Protocol of the Session on February 17, 2011

Wenn Frau Kubala durch die Personalversammlung der Wasserbetriebe rennt und sagt, die Rekommunalisierung ist Zeug, das kann man alles gesetzlich regeln, und wenn auch die Grünen sich bisher zu der Übernahme des Wassertischgesetzentwurfs in diesem Haus nicht bereit gefunden haben und damals sagten, wir können doch nicht ernsthaft ein verfassungswidriges Gesetz durchgehen lassen, wenn die Transparenzforderung pure Heuchelei ist, weil sie bei der BIH plötzlich nicht gilt, und wenn Sie

noch nicht einmal in der Lage sind, auf Ihren dringlichen Antrag die Fußnote zu schreiben, von wem Sie ihn geklaut haben, in einem gnadenlosen Opportunismus und in einer gnadenlosen Spielerei, die Ihnen eigentlich durchaus die Schamesröte ins Gesicht treiben sollte, dann ist hier noch viel zu tun.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Michael Schäfer (Grüne): Ist doch keine Doktorarbeit!]

Auf den 120 Seiten Wahlprogrammentwurf der Grünen findet sich nicht einmal das Wort Berliner Wasserbetriebe.

[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Ach!]

Vielleicht ändert sich das ja noch, aber Ihre Haltung, meine lieben Grünen, die Sie zu den Berliner Wasserbetrieben eingenommen haben, die haben Sie bisher der Öffentlichkeit noch nicht mitgeteilt, aber die Öffentlichkeit wird sie interessieren. – Vielen Dank!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank! – Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende Herr Meyer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade nach der Rede des Kollegen Lederer möchte ich doch noch einmal festhalten, dass der erfolgreiche Volksentscheid ein klares Misstrauensvotum gegen die Politik des rotroten Senats ist,

[Beifall bei der FDP – Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Es war kein Votum für die FDP!]

vor allem deswegen, weil – wenn man sich die Summe der Menschen ansieht, die für eine Offenlegung gestimmt haben – das mehr Menschen waren, als im Jahr 2006 diese Koalition gewählt haben!

[Beifall bei der FDP und den Grünen]

Wenn es um Wasser geht, erleben wir seit Jahren – und auch heute wieder – ein politisches Schmierentheater, und zwar auf Kosten der Berlinerinnen und Berliner.

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Völlig richtig!]

Man fragt sich, wenn man Herrn Lederer und Herrn Müller hört, ob es sich um eine Tragödie oder um eine Komödie handelt. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Dreistigkeit gerade Sie von den Linken die politische Verantwortung für die Wasserpreise zu verschleiern suchen – ein Versagen der Politik hat uns die Struktur der Wasserbetriebe gebracht, ein Versagen der Politik hat uns aber auch die Preise gebracht, die politisch gewollt oder zumindest billigend in Kauf genommen wurden.

[Beifall bei der FDP]

Es ist unbestritten, dass der CDU-geführte Senat 1999 mit dem Abschluss der Verträge erheblichen Schaden für das

Land Berlin verursacht hat. Ein überhöhter Verkaufspreis führte zu überhöhten Gewinngarantien und daraus resultierenden Steigerungen des Wasserpreises. Rückholoptionen, Gestaltungsmöglichkeiten wurden ausgeschlossen. Im Ergebnis haben wir statt eines staatlichen Wassermonopols nun ein halb privates Wassermonopol. Ich glaube, Herr Henkel, die Fehler, die 1999 gemacht wurden, hätten Sie heute auch eingestehen können.

[Beifall bei der FDP und den Grünen – Martina Michels (Linksfraktion): Ja!]

Es ist ein bisschen zu einfach zu sagen, dass die 20 Prozent, die das Land Berlin jährlich vom Umsatz aus den Wasserbetrieben abzieht, alle in eine Kostensenkung der Wasserpreise fließen könnten. Natürlich wird man das eingesetzte Kapital weiterhin verzinsen müssen, eine Verzinsung auf null wird es nicht geben, und es wäre unredlich, dies zu behaupten.

