Protocol of the Session on February 22, 2007

Nun hat der Abgeordnete Braun das Wort zu einer Kurzintervention. – Bitte schön!

Herr Brauer! Zunächst vielen Dank für diese Rede! Sie passt wohl eher ins Feuilleton als in ein politisches Parlament. Aber kurz zu Ihrem Zitat und Ihrer Genauigkeit: Das alte Konzept von Herrn Flierl sah vor – wie Sie zu recht zitiert haben –, den Tränenpalast als Kulturpalast – d. h. als kulturelles Veranstaltungshaus – zu erhalten. Insofern hat sich dieses Konzept verändert, da nunmehr nach dem Auszug dieses Veranstalters die Möglichkeit besteht, dieses Haus insgesamt als Museum und Gedenkstätte zu nutzen. Das ist sozusagen die Veränderung gegenüber der bisherigen Konzeption Ihres geschätzten Kollegen Flierl, und auf nichts anderes habe ich hingewiesen.

Insofern hat sich eine kleine Veränderung ergeben. Ich weiß, dass es manchen schwerfällt, Veränderungen mitzubekommen. Manche sind auch ein bisschen langsamer. Aber wenn Sie es sich genau durchlesen, werden auch Sie das verstehen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Herr Brauer hat das Wort zur Erwiderung. – Bitte schön!

Ich werde es ganz kurz machen. – Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich halte die Seite einmal hoch,

[Hält eine Mitteilung – zur Kenntnisnahme – hoch.]

damit Sie einen optischen Eindruck bekommen. Ich darf zitieren, Herr Kollege Braun:

Diese Kooperation

nämlich die Kooperation mit dem Haus der Geschichte in Bonn, dabei ist es sekundär, ob es sich um einen damaligen Betreiber oder heutigen Besitzer handelt, beide haben diese Absicht erklärt, der Senat steht dem nicht im Wege –

bezieht sich auf eine angemessene Kommentierung des Ortes und auf die Präsentation zeitgeschichtlicher Ausstellungen durch das Haus der Geschichte.

Das steht da, nichts anderes. Sicher gibt es immer wieder Bestrebungen Fahrrad, Windmühlen und andere technische Dinge ein drittes, viertes und fünftes Mal erneut zu erfinden. Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Innovationskraft. Aber Sie hätten die Zeit auch anders nutzen können. Es steht alles geschrieben, wir haben da keinen Dissens. – Herzlichen Dank!

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Meyer von der FDPFraktion. – Bitte schön, Herr Meyer!

Aua, Herr Braun! – Herr Brauer, danke für diese wortgenaue Auslegung des Mauerkonzeptes. Es ist in der Tat richtig, was viele meiner Vorredner bereits gesagt haben. Das Haus hat sich bereits in der vergangenen Legislaturperiode intensiv mit dem Mauerkonzept beschäftigt und hat nach Auffassung der FDP-Fraktion ein ganz gelungenes Konzept miterarbeitet. Das bedeutet allerdings nicht – hier hat die CDU-Fraktion mit ihrem Antrag recht –, dass man ein Konzept nicht auch noch verbessern kann. Deshalb betrachte ich die von der CDU formulierten Punkte zunächst als eine Anregung, die man in der Ausschussdebatte genauer betrachten muss. Es ist richtig, dass der Bereich Tränenpalast dringend einer Änderung bedarf. Dass das Haus der Geschichte sich verstärkt einbringen möchte, kann uns alle doch nur freuen. Wir sollten deshalb nicht künstlich einen Konflikt herbeireden, sondern es begrüßen, dass sich künftig etwas ändert.

Die Bernauer Straße ist in der Tat schon allein aufgrund des finanziellen Aufwandes der zentrale Punkt des Mauerkonzeptes. Wir müssen überlegen, ob man hier nicht doch stärker den emotionalen Aspekt hervorheben – Opferverbände fordern dies immer wieder –, ob man nicht an dem Gedenkstättenkonzept noch Änderungen vornehmen kann. Auch dies sollten wir in Ruhe im Ausschuss beraten. Die übrigen Punkte sind aus unserer Sicht nette Anregungen. Das Problem ist dabei nur, dass wir abhängig von dem sind, was auf Bundesebene passiert. Da die CDU und die SPD die besten Kontakte zur Bundesregierung haben, ist dieser Antrag ein Appell an sich selbst. Wir fordern Sie auf, diese Kontakte zu nutzen, um – so wie Herr Brauer es formuliert hat – mehr Mittel und deren frühere Bereitstellung erreichen zu können.

