Protocol of the Session on September 9, 2010

Danke, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Wie bewertet der Senat, dass BUND, Mieterverein und IHK am Dienstag den Lompscher-Entwurf für ein Klimaschutzgesetz als klimapolitisch unambitioniert, wirtschaftlich ineffizient und sozial unausgewogen ablehnen und stattdessen ein Stufenmodell für das Berliner Klimaschutzgesetz vorgeschlagen haben, nach dem der Berliner Gebäudebestand schrittweise auf die wirtschaftlich effizienteste Weise energetisch modernisiert werden soll?

2. Trifft es zu, dass Senator Nußbaum den Klimaschutzgesetzentwurf in der Senatsabstimmung gestoppt hat, und bis wann will der Senat dem Abgeordnetenhaus einen Gesetzesentwurf für ein Berliner Klimaschutzgesetz vorlegen?

Danke schön, Herr Kollege! – Die Umweltsenatorin Frau Lompscher hat das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Schäfer! BUND, IHK und Mieterverein haben in ihrer gemeinsamen Pressemitteilung vom Dienstag keinen Bezug auf einen Entwurf des Klimaschutzgesetzes genommen und keine Bewertung vorgenommen. Sie haben vielmehr ihren eigenen, vor über einem Jahr unterbreiteten Vorschlag konkretisiert und vorgestellt.

Der Referentenentwurf des Klimaschutzgesetzes vom letzten Sommer aus meinem Haus hat eine umfangreiche Debatte in der Stadt zum Klimaschutz ausgelöst, was ich sehr begrüße. Davon haben wir uns bei der weiteren Bearbeitung auch leiten lassen und viele Anregungen aufgegriffen. Dass die drei Verbände selbst ein Stufenmodell in die Diskussion gebracht haben, begrüße ich im Grundsatz. Das habe ich auch nie bestritten. Wir brauchen die öffentliche Debatte für die verantwortungsvolle Vorbereitung einer politischen Entscheidung über ein so wichtiges Vorhaben.

Ich finde allerdings, dass in dieser Diskussion viel zu lange nur mit Behauptungen operiert wurde. Wir brauchen aber belastbare Fakten und nicht nur gut klingende Ideen, die – bis Dienstag in diesem Fall – durch nichts untersetzt waren. Jetzt liegen die Zahlen auf dem Tisch, und wer sich damit beschäftigt, wird erkennen, dass ein Modell, das vorschreibt, bis 2030 alle fünf Jahre die Energiekennwerte schrittweise abzusenken, mit ganz erheblichen Aufwendungen für Bürgerinnen und Bürger verbunden ist. Die so oft geforderte Wirtschaftlichkeit für die Verpflichteten wird von den Verbänden und auch von Ihnen selbst, Herr Schäfer, nicht nachgewiesen, weil diese Regelung entweder einmalig sehr hohe oder über die Jahre wiederkehrende laufende Investitionen in die Gebäude erfordert und entsprechende Belastungen für Mieterinnen und Mieter nach sich ziehen wird. Die ebenfalls

immer wieder geltend gemachte Technologieoffenheit ist reine Theorie, denn de facto ist sie durch die strengen Zielvorgaben einerseits und durch das überschaubare Angebot von möglichen Maßnahmen, über das wir uns hier gerne austauschen können, außer Kraft gesetzt.

Deshalb bitte ich Sie: Lassen Sie uns endlich eine ehrliche Diskussion in der Stadt führen! In unserem Klimaschutzgesetz haben wir ebenfalls ein Stufenkonzept vorgesehen, das sich allerdings von dem Vorschlag der Verbände unterscheidet. Damit werden die Belastungen für Eigentümer, aber auch für Mieterinnen und Mieter im Verhältnis zu den Umwelteffekten tragbar sein, und daran sollten wir alle in der Stadt ein Interesse haben.

Zu Ihrer zweiten Frage, ganz kurz: Nein, das trifft nicht zu. Der Gesetzentwurf wird so schnell wie möglich dem Abgeordnetenhaus vorgelegt werden.

Danke schön, Frau Senatorin! – Gibt es eine Nachfrage des Kollegen Schäfer? – Bitte schön, Herr Schäfer, Sie haben das Wort!

