Protocol of the Session on September 9, 2010

Folglich: Für uns ist an der Stelle die Diskussion – auch wenn in einem kurzen Antrag – deutlich komplexer, und wir sollten uns besser um die Probleme unserer Stadt kümmern. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank, Herr Kollege Brauner! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege Schäfer.

[Unruhe]

Ich mache es ganz kurz. Aber Sie sagen Energiesicherheit. Sie sagen erneuerbare Energien, und Sie sagen Kostensicherheit. Alles drei stimmt nicht.

Energiesicherheit: Nach dem Gutachten Ihrer eigenen Bundesregierung – von Gutachtern erstellt, die aus der Energiewirtschaft kommen – werden sich die Stromimporte nach diesen Laufzeitverlängerungen erhöhen. Kostensicherheit: Dasselbe Gutachten Ihrer Bundesregierung, von Energiewirtschaftsleuten geschrieben, sagt, die Strompreise würden sich bei einer Verlängerung um 28 Jahre sogar nach diesem Gutachten, Ihrem eigenen Gefälligkeitsgutachten, erhöhen. Das müssen Sie sich einmal anschauen, bevor Sie hier Quatsch erzählen.

[Beifall bei den Grünen und der SPD]

Jetzt – ich mache es kurz, Herr Gaebler – komme ich zur Förderung der erneuerbaren Energien. Das ist einfach ein Witz. Auch in diesem Gutachten steht, dass die erneuerbaren Energien durch diesen Beschluss ausgebremst werden. Im Jahr 2020 werden wir 21 Prozent weniger erneuerbare Energien haben als ohne Atomausstieg. Sie bremsen die erneuerbaren Energien mit dieser Laufzeitverlängerung aus. Das wissen Sie auch. Es steht in Ihrem eigenen Gutachten.

[Beifall von Markus Pauzenberger (SPD)]

Dieser freiwillige Ökostromfonds ist der allergrößte Witz. Dass man nach dem Bruch des Atomkonsenses durch die Atomkonzerne mit denen noch freiwillige Vereinbarungen macht, ist doch grotesk.

[Beifall bei den Grünen und der SPD]

Wie viel ist denn das? – Das sind 14 Milliarden Euro, die Sie über Jahrzehnte nehmen wollen. Allein in diesem Jahr sind es 15 Milliarden Euro, die durch das EEG in die erneuerbaren Energien fließen. Das bremsen Sie aus und lassen sich in einem Judasfonds mit irgendwelchen Peanuts abspeisen. Das Geld, das die Konzerne ohnehin ausgeben müssten, können sie wieder in ihre eigenen Taschen stecken. Ihre Argumentation ist einfach lächerlich.

[Beifall bei den Grünen und der SPD]

Das Wort für die Linksfraktion hat jetzt die Kollegin Platta.

Ich dachte, jetzt kommt noch eine ordentliche Gegenrede, aber nein, das ist nicht geschehen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unter dem Deckmäntelchen der Klimadebatten hat die Bundesregierung mit der Atomlobby die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke verabredet und gegen die Interessen der zukünftigen Generationen, die auf dem weiter wachsenden Atommüll sitzen bleiben werden, dies auch für längere Zeit geplant.

[Andreas Gram (CDU): Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?]

Geplant sind zusätzlich anfallend 10 000 Kubikmeter radioaktive Abfälle. Das ist kein Pappenstiel. Das sind strahlende Aussichten für gefüllte Geldbeutel bei den Energiekonzernen trotz der neuen Kernbrennstoffsteuer und den angedrohten Zahlungen aus den zusätzlichen Gewinnen.

Wir werden heute als Linke dem Entschließungsantrag der Fraktion der Grünen, auch wenn sie uns eigentlich von den Stimmen her nicht bräuchten, zustimmen, denn es ist kleinlich und der Bedeutung des Anliegens unwürdig, gemeinsame Anliegen auf diese Art zu verhandeln.

[Beifall bei der Linksfraktion und den Grünen]

Der Koalitionsantrag steht auf der Basis des verabredeten Mindestkonsenses, denn jedem Interessierten an diesem Thema ist die aktuelle Positionierung der Linken bekannt. Gerade erst am vergangenen Wochenende fand die linke Energiekonferenz statt.

[Andreas Gram (CDU): Sehr beeindruckend!]

Im Ergebnis der Beratungen wurde eine klare Position formuliert, die über den 2000 unterzeichneten Atomausstiegvertrag zwischen der rot-grünen Bundesregierung und den Atomkraftwerkbetreibern mit einer Sicherung von garantierten Reststrommengen weit hinausgeht. An der Konferenz haben auch zahlreiche Gäste aus Politik und Wissenschaft teilgenommen, was im übrigen auch dafür spricht, dass gesellschaftliche Probleme dieser Di

mension nur unter Beteiligung breiter Schichten einer Lösung zugeführt werden können.

