Protocol of the Session on July 1, 2010

Falls dies befürwortet wird, ist der bundesweite Einsatz der elektronischen Akten für den Arbeitslosengeld I-Bereich in drei Stufen geplant. Die erste Stufe umfasst Berlin-Brandenburg, Bayern und

Sachsen. In der zweiten Stufe werden BadenWürttemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland erfasst. In der dritten Stufe Nord kommen Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen hinzu.

Während der Pilotphase werden die Originalschriftstücke datenschutzkonform aufbewahrt. Nach einer Befürwortung durch den Verwaltungsrat und der Flächeneinführung der elektronischen Akten werden die Originalschriftstücke datenschutzkonform vernichtet. Weitere Detailinformation, wie die datenschutzkonforme Vernichtung aussieht, liegen uns zur Zeit nicht vor. Der Senat war in diese Überlegung nicht einbezogen.

Zur zweiten Frage übermittelt uns die Regionaldirektion Folgendes:

Papierdokumente werden in sogenannten Scanzentren digitalisiert und in ein elektronisches System eingelesen. Dabei wird die eingehende Tagespost unter Berücksichtigung festgelegter Ausnahmen digitalisiert. Ausnahmen sind beispielsweise ärztliche und psychologische Gutachten, Urkunden und dergleichen. Der Auftragnehmer für diesen Prozess ist die Deutsche Post AG. Das Einscannen von Briefen ist bei der Deutschen Post schon seit vielen Jahren üblich. Die Post handelt dabei im Auftrag und in Abstimmung mit den Empfängern. Geöffnet werden die Briefe maschinell, bevor sie von Mitarbeitern eingescannt werden. Die Post unterliegt dem Brief- und Postgeheimnis. Der Datenschutz ist zu jeder Zeit sichergestellt. Die persönlichen Daten der Arbeitslosen und Kindergeldempfänger sind mit den eAkten so sicher wie bisher. Die Kundenakten und die eingehende Post werden in gesicherten und extra verplombten Transportboxen in das Scanzentrum angeliefert. Der Zugang zum Scanzentrum ist hoch gesichert. Alle dortigen Mitarbeiter haben eine Sicherheitsüberprüfung durch den Bund durchlaufen. Das gesamte Verfahren wird vor dem Start durch die zentrale Zertifizierungsstelle für die Sicherheit von IT-Systemen in Deutschland dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik BSI abgenommen. Der Datenschutzbeauftragte ist ebenfalls eingebunden.

So lautet die Antwort der Regionaldirektion.

Der Senat wird diesen Prozess kritisch begleiten und insoweit auch in Leistungen des kommunalen Trägers des SGB II einbezogen werden. Das Land Berlin erwarte eine rechtzeitige Beteiligung durch die Bundesagentur.

Danke schön, Frau Senatorin! – Jetzt gibt es eine Nachfrage des Abg. Lehmann. – Bitte!

Recht schönen Dank! – Mich interessiert noch einmal vonseiten des Senats gerade aus sozialpolitischer Sicht, wie Sie solche Dinge einschätzen, gerade wenn Dritte Einsicht in die Post erhalten. Es geht gerade um diejenigen, die arbeitssuchend sind und ohnehin schon Probleme haben. Wie steht der Senat dazu?

Frau Senatorin Bluhm – bitte!

Ich habe die datenschutzrechtliche Relevanz des Themas sowie die Einflussmöglichkeiten sehr genau beschrieben. Bei einem solchen Prozess, bei dem es um eine modellhafte Erprobung außerhalb Berlins geht, ist die wirkliche Einflussnahme durch Parlamentarier auf Bundesebene möglich. Alle Fraktionen sind im Bundestag vertreten. Wenn es eine Einflussnahme auf die Ablauforganisation geben soll, scheint es mir an dieser Stelle sehr sinnvoll, nicht zu warten, bis Berlin, die kommunalen Leistungen betreffend, in einem übernächsten Schritt einbezogen wird. Vielmehr sollte eine Einmischung in diesen Prozess auf Bundesebene erfolgen. Sensibilität im Umgang mit diesem Prozess und eine kritische Beleuchtung und Hinterfragung der Sicherheitsrisiken halte ich in jedem Fall für gegeben und angemessen. Die Parlamentarier sind aufgefordert, sich da ebenso einzumischen wie der Bundesdatenschutzbeauftragte und entsprechende Bundesinstitutionen.

