Protocol of the Session on February 17, 2011

Herr Senator Dr. Körting – bitte schön!

Frau Kollegin! Sie sind einer Fehlinformation aufgesessen. Ich habe mich nicht mit Herrn Kadyrow getroffen, sondern die russische Botschaft ist mit einer Delegation aus einem russischen autonomen Staat bei mir erschienen, hat versucht dazustellen, wie der Wiederaufbau in diesem Teilstaat Russlands stattfindet, und hat versucht, dafür zu werben, dass aus Westeuropa keine Mudschaheddin angeworben werden, um dort Terroranschläge zu machen. Ich habe die Gelegenheit aber auch benutzt, unsere Sorge zum Ausdruck zu bringen, wie die Menschenrechtssituation in Tschetschenien ist, und ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Kampf gegen den Terrorismus nur auf rechtsstaatlicher Basis möglich ist, weil er sonst wieder Terrorismus erzeugt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Frau Kofbinger hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte schön!

Ich frage deshalb, weil wir selbstverständlich hinsichtlich der Situation in Tschetschenien auch sehr besorgt sind. Ich habe als Mitglied des Petitionsausschusses vor allem mit den Leuten zu tun, die aus Tschetschenien fliehen konnten und die von uns wieder nach Polen verbracht werden, denn das ist oft das erste Land der EU, in das sie einreisen, um dann weiterzureisen – z. B. auch zu Verwandten nach Berlin.

Frau Kofbinger! Jetzt muss eine Frage kommen.

Ja, aber der Senator muss doch wissen, welchen Zusammenhang das hat.

Anlauf können Sie nehmen. Das stimmt.

Nun meine Frage: Haben Sie im Kontext dieses Gespräches auch Gedanken dazu gefasst, wie man die Situation der Menschen, die aus Tschetschenien hierher kommen, auch hier in Berlin verbessern kann, indem man sie nicht sofort wieder nach Polen zurückschickt, wo sie den Repressalien ihrer Landsleute teilweise schutzlos ausgesetzt sind?

[Beifall bei den Grünen – Christian Gaebler (SPD): Ist Polen ein Unrechtsstaat, oder was soll das heißen?]

Herr Senator Dr. Körting!

Wir haben eine ganze Reihe von Flüchtlingen aus Tschetschenien, allerdings nicht aus den neuesten Jahren, sondern aus der Zeit, als dort ein Krieg mit russischen Soldaten stattgefunden hat. Diese Flüchtlinge sind in Berlin, werden selten nach Russland zurückgebracht, obwohl die Rechtsprechung rundweg sagt, es gibt Fluchtalternativen – also Bewegungsalternativen – innerhalb Russlands. Insofern stellt sich die praktische Frage im Umgang mit tschetschenischen – russischen Bürgern in der Teilrepublik Tschetschenien –, die in Berlin aufhältlich sind, nicht. Aber ich habe diese Frage auch nicht mit der Delegation der russischen Botschaft erörtert. Ich habe die Frage, wie mit Tschetschenen in Russland umgegangen wird, in Gesprächen in Moskau mit Human Rights Watch erörtert und auch in Gesprächen mit Vertretern der Moskauer Seite, um unsere Sorgen zum Ausdruck zu bringen: Was macht die russische Regierung mit Diskriminierungsmaßnahmen gegenüber Leuten aus Tschetschenien?

Bei Ihnen klingt aber die zweite Frage an: Wie gehen wir mit dem Dublin-II-Abkommen um? – Das Dublin-II-Abkommen beinhaltet, dass grundsätzlich Flüchtlinge in dem Land verbleiben sollen, wo sie das erste Mal ankommen und einen Asylantrag stellen. Ich halte dieses Abkommen nach wie vor für zwingend und auch für vernünftig. Es ist im Verhältnis zu Polen – Ihre Missachtung gegenüber unseren polnischen Freunden teile ich übrigens nicht,

[Beifall bei der SPD]

ein bisschen tun Sie ja so, als ob Polen nicht wirklich zur EU gehören würde – nicht außer Kraft gesetzt. Die Bun

desregierung hat sich entschieden, derzeit keine Rückführung nach Griechenland vorzunehmen, weil dieses Land von Flüchtlingen überrollt und eine vernünftige Unterbringung deshalb dort nicht möglich ist. In Polen ist nach meiner Einschätzung eine vernünftige Unterbringung von Flüchtlingen möglich.

[Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Senator!

Dann ist der Kollege Schäfer dran. – Bitte schön, Herr Schäfer!

Danke Herr Präsident! – Meine Frage richtet sich an den Regierenden Bürgermeister. – Herr Wowereit! Wie kann Berlin den einstelligen Milliardenbetrag finanzieren, der nötig ist, um die Berliner Energienetze in die öffentliche Kontrolle zu überführen?

Herr Regierender Bürgermeister Wowereit, bitte schön!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Durch eine kluge Haushaltspolitik!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Danke schön! – Eine Nachfrage des Kollegen Schäfer – bitte schön!

Das heißt, Sie sehen im Berliner Haushalt Einsparpotenziale für eine Milliarde Euro, die ungefähr nötig sind, um diese Netze zu finanzieren? Oder planen Sie eine zusätzliche Verschuldung für eine solche Kommunalisierung der Netze?

Herr Regierender Bürgermeister – bitte schön!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Der Herr Wirtschaftssenator hat mich gebeten, Ihnen die Frage zu stellen, ob Sie dagegen sind. Das ist ja erst mal die politische Auseinandersetzung, ob man das überhaupt tun könnte und wenn man sich entscheidet, Maßnahmen zu ergreifen. Das ist bei Wasser genau dasselbe. Sie haben hier auch einen Antrag vorgelegt, das kostet Geld. Da beschweren Sie sich darüber, dass das vielleicht der Steuerzahler zahlen

sollte. Da muss man dann sagen: Bestimmte Dinge kosten Geld und sie müssen sich darstellen, und dies aus dem Gesamthaushalt. Daran ändert sich überhaupt nichts. Wie man das dann macht – das sind Haushaltsberatungen. Die sind selbstverständlich, wenn man eine Rekommunalisierung macht oder eine andere Ausgabe – Sie kennen sich ja da aus –, immer auszugleichen. Entweder spart man die woanders ein, oder man macht die Maßnahme gar nicht, oder man erhöht die Nettokreditaufnahme. Oder man hat höhere Einnahmen, auch das kann ja sein, durch die prosperierende Wirtschaft, und man weiß nicht mehr, was man mit dem Geld machen soll, oder durch einen neuen Finanzausgleich, den Herr Ratzmann mit Herrn Mappus ausarbeiten will. All das sind die Varianten, die da sind. Die sind aber alle nicht neu.

[Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Es geht weiter mit einer Frage des Kollegen Kohlmeier von der SPD-Fraktion. – Bitte schön, Herr Kohlmeier!

Ich frage den Bildungssenator Prof. Zöllner. Gestern ist bekannt geworden, dass er vorhat, bayerische Lehrer nach Berlin zu holen. – Wie ist es denn zu dieser Vereinbarung gekommen? Können Sie dazu schon Details benennen?

Herr Senator Zöllner – bitte schön!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kohlmeier! Dieses Erlebnis in diesem Zusammenhang gehört zu den erfreulichen Erlebnissen, die ein Bildungssenator hat. Ich habe durch Zufall erfahren – es stand übrigens in der Zeitung, auch das sind ja die Zufälle –, dass in Bayern nicht die haushaltsmäßigen Voraussetzungen gegeben sind, alle Referendare, die die Ausbildung abschließen, einstellen zu können, was offensichtlich meinem Kollegen Spaenle in München Sorgen bereitet, weil er sich Sorgen um diese jungen Menschen macht. Ich habe ihn dann angerufen, und wir waren uns sehr schnell einig, dass es eine Selbstverständlichkeit des kooperativen Föderalismus über Länder- und Parteigrenzen hinweg ist, sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen. Er hat dann ein Schreiben an alle Referendare gerichtet und darauf aufmerksam gemacht, dass man in Berlin noch Einstellungsmöglichkeiten hat. Er hat mir die Möglichkeit gegeben, als Anlage entsprechende Informationen an die jungen Damen und Herren in Bayern zu verbreiten. Die Tatsache, dass schon einen Tag danach mehrere Bewerbungen bei uns mit Unterlagen eingegangen sind, zeigt, dass auch solche unkonventionellen Ansätze manchmal erfolgreich sein können.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Danke schön! – Eine Nachfrage des Kollegen Kohlmeier – bitte schön!