Danke, Herr Präsident! – Frau Senatorin! Wenn ich das mal übersetzen darf, heißt das, dass Sie mit Ihrem Koalitionspartner, der sich auf einem Parteitag für dieses BUND/IHK/Mieterverein-Modell ausgesprochen hat, noch keine Einigung erzielt haben über den Kern eines Klimaschutzgesetzes – –

Herr Kollege! Es muss schon eine Frage sein, oder es muss erkennbar sein, dass es in einer Frage landet.

[Özcan Mutlu (Grüne): Das ist doch eine Frage!]

Das ist doch eine Frage!

Nein! Der erste Teil nicht.

[Zurufe]

Wenn Sie meinen! Waren Sie fertig?

Nein, Sie haben mich unterbrochen.

Dann fahren Sie fort. Aber stellen Sie eine Frage!

Trifft es zu, Frau Senatorin, dass sich aus Ihren Ausführungen ergibt, dass Sie mit Ihrem Koalitionspartner, der sich auf einem Landesparteitag für das von BUND, IHK und Mieterverein dargelegte Modell ausgesprochen hat, noch keine Einigung über den Kern des Klimaschutzgesetzes überhaupt erzielt haben, sondern immer noch beide Entwürfe nebeneinander stehen und die Koalition nicht weiß, welchen Kern dieses Gesetz haben soll?

[Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

So ist es recht, Herr Kollege Schäfer! – Bitte schön, Frau Senatorin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Schäfer! Es gibt nicht zwei Entwürfe für ein Klimaschutzgesetz, es gibt einen Entwurf für ein Klimaschutzgesetz, über welches die politische Abstimmung noch stattfindet.

[Oliver Schruoffeneger (Grüne): Und es gibt eine Öffentlichkeit, die eine andere Wahrnehmung hat!]

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht.

Dann kommen wir zur Frage Nummer 4 des Kollege Uwe Doering von der Linksfraktion zu dem Thema

Zukunft der Städtebauförderung

Bitte schön, Herr Doering!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Welche Chancen sieht der Senat für seine Bundesratsinitiative gegen die Kürzung der Städtebauförderung angesichts des einvernehmlichen Votums aller für die Stadtentwicklung Verantwortlichen der Bundesländer für den Erhalt dieser gemeinsamen Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen?

2. Welche Probleme würden sich für Berlin mit der geplanten Kürzung der Städtebauförderung ergeben?

Frau Staatssekretärin Krautzberger – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Doering! Der Senat will mit der Entschließung, die er in den Bundesrat eingebracht hat, zuallererst die Bundesregierung auffordern, umgehend alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit im weiteren Verlauf der parlamentarischen Beratungen zum Haushaltsentwurf 2011 die Kürzungen bei der Städtebauförderung rückgängig gemacht werden. Der Appell des Bundesrats richtet sich nicht nur an die Bundesregierung, sondern auch an den Bundestag, insbesondere im Rahmen dieser Haushaltsberatungen dem Kabinettsbeschluss zu diesem Teil des Haushalts nicht zuzustimmen. Wir beziehen uns hier auf einen sehr breiten Konsens aller Länder, der Gemeinden, ausgedrückt durch die kommunalen Spitzenverbände und vieler Organisationen bis hin zu den Vertretern der Bauwirtschaft, des Handwerks und des Einzelhandels, die sich alle für die Fortsetzung der Städtebauförderung auf dem bisherigen Niveau einsetzen. Wir erwarten aufgrund dieser doch sehr konsensualen Haltung, dass hier die Einsparabsicht in großen Teilen hoffentlich in Gänze aufgegeben wird.

Im Rahmen einer Sonderbauministerkonferenz erklärte Herr Bundesminister Ramsauer, dass er die Unterstützung durch die Länder sucht. In seiner Presseerklärung teilte er dann mit – ich zitiere –:

Wir sind uns alle einig über den großen volkswirtschaftlichen Erfolg dieses Förderinstruments.

Es sei, sagte er weiter, ein gemeinsames Anliegen, die Städtebauförderung zu erhalten. Herr Minister Ramsauer nannte allerdings keine konkrete Zahl, wie hoch letztlich die Kürzung bei der Städtebauförderung aus seiner Sicht ausfallen würde.

