Protocol of the Session on March 3, 2011

Mich würde interessieren, ob Sie die ganzen Dinge, die Sie eben erwähnt haben, die Feuersozietät, Stadtgüter usw., alle gern in staatlicher Hand behalten hätten. Das war ja ein ziemlich buntes Sammelsurium.

Bitte schön, Herr Kollege Schäfer!

Herr Jahnke! Sie werden bemerkt haben, dass ich genau das nicht gesagt habe, sondern ich habe einfach auf den Widerspruch hingewiesen zwischen dem, was Sie hier erzählen, und dem, was Sie tun.

[Beifall bei den Grünen]

Bei der Bewag haben wir als Grüne damals den Antrag gegen einen Totalverkauf der Bewag und ihrer Netze gestellt. Wir haben eine namentliche Abstimmung beantragt, und Ihr Regierender Bürgermeister hat für den Totalverkauf der Bewag und ihrer Netze gestimmt. Ich mache einfach darauf aufmerksam, dass Sie das getan haben und jetzt das Gegenteil von dem erzählen.

[Beifall bei den Grünen]

Herr Kollege Schäfer! Es gibt einen dritten Fragesteller, nämlich der Kollege Schmidt von der FDP-Fraktion.

Ja, bitte!

Herr Kollege Schäfer! Nachdem Sie jetzt eine allgemeine Rekommunalisierungs- oder Verstaatlichungs- und Privatisierungsdebatte daraus gemacht haben, frage ich Sie: Was sagen Sie konkret zu dem Thema, um das es hier geht, nämlich um die Netze als spezielles Beispiel, das besonders betrachtet werden muss mit all den Randbedingungen, die da geschildert wurden?

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Die haben keine eigene Meinung!

Bitte schön, Herr Kollege Schäfer!

Herr Schmidt! Genau dazu komme ich jetzt. Ich wollte vorher schon einmal darauf hinweisen, wie die SPD sich verhalten hat. Als Klaus Wowereit 1997 hier in diesem Haus für die SPD für den Totalverkauf der Bewag gesprochen hat, hat er es nicht nur mit der Haushaltskonsolidierung – damals war der Haushalt noch nicht so desolat wie heute –

[Lars Oberg (SPD): Was?]

begründet, sondern es auch als wirtschaftspolitisch sinnvoll bezeichnet. Es hat jetzt den Anschein, als habe er seine Meinung geändert.

[Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

Wir fragen uns, ob es sich um eine neue Überzeugung handelt oder um das übliche Wowereit-Fähnchen im Wind.

[Zurufe von der SPD]

Herr Jahnke! Es erstaunt mich – viele Dinge, die Herr Schmidt benannt hat, sind wichtige Bedenken –, dass Sie die mit keinem Wort entkräften konnten. Sie können nicht sagen, wie Sie das finanzieren wollen. Das wichtigste Argument damals für den Bewag-Verkauf war die Haushaltskonsolidierung. Inzwischen haben Sie für 12 Milliarden Euro privatisiert. Kein Euro davon ist in den Schuldenabbau geflossen, sondern alles Geld ist ausgegeben worden. Wir haben mehr Schulden als damals. Wie wollen Sie es finanzieren?

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Was wollen Sie denn?]

Warum gilt dieses Argument nicht mehr? Das müssen Sie erklären.

[Beifall bei den Grünen]

Dann wollen wir wissen, wie Sie die Rentabilität dieser Unternehmen bewerten. Da ist Ihre eben so dahergesagte Berechnung weit von dem entfernt, was unter Fachleuten diskutiert wird.

Gestatten Sie erneut eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Jahnke?

Ja, bitte!

Aber Sie waren bei meiner Rede im Raum, und Sie haben gehört, dass ich dargestellt habe, wie man über Kommunalkredite und den Rückfluss aus dem Betrieb der Netze diese Investition finanzieren kann? Natürlich muss die öffentliche Hand dabei auch rentabel investieren. Das ist aber auch im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher wie der Ökologie.

Bitte schön, Kollege Schäfer!