Völlig indiskutabel ist daher auch die beabsichtigte Umgehung des Bundesrats bei der Entscheidung zur Laufzeitverlängerung der 17 Atomkraftwerke.

[Beifall bei der Linksfraktion, der SPD und den Grünen]

Hier liegt der Schwerpunkt des Koalitionsantrages, über den wir heute abstimmen werden. Wir wollen und müssen die aktuellen Anforderungen an den Klimaschutz berücksichtigen und die erneuerbaren Energien konsequent zu einer zukunftsfähigen Energiewirtschaft vorantreiben. Die bisher erreichten Ergebnisse sprechen für sich. Seit der Zeit des sogenannten Atomkonsenses, inzwischen sind rund zehn Jahre vergangen, hat sich der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch fast verdreifacht. Die Zahl ist schon genannt worden: 2009 waren es 16,3 Prozent. Die Förderpolitik für erneuerbare Energien auf Bundesebene hat sich zwar negativ verändert, dennoch wird es weiter deutliche Zuwächse gekoppelt mit guter Arbeit in vielen Kommunen geben.

Atomstrom lag 2009 noch bei 22,6 Prozent aus lediglich 16 aktiven Kernkraftwerken. Auch da muss man sich überlegen, wo Wertschöpfung entsteht.

[Beifall bei der Linksfraktion und den Grünen]

Die Position der Linken lautet daher folgerichtig: Atomkraft abschaffen. Die Zukunft ist erneuerbar.

[Beifall bei der Linksfraktion, der SPD und den Grünen – Christoph Meyer (FDP): Die Linke ist nicht erneuerbar!]

Die Energiekonferenz fordert daher, alle Atomreaktoren müssen durch ein Atomstilllegungsgesetz unverzüglich und endgültig stillgelegt werden. Deutschland muss vollständig aus der globalen Atomwirtschaft aussteigen. Es ist ein Atommüllkonzept zu erstellen, das die ständige Kontrolle des abgelagerten Materials auch ermöglicht. Für die Ausrichtung der Zukunft mit erneuerbaren Energien stellen wir folgende Forderungen auf: Das Energiesystem – dazu zählen Produktion, Speicherung und Netze – muss endlich konsequent auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Die Energieversorgung ist eine Frage des Allgemeinwohls und muss daher wieder in öffentliche Verantwortung überführt werden. Demokratisch geführte Stadtwerke in öffentlicher Hand müssen die Energiewende konsequent und nach festem Zeitplan vorantreiben. Sie werden auch heute schon durch Energiegenossenschaften und Energieinitiativen, die sich das Ziel setzen, ihre Region vollständig regenerativ zu gestalten, unterstützt.

Die Anti-AKW-Bewegung geht weiter. Die dezentrale Energieversorgung stellt sich den Großkraftwerksbetreibern entgegen.

[Zuruf von Andreas Gram (CDU)]

Für eine zukunftsfähige Energiewirtschaft werden wir uns auch weiter in einem breiten Bündnis einsetzen und mit

sicherlich vielen Akteuren – das ist schon angesprochen worden – am 18. September hier in Berlin gegen Atomkraft auf die Straße gehen, um ab 13.00 Uhr vor dem Reichstag weitere Zeichen zu setzen.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Heute setzen wir mit diesen Beschlüssen deutliche Zeichen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der Linksfraktion, der SPD und den Grünen]

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Kollege Schmidt!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Außer dem Inhalt, der mich ärgert, müssen wir auch einmal etwas zum Verfahren sagen. Einen bundespolitischen Antrag spät in der Nacht als dringlichen Antrag auf den Tisch zu knallen, ist einfach schlechter Stil, Herr Schäfer.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Das reiht sich in eine ganze Reihe grüner Anträge zur Bundespolitik ein. Ich verstehe, dass Sie die durchaus schwache Performance der Bundesregierung wieder einmal ausnutzen wollen, aber die Berliner Bürger werden sich freuen, auch von Ihnen einmal irgendetwas Klares oder Konkretes zur Landespolitik zu hören.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Das Aufgeregte Wischiwaschi, das wir heute gehört haben – ein klares Beispiel war die Rede von Frau Pop zur Aktuellen Stunde und von Herrn Ratzmann zur Green Economy –, die Art von aufgeregt vorgetragenen Worthülsen war selbst für Grüne-Standards weit über der Schmerzgrenze der meisten Zuhörer in diesem Haus.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Die Atomdebatte jetzt hier zu führen, für die wir gar nicht zuständig sind, ist eine Ersatzhandlung für richtige Politik.

[Zurufe von der Linksfraktion]

Wir haben in Berlin keine Atomkraftwerke. Wir werden auch keine bekommen, weil dafür das Kühlwasser fehlt. Atomenergie betrifft uns landespolitisch nicht.

[Beifall bei der FDP]