Das ist noch nicht genug. Das ist keine Senkung. Aber um einmal deutlich zu machen, worüber wir hier reden: Wir reden über einen Vertrag, mit dem Sie von der CDU – Ihre Unterschrift trägt dieser Vertrag – die unternehmerische Führung an die Privaten abgegeben haben. Das ist es, was die Handlungsmöglichkeiten der staatlichen Seite, auch eines Aufsichtsratsvorsitzenden, gravierend einschränkt.
Aber jetzt zum eigentlichen Thema! Die über 650 000 Menschen, die dem Volksentscheid zugestimmt haben, sind nicht der Empfehlung des Senats gefolgt. Sie sind auch nicht der Empfehlung des Abgeordnetenhauses gefolgt, den Gesetzentwurf abzulehnen. Es gab auch, nach meiner Erinnerung, keine einzige Fraktion, die damals in diesem Abgeordnetenhaus beantragt hätte, den Gesetzentwurf des Wassertisches, der zum Volksentscheid vorlag, zu übernehmen.
Insofern kann keine Fraktion in diesem Haus beanspruchen, dass der Erfolg der über 650 000 bei diesem Volksentscheid ihr Erfolg gewesen sei. Es ist vielmehr ein Erfolg derjenigen, die die Initiative im Widerspruch zu dem, was dieses Haus und dieser Senat beschlossen haben, vorangetrieben haben. Das muss man erst einmal feststellen, das ist die Grundlage der Diskussion. Wir sollten uns davor hüten – und ich sage das an dieser Stelle ausdrücklich –, dieses Ergebnis umzudeuten. Keine Fraktion in diesem Haus kann dies beanspruchen. Keine Fraktion in diesem Haus hat aktiv diesen Volksentscheid unterstützt.
Es ist niemandes Erfolg. Es ist auch nicht der Erfolg der Grünen, um es einmal klipp und klar zu sagen. Der von Frau Kosche – ja. Aber nicht der Erfolg der Grünen, die wochenlang zu dem Thema geschwiegen haben. Aber kurz vor Toresschluss kommt am Samstag Frau Künast mit unwahren Behauptungen aus der Deckung und sagt: „Stimmt mit Ja!“ Auf den letzten Drücker – das geht nicht. Ich finde, wir müssen uns ernsthaft überlegen, was diese Entscheidung bedeutet.
Diese Entscheidung ist getroffen worden, obwohl dieses Abgeordnetenhaus das Informationsfreiheitsgesetz beschlossen hat, das – Klaus Lederer hat es schon gesagt – in einzelnen Punkten über den Gesetzentwurf des Wassertischs hinausgeht, weil es nicht nur ein singuläres Gesetz für den Bereich der Wasserversorgung ist, sondern sich auf alle Bereiche der Daseinsvorsorge bezieht, und obwohl die Verträge offengelegt worden sind. Deshalb ist für mich die Schlussfolgerung: Hinter diesem Votum steht mehr als nur die Forderung, die Verträge sehen zu wollen. Dahinter steht vielmehr selbstverständlich das Bestreben: Wir wollen niedrigere, andere Wasserpreise. Wir wollen – so ist es auch plakatiert worden – unser Wasser zurück. Das heißt: Rekommunalisierung.
Und wenn Sie, Herr Meyer, sagen, der Volksentscheid sei keine Unterstützung für den Senat gewesen: Dazu habe ich schon etwas gesagt. Der Senat hat ja eine andere Empfehlung abgegeben. Aber dieser Volksentscheid war ganz bestimmt keine Unterstützung für die Position der FDP. Da wollen wir uns einmal nichts vormachen.
Es geht also um die Frage der öffentlichen Kontrolle. Aber wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass sich in diesem Votum auch ein Misstrauen gegenüber Politik und – allgemein gesprochen – „die da oben“ ausdrückt.
Herr Schäfer! Ich weiß, dass die Hauptcharaktereigenschaft der Grünen Selbstüberschätzung und Hybris ist. Das ist ja bekannt.