Was mich irritiert – hier gebe ich Frau Ströver ausdrücklich recht –, war Ihre Formulierung, Herr Braun, das Hauptanliegen der CDU innerhalb des Konzepts sei die Darstellung des Falls der Mauer. Wenn das so stehenbleibt, würde ich das bedauern. Das Mauer-Konzept und die historischen Orte, die in der Stadt noch vorhanden sind, um authentisch an die Mauer zu erinnern, müssen auch zu einer Auseinandersetzung mit dem SED-Regime, dem DDR-Unrecht anregen. Frau Ströver hat recht, wenn sie fordert, dass wir uns mit diesem Thema in dieser Legislaturperiode grundsätzlich beschäftigen müssen. Man sollte das Mauerkonzept und eventuell daran vorzunehmende Änderungen nicht nur unter dem Aspekt Mauerfall betrachten – auch wenn dies das Freudigste an der Mauer gewesen ist –, sondern auch die Auseinandersetzung mit dem DDR-Unrecht suchen. Das ist wichtiger als sich jetzt über Details zu streiten, denn im Großen und Ganzen sind doch alle Fraktionen alle einer Meinung.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Herr Abgeordnete Meyer! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Der Ältestenrat empfiehlt zum Antrag Drucksachennummer 16/0236 die Überweisung an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch.

Ich rufe auf die Priorität der Fraktion der FDP – –

[Uwe Doering (Linksfraktion): Erst kommen noch die Grünen!]

Das kann nicht stimmen. – Einen Moment, bitte! Ich muss den richtigen Zettel finden.

Die Priorität der Fraktion Die Linke ist bereits unter dem Tagesordnungspunkt 4 a mit aufgerufen worden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4 d:

Dringlicher Entschließungsantrag

Schering-Arbeitsplätze erhalten – der Gesundheitsstandort Berlin darf nicht geschwächt werden

Entschließungsantrag der Grünen, der SPD, der CDU und der Linksfraktion Drs 16/0266

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP mit der Drucksachennummer 16/0266-1 vor. Der Dringlichkeit wird mit der Anerkennung der Priorität offensichtlich nicht widersprochen.

Zur Beratung steht den Fraktionen nach unserer Geschäftsordnung eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der Grünen. Frau Paus steht bereits am Redepult. – Bitte, Sie haben das Wort!

Meine Damen und Herren! Es war ein erneuter Paukenschlag für den Wirtschaftsstandort Berlin, als wir am Montag aus dem „Tagesspiegel“ erfahren haben, dass die Bayer AG, vor einem Jahr als sogenannter weißer Ritter zur Rettung von Schering eingeritten, Stellenstreichungen im Standort Berlin plant, die mehr als doppelt so hoch sein sollen wie vor einem Jahr angekündigt. Die Verlagerung ganzer Entwicklungsabteilungen an andere Standorte wird geprüft, Zahlen über die Reduzierung der Berliner Belegschaft noch in diesem Jahr um 20 bis 25 % werden nicht dementiert, betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist wahrlich Anlass genug, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Schering unser aller uneingeschränkte Solidarität auszusprechen.

[Beifall bei den Grünen und der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linkspartei]

Deshalb begrüße ich es, dass sich mit Ausnahme der FDP alle Fraktionen unserem Entschließungsantrag angeschlossen haben. Ich bin zudem froh darüber, dass sich der Wirtschaftsausschuss sogar einstimmig dafür ausgesprochen hat, im März bei Schering zu tagen, und, sollte dies von der Geschäftsleitung nicht ermöglicht werden, das Thema des drohenden dramatischen Arbeitsplatzabbaus nicht zu vertagen, sondern in anderen geeigneten Räumlichkeiten zu beraten.

Vor einem Jahr schien es noch nach dem ersten Schock, nach der Übernahmeankündigung von Merck, als könne Berlin mit einem blauen Auge davonkommen. Dass es ein tiefblaues Auge sein würde, war damals schon klar. Berlin hat mit Schering das einzige Dax-notierte Unternehmen verloren. Die Schering AG selbst, ein Unternehmen mit über 5 500 Beschäftigten, ein forschungs- und entwicklungsstarkes Unternehmen, ein Unternehmen mit Gewinnen von 17 % und mehr pro Jahr, ein Unternehmen, das neben der vielfältigen Krankenhaus-, Forschungs- und Unilandschaft und den zahlreichen kleinen und mittleren Unternehmen im Bereich der Gesundheitswirtschaft, das neben all den freien Berufen, den Aktiven im Bereich der Gesundheitsprävention die zentrale Säule des Gesundheitsstandortes Berlin darstellt, dieses Unternehmen hat inzwischen seine Eigenständigkeit verloren. Die Übernahme von Schering für 17 Milliarden €, und die Präsentation der Rechnung in Form von Arbeitsplatzabbau ein Jahr später hat etwas mit dem System, dem Kapitalismus und den Gesetzen des Kapitalmarktes, zu tun. Aber, richtig ist auch, dass diese Übernahme jahrelange Versäumnisse des rot-roten Senats offenbart.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Was?]

