Protocol of the Session on February 22, 2007

Herr Wirtschaftssenator, da Sie sich jetzt als Apologet für mehr Wettbewerb geriert haben, frage ich Sie: Warum hat das Land Berlin nicht die Chance ergriffen, Oligopole

aufzubrechen und die Trennung von Netz und Betrieb im Fall der Stromversorgung zu befördern? Diese Möglichkeit hatten wir nun.

Herr Senator Wolf – bitte schön!

Herr Ratzmann! Ich muss mich für mehr Wettbewerb einsetzen, weil die rot-grüne Bundesregierung ein Energiewirtschaftsgesetz verabschiedet hat, das zwar das Unbandling – also die Trennung der drei Bereiche Stromproduktion, Stromnetz und Strombetrieb – vorgesehen, aber nicht die notwendigen Instrumente der Regulierung geschaffen hat. Wir sind gerade jetzt bei der Netzregulierung dabei, erste Schritte zu unternehmen, um die Netzentgeltkosten zu senken.

Übrigens ist mittlerweile das Netz der erste Bereich, der überhaupt reguliert wird. Wenn Sie glauben, dass über den Verkauf des Netzes von Vattenfall mehr Wettbewerb kommt, dann bitte ich Sie, sich die gegenwärtige Diskussion in Nordrhein-Westfalen anzusehen. Dort hat gegen den heftigen Protest von Verbraucherschützern, des politischen Umfelds, RWE vor, sein Netz zu veräußern, weil die große Sorge besteht, dass das Netz im Rahmen eines Versteigerungs- oder Veräußerungsverfahrens an eine „Heuschrecke“ veräußert wird.

[Volker Ratzmann (Grüne): Muss ja nicht sein! – Dr. Martin Lindner (FDP): Gibt es doch gar nicht! – Joachim Esser (Grüne): Immer noch besser als Monopol und dem obendrein noch Kraftwerke geben!]

Ich glaube nicht, dass das für die Versorgungssicherheit und die Instandhaltung der Netze angemessen wäre.

[Volker Ratzmann (Grüne): Besser als Monopol!]

Nein, Herr Ratzmann: Erstens hätten Sie zu Ihrer Regierungszeit die Möglichkeit gehabt, diese Frage anders zu regeln, indem Sie die Netze in staatlichen Besitz genommen hätten, so wie das in den skandinavischen Ländern der Fall ist. Damit hat man eine klare Kontrolle. –

[Beifall von Bärbel Holzheuer-Rothensteiner (Linksfraktion) – Joachim Esser (Grüne): Hättet ihr ja tun können, habt ihr kein Geld mehr!]

Ist das jetzt eine Fragestunde oder eine Zwischenrufstunde? –

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Zweitens ist der Bereich der Netze der einzige, der jetzt reguliert wird und wo begonnen wird, effektiv zu regulieren. Deshalb haben wir bei den Netzdurchlaufentgelten mittlerweile Preissenkungen.

Drittens sage ich Ihnen noch einmal: Solange die damit verbundenen rechtlichen Fragen nicht geklärt sind, was

die Anschlussstellen sind, wie ein solches Versteigerungsverfahrens aussehen soll, welche Konsequenzen das hat, ist es an dieser Stelle richtig gewesen zu verlängern. Es hat hier, da wir einen durch die Bundesnetzagentur regulierten Bereich haben, nicht die nachteiligen Folgen wie z. B. in der Produktion.

[Volker Ratzmann (Grüne): Es bleibt doch reguliert! – Joachim Esser (Grüne): Ihr hättet doch zwei Jahre Zeit gehabt!]

Danke schön, Herr Senator!

Jetzt geht es weiter mit der Mündlichen Anfrage Nr. 6 der Kollegin Ülker Radziwill von der Fraktion der SPD zu dem Thema

Verbesserung der Heimaufsicht

Bitte schön, Frau Radziwill!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. In welcher Zusammensetzung und mit welcher Zielsetzung soll der runde Tisch zur Heimaufsicht bei der zuständigen Senatsverwaltung einberufen werden?

