 250 neue Stellen geschaffen werden müssen.

[Alice Ströver (Grüne): 400!]

Einige sagen 400, manche sagen 250. – 250 oder 400 Stellen für die Umstellung dieses Systems,

[Zuruf: Unglaublich!]

die dann vielleicht irgendwann einmal wieder abgebaut werden, halten wir für äußerst schwer begründbar. Wir halten es für absolut erforderlich, kritisch darauf zu schauen, ob diese Stellen wirklich nötig sind oder ob das nicht mit den vorhandenen Mitarbeitern der GEZ bewerkstelligt werden kann. Es ist den Leuten nur schwer zu vermitteln, dass erst einmal die Kosten hochgehen, damit sie dermaleinst wieder runtergehen. Wir erwarten in diesem Bereich eine Kostenentlastung und keine Kostenerhöhung. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Kollege Zimmermann! – Jetzt hat Frau Ströver für Bündnis 90 das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss es Ihnen zumuten: Es ist argumentativ die dritte Runde. Dem Regierenden Bürgermeister war es, obwohl er für die Rundfunkstaatsverträge zuständig ist, wahrscheinlich so langweilig, dass er lieber zur Eröffnung der Autoausstellung gegangen ist. Aber sei’s drum! Wir machen jetzt diese Runde, damit Sie in der fünften Rede, bei der FDP, erfahren, warum man auch anderer Meinung sein kann hinsichtlich des Wechsels im Finanzierungsmodell für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Zahlungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind heute nicht mehr an die Existenz eines Radio- oder Fernsehgerätes zu knüpfen, und es entspricht einem alten, urgrünen Anliegen, zu einem anderen Finanzierungsmodell zu kommen. Anders als beim inzwischen gescheiterten Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – Sie erinnern sich vielleicht noch –, sind wir als Grüne bereit, bei diesem Staatsvertrag mitzugehen. Wir wollen Sie heute dazu auffordern, der Beschlussfassung zuzustimmen, weil wir es für ein gerechteres Modell halten.

[Beifall bei den Grünen]

Dennoch – und das ist von den Kollegen auch schon angesprochen worden – bleiben Bedenken, die nur zum Teil

in den Nachverhandlungen der Ministerpräsidenten ausgeräumt werden konnten.

Zum Ersten: Es gibt immer noch heftige Kritik vonseiten einiger Datenschutzbeauftragter an dem Umgang mit den Daten, die erhobenen werden, um festzustellen, was ein Haushalt ist. An die Haushaltsstruktur sollen künftig die Abgaben für die öffentlich-rechtlichen Gebühren geknüpft sein. Auf die Erwartung, dass es bei der ersten Haushalts- und Betriebserfassung nur um die notwendigen Daten gehen darf, die einmalig erfasst werden, möchte ich unbedingt alle, die heute die Hand dafür heben werden, nachdrücklich hinweisen. Hier darf es nicht zu Adresshandel oder etwas in der Art im Umgang mit diesen Daten kommen, die hierbei in großer Zahl gesammelt und gesichtet werden.

[Beifall bei den Grünen und der Linksfraktion]

Auch nicht nach 2014, denn da liegt nach dem Staatsvertrag eine Zeitgrenze für die Erprobung!

Zweitens: Behinderte haben einen anderen Status als alle anderen Menschen. Wir wissen, dass das Programmangebot für Menschen mit verschiedenartigen Behinderungen auch in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten immer noch viel zu gering ist. Dass sie jetzt dennoch zur Beitragszahlung gezwungen sind – es ist ein Drittelbeitrag –, ist ein grundsätzliches Problem und widerspricht unseres Erachtens ganz klar der UN-Behindertenrechtskonvention.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

Das ist von den Verbänden der Behinderten in der Anhörung auch heftig kritisiert worden.

Zum Hintergrund: Wir hätten dem vielleicht zugestimmt, wenn auf der anderen Seite eine echte Mehrleistung für behinderte Menschen – z. B. gebärdensprachliche Begleitung der Programme – im Staatsvertrag festgeschrieben worden wäre. Das ist aber leider nur im Protokoll erfolgt und nicht im Staatsvertrag selbst.

Drittens: Erfreulicherweise wird hoffentlich – Herr Zimmermann und Herr Goiny haben es gesagt – endlich die Schnüffelei der GEZ-Menschen vor und hinter den Wohnungstüren ein Ende haben.