Der eigentliche Skandal ist aber das, was der rot-rote Senat und insbesondere der zuständige Wirtschaftssenator Wolf in den letzten Jahren an Möglichkeiten hat verstreichen lassen, um Korrekturen am Konsortialvertrag vorzunehmen und dadurch weiteren Schaden für das Land Berlin abzuwenden.

[Beifall bei der FDP und den Grünen]

Ich glaube, Herr Lederer war es, der die Begrifflichkeit von der Raub- und Beutegemeinschaft in den letzten Jahren geprägt hat. Man muss festhalten, dass Sie von den Linken in den letzten Jahren zum Anstifter und zum treibenden Mittäter dieser Gemeinschaft geworden sind,

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Sie haben leider keine Ahnung!]

in der Verantwortung von Herrn Wolf.

[Beifall bei der FDP]

In Ihrer Verantwortung unterblieb im Jahr 2004 nach dem Verfassungsgerichtsurteil die Neuverhandlung der Verträge. Stattdessen missachteten Sie das Urteil des Verfassungsgerichts und hielten trotz rechtswidriger Berechnung an den vereinbarten Gewinnabführungen fest. Bereits im Jahr 2004 hätte der rot-rote Senat die Höhe der Belastungen in verschiedenen Szenarien prüfen und den für Berlin günstigsten Weg zum Ausgleich wählen müssen. Wenn ich sage, „den für Berlin günstigsten Weg“, dann meine ich nicht den Landeshaushalt, den Sie offensichtlich in den letzten Jahren nur in den Augen hatten, sondern den für die Berlinerinnen und Berliner günstigsten Weg.

[Beifall bei der FDP]

Entgegen seiner öffentlichen Bekundung für niedrige Wasserpreise hat sich der Senat in den letzten Jahren als eigentlicher Preistreiber bei den Wasserpreisen betätigt, etwa durch die Festsetzung der überhöhten Kapitalverzinsung – über 80 Millionen Euro mehr als die Mindestverzinsung – und durch über 50 Millionen Euro Grundwasserentnahmeentgelt. Das Ganze zementieren Sie noch durch den Anschluss- und Benutzerzwang.

Und, Herr Henkel, das ist an Sie gerichtet: Die FDP hat vor zwei Jahren als einzige Fraktion die Absenkung des Grundwasserentnahmeentgelts hier im Parlament beantragt. Damals haben Sie nicht zugestimmt. Schon damals hätten Sie dokumentieren können, dass Sie unabhängig vom Volksentscheid für niedrige Wasserpreise eintreten wollen.

[Beifall bei der FDP]

Was wir hier von Rot-Rot erleben, ist ein staatlich organisierter Raubtierkapitalismus.

[Gelächter bei und Zurufe von der Linksfraktion]

Dazu kommt eine offensichtliche Interessenverschränkung bei Wirtschaftsenator Wolf – Sie haben es schon von Herrn Henkel gehört: In seiner Zuständigkeit liegen die Kartellaufsicht, die Gebührengenehmigung und die Festsetzung der Verzinsung, und er hat gleichzeitig einen Sitz im Aufsichtsrat der Wasserbetriebe.

Allein im Jahr 2009 wurden Gewinne in Höhe von 125 Millionen Euro an das Land Berlin abgeführt. Diese überhöhten Ausschüttungen gehen zu Lasten der Berlinerinnen und Berliner. Soziale Wassertarife, das ist das, was Sie gerade wieder predigen, Herr Lederer. Aber überteuerte Wasserpreise genehmigen und selbst kräftig abkassieren – das ist Ihr Prinzip.

[Beifall bei der FDP]

Die Offenlegung der Verträge wurde sicherlich durch den Volksentscheid erzwungen. Aber auch ohne die Vertragsveröffentlichung war lange klar, wie sich die Wasserpreise zusammensetzen und an wen die Gewinne und Abführungen geleistet werden. Für uns von der FDP war immer klar, dass es zunächst darum gehen muss, niedrigere Wasserpreise zu erreichen. Deswegen sollten Sie von den Linken, von den Grünen und von der SPD aufhören, über Rekommunalisierung zu schwadronieren.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Die Grünen wollen das gar nicht!]