Danke schön, Frau Senatorin! – Dann ist Herr Birk von den Grünen an der Reihe. – Bitte schön!

Frau Senatorin! Wie beurteilen Sie denn die Tatsache, dass die Mitarbeiter, die die Briefe einscannen, diese auch vorher lesen müssen, um beurteilen zu können, was davon Originale und Urkunden sind, wenn Originale und Urkunden nicht vernichtet werden dürfen bzw. auch dem Kunden zurückgeschickt oder an das Jobcenter weitergeleitet werden müssen?

Frau Senatorin Bluhm, bitte!

Ich habe den übermittelten Kenntnisstand, den ich erst einmal zur Debatte gestellt habe, so verstanden, dass ärztliche und psychologische Gutachten und Urkunden nicht eingescannt werden. An der Stelle gibt es eine Ausnahme. Es muss dann natürlich eine Vorsortierung nach

diesen Mechanismen erfolgen. Wir werden uns diesen Gesamtprozess noch einmal anzuschauen haben, sofern wir als Land Einfluss und Eingriffsmöglichkeiten erlangen. Auf der Bundesebene ist das aus meiner Sicht sehr viel zeitiger möglich.

Danke schön!

Dann kommt die nächste Frage des Kollegen Melzer von der Fraktion der CDU zu dem Thema

Öffentlich gefördertes Lohndumping

an die Reihe. – Bitte schön, Herr Melzer!

Vielen Dank! Ich frage den Senat:

1. Wie bewertet der Senat den durch das Bezirksamt Mitte vergebenen Maler-Großauftrag unter Nichtbeachtung des bundeseinheitlichen Mindestlohns für Maler- und Lackiererarbeiten in Höhe von 9,50 Euro zu Dumpingkonditionen von knapp 6 Euro –„was!“Bericht vom 31. Mai 2010 –?

2. Wird der Senat bei der öffentlichen Auftragsvergabe zukünftig Fachunternehmen unterstützen oder auch weiterhin durch Maßnahmen Arbeitslose als billige Arbeitskräfte missbrauchen, anstatt sie auf dem ersten Arbeitsmarkt zu integrieren?

Danke schön! – Frau Bluhm hat das Wort. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Melzer! Für den Senat ist die Einhaltung der zwingend vorgegebenen Mindestentgeltsätze unabdingbar. Betriebe oder selbstständige Betriebsabteilungen, die überwiegend von einem Mindestlohntarifvertrag erfasste Tätigkeiten erbringen, müssen die tarifvertraglich geregelten Mindestarbeitsbedingungen ausnahmslos einhalten.

Die Vergabe und Erbringung von Aufträgen – noch dazu öffentlich geförderter Aufträge – unter Verstoß gegen bundesrechtlich zwingende Mindestentgeltvorgaben ist für den Senat nicht tolerierbar. Wir haben unverzüglich nach Bekanntwerden des Sachverhalts die Prüfung beauftragt und sind gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit zu der Auffassung gelangt, dass ein Mindestlohnverstoß vorliegt. Dabei geht der Senat von der Annahme aus, dass ein solcher Auftrag betriebsorganisatorisch sinnvoll nur durch selbständige Betriebsabteilungen im Sinn der Malermindestlohnverordnung zu bewältigen ist. Nach uns aktuell vorliegenden Informationen wird die Bundesagentur für Arbeit die Förderung der Maßnahme aufhe

ben, also beenden. Darüber hinaus soll die Zentrale der Bundesagentur beabsichtigen, Sonderprüfungen dieser und vergleichbarer Maßnahmen im Jobcenter Mitte durchführen.

Das Unternehmen selbst ist allerdings weiterhin der Auffassung, dass es nicht dem Geltungsbereich des Mindestlohntarifvertrags unterliegt. Wir gehen davon aus, dass nur eine gerichtliche Entscheidung zweifelsfrei Aufklärung bringen kann. Diese halten wir nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge für nicht ausgeschlossen.

