Es ist schon angesprochen worden, dass sich der Senat für dieses Jahr die Aufgabe gestellt hat, ein gleichstellungspolitisches Rahmenprogramm zu erstellen, das über die Senatsressorts hinweg die wesentlichen gleichstellungspolitischen Ziele definiert und in Schritte und Maßnahmepläne umsetzt. Wir werden uns die Schwerpunkte Bildung, Wirtschaft und Arbeit, Integration, Soziales und Gesundheit vornehmen.
Ich glaube, dass wir in einer gemeinsamen Diskussion mit Expertinnen und Experten, Initiativen, gesellschaftlichen Organisationen und selbstverständlich mit dem Parlament einen wichtigen Schritt unternehmen können, dass Frauenpolitik zu einem Gesamtanliegen des Senats und darüber hinausreichender gesellschaftlicher Organisationen wird, denn das Thema Gleichstellung, Emanzipation und Stadt der Frauen ist keines, das allein dem Frauenressort zugewiesen werden kann, sondern es ist eine Querschnittsaufgabe über alle Ressorts. Darüber ist sich dieser Senat und diese Koalition einig, dass wir es nur gemeinsam packen können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Senator Wolf! – Jetzt hätte die SPDFraktion noch die Möglichkeit für zwei Minuten; sie verzichtet. Die Grünen verzichten auch. Das Haus dankt.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden. – Zu den Anträgen der Fraktion der Grünen Drucksachen 16/0269 und 16/0270 empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung – federführend – und mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Frauen und an den Rechtsausschuss. – Zu den Anträgen Drucksache 16/0271, 16/0278 und 16/0279 wird die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Frauen empfohlen. – Ich höre zu diesen Überweisungsvorschlägen keinen Widerspruch. Dann ist dies so beschlossen.
Für die Beratung steht den Fraktionen eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der CDU. – Herr Abgeordneter Steuer, Sie haben das Wort!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Berlin fallen nach wie vor rund 600 000 Stunden Unterricht aus. Im vergangenen Schuljahr hat der fachfremd vertretene Unterricht sogar noch zugenommen. Es gibt zahlreiche Schulen, die dauerhaft nur 90 % Lehrerversorgung haben. Warum ist das so? – Es ist so, weil den Schulen zwar durch die Schulaufsichten ihre Bedarfe bestätigt, ihnen aber dann keine Lehrer geschickt werden. Wie kann es sein, dass die Schulaufsicht einer Schule sechs Wochen lang die zugesagte Vertretungskraft einfach nicht schickt? Wie kann es sein, dass der Nachfolger für einen zu pensionierenden Schulleiter erst wenige Wochen vor dem Ausscheiden des alten Schulleiters gesucht wird, vor allem, da doch klar ist, dass der Schulleiter am Ende diese Schule verlassen wird. Man kann zwei Jahre vorher anfangen, das zu planen.
Wie kann es sein, dass 990 dauerkranke Lehrer bisher in die Lehrerversorgung mit einberechnet worden sind? – Es ist ganz klar für Berlin: Der Unterrichtsausfall, die zu geringe Lehrerversorgung ist kein unvermeidbarer Unfall, er ist die logische Konsequenz der Schönrechnungs- und Verschleppungstaktik dieses Senats.
Dass bisher alles schiefgelaufen ist, was nur schief laufen konnte, offenbart nun Ihr Programm zur kurzfristigen Lehrereinstellung. Sie wissen, Herr Senator Zöllner, dass wir Sie unterstützt haben bei dieser Kurzfristlösung. Aber wie bei Ihrem Vorgänger hakt es auch jetzt wieder im Detail.
Schauen wir uns an, wie diese kurzfristige Lehrereinstellung verläuft: Es gibt eine Messe im Rathaus Schöneberg, da sollen die Schulen zusammenkommen mit potenziellen Lehrern, die kurzfristig eingestellt werden wollen. Ich mache mir die Wortwahl nicht zueigen, aber die Lehrer, die dort hingehen, sagen, sie empfinden dies wie auf einem Sklavenmarkt. Sie haben eine anständige Ausbildung in Berlin absolviert, und sie wollen anständig eingestellt werden und nicht auf so einem Markt der Möglichkeiten ihre Dinge preisgeben. Nein, das ist nicht der richtige Weg.
