Vielen Dank, Frau Abgeordnete Senftleben! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Radziwill das Wort!
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ausgerechnet die FDP stellt sich hier als die Kämpferin für die sozial Schwachen hin.
Es ist schon ein Hohn, dass Sie hier diesen Antrag einbringen. Was für ein Mut, was für eine Unverschämtheit! Das ist nicht zu fassen!
Das Niveaulose ist, dass Sie hier versuchen, nach den Punkten, die die Vertreter der SPD in mühseligen zähen Verhandlungen, sicherlich auch in Zusammenarbeit mit einigen Vertretern der Grünen
dort hineingebracht haben, sich hier hinzustellen und zu sagen: Berlin will das ganze Geld und das Paket nicht. – Das ist wirklich Hohn und Unverschämtheit.
Was haben wir hineinverhandelt? – Frau Senftleben, das wissen Sie: 120 Millionen Euro mehr für das Bildungspaket, die Entlastung für die Kommunen.
[Mieke Senftleben (FDP): Das war nicht nur auf Ihrem Mist gewachsen! Das müssen Sie sich nicht hier anheften!]
Und wir haben erreicht, dass mehr Kinder von diesem Bildungspaket profitieren können, und dass Schulsozialarbeit hineinkommt. Und wir haben erreicht, dass endlich diese Idee der teuren Chipkarte weggefallen ist. Wir haben in dem Gesamtpaket auch erreicht, dass wir für Zeitarbeit im Sicherheitsgewerbe Lohnuntergrenzen eingezogen haben. Sie stellen sich hin als die Sozialpartei und blockieren über Monate und Jahre, das Prinzip gleichen Lohn für gleiche Arbeit umzusetzen, blockieren den Mindestlohn und alles, was in der Tat auch diesen Familien helfen würde. Und da stellen Sie sich hin und sagen, dass dieser Senat die sozialen Interessen dieser Menschen nicht vertritt, das nenne ich wirklich Hohn.
Der Senat hat heute deutlich mit der Äußerung von Senator Zöllner dargelegt, dass dieses Bildungspaket unverzüglich und unkompliziert niedrigschwellig
da bin ich sicher, dass sie das machen werden – im Interesse der Menschen in Berlin, insbesondere der Kinder in Berlin, umgesetzt werden soll. Sie haben zu Recht gesagt, dieser Kompromiss sei gerade sechs Tage alt. Es ist ein sehr komplizierter Kompromiss. Es sind viele Stellschrauben zu betrachten. Daher muss sich dieser Senat, um es verantwortlich machen zu können, genau abstimmen.
Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass sich der Koalitionspartner seiner Verantwortung nicht entziehen wird. Ich hätte mir gerne gewünscht – das gebe ich hier offen zu –, dass unser Koalitionspartner, gerade im Interesse der betroffenen Kinder in Berlin, auch mit der Kritik zu den gesamten Regelsätzen, aber weil es dieses Bildungspaket gibt, weil es so wichtig ist für Berlin, da zugestimmt hätte. Das gebe ich offen zu,
aber es gibt einen Koalitionsvertrag, den Sie als Opposition sicherlich gelesen haben werden, worin festgestellt ist, wenn sich beide nicht einigen können, man sich enthalten wird. Das wird auch in anderen Bundesländern so gemacht. Da brauchen wir hier nicht die FDP, die sich hinstellt und darstellen will, dass der Senat im Interesse der Berliner nicht handelt. Das stimmt so nicht. An der Stelle müsste man eigentlich Sie missbilligen, das ist ein echter Schaufensterantrag.
Wenn ich mir vorstelle, wo überall die FDP ihre Spuren einer unsozialen Politik hinterlässt, dann fallen mir sofort zwei wichtige Punke ein, wo eben auch den Kindern, gerade auch diesen Kindern, nicht geholfen wird, Frau Senftleben, siehe das Gesundheitssystem, das Sie ändern, wo Sie eine Dreiklassengesellschaft einführen wollen.
Aber Ihre Klientelpolitik, die vielen wunderbaren Wahlgeschenke z. B. für die Hotelbranche – ich weiß nicht, inwieweit die FDP jetzt versucht, sich über diesen Weg glaubhaft ein Sozialprofil anzueignen. Die Berliner und Berlinerinnen und die Familien werden Ihnen das definitiv nicht abkaufen, Frau Senftleben.