Damit keine Irritation aufkommt: Herr Wowereit! Ich begrüße es ausdrücklich, dass Sie heute Mittag vor der Belegschaft gesprochen und Ihre Unterstützung demonstriert haben.

Das nächste Mal sollten wir vonseiten der Politik zahlreicher vertreten sein als Herr Wowereit, Frau Grosse und ich. Ich könnte bei der Vorstellung, was aus Berlin werden könnte, glatt ins Schwärmen geraten, wenn Sie sich so wie heute dauerhaft für den Wirtschaftsstandort Berlin einsetzen würden. Noch ist es aber nicht so weit.

Wichtige Reden auf Protestkundgebungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Senat weiterhin die Entwicklung des Gesundheitsstandortes nicht mit der nötigen Priorität und Eile vorantreibt. Versprechen über zusätzliche 70 000 Arbeitsplätze oder – wie noch im SPDWahlprogramm aufgeschrieben – 40 000 zusätzliche Arbeitsplätze im Bereich Gesundheitswirtschaft im Land Berlin können nicht übertünchen, dass bis jetzt kein einziger zusätzlicher Arbeitsplatz zu erkennen ist. Die Verabschiedung eines sogenannten ressortübergreifend arbeitenden Masterplans Gesundheit für das Land Berlin kann nicht überdecken, dass diese ressortübergreifende Arbeit ebenfalls von den PDS-geführten Ressorts nicht mitgemacht wird. Stattdessen distanziert sich die PDS bei jeder sich ihr bietenden Gelegenheit von diesem Masterplan.

Deswegen ist neben den heutigen und weiteren Solidaritätsbekundungen auch mehr Engagement seitens des Senats für diesen Gesundheitsstandort Berlin erforderlich.

[Beifall bei den Grünen]

Aber, liebe FDP, das ist nicht das Einfallstor, um Ihr Lieblingsthema einmal wieder auf das Tapet zu bringen: Mehr Liberalität in der medizinischen Forschung.

[Beifall bei der SPD und der FDP – Uwe Doering (Linksfraktion): Flughafen Tempelhof!]

Gerade das Beispiel Schering – die Tatsache, dass Schering nun Teil von Bayer ist – verdeutlicht den Unterschied zwischen der skandalfreien unternehmerischen Aktivität von Schering in den letzten Jahren und der nicht so ganz skandalfreien Tätigkeit des Unternehmens Bayer. Ich möchte nur einmal an Lipobay erinnern. Damit ein solcher Fall wie Lipobay nicht passiert, der solche Einbrüche im Milliardenbereich nach sich ziehen und Arbeitsplätze an diesem Standort gefährden würde, ist es wichtig, dass es in Berlin eine unabhängige Kommission für Ethikfragen gibt, die nicht mit direkten wirtschaftlichen Interessen verquickt ist

Frau Abgeordnete Paus, kommen Sie bitte zum Schluss!

Ich komme zum Schluss. – Bei dem heutigen Entschließungsantrag geht es darum, die Bayer AG an ihr im letzten Jahr abgegebenes Versprechen zu erinnern. Herr Wenning, Vorstandsvorsitzender der Bayer AG, hat im vergangenen Jahr zugesagt, dass es einen fairen und sozialverträglichen Personalabbau geben soll, der sich auf alle 10 Standorte gleich verteilt. Diese Entschließung soll dazu dienen, ihn daran zu erinnern und die Arbeitsplätze für Berlin zu sichern. Deswegen freue ich mich, dass die große Mehrheit dieses Hauses unserem Entschließungsantrag zustimmt. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Paus! – Für die SPDFraktion hat jetzt Frau Grosse das Wort. – Bitte sehr!

[Dr. Martin Lindner (FDP): Jetzt wird Bayer überzeugt zu bleiben!]

Vorfreude ist die schönste Freude! – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Wirtschaftsstandort und insbesondere der Gesundheitsstandort Berlin verfügt inzwischen über gute Rahmenbedingungen, die sicherlich noch verbessert werden können. Das wird auch keiner bestreiten. Das ist doch aber nicht der Grund, warum heute die Mitarbeiter des Schering-Bayer-Pharmakonzerns

vor dem Werkstor demonstriert haben. Sie haben und werden weiter um die Zusage der Bayer AG demonstrieren, die bei der Übernahme der Schering AG gegenüber der Belegschaft abgegeben wurde.