Zur zweiten Frage: Der Senat wird bei der öffentlichen Auftragsvergabe auch zukünftig die vergaberechtlichen Bestimmungen beachten und Aufträge insbesondere nur an fachkundige leistungsfähige, sowie gesetzestreue und zuverlässige Unternehmen vergeben. Heute wird das Abgeordnetenhaus ja das Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz beschließen, das der Senat eingebracht hat. Darin enthalten ist nicht nur eine Mindestlohnvorgabe von 7,50 Euro, sondern der Gesetzentwurf enthält auch darüber hinaus Regelungen, die künftig sicherstellen, dass Verstöße gegen die Mindestlohnbestimmungen des Arbeitnehmerentsendegesetzes vergaberechtlich sanktioniert werden können. Die Bezirksstadträte für Soziales sind in der letzten Stadträtesitzung auf die rechtliche Situation hingewiesen worden. Außerdem überarbeitet der Senat das entsprechende Rundschreiben, in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich die im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante einem Auftragnehmer zugewiesenen Personen in einem regulären Arbeitsverhältnis mit diesem Arbeitnehmer befinden, das heißt, allen arbeitsrechtlichen Bestimmungen und selbstverständlich auch den Mindestentgeltsätzen unterliegen und diese Anwendung zu finden haben. Der Senat geht daher davon aus, dass die Mindestlohnregelung im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe künftig noch umfassender und besser beachtet werden kann. Und die Vergabestellen werden bzw. wurden beauftragt, alle laufenden und beantragten Maßnahmen vor diesem Hintergrund zu überprüfen.

Danke schön, Frau Kollegin Senatorin! – Jetzt ist Herr Melzer mit einer Nachfrage dran. – Bitte, Herr Melzer!

Vielen Dank! – Frau Bluhm! Sie wissen ja auch, dass das Vergabegesetz, das wir heute beschließen, mit der Kontrolle der allgemeinverbindlichen Löhne wie bei den Malern und Lackierern rein gar nichts zu tun hat. Deswegen möchte ich Sie fragen, ob Sie als Senat in die Vergabe dieses Auftrags des Bezirksamts Mitte eingreifen, die Vergabe zurücknehmen, um das zu verhindern, was die Maler- und Lackiererinnung aus meiner Sicht zu Recht befürchtet, nämlich dass reguläre Beschäftigung vom Arbeitsmarkt verdrängt wird. Das gilt es doch auf jeden Fall zu verhindern, deswegen meine Frage: Wird der Senat diese Vergabe stoppen und neu ausschreiben?

Frau Senatorin Bluhm – bitte schön!

Ich habe ja die eindeutige Rechtsposition des Senats dargelegt. Im vorliegenden Fall geht es um einen Rechtsstreit eines übrigens rein marktwirtschaftlich agierenden Unternehmens, das diesen Auftrag mithilfe des Förderinstruments Arbeitsgelegenheit nach Entgelt erbracht hat. Dieser Auftrag ist wiederum von einem Stadtteilverein ausgelöst worden. Dieses Unternehmen stützt sich in seiner Rechtsauffassung auf einen Freistellungsbescheid zur Prüfung der baulichen Eigenschaft, der tatsächlich von der Bundesagentur für Arbeit erteilt worden ist. Auf dieser Grundlage agiert dieses Unternehmen und sagt, wenn ich diese bauliche Eigenschaft nicht habe und dafür einen Freistellungsbescheid vorweisen kann, ist das für mich die rechtliche Grundlage, nicht der Malermindestlohnverordnung zu unterliegen. Genau diese rechtliche Auseinandersetzung habe ich beschrieben.

Ich habe auch die Rechtsposition des Senats beschrieben, dass wir nämlich davon ausgehen, wenn in dieser Größenordnung – wie beschrieben – eine bauliche Leistung erbracht wird, dann tatsächlich eine rechtlich eigenständige Betriebsabteilung das ausführt, weil es gar nicht anders geht. Dieses unterliegt dann ganz selbstverständlich der in Rede stehenden Malermindestlohnverordnung. Insofern ist unsere Rechtsposition klar. Sie sehen nun auch, dass die Bundesagentur, die – das muss ich ganz klar sagen – diesen Freistellungsbescheid erteilt hat, nun tatsächlich mit einer Revision im Jobcenter Mitte mit einem Stoppen der Maßnahmen – weil sie die Träger der Maßnahmen sind, sie die Personalkosten bezahlt, da ist das Land Berlin nicht beteiligt – offensichtlich Konsequenzen ziehen will und wird.