2. Welche weiteren Verbesserungen, neben verstärkten unangekündigten Kontrollen, hält die zuständige Senatsverwaltung für geboten?

Danke schön, Frau Kollegin! – Frau Senatorin Dr. KnakeWerner hat das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Radziwill! Ich bedanke mich ausdrücklich bei Ihnen für diese Frage,

[Oh! von den Grünen – Gelächter von Mario Czaja (CDU) – Volker Ratzmann (Grüne): Das ist einmal ehrlich!]

gibt sie uns doch die Gelegenheit, jenseits von skandalösen Einzelfällen über das Thema Pflege zu diskutieren, vor allen Dingen aber auch darüber, wie es uns künftig besser gelingt, das Altwerden in Würde mit den Möglichkeiten, die wir auf Landesebene haben, abzusichern.

In der aktuellen Diskussion geht leider sehr häufig unter, dass wir in Berlin ein gutes ambulantes und stationäres Versorgungsangebot haben. Wir haben etwa 500 stationäre Einrichtungen in unserer Stadt, in denen jeden Tag knapp 27 000 Menschen gepflegt, betreut, begleitet wer

den. Ich finde, das darf man hier auch einmal zur Kenntnis nehmen. Das ist eine höchst anspruchsvolle Arbeit, die in den allermeisten Fällen von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit großem persönlichem Einsatz und großem Engagement geleistet wird. Ich finde, dafür gebührt ihnen an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Frau Radziwill! Bei dem von mir geplanten runden Tisch geht es nicht vorrangig um die Heimaufsicht, weil ich der tiefen Überzeugung bin, dass Kontrollen allein nicht automatisch eine bessere Qualität bringen. Wenn in den Pflegeeinrichtungen nur etwas bewegt wird, weil Kontrollen ins Haus stehen, dann – glaube ich – wird das nichts mit der Verbesserung. Deshalb möchte ich gern, dass ein bisschen mehr im Kopf bei denjenigen passiert, die für die pflegebedürftigen dort zu betreuenden Menschen verantwortlich sind.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ich möchte, dass die Einrichtungen gut und besser werden, weil es um Menschen und deren Lebensqualität geht. Das ist das Wichtigste, und darauf kommt es an.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Deshalb wird es bei dem runden Tisch vorrangig um Pflegequalität gehen. Das geht nicht gegen die Träger der Einrichtungen, sondern nur mit ihnen. Das geht auch nicht gegen die Pflegekassen, sondern nur mit ihnen. Ich will gemeinsam mit den Trägern der Einrichtungen und mit vielen anderen über Verbesserungsmöglichkeiten in der Pflege sprechen, darüber, wie es hoffentlich in Zukunft gelingt, einheitliche fachliche Qualitätsstandards zu entwickeln und miteinander abzustimmen, wie ein gutes Pflegemanagement in den Einrichtungen entstehen kann; oder, was genauso wichtig ist, wie es gelingen kann, Leistungen der Einrichtungen und Qualitätsmaßstäbe auch unterhalb der bundesgesetzlich notwendigen Gesetzesänderungen so transparent zu machen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher einen Einblick in die jeweiligen Einrichtungen bekommen und in die Lage versetzt werden, die Einrichtungen miteinander zu vergleichen und das optimale Angebot für sich oder ihre Angehörigen herauszusuchen.

Nun zu Ihrer Frage 2: Ich fand es immer falsch, dass die Heimaufsicht dezentralisiert und auf die Bezirke verlagert wurde. Ich fand es vernünftig – so haben wir auch gehandelt –, sie zurück in die Hauptverwaltung zu holen. Während meiner Amtszeit ist es mir gelungen, die Heimaufsicht organisatorisch und personell zu stärken. Heute arbeiten in diesem Bereich fast doppelt so viele Leute wie zu der damaligen Zeit. Ich will, dass unangemeldete Besuche in den Einrichtungen zur Regel werden. Ich glaube, dass es notwendig ist, die Heimaufsicht und die Aufgaben des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen besser aufeinander abzustimmen. Auch so lässt sich die Prüfqualität verbessern.