Doch! Man hat es ja bei Herrn Ratzmann, wenn auch verklausuliert, herausgehört. Sie haben aber sicherlich recht, Herr Lederer – und ich gebe Ihnen selten recht –, mit dem, was wieder an heißer Luft in dem Antrag der Grünen heute produziert wird, was die Offenlegung von allen Vertragsverhandlungen angeht. Da fragt mich sich schon, wie seriös die Grünen Wirtschafts- und Beteiligungspolitik betreiben können.

Verstaatlichung führt nicht zu sinkenden Wasserpreisen. In Potsdam sieht man das wahre Gesicht der Rekommunalisierung. Sie steht nämlich gerade nicht für Bürgernähe, Transparenz und günstige Preise, sondern im Gegenteil für teure Abzocke und verfilzte Strukturen.

[Beifall bei der FDP]

Der einzige, der dies im November offen ausgesprochen hat – und das muss man hier einmal lobend erwähnen –, war der Landes- und Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Müller. Sie haben im letzten Jahr zurecht darauf hinge

wiesen, dass es mit einer höheren Landesbeteiligung nicht günstiger werden würde. So viel Ehrlichkeit würde ich mir auch von Herrn Wolf und der Linken wünschen.

[Beifall bei der FDP]

Da wir gerade beim Thema Ehrlichkeit sind: Der Kern Ihrer Argumentation – auch gerade Ihrer, Herr Lederer –, warum Sie keine Maßnahmen zur Senkung der Wasserpreise ergreifen wollen, ist, dass eine einseitige Reduzierung von Seiten des Landes Berlin letztlich zunächst einmal den Privaten nutze. Das aber stimmt gerade nicht. Sie könnten über die Steuerungselemente Grundwasserentnahmeentgelt und Konzessionsabgabe einseitig natürlich dazu kommen, dass sich die Wasserpreise entsprechend reduzieren. Das wollen Sie nicht, aber das ist das wahre Votum vom Sonntag: Dass die Berlinerinnen und Berliner es Ihnen nicht mehr durchgehen lassen, dass Sie durch Verzögerung und Verschleierung davon ablenken, dass Sie der wahre Preistreiber bei den Wasserpreisen in Berlin sind. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Kollege Meyer! – Das Wort hat Senator Wolf.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Meyer! Bevor ich mit meinem eigentlichen Redebeitrag beginne: Sie sollten sich, bevor Sie darüber reden, einmal über die Zuständigkeiten informieren. Die Genehmigungsbehörde ist nicht in meinem Haus, sondern – eben um Interessenkollisionen zu vermeiden – bei der Senatsverwaltung für Umweltschutz. Auch ermittelt die Landeskartellbehörde nicht, sondern ich habe zur Vermeidung von Interessenkollisionen das Ermittlungsverfahren an die Bundeskartellbehörde abgegeben. Ich verweise auch auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf über den Fall Wetzlar, mit dem rechtsverbindlich endlich geklärt wurde, dass die Kartellaufsicht auch für die Wasserversorgung zuständig ist. – Es schadet auch der FDP nicht, sich über komplizierte Sachverhalte sachkundig zu machen. Das erhöht die Kompetenz von Redebeiträgen.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Ich könnte diesbezüglich auch einiges zu Herrn Henkel sagen, etwa, dass es nicht der Aufsichtsratsvorsitzende ist, der eine Tarifkalkulation vorschlägt, sondern der Vorstand. Und da wir gerade in einer Transparenzoffensive sind, hier noch die Anmerkung, dass ich es 2009 im Aufsichtsrat verhindert habe, dass eine Tarifkalkulation des Vorstands beschlossen wurde, die eine noch größere Erhöhung vorgesehen hatte. Wir haben also für die Jahre 2010 und 2011 insgesamt ein Prozent Erhöhung, was deutlich unterhalb der Inflationsrate liegt.

Das ist noch nicht genug. Das ist keine Senkung. Aber um einmal deutlich zu machen, worüber wir hier reden: Wir reden über einen Vertrag, mit dem Sie von der CDU – Ihre Unterschrift trägt dieser Vertrag – die unternehmerische Führung an die Privaten abgegeben haben. Das ist es, was die Handlungsmöglichkeiten der staatlichen Seite, auch eines Aufsichtsratsvorsitzenden, gravierend einschränkt.