Ich weiß auch, dass die Grünen sich gern als „Teflonpartei“ gerieren. Ich kann mich erinnern, dass letzten Freitag im Bundesrat Ihre Bremer Finanzministerin mit trauriger Stimme erklärte: „Man muss sich schämen für den HartzIV-Regelsatz.“ – Ja, da hatte sie recht. Aber wer hat ihn beschlossen? – Grüne! Grüne in der deutschen Bundesregierung!
Herr Ratzmann hat immer gern die Formulierung: „Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.“ Ich sage: Wir erinnern Sie! – Das ist viel schlimmer.
Deshalb nutzt es auch nichts, wenn Sie heute einen Antrag stellen, in dem Sie sagen: Jetzt legt mal das Angebot von RWE offen, und macht die Verhandlungen mit RWE öffentlich! – Das machen wir gern von dem Moment an, wo Sie jede Koalitionsverhandlung, die Sie vielleicht irgendwann mal in irgendeinem Bundesland oder in der Bundesregierung führen, öffentlich und im Livestream im Internet übertragen.
Dann möchte ich auch gern mal wissen, was Joschka Fischer alles in dem Ausschuss beredet hat, in dem den Waffenlieferungen zugestimmt wurde, und dann möchte ich wissen, was er mit Madeleine Albright alles beredet hat. Wenn wir schon bei einer solchen Transparenzoffensive sind, meine Damen und Herren!
Ich sage an dieser Stelle: Ihr könnt diese Art von Politik gern betreiben, wenn ihr eine Rekommunalisierung verhindern wollt. – Es gibt immer noch eine gewählte Lan
desregierung, und es wird auch nach dem 18. September eine gewählte Regierung geben, egal wie sie aussieht. Die ist dafür gewählt, derartige Verhandlungen zu führen. Ihre Aufgabe ist dann, ein solches Verhandlungsergebnis dem Parlament und – nach dem, was wir jetzt im IFG beschlossen haben – auch der Öffentlichkeit vorzulegen – vor dem Abschluss derartiger Verträge. Darüber muss die Transparenz hergestellt werden. Aber wenn man ernsthaft mit einem international agierenden multinationalen Konzern verhandeln will, braucht eine solche Verhandlung auch die Möglichkeit, dass man Verhandlungspositionen untereinander austauscht. Die Ergebnisse müssen transparent sein, bevor sie beschlossen sind. Darum geht es. Wir können hier nicht einseitig Verhandlungsangebote von RWE oder anderen offenlegen in einer Situation, wo man intern diskutiert. Ein solcher Vorschlag ist dermaßen sträflich! Wie eine Partei, die vorhat, in die Regierungsverantwortung zu gehen, einen solchen Schwachsinn vorschlagen kann! Da sage ich nur: Bloß nicht!
Der Senat hatte geäußert, dass es verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Gesetz gibt. Wie ich aus Gesprächen weiß, gibt es diese Bedenken durchaus auch bei den Grünen. Man sieht es im Übrigen auch an dem Änderungsantrag, den Sie damals zum IFG gestellt haben, in dem Sie bestimmte Verfahren vorgeschlagen haben, die dann auch die Verfassungsmäßigkeit garantieren, nämlich den Abwägungsprozess zwischen öffentlichen und schutzwürdigen Interessen mit der Höherbewertung der öffentlichen Interessen, die wir auch alle im Gesetz haben. Deshalb hat der Senat gesagt: Dem können wir in dieser Form nicht zustimmen. – Das Parlament hat auch gesagt: Wir übernehmen dieses Gesetz in dieser Form nicht.
Der Senat hat sich am Dienstag noch mal intensiv mit der Frage beschäftigt, ob er hier Verfassungsnormenkontrollklage einreichen soll. Wir haben uns in Abwägung aller Umstände dafür entschieden, das nicht zu tun.
