Protocol of the Session on April 22, 2010

Sie wissen doch, ich bin immer respektvoll zu Ihnen. – Lieber Herr Senator! Sie haben jetzt die Schüler-LehrerRelation und die Veränderung seit 2002 bemüht. In der Tat sind diese Zeilen richtig. Dem ist nicht zu widersprechen, aber wenn ich an dieser Schraube drehe, nämlich zum Besseren,

[Mieke Senftleben (FDP): Einzelunterricht?]

und letztendlich die Ergebnisse gleich schlecht bleiben oder sogar schlechter werden, und wenn sie sich nicht verändern, ist es dann nicht an der Zeit, zu hinterfragen,

was da genau mit den Mitteln passiert, die für diese Aufgabe richtigerweise zur Verfügung gestellt werden?

[Mieke Senftleben (FDP): Ja, das ist es!]

Schließlich sind Sie seit sechs, sieben Jahren Senator in dieser Stadt.

[Mieke Senftleben (FDP): So lange ist es Gott sei Dank noch nicht!]

Ja, genau das habe ich gesagt, wir müssen es prinzipiell tun, und wir müssen es im Einzelfall tun. Das habe ich gesagt: Es gibt drei verschiedene Gründe, dass es nicht funktioniert. Der wichtigste Grund, der nicht in Frage kommt, ist die prinzipielle Ausstattungsfrage. Jetzt müssen wir gucken, ob wir in unserer Verantwortung als Schulaufsicht in dieser Schule offensichtlich falsch agieren oder aber die Schule falsch agiert. Okay, ja, dann tun wir es, dann machen wir nicht das Schattenboxen, als ob wir durch zusätzliche Stellen die Probleme bewältigen könnten, weil wir genau wissen, dass wir es nicht realisieren können.

Diese Gesellschaft wird nur eine Zukunft haben, wenn der Einzelne die legitime Durchsetzung seiner Eigeninteressen verantwortungsvoll in Anerkennung auch der anderen Interessen betreibt. Dieses zu vermitteln, ist eines der zentralen Aufgaben der Schule, wenn diese Gesellschaft eine Zukunft haben will. Und die Schule kann dies glaubwürdig auch nur tun, wenn sie dasselbe auch für sich selbst gelten lässt als Institution und nicht den einen gegen den anderen ausspielt. Der Grundschulverband sollte akzeptieren, dass nach mehreren Jahren struktureller Veränderungen und Ausstattungsverbesserungen im Augenblick die Sekundarschule I dran ist – im Anschluss an das, was Herr Zillich gesagt hat.

Dem Wohl unserer Kinder – und das ist das Einzige, um was es letzten Ende geht – ist am besten gedient, wenn man seine Kraft auf die eigene Aufgabe konzentriert und nicht anderen schielt. Und dass die Berliner Grundschule das an vielen Stellen kann, beweist sie täglich. Es ist die Frage, was kann ich tun, damit meine Klasse beim nächsten Lehrertest besser wird, mit der sich jede Schule, jede Lehrerin und jeder Lehrer letztlich jeden Tag beschäftigen. Dann werden wir insgesamt besser werden. Wer bei der Beantwortung dieser Frage konkrete zielgerichtete Hilfe zusätzlich braucht, der wird sicher bei diesem Senator ein offenes Ohr, eine offene Tür und eine Möglichkeit zur Hilfe finden. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Senator! – Damit hat die Aktuelle Stunde ihre Erledigung gefunden.

Senator Dr. Jürgen Zöllner

Ich rufe die Priorität der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen auf

lfd. Nr. 4.1:

Beschlussempfehlung

Sprachtests als Eintrittskarte nach Deutschland abschaffen

Beschlussempfehlung InnSichO Drs 16/3081 Antrag der Grünen Drs 16/2501

Das ist der ehemalige Tagesordnungspunkt 17. – Für die Beratung stehen den Fraktionen jeweils eine Redezeit von fünf Minuten zur Verfügung. Für die Fraktion der Grünen hat die Kollegin Bayram das Wort. – Bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte den Antrag kurz erläutern, weil es vielleicht nicht selbstverständlich ist, dass alle wissen, worum es geht. 2007 wurde in einem Gesetz – verantwortet von den Fraktionen der CDU und der SPD, also der sogenannten großen Koalition – auf Bundesebene erlassen, in dem den Menschen Sprachtests vor Einreise in die Bundesrepublik abgefordert wurden. Das hat dazu geführt, dass mittlerweile fast drei Jahre Familien auseinandergerissen werden, Kinder vaterlos in den Herkunftsländern aufwachsen und eine Verelendung stattfindet, wie sie unserem Grundgedanken von Familie und auch dem geschützten Gut der Familie in Artikel 6 Grundgesetz widersprechen. Wir wollen jetzt mit diesem Gesetz eine Bundesratsinitiative starten, in der dann diese Regelungen abgeschafft werden sollen.

[Beifall bei den Grünen]

Denn es ist erwiesen, dass man die Sprache in dem Land am besten lernt, in dem die Sprache hauptsächlich geschrieben und gesprochen wird. Das ist für die deutsche Sprache hier Deutschland. Wir wollen, dass die Menschen hier hinkommen, und dass sie hier in den Kursen Deutsch lernen.

[Beifall bei den Grünen]

Ich verstehe nicht, wenn die Linksfraktion und die SPDFraktion im Innenausschuss das so darstellen, als wenn hier kein Handlungsbedarf wäre, denn bei Sonntagsreden hinsichtlich der SPD-Partei, zuletzt noch Sigmar Gabriel, wird gesagt, ja, ja, das ist falsch mit den Sprachtests, die müssen abgeschafft werden. Auch bei der Linksfraktion ist eine Abgeordnete im Bundestag, die ständig Anfragen dazu stellt, da werden die Zahlen ermittelt, die werden dann gegenübergestellt, wie viel sich geändert hat und wie schlimm das alles – auch messbar – für die Familien geworden ist. Aber im Innenausschuss sagt dann der Kollege von der Linksfraktion, ja, ich weiß doch, dass sich dadurch die Zwangsverheiratung nicht verhindern lässt, denn die kurdischen Familien, die diese Zwangsverheiratung organisieren können, das sind die Familien, die auch das Geld haben, um diese Sprachkurse zu bezahlen, die trifft das nicht. Wer sich aktuell über den Fall Janine informiert, der wird wahrscheinlich auch – bei dem Geld,

das da geflossen ist –, sich vorstellen können, dass wir damit die falschen Menschen treffen.

Solche Aussagen werden im Innenausschuss gemacht, dennoch wird diese Initiative, die wir starten wollen, nicht unterstützt. Da muss ich wirklich sagen, widersprechen Sie sich und schieben den Innensenator vor, der dann halt einfach sagt, das ist doch alles Unsinn, wenn die erst mal hier sind, dann lernen sie diese Sprache nicht mehr, wohl wissend, dass sie die Kurse hier teilweise nicht besuchen können, weil dort keine Kinderbetreuung angeboten wird. Also das heißt, Defizite, die hier vorliegen, werden auf dem Rücken der Familien in ihren Herkunftsländern ausgetragen. Und das finde ich unanständig.

[Beifall bei den Grünen]

Interessant ist natürlich, dass der große Nachwuchs als künftiger Vorsitzender der SPD an dieser Diskussion hier gar nicht teilnimmt und sich auch sonst nicht dazu äußert, denn er interessiert sich für das Thema immer nur, wenn man damit auch gute Presse machen kann, und dann lädt er sich ganz viele Sachverständige ein, demnächst wieder, und lässt sich informieren. Aber es reicht.

[Zuruf von