Abgesehen davon, dass ich bayerischen Referendaren grundsätzlich zutraue, auch in Berlin Unterricht zu machen: Sie haben es eben angesprochen, es soll schon Bewerbungen geben. Können sie zu der Anzahl schon etwas sagen? Ist möglicherweise auch aus anderen Bundesländern ein Trend festzustellen, dass Referendare nach Berlin wollen?

Herr Senator Zöllner!

Außer dass es mehrere sind, möchte ich jetzt nichts sagen, weil ich nicht auf dem Laufenden bin. Ich habe nur nachgefragt und gehört, dass die ersten Unterlagen eingegangen sind. Ich gehe davon aus, dass weitere nachkommen werden. Wir werden dann sicher Gelegenheit haben, das dem Parlament mitzuteilen.

Danke schön!

Es geht weiter mit einer Frage des Kollegen Trapp. – Bitte schön, Herr Trapp, Sie haben das Wort!

Schönen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Innensenator, nachdem er das neue Arbeitszeitmodell bei der Polizei so gut vorgestellt hat: Wie viele Vollzugsbeamte waren seit Einführung des neuen Arbeitszeitmodells bis heute im Bereich der Einsatzleitzentrale, in den Direktionen 1 bis 6, bei VB 1 und in den Lagediensten krankheitsbedingt abwesend?

Herr Kollege Trapp! Die Fragen sollen kurz und leicht zu beantworten sein. Entweder haben Sie eine Absprache getroffen, dann kommen die Zahlen jetzt, sonst weiß ich nicht, wie der Senator das macht. Wir sind gespannt. – Bitte schön, Herr Senator!

Herr Kollege Trapp! Sie müssten mir jetzt sagen, ob Sie bis Ende letzter Woche oder bis gestern meinen, weil sich die Zahlen geändert haben.

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion]

Aber ich kann Ihnen eine allgemeine Antwort geben. Es ist so, dass wir in einzelnen Schichten einen Krankenstand von 25 Prozent gehabt haben. Das ist übrigens eine ähnliche Erfahrung, wie wir die bei der Feuerwehr gehabt haben, als wir die 24-Stunden-Schichten abgeschafft haben. Das heißt, die Tatsache, dass die Kolleginnen und Kollegen nur noch 8 Stunden am Tag arbeiten und nicht mehr 12 oder 24, führt offensichtlich zu einem rapiden Abfall der Gesundheit. Das kann ich jetzt alles subjektiv nachempfinden. Ich sehe das als eine vorübergehende Erscheinung an und hoffe, dass die Beteiligten recht bald genesen sind und den Dienst wieder voll aufnehmen können.

Eine Nachfrage des Kollegen Trapp – bitte!

Herr Senator! Ist ein Arbeitsmediziner eingeschaltet worden, um die Ursachen der aufgetretenen Gesundheitsprobleme bei den von Ihnen geschilderten Kollegen zu untersuchen?

[Ralf Wieland (SPD): Ein Arbeitsrechtler, kein Arbeitsmediziner!]

Herr Senator Körting!

Herr Kollege Trapp! Sie kennen das Verfahren. Man meldet sich krank, indem man eine Krankmeldung von einem Arzt vorlegt. Das ist ausreichend. Erst, wenn wir Bedenken haben, dass diese Krankmeldung nicht in Ordnung ist – das will ich nämlich keinem Kollegen unterstellen –, können Sie den Amtsarzt einschalten oder etwas Ähnliches. Eine wissenschaftliche Untersuchung über die Häufung der Krankmeldungen im Februar habe ich bisher nicht veranlasst. Wie gesagt, ich gehe davon aus, dass das eine vorübergehende Epidemie ist, die wieder vorbeigeht.