Wenn die Grünen eine Verfassungsklage einreichen möchten, haben sie durchaus die Möglichkeit zu versuchen, hier im Abgeordnetenhaus 25 Prozent dafür bekommen. Wenn ich diesen Zwischenruf ernst nehme, dann reden Sie mit den anderen Fraktionen und gucken, ob Sie 25 Prozent dafür bekommen! Dann können Sie eine Normenkontrollklage einreichen und die Verfassungsmäßigkeit überprüfen.
Ich rede hier für den Senat und versuche, die Position des Senats darzulegen. Der Senat hat gesagt, er hat nach wie vor diese Position. Er hat gleichzeitig die Sorge, dass, wenn man eine solche Verfassungs- und eine Normenkontrollklage anstrengen würde, das von vielen Menschen, die abgestimmt haben, als der Versuch interpretiert
und aufgenommen wird, auf rechtlichem Weg das Ergebnis des Volksentscheids auszuhebeln. Vor dem Hintergrund dessen, dass es sich um ein Gesetz für einen klar abgrenzbaren Einzelfall handelt und der Senat die Verträge offengelegt
und jetzt auch den Vorschlag gemacht hat, über unabhängige Sachverständige noch mal zu überprüfen, ob dem auch so ist oder ob ggf. noch irgendwas anderes offengelegt oder ergänzend offengelegt werden muss, sorgt der Senat dafür, dass diese rechtlich bedenkliche Klausel nicht zur Anwendung kommen muss, weil offengelegt wird. Insofern ist es, glaube ich, nicht notwendig, hier den Weg der Klage zu gehen, und es ist eine vernünftige Abwägungsentscheidung, die der Senat getroffen hat.
Um es noch mal klar zu sagen, Herr Ratzmann, zu dem, was Sie vorhin gesagt und wo Sie den Vorwurf von Frau Künast wiederholt haben, dass hier nicht alles offengelegt worden sei: Die Teilprivatisierungsverträge sind einschließlich aller Anlagen plus der Änderungsvereinbarung offengelegt. Die Verträge, die am Freitag durch die Medien gegeistert sind – ich habe es neulich schon im Ausschuss gesagt –, wurden nicht mit den Privaten geschlossen. Das ist u. a. ein Dienstleistungsvertrag zwischen der Berlinwasser Holding und den Berliner Wasserbetrieben.
Das IFG sieht keine Offenlegungspflicht vor, Herr Ratzmann! Ich will jetzt keinen rechtlichen Disput anfangen, das können wir an anderer Stelle tun. – Ich sage nur an dieser Stelle ganz deutlich: Das sind alles Verträge, die entweder innerhalb der Unternehmen geschlossen worden sind, reine Dienstleistungsverträge, oder wo Beteiligungen umgehängt wurden, wo kein Privater dran beteiligt war – was man auch unabhängig von der Teilprivatisierung getan hätte. Insofern ist der Offenlegungspflicht Genüge getan. Wir haben gesagt: Wir veröffentlichen diese Verträge auf freiwilliger Basis, weil es deutlich macht, dass wir erstens kein Problem damit haben, diese Verträge zu veröffentlichen, und zum Zweiten, dass diese Verträge aber auch keine sind, die mit den Privaten geschlossen worden sind und damit das Land Berlin diesen gegenüber rechtlich binden. Sie werden auch nicht verlangen, dass die Berliner Wasserbetriebe irgendwelche Dienstleistungsverträge mit ihrer Ausbildungstochter Perdi.net offenlegen. Kann man auch machen, ist alles kein Problem, hat aber alles nichts mit der Teilprivatisierung zu tun!