[Beifall bei den Grünen]

400 Mitarbeiter mehr allerdings, um überhaupt erstmalig die Statuserfassung zu erbringen – was ist ein Haushalt, was ist ein Betrieb? –, das wollen wir nicht. Wir wollen, dass weniger Geld für die GEZ und mehr Geld für das Programm ausgegeben wird.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Martina Michels (Linksfraktion)]

Viertens: Es ist ein großes Manko, das der Regierende Bürgermeister mit zu verantworten hat: Es ist nicht geglückt, die Ungleichheit in dem gesamten Verfahren des

Finanzausgleichs zu beseitigen. Kleine Anstalten bleiben weiterhin die Leidtragenden dieses Systems, und das ZDF kann es sich leisten, entgegen allen Absprachen die Hochzeit aus dem britischen Königshaus zu übertragen oder 51 Millionen Euro für die Champions League auszugeben. Auch als Fußballfan kann man sich wirklich fragen: Muss das sein? – Ich denke, nein. – Wir brauchen also eine wirkliche Nachbearbeitung dieses Staatsvertrags – es stehen der Sechzehnte und Siebzehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag an –, damit es zu einem Finanzausgleich auch zugunsten des RBB kommt.

Im Grundsatz aber bleibt: Nur ein besseres Programm ist die Voraussetzung für die Zustimmung der Menschen zur Weiterexistenz des öffentlich-rechtlichen Systems. Ich hoffe, dass diese Umstrukturierung auf einen Rundfunkbeitrag pro Haushalt nicht zu geringeren Einnahmen führt und wir tatsächlich zu einer Beitragsstabilität gelangen. Es wird eh schon schwierig sein, diesen Transformationsprozess zu erreichen. Trotzdem bin ich optimistisch. Aber es kann nicht sein, dass mit dem Inkrafttreten dieses Staatsvertrags – übrigens erst am 1. Januar 2013 – gleich eine Gebührenerhöhung verbunden ist. Wir gehen davon aus, dass sich die Einnahmen hoffentlich insgesamt erhöhen, wenn wir alle Haushalte und die Betriebe erfassen. Deswegen kann das nicht Einhergehen mit einer Erhöhung der Gebühren, die nun Abgabe heißt.

Sie sehen, was wir heute von grüner Seite beizutragen haben: Es ist ein Ja mit Bedenken. Wir sehen in diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag einen wichtigen Schritt zu einer transparenteren und besseren Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

[Beifall bei den Grünen]

Für die Linksfraktion ist Frau Kollegin Dr. Hiller im Anmarsch, und sie hat das Wort. – Bitte schön!

Danke schön, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Nach jahrelanger Diskussion wird die Gebühr zum Beitrag, und was passiert sonst? –, so möchte man fragen. Unsere Zustimmung zum Staatsvertrag fußt vor allem auf der Tatsache, dass wir den Systemwechsel hin zum Rundfunkbeitrag – also vom Gerät zum Haushalt – begrüßen – dies auch in Ablehnung anderer, vor allem von der FDP ins Gespräch gebrachter Modelle wie der sogenannten Bürgerabgabe, bei denen z. B. die Wirtschaft hinsichtlich der Finanzierung völlig außen vor geblieben wäre.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

In unserem Sinne sind auch die zwar nur wenigen, aber doch erweiterten Befreiungen aus sozialen Gründen. Wir hätten uns da deutlich mehr vorstellen können. Schade, dass die Studenten jetzt weg sind! Ich erinnere daran, dass gerade Studenten ohne BAföG-Anspruch jetzt voll be

zahlen müssen. Ihr Zahlbeitrag verdreifacht sich also. Das halten wir für eine ungerechte Sache. Man hätte hier Sonderregelungen für Menschen ohne oder mit nur geringem Einkommen schaffen können.

Kritik haben wir auch an der Heranziehung der bisher ausschließlich aufgrund ihrer Behinderung Befreiten. Das wurde hier schon mehrfach benannt. Es ist geradezu eine Verhöhnung, dass diese zusätzlichen Einnahmen nunmehr zur Verbesserung des barrierefreien Zugangs zu Rundfunk und Fernsehen genutzt werden sollen. Hier wird aus meiner Sicht der Grundsatz des Nachteilausgleichs völlig auf den Kopf gestellt.

[Beifall bei der Linksfraktion – Beifall von Alice Ströver (Grüne)]