Es gibt in Berlin bereits eine Arbeitsgemeinschaft des Landes, in der sich Mitarbeiter der Pflegekassen, des Me

dizinischen Dienstes der Krankenkassen, der Heimaufsicht, der Träger der Pflegeeinrichtungen und meiner Senatsverwaltung regelmäßig treffen. Hier geht es darum, Abstimmungsprozesse vorzunehmen. Das war z. B. auch ein Grund dafür, dass es gelungen ist, sehr zeitnah die Missstände im Lazarus-Heim, das jetzt immer durch die Gazetten geht, aufzudecken. Inzwischen ist es so, dass Gewalt in der Pflege lange kein Tabu mehr ist, die Einrichtungen, aber auch die Pflegekassen sich auf dem Gebiet u. a. dadurch exponieren, dass sie das Projekt „Pflege in Not“ unterstützen.

Es wird sicher eine Fülle weiterer Fragen geben müssen, gerade mit Blick auf die Reform der Pflegeversicherung, die auch an so einem runden Tisch ihren Platz haben werden. Deshalb bin ich optimistisch, dass wir gemeinsam mit den Akteuren in diesem Bereich einen guten Schritt vorankommen können. – Danke schön!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Danke schön, Frau Senatorin! – Eine Nachfrage von Frau Radziwill – bitte schön!

Halten Sie ein Qualitätsmanagement und daraus folgend eine Zertifizierung nicht für notwendig und für den Ansatz, mehr Transparenz zu schaffen; wäre es möglich, die Prüfberichte zu veröffentlichen, damit wir über die Öffentlichkeit Druck ausüben können?

Frau Senatorin Knake-Werner!

Frau Radziwill! Ich halte selbstverständlich ein Qualitätsmanagement ausdrücklich für notwendig, weil es nur so gelingen kann, dass Qualität sich durch die Alltagsarbeit jeder Einrichtung ziehen kann. Das ist genau der Punkt, der auch auf Bundesebene zwischen den Ländern mit Blick auf eine Reform des Heimrechts, aber auch auf eine Reform der Pflegeversicherung diskutiert wird und wo über Möglichkeiten nachgedacht wird, wie man das in vergleichbare Standards bringen kann.

Sie haben gefragt, ob es heute schon möglich ist, die Daten, die erhoben werden, insbesondere vom Medizinischen Dienst – da geht es im Wesentlichen um Qualitätsdaten –, transparent zu machen. Das ist leider nicht möglich. Wir – das Land Berlin – haben schon auf der letzten Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2066 einen entsprechenden Antrag eingebracht, dem alle Bundesländer gefolgt sind, mit der Bitte an den Bund, eine Veränderung der bundesgesetzlichen Regelung vorzunehmen. Ich den

ke aber, dass es gelingen kann, in Gesprächen mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen, mit den Trägern der Einrichtungen, mit der Heimaufsicht unterhalb einer gesetzlichen Änderung Transparenz herzustellen, also Möglichkeiten zu schaffen, die mehr Einblick in das Leistungsgeschehen der Pflegeeinrichtungen eröffnen.

Danke schön, Frau Senatorin! – Jetzt gibt es noch eine Nachfrage von Frau Villbrandt von den Grünen.

Frau Senatorin! Den Runden Tisch hätte der Senat schon längst einberufen können – Was soll der runde Tisch qualitativ anderes leisten als das, was der Landespflegeausschuss bereits hätte leisten können und sollen? Was ist mit den konkreten Mängeln in der Pflege, die schon lange bekannt sind und bei denen wir wissen, was gemacht werden muss?

Frau Senatorin Knake-Werner!

Es ist in der Tat richtig, Frau Abgeordnete, dass wir schon lange über die Probleme der Pflege diskutieren. Es ist in der Tat kein neues Thema. Das Problem ist nur, in der Öffentlichkeit und teilweise auch bei den Abgeordneten wird es immer dann bewegt, wenn es wieder einen aktuellen Anlass oder einen Skandal gibt. Das finde ich sehr bedauerlich, das wird der Pflege auch nicht gerecht. Sie müsste ein Thema sein, das uns laufend bewegt, denn wir alle werden irgendwann in die Situation kommen, wo wir bestimmte Unterstützung benötigen.