Jetzt zum Thema: Wie geht es weiter? – Ich habe es schon angesprochen: Wir sind in Verhandlungen mit RWE über einen Rückkauf der Anteile. Der Senat will diesen Rückkauf der Anteile. Im Gegensatz zu Ihrer Behauptung, Herr Ratzmann, habe ich mehrfach erklärt – öffentlich, auf Pressekonferenzen und in Interviews –, dass sich dieser Senat in diesen Verhandlungen nicht unter Druck setzen lässt und keinen politischen Preis zahlen wird. Es wird
keinen Aufschlag von 10 Prozent oder was weiß ich geben, nur damit wir vor den Wahlen das Ding über die Bühne kriegen oder sonst was. Nein! Wir wollen die Rekommunalisierung mit der Zielsetzung der Senkung der Wasserpreise. Das setzt auch voraus, dass es einen Kaufpreis gibt, der es ermöglicht, diese Zielsetzung umzusetzen. Natürlich wissen wir auch, dass es ein Kartellverfahren gibt. Das werden wir in diesen Verhandlungen auch reflektieren. Das ist selbstverständlich. Ich werde nicht alle Punkte der Verhandlungsstrategie offenlegen, das ist nicht sinnvoll.
Wir werden, wenn es zu Verhandlungsergebnissen kommt – wir werden uns weder unter Zeitdruck noch unter irgendeinen anderen Druck setzen lassen –, diese dem Parlament und der Öffentlichkeit vorlegen. Dann können sie diskutiert und bewertet werden. Aber wir wollen zu einem Ergebnis kommen.
Es ist der Wille dieser Koalition und dieses Senats wieder den öffentlichen Einfluss über die Berliner Wasserbetriebe zu stärken, Anteile zurückzubekommen, die unternehmerische Führung wieder anders zu organisieren, Einfluss darauf zu bekommen und Garantieklauseln aus den Verträgen weg zu bekommen. Deshalb finden parallel dazu Verhandlungen mit Veolia statt, solange die nicht verkaufen wollen. Diesen Weg werden wir gehen. Es ist nicht hilfreich, wenn wir jetzt Aufforderungen bekommen, diesen Prozess zu stoppen, verbunden mit irgendwelchen imaginären Hoffnungen, dass man irgendetwas für unwirksam erklären könnte. Wenn jemand der Auffassung ist, die Verträge, die offen sind, könnten für unwirksam erklärt werden, dann soll er diesen Vorschlag machen. Ich kann es bisher noch nicht erkennen. Wir wollen dieses Zeitfenster nutzen, das wir gegenwärtig haben. Wir wollen ernsthaft verhandeln. Verhandeln heißt nicht, dass es zwangsläufig zu einem Ergebnis kommt. Wir werden nicht jedes Ergebnis akzeptieren. Das ist völlig klar. Es wird auch eine harte Diskussion und Auseinandersetzung werden. Das, was hier vorgeschlagen wird, die Verhandlungen quasi öffentlich im Olympia-Station zu führen, ist nicht sinnvoll. Ergebnisse werden öffentlich gemacht werden vor der Entscheidung über diese Ergebnisse. Verhandlungen aber müssen so geführt werden, dass wir eine möglichst starke Position darin haben. Das bedeutet, dass sie erst einmal unter vier oder unter sechs Augen stattfinden.
Wir jedenfalls wollen die Rekommunalisierung, wir wollen eine Änderung der Verträge und wir wollen eine Änderung der Wasserpreise. Das ist ein schwieriger Weg. Es wäre hilfreich, wenn es dafür Unterstützung aus diesem Haus gäbe, so wie es in der Vergangenheit von der einen oder anderen Fraktion die Zustimmung zu diesen Verträgen gegeben hat. Alle haben jetzt die Möglichkeit, hier Wiedergutmachung zu leisten. Herr Henkel! Das Problem der Berliner Wasserpreise – das geht auch in Richtung
FDP – besteht im Vergleich mit anderen Wasserversorgern darin – gucken Sie sich einmal die Hamburger Wasserbetriebe an –, dass der Anteil der Kommunalabgaben am Wasserpreis – Grundwasserentnahmeentgelt plus Konzessionsabgabe beziehungsweise wie es bei uns heißt Straßennutzungssonderentgelt – innerhalb des Korridors, der bundesweit üblich ist, liegt.