Gerade an meinen letzten beiden Beispielen wird deutlich, dass Sie die gesellschaftliche Notwendigkeit und die politische Verantwortung nicht umsetzen können. Daher bitte ich Sie eigentlich, diesen Antrag zurückzuziehen, mit Gesichtwahrung hier herauszukommen, gewissermaßen. Aber in jedem Fall werden wir diesem Antrag nicht zustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Radziwill! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Steuer das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin mir gar nicht ganz sicher, wozu Sie genau geredet haben, Frau Radziwill.
Offensichtlich wollen Sie, dass die FDP den Antrag zurückzieht, damit Sie nicht in die Verlegenheit kommen, ihm doch zustimmen zu müssen. Oder wie auch immer Ihre Rede zu verstehen war: Sie teilen alles, was in dem Antrag drinsteht, aber weil die FDP sonst so böse ist, haben Sie keine Lust zuzustimmen, oder so? Es war etwas wirr, was Sie gerade hier dargeboten haben.
Genauso wirr ist auch Ihr Abstimmungsverhalten im Bundesrat gewesen. Es ist schlichtweg unbegreiflich, dass Sie dem Bildungspaket nicht zugestimmt haben,
wo Sie doch sonst immer durch die Stadt laufen und klagen, dass das Land Berlin mehr für den Bildungsbereich ausgibt als andere Bundesländer und deshalb auch mehr vom Bund haben will. Wenn Sie mehr haben wollen, hätten Sie doch einfach zustimmen können!
[Beifall bei der CDU und der FDP – Uwe Doering (Linksfraktion): Einem schlechten Kompromiss kann man nicht zustimmen!]
Es ist unbegreiflich, dass Sie nicht dafür eintreten wollen, dass 500 000 Kinder zusätzliche Leistungen erhalten, um mehr Chancen im Bildungssystem aller Bundesländer zu haben, mehr für Schul- und Kitaausflüge, für Klassenfahrten, für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf, die Beförderung von Schülerinnen und Schülern zur Schule, angemessene Lernförderung außerhalb des Unterrichts, Zuschuss zur gemeinsamen Mittagsverpflegung sowie Teilnahme am kulturellen Leben und Leben im außerunterrichtlichen Bereich und weitere Punkte. All das ist gut und wichtig. Und ich bin froh und dankbar dafür, dass die Bundesregierung hierfür zusätzliche Mittel zur Verfügung stellt.
Es kann doch nicht sein, meine Damen und Herren von der Linksfraktion, dass Sie sich immer wieder beklagen über das bestehende Kooperationsverbot, dass der Bund nicht mehr tun kann wegen dieses Kooperationsverbots, aber nun tut er mehr, und dann sind Sie auch wieder dagegen.
Ja, wir müssen daran arbeiten, dass das Kooperationsverbot wegkommt und dass der Bund in die Lage kommt, wieder mehr Mittel für die Bildung zur Verfügung zu stellen und den Ländern unter die Arme zu greifen.
Aber solange das nicht der Fall ist, müssen wir doch froh und dankbar für das sein, was der Bund hier tut.
Das hat die Bundespartei der SDP offensichtlich erkannt und deshalb zugestimmt. Aber es ist schlimm, dass Sie sich in Berlin wieder Ihrer Verantwortung entziehen, und sei es nur mit Hinweis auf den Koalitionspartner. Hier wäre es richtig gewesen, das zu tun, was Sie immer wieder einfordern, und dem hier zuzustimmen und den Kindern etwas unter die Arme zu greifen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Steuer! – Für die Linksfraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Breitenbach das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion war gegen den Hartz-Kompromiss. Insofern findet es meine Fraktion auch richtig, dass der Berliner Senat dem Kompromiss im Bundesrat nicht zugestimmt hat. Dieser Kompromiss ist nämlich nicht verfassungskonform.
Das allein zeigt auch schon ein Blick auf die Regelsätze und auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Berechnungsgrundlage für die Regelsätze entspricht nämlich mitnichten den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Es wurden beispielsweise nicht die Haushalte herausgerechnet, deren Einkommen zur Deckung des Existenzminimums nicht ausreicht. Es finden sich dort die Aufstocker, also diejenigen, die Leistungen beziehen müssen, weil sie von ihrer Arbeit nicht leben können. Es finden sich dort auch die versteckten Armen, also Haushalte, deren Einkommen unter den Arbeitslosengeld-IISätzen liegt.
Dass die Berechnung des Existenzminimums so niedrig ausgefallen ist, wie sie ist, muss einen nicht wundern. Diese Berechnungsgrundlage ist nicht verfassungskonform. Deshalb war es richtig, dem Kompromiss im Bundesrat nicht zuzustimmen.