In Berlin betreffen die Kürzungen die Berliner soziale Stadtentwicklung in allen Facetten. Im Jahr 2010 erhält Berlin Bundesfinanzhilfen in Höhe von 30 Millionen Euro. Bliebe es bei der Kürzung, würden die auf Berlin entfallenden Mittel für die Programme ab 2011 voraussichtlich halbiert. Die Mittel kommen heute in Berlin 77 Fördergebieten zugute. Die betroffenen Bezirke würden, wenn es so käme, drastische Einschnitte im Bereich der sozialen Stadtentwicklung erfahren, obwohl gerade hier Maßnahmen zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts dringend erforderlich sind. Infolge fehlender Fördermittel – ich nenne sie mal in den Bestandteilen – für die soziale Stadt, den Stadtumbau, die aktiven Zentren und den städtebaulichen Denkmalschutz könnten dann wichtige Infrastrukturmaßnahmen wie Schulen, Kitas und Verbesserungen im öffentlichen Raum in Bauabschnitten oder über mehrere Programmjahre nicht mehr in vollem Umfang gefördert werden.

Der integrative Ansatz des Programms richtet sich gerade auch auf privates Engagement und ehrenamtliche Tätigkeiten. Mit Städtebauförderung wird Demokratie vor Ort möglich und führt oft dazu, dass Menschen Verant

wortung in der Nachbarschaft übernehmen. Dies sind Prozesse, die man nicht beliebig abbrechen kann, die Kontinuität und Verlässlichkeit fordern.

Ein anderer wichtiger Aspekt ist, dass eine Kürzung der Städtebauförderung das örtliche Handwerk und das Baugewerbe unmittelbar treffen würde. Die Bauaufträge in den Fördergebieten kommen, da sie in aller Regel sehr kleinteilig und arbeitsintensiv sind, fast ausschließlich den lokalen und regionalen Unternehmen, dem Handwerk und ihren Beschäftigten zugute. Es gibt keine andere staatliche Förderung, die fast ausschließlich dem mittelständischen Baugewerbe und dem Handwerk zugute kommt. Deshalb wandten sich auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks und die Fachorganisation des Handwerks massiv gegen die Kürzungen und wiesen auf die bedrohlichen Folgen für den handwerklichen Baubetrieb hin. Die Fachgemeinschaft Bau warnte in diesem Kontext auch vor dem Anstieg der Arbeitslosigkeit. Ein Letztes möchte ich noch erwähnen: Auch die Mitglieder des Arbeitskreises Berliner Quartiersmanagementbeauftragter nahmen aufgrund der Sorge um die Auswirkungen in den 34 Berliner Problemquartieren Stellung zu der geplanten Kürzung der Städtebauförderung und wandten sich direkt an Mitglieder des Deutschen Bundestags. Auch sie setzen sich dafür ein, die Kürzungspläne vollständig zurückzunehmen.

Danke schön! – Ein Nachfrage des Kollegen Doering!

Danke, Herr Präsident! – Frau Staatssekretärin! Neben der Kürzung bei der Städtebauförderung sind auch Kürzungen bei der CO2-Gebäudesanierung und beim Wohngeld vorgesehen. Waren diese beiden Punkte auch Thema beim Treffen der zuständigen Fachminister aus den Ländern, und wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Frau Staatssekretärin Krautzberger!

Herr Abgeordneter Doering! Schwerpunkt waren die Mittel im Bereich der Städtebauförderung. Auch zur Wohngeldförderung wurden entsprechende Erörterungen gemacht, allerdings nicht in dem Umfang. Aber auch hierzu ist Frau Junge-Reyer initiativ geworden und versucht, auf Bundesebene darauf einzuwirken, dass die Auswirkungen dieser Kürzungen ausgeglichen werden.

Danke schön! – Frau Eichstädt-Bohlig – bitte schön!

Danke schön! – In Ergänzung zu der Nachfrage vom Kollegen Doering frage ich, ob Sie bei der geplanten Wohngeldkürzung wissen, wie viel das sowohl für die Betroffenen als auch das Land Berlin ausmacht für den Fall, dass bei den Wohnkostenzuschüssen für Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger das Land Berlin den Kostenausgleich finanzieren muss.

Frau Staatssekretärin Krautzberger – bitte!

Frau Abgeordnete Eichstädt-Bohlig! Ich kann Ihnen das jetzt nicht beziffern. Es tut mir leid. Ich kann Ihnen das nachreichen.

[Oliver Schruoffeneger (Grüne): Das ist bei solch einem Thema aber peinlich!]

Danke schön!