Danke schön! – Der Kollege Otto hat noch eine Nachfrage. – Sie haben das Wort, bitte schön!

Frau Senatorin! Das ist sicherlich ein interessanter Rechtsstreit, dessen Ende wir abwarten müssen. Ist Ihnen aber von der Sache her, um die es da ging, bekannt, dass es sich um eine größere Anzahl von Fenstern handelte, die man eigentlich hätte auswechseln müssen, dass die Anfrage bei anderen Malerfirmen, die Fenster einfach überzustreichen, dazu geführt hat, dass sie gesagt haben, da übernehmen wir keine Gewährleistung, das ist eigentlich alles Schrott, und dass man deshalb im Bezirksamt Mitte darauf verfallen ist, gerade diesen Weg und diese Firma auszuwählen?

Frau Senatorin Bluhm – bitte!

Ich bitte um Verständnis, dass ich über diese Details, wie die Auftragsvergabe zustande gekommen ist, keine Auskunft erteilen kann,

[Senator Dr. Ulrich Nußbaum: Welche Farbe verwendet wurde!]

nein, auch nicht, welche Farbe verwendet worden ist –, sondern nur, wie der reguläre Weg war. Es gibt das Rundschreiben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und unserer Verwaltung, das auf die rechtlichen Konditionen bei der Verwendung des Instruments Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante im Vergabemodell hinweist. Die Rechtsposition habe ich dargestellt. Der Stadtteilverein, der diesen Auftrag ausgelöst hat, hat die Vergabeentscheidung getroffen, auf der von mir zugrundegelegten Rechtsposition der nicht baulichen Eigenschaft des Leistungserbringers und vermutlich auch, weil es der günstigste Anbieter war. Aber dazu kann ich tatsächlich im Detail nichts sagen.

Danke schön, Frau Senatorin!

Dann kommen wir zur Anfrage Nr. 3 des Kollegen Mutlu von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu dem Thema

Erzieher/-inneneinstellung: Wie will der Senat den Ganztagsbetrieb an Schulen sicherstellen?

Bitte schön, Herr Mutlu!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Womit begründet der Senat die Verschleppung der Einstellung von Erzieher/-innen für den Ganztagsbetrieb an Schulen, und mit welchen Auswirkungen auf die Planung des Ganztagsbetrieb im neuen Schuljahr rechnet der Senat aufgrund der fehlenden 500 Erzieher/-innen?

2. Wann ist es den Schulen endlich möglich, Trägerkooperationen für den Ganztag abzuschließen, damit die dringend benötigten Erzieher/-innen eingestellt werden können, und wie will der Senat hier das Vertrauen der Eltern in eine verlässliche Schulplanung zurückgewinnen?

Danke schön! – Dazu hat Frau Staatsekretärin Zinke von der Bildungsverwaltung das Wort. – Bitte Schön, Frau Zinke!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Mutlu! Zu 1 und 2: Vorweg, um hier nicht eine falsche Zahl im Raum stehen zu lassen: Es geht hier nicht um einen Bedarf von 500 Erziehern und Erzieherinnen, sondern es geht um einen Bedarf an personellen Maßnahmen von ca. 340 Vollzeiteinheiten. Wir werden in den nächsten Wochen folgende Maßnahmen treffen, wir haben sie auch schon eingeleitet, nachdem nunmehr die Abstimmungsgespräche zur Ausstattung der Berliner Schulen abgeschlossen werden konnten.

Erstens werden wir aus den Bezirken, die ihre bezirkliche Jugendfreizeiteinrichtungen an freie Träger übertragen haben, Erzieherpersonal übernehmen.

Zweitens: Wir werden alle, die derzeit mit befristeten Verträgen in den Grundschulen beschäftigt sind, auf feste unbefristete Stellen übernehmen. Und wir werden alle, die derzeit befristete Stundenaufstockungen haben, ebenfalls übernehmen und ihnen unbefristete Beschäftigungsangebote machen können. Des Weiteren werden wir neue Kooperationen mit den freien Trägern abschließen, die dann an Grundschulen die Betreuungsleistung anbieten.