Aber Herr Jahnke! Wir reden hier über eine Investition, bei der es um einen einstelligen Milliarden-Euro-Betrag geht. Da reicht es mir nicht, wenn Sie mir sagen, es könnte so und so sein. Da erwarte ich von diesem Senat ein Konzept, in dem dargelegt wird, was diese Netze wahrscheinlich kosten, was die Investitionen kosten, die in diesen Netzen noch zu leisten sind – das sind erhebliche – und da erwarte ich von diesem Senat, dass er sagt, was die Kommunalkredite kosten und wie sich das verändert, wenn der Kommunalzinssatz steigt – da hat Herr Schmidt recht, der kann durchaus steigen –, und dann müssen Sie Risiken klar berechnen. Sie reden über eine Milliardeninvestition, die die Steuerzahler finanzieren sollen. Da reicht mir Ihre Rede nicht. Da will ich ein Konzept vom Senator.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Ich erwarte auch von Ihnen, dass Sie energiepolitisch begründen, warum Sie die Netze haben wollen. Es ist nämlich so, dass die Rekommunalisierung der richtige Weg sein kann, sie muss es aber nicht. Sie ist nicht automatisch der richtige Weg, wenn man vom Klimaschutz her denkt. Es hängt sehr davon ab, was man bei anderen Anbietern aushandeln könnte, die sich um die Konzessionsverträge bemühen. Deshalb haben wir Grüne nicht wie die SPD beschlossen, auf jeden Fall zu rekommunalisieren, sondern wir haben die Kriterien benannt, nach denen wir entscheiden. Das sind erstens der Klimaschutz, zweitens die nötigen Investitionen in die Netze und drittens die Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Netzgesellschaften. So seriös muss man argumentieren. Wenn Sie kein Konzept vorlegen und sich trotzdem bedingungslos für die Rekommunalisierung aussprechen, zeigt das, dass Sie ideologisch argumentieren und nicht in der Sache.

[Beifall bei den Grünen]

Ich möchte noch einmal auf das Thema Stadtwerk eingehen. Auch hierzu liegt kein SPD-Konzept vor. Auch hier sagen Sie nicht, was Sie erreichen, wie Sie es finanzieren wollen. Wir Grüne haben unser Konzept vorgelegt. Wir möchten ein Klimastadtwerk gründen. Es soll den Energiemix verändern – das ist das Zentrale – und dafür wollen wir die öffentlichen Gebäude als Ressource nutzen.

[Zuruf von Udo Wolf (Linksfraktion)]

Denn die über 10 000 öffentlichen Gebäude, die wir in Berlin haben, sind unter Rot-Rot energetisch in einem schlechten Zustand. Sie sind wesentlich wärmedurchlässiger als andere Gebäude der Stadt im Schnitt, sie nutzen wesentlich weniger erneuerbare Energien als andere Gebäude. Deshalb wollen wir, dass dieses Klimastadtwerk die Aufgabe bekommt, zwei Kraftwerke neuen Typs zu bauen. Einmal ein virtuelles Kraftwerk,

[Udo Wolf (Linksfraktion): Das glaube ich sofort!]

das sich zusammensetzt aus den erneuerbaren EnergienAnlagen und Blockheizkraftwerken in öffentlichen Gebäuden.

[Udo Wolf (Linksfraktion): Es wird auch bei einer virtuellen Regierungsbeteiligung bleiben! – Weitere Zurufe von der Linksfraktion]

Virtuelles Kraftwerk – das ist ein Fachbegriff, der wird Ihnen nicht geläufig sein, Herr Lederer!. Es macht erneuerbare Energien grundlastfähig. Sie sollten sich diese Konzepte einmal angucken, Herr Lederer, dann kommen Sie auch weiter mit Ihrer Energiepolitik, denn in den letzten neuneinhalb Jahren sind Sie nicht weitergekommen.

[Beifall bei den Grünen]

Das zweite Kraftwerk, das wir bauen wollen, ist ein Einsparkraftwerk. Durch Wärmedämmung und Energieeffizienz können wir die Leistungen eines mittleren Kraftwerks ersetzen. Auch das ist ein Kraftwerk, das den Energiemix tatsächlich verändert. Das muss das Ziel sein.

Wir haben ein Finanzierungskonzept für dieses Klimastadtwerk vorgelegt.

Herr Kollege Schäfer!

Ich komme zum Schluss. – Wir fordern die anderen Parteien auf, mit seriösen Konzepten für Stadtwerke und Netze endlich in die Diskussion einzutreten. Dann können wir auch sachlich argumentieren und diskutieren und Sie müssen nicht weiter, Herr Dr. Lederer, immer nur ideologisch reden. Denn das bringt uns und bringt Berlin nicht weiter. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

Das Wort zu einer Kurzintervention hat Herr Dr. Lederer.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Lohnt nicht!]

Dann sehe ich keine weiteren Wortmeldungen.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung der beiden Anträge federführend an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Frauen und mitberatend an den Aus

schuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz sowie an den Hauptausschuss. – Ich höre hierzu keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 4.4:

Vorlage – zur Beschlussfassung –