Was haben Sie dann? – Sie haben Briefe an die Schulen geschickt, in denen Sie auf diese Möglichkeit der kurzfristigen Lehrereinstellung hingewiesen haben. Mir liegt so ein Schreiben vor, das haben Sie geschrieben am 14. Februar. Ihre Senatsverwaltung schreibt:
Sehr geehrter Herr Schulleiter G.! Die Listen der Bewerberinnen, die sich beworben haben, erhalten Sie ebenfalls mit diesem Fax. Die Kontaktdaten
der Bewerber erhalten Sie per Mail. Auch andere Schulen haben bereits auf diese Listen zugegriffen, sodass hier keine Zusagen mehr zu erwarten sind. Heute hat allerdings Frau S. Interesse an einer kurzfristigen Einstellung bekundet. Die Kontaktdaten erhalten Sie ebenfalls per Mail.
Entschuldigen Sie bitte, entweder es gibt ein Angebot und es gibt ehrliche Bewerber, die zur Verfügung stehen, die an den Schulen eingestellt werden können, oder es gibt sie nicht. Aber was muss man empfinden als ein arbeitszeitmäßig nicht gerade freier Schulleiter, wenn man so einen Brief erhält: Sie haben die Möglichkeit, Lehrer einzustellen, aber glauben Sie ja nicht, dass Sie noch einen Lehrer finden werden. – Das finde ich ungeheuerlich.
Herr Kollege Steuer! Halten Sie den Begriff der Sklaverei und des Sklavenmarkts nicht für übertrieben angesichts der Tatsache, dass solche Messen in anderen Berufszweigen wie Diplom-Kaufleuten, Wirtschaftsingenieuren etc. schon seit Jahrzehnten eine gängige Praxis sind?
Ich mache mir diesen Begriff nicht zueigen. Aber versetzen Sie sich, Herr Zackenfels, in die Situation eines Lehramtsstudenten in Berlin, der noch so gut sein kann und für den völlig klar ist: Er wird hier nicht übernommen, er wird in Berlin ausgebildet, um am Ende einen Job in einem anderen Bundesland zu suchen.
Lehrer, die dann jahrelang keiner Tätigkeit nachgehen und dann gefragt werden, ob sie eine Anstellung bis zum Juni dieses Jahres haben wollen – da habe ich Verständnis dafür, dass die sich schlecht fühlen, Herr Zackenfels, gar keine Frage.
Und nachdem dieser Schule nun mitgeteilt worden war, dass wahrscheinlich kein Kollege zur Verfügung steht, gab es dann sechs Tage später noch eine E-Mail, die diese Schule erhalten hat. Darin teil die Senatsverwaltung dem Schulleiter mit:
Nach dem Presseaufruf unseres Schulsenators haben sich auch viele pensionierte Lehrkräfte hier beworben, und wir wurden aufgefordert, auch diese Bewerberdaten an Schulen weiterzuleiten. Für das Fach Arbeitslehre liegt eine Bewerbung vor. Herr K.-D. B., Geburtsjahr 1937!, hat sein Interesse bekundet. Er teilt mit, Arbeitslehre in allen Bereichen außer Elektronik unterrichten zu können. Bitte teilen Sie uns mit, ob Sie die Daten benötigen.
Diese E-Mail ging an eine Hauptschule in Berlin mit 96 % Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund, vielen Gewaltvorfällen, relativ schlechten Ergebnissen, also eine Brennpunktschule, wo ein siebzigjähriger pensionierter Lehrer hingeschickt werden soll als die Lösung, die Sie gegen Unterrichtsausfall anbieten. Das ist eine Ungeheuerlichkeit, Herr Senator Zöllner!
Dieses Programm zur kurzfristigen Lehrereinstellung ist ein Offenbarungseid. Wir fordern Sie deshalb auf, diese Feuerwehrmaßnahmen in der Zukunft zu beenden, indem Sie eine langfristige Lehrerbedarfsplanung vorlegen. Wir wollen, dass in Berlin die bestausgebildeten Lehrkräfte bleiben und nicht Berlin verlassen. Und wenn Sie dabei bleiben, die Lehrer in Berlin nicht mehr zu verbeamten, dann müssen Sie abrücken von einer Zweidritteleinstellung. Wir brauchen Vollzeitlehrerstellen, weil wir die besten Lehrer in Berlin halten und sie nicht mit unseren Steuergeldern ausbilden wollen, damit sie in andere Bundesländer gehen.
Es geht in Berlin darum, die Kollegien zu motivieren. Es geht darum, Schulleiterstellen schnell zu besetzen, nachdem sie frei geworden sind.
Wir wollen, dass die Autonomie, die Sie den Schulen durch das neue Schulgesetz gegeben haben, mit Leben ausgefüllt wird, dass die Schulleitungen so arbeiten können, wie es richtig und notwendig für ihre Schulen wäre.
Wir wollen, dass das Unternehmen Schule, das Sie mit dem Schulgesetz gegründet haben, in Berlin gut funktionieren kann.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Steuer! – Für die SPDFraktion hat jetzt Frau Dr. Tesch das Wort. – Bitte!