Protocol of the Session on May 6, 2010

[Zurufe von der FDP]

Das ist doch ein großer Fehler. – Herr Gersch! Herr Schmidt! Seien Sie doch mal ehrlich! Nehmen Sie Ihren eigenen Antrag ernst und wirken Sie auf Ihre Bundestagesabgeordneten ein! Seien Sie mal konsequent! Sie haben hier immer gesagt, die Umweltzone ist besonders für kleine Wirtschaftsleute schädlich und kostet Geld. Ihre Bundesregierung verhindert, dass es 330 Euro Förderung gibt. Seien Sie doch einmal konsequent und bringen das voran!

[Zuruf von Kai Gersch (FDP)]

Herr Gersch! Ihre Bundesregierung macht die Bundesförderung, nicht wir.

Entschuldigung, Herr Buchholz! Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage von Frau Kubala?

Natürlich!

Herr Kollege! Ich hoffe, Ihnen ist bekannt, dass in der Kennzeichnungsverordnung zwar steht, welche Ausnahmen es gibt, aber es durchaus möglich ist, darüber hinauszugehen. Die öffentliche Hand kann ihre Kraftfahrzeuge schneller umrüsten. Das hätte eine Vorbildfunktion und wäre in einer Hauptstadt, die auf ihre Luftqualität achten will, angemessen.

Das ist mir bekannt, Frau Kubala. Zudem wird das vom Senat umgesetzt, und wir werden es – da bin ich zuversichtlich – unterstützend noch einmal im Vergabegesetz regeln, zum Beispiel über das Stichwort „vollständige Lebenszykluskosten“. Dann muss man, wenn man neue Fahrzeuge – vom kleinen Elektroauto bis hin zum Feuerwehrfahrzeug – beschafft, nicht nur auf die Anschaffungskosten schauen, sondern auf die Kosten der gesamten Betriebszeit: Wie hoch ist der Spritverbrauch? Welche Wartungskosten entstehen? – Wenn man das macht, ist das eine wirtschaftliche und ökologische Betrachtung. Genau diese Kombination brauchen wir.

Es wird Sie nicht wundern, dass wir dem FDP-Antrag nicht zustimmen können. Der Grund dafür sind die Widersprüche, die Sie eingebaut haben. Zwei habe ich exemplarisch benannt. Wir bitten Sie, zunächst Ihre eigenen Hausaufgaben zu machen. Gehen Sie auf die FDPBundestagsfraktion zu! Greifen Sie ein, Herr Schmidt und Herr Gersch! Sagen Sie: Ja! Wir wollen den Berliner Mittelstand fördern. Wir wollen den Dieselrußfilter in Berlin umstellen. – Dafür hätten Sie unsere Unterstützung. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Jetzt hat Herr Wilke für die CDUFraktion das Wort. – Bitte!

Liebe Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin geneigt, zur Sachlichkeit zurückzukehren.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Da sind wir aber mal gespannt!]

Wenn man sich vorstellt, dass Großstädte gerade einmal ein Prozent der Erdoberfläche bedecken, aber für 75 Prozent des globalen Energieverbrauchs und ca. 80 Prozent des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen verantwortlich sind, dann wird einem schnell klar, dass es notwendig ist, über dieses Thema ernsthaft zu debattieren. Deswegen sind wir froh, dass die FDP dieses Thema aufgegriffen hat.

Beim Klimaschutz und im Kampf gegen den Klimawandel haben die Großstädte – auch Berlin – eine besondere Bedeutung. In deutschen Großstädten gibt es eine Zunahme warmer Tage – an denen die 25-Grad-Grenze überschritten wird –, eine Zunahme sehr heißer Tage – an denen die 30-Grad-Grenze überschritten wird – und eine Zunahme sogenannter Tropennächte – in denen die 20Grad-Marke nicht unterschritten wird. Dabei hat Berlin schon einen Spitzenplatz in Deutschland eingenommen. Das alles geschieht auch, wenn wir das 2-Grad-Ziel, auf das sich die Industriestaaten geeinigt haben, einhalten. Das passiert alles trotzdem. Deswegen ist die aktuelle

Herausforderung nicht mehr das, was in dem FDP-Antrag formuliert ist, sondern die Frage, wie Städte wie Berlin ertüchtigt werden, mit dieser Herausforderung umzugehen. Das fängt bei der Städteplanung an, führt über die Bebauung von Städten und mündet beispielsweise in der Frage, wie man künftig in den Großstädten architektonisch damit umgeht. Darauf hat der FDP-Antrag keine Antworten.

Der Antrag enthält zwar einige richtige Punkte, aber wenig neue. Natürlich ist es richtig zu fordern, Herr Kollege Schmidt, landeseigene Gebäude denselben Regelungen zu unterwerfen, die für Private gelten. Es sollte eigentlich selbstverständlich sein, dass sich das Land Berlin mit den gleichen Maßstäben messen lässt wie Private und dasselbe zugemutet bekommt. Dass man daran immer wieder erinnern muss, Herr Kollege Buchholz, finde ich ziemlich traurig, auch wenn Sie den Bund für die Ausnahmeregelung bei der Umweltzone heranziehen.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Dennoch kann man vorbildlich in Berlin vorangehen. Es hindert Sie keiner daran.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Felicitas Kubala (Grüne)]

Der Antrag der FPD erinnert ein wenig an das, was wir beim vorletzten Tagesordnungspunkt diskutiert haben, nämlich die „Aktionsräume plus“. Es wurden viele Allgemeinplätze formuliert, aber es fehlt an konkreten Zielen. Der Antrag der FDP impliziert positive Effekte für die Umwelt – das steht ziemlich weit oben –, ohne dass es zusätzliche Lasten für die Bürgerinnen und Bürger geben wird. Das halten wir für Augenwischerei. Man darf den Menschen in dieser Stadt nichts vormachen, Herr Kollege Schmidt.

[Beifall bei der CDU]

Teile der Koalition, die Opposition und viele Verbände diskutieren zurzeit über ein sinnvolles Klimaschutzgesetz, und das, bevor die FDP hier ihren Antrag gestellt hat. Es könnte sein, dass es hier im Haus eine Mehrheit für ein technologieoffenes Stufenmodell gibt. Das voranzubringen, ist aus unsere Sicht nur die vordringliche Aufgabe. Dahinter bleibt der FDP-Antrag weit zurück. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wilke! – Für die Linksfraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Platta das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist gut, dass wir uns auch in dieser Plenarsitzung, die eher durch die Geschichtsdebatten geprägt ist, mit den Themen Ressourcenschonung und Klimaschutz sowie den Be

lastungen für Bürgerinnen und Bürger befassen. Wir haben schon in mehreren Ausschüssen über diese Anträge der FDP debattiert, sodass man den Worten meiner Vorredner eigentlich nichts mehr hinzufügen braucht. Deshalb will ich mich beschränken

[Andreas Gram (CDU): Vielen Dank!]

auf aktuelle Dinge.

Die Aktivitäten – oder soll ich hier von der Rolle rückwärts sprechen – in Sachen Klimaschutzförderung, die in diesem Monat bereits von der Bundesregierung aus FDP und Union verkündet wurden, lassen die Belastungen für notwendige Investitionen wieder anschwellen. Somit wird wieder so manche Investitionsentscheidung durch die Bewertung der Wirtschaftlichkeit in die Zukunft verschoben oder schlägt ohne die Inanspruchnahme von Fördermitteln – zum Beispiel durch die Höhe der Umlage von Modernisierungskosten – auch stärker auf die Mieterinnen und Mieter auch unserer Stadt zurück. Das ist eigentlich das, was Sie von der FDP vermeiden wollen.

Die Nachricht zum Stopp des Marktanreizprogramms für erneuerbare Energien auf dem Wärmesektor zum 3. Mai 2010 wird Lähmungen bei kleinen Investoren und dem betroffenen Handwerk verursachen, und das bei einem Sektor, der gerade die größten Einsparpotenziale für den Klimaschutz bietet. Letztlich wird wieder klar, dass verlässliche Unterstützung durch die Bundesregierung nur Großinvestoren zuteil wird. Die Energiekonzerne werden die Nutznießer sein. Das ist etwas, was dem Klima und den vielen Arbeitsplätzen – gerade im Berliner Handwerk – nicht gut tun wird.

Mein – aus Ihrem Bekenntnis, werte Kollegen von der FDP, für den Klimaschutz genährten – Optimismus aus der Debatte im letzten Oktober, als wir das erste Mal über diese Anträge sprachen, die FDP werde sich in Regierungsverantwortung auf Bundesebene genau auf die vielfache und nachhaltige Wirkung von zusätzlichen Unterstützungsmitteln besinnen und weitere Anreizprogramme für die zukunftssichernden, erneuerbaren Energien sowie für die weiteren Maßnahmen zur Senkung des Wärmebedarfs im Gebäudebestand auf den Weg bringen, ist den Realitäten gewichen. Umso wichtiger wird es, unsere Entscheidung auf Landesebene richtig zu treffen. Wir werden an unserem sozialökologischen Umbau festhalten.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Die Unterstützung für die Firmen der Zukunftstechnologien ist – das zeigt auch die letzte Meldung zur Errichtung des Lean-Technik-Business-Parks im Nordosten Berlins mit 21 Millionen Euro – ein Schritt in die richtige Richtung und sorgt auch für nachhaltige Arbeitsplätze.

Das künftige Klimaschutzgesetz befindet sich im Zeitplan, der hier im März zugesagt wurde, um noch in diesem Jahr als Beschluss in diesem Haus abschließend behandelt zu werden. Auch das Energiekonzept 2020 wird rechtzeitig fertig sein. In der nächsten Woche sind die Berliner Energietage, und Sie können dort einiges dazu

erfahren. Die Koalition hält an ihrem Anspruch fest, dass sowohl nachhaltiger Klima- und Ressourcenschutz als auch Sozialverträglichkeit im Berliner Klimaschutzgesetz und im Berliner Vergabegesetz ihren wirksamen Niederschlag finden.

Da wir am Montag im Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz wieder diese Themen auf der Tagesordnung haben und diskutieren und heute ein anderes wichtiges Ereignis die Stadt bewegt, nämlich die Eröffnung des Dokumentationszentrums der Stiftung Topografie des Terrors, zu der auch einige von uns Abgeordneten gehen wollen, beendet ich jetzt meine Rede und wünsche uns noch einen angenehmen Abend. – Vielen Dank!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Platta! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Herr Schäfer das Wort. – Bitte!

Meine Damen und Herren! Es ist symptomatisch. Die Debatte um ein Berliner Klimaschutzgesetz findet ohne die Umweltsenatorin statt, die zu spät kommt und dann die ganze Zeit mit ihrem Staatssekretär redet, nicht zuhört, sich nicht hierhin stellt, nicht wirbt, nicht um die besten Lösungen kämpft, sondern einfach desinteressiert am Rande sitzt und sich über andere Sachen unterhält.

[Beifall bei den Grünen]

Dieses Verhalten ist vielleicht noch aussagekräftiger, als es eine Rede von Ihnen hier wäre, Frau Lompscher. Dabei enthält dieser Antrag der FDP drei sehr wichtige Eckpunkte für ein Berliner Klimaschutzgesetz: erstens die Orientierung an langfristigen Klimazielen, zweitens, dass die Klimaschutzziele auf die effizienteste und also für Eigentümer und Mieter günstigste Weise erreicht werden können, und drittens klare Vollzugsregeln.

Man mag denken, dass es nicht mehr ist als gesunder Menschenverstand, der im FDP-Antrag steht, aber wenn man die FDP heute beobachtet hat, sieht man, dass das schon mehr ist, als man sonst heute von der FDP-Fraktion hätte erwarten können.

[Beifall bei den Grünen]

Aber auch der Gesetzentwurf der Umweltsenatorin bricht mit diesen Regeln des gesunden Menschenverstandes. Es gibt keine Orientierung an klaren Klimazielen. Der Senat hat noch nicht einmal ein klares Klimaziel bis 2050 festgesetzt, obwohl die meisten Investitionsentscheidungen, die Investitionszyklen in diesem Bereich 30, 40 Jahre sind. Investitionen müssen jetzt so gelenkt werden, dass sie uns helfen, das Klimaziel bis 2050 zu erreichen.

Zweitens sind es nicht wirtschaftlich effizientesten Maßnahmen. Im Gegenteil: Dieser Gesetzentwurf wird wahr

scheinlich das Geld in ineffiziente Maßnahmen lenken und damit die Mieter hier in Berlin teuer zu stehen kommen, denn denen müssen wir aus sozialer Verantwortung auch die günstigsten Möglichkeiten zum Erreichen ehrgeiziger Klimaschutzziele bieten.

Drittens der Vollzug: Es gibt keine klaren Vollzugsregelungen in dem Gesetz. Der Berliner Senat bekommt es nicht einmal hin, die Klimaschutzvorschriften der Bundesebene hier in Berlin irgendwie zu vollziehen. Das Einzige, das klar im Klimaschutzgesetzentwurf der Senatorin Lompscher geregelt ist, sind die Ausnahmeregelungen, die 70 bis 80 Prozent der Gebäude umfassen.

Sehr geehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion! Sie haben sich auch für das Modell, das sich klar an Klimazielen orientiert, das sich für eine wirtschaftlich effiziente Umsetzung dieser Ziele einsetzt, von BUND, Mieterverein und IHK ausgesprochen. Frau Platta hat es eben gesagt: Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem Sie diesen Ansatz in der Koalition durch setzen müssen. Die Gefahr, dass Sie im Herbst mit einem Gesetzentwurf von Frau Lompscher konfrontiert werden, der voller Ausnahmeregelungen ist und für den Klimaschutz praktisch nichts bringt, sie dem aber entweder nur zustimmen können oder aber gar kein Klimaschutzgesetz haben, ist sehr groß. Deshalb bitte ich Sie, sich jetzt diesem Problem anzunehmen.

[Beifall bei den Grünen]

Es ist das einzige klimapolitische große Projekt, das Sie bisher in zehn Jahren der rot-roten Regierung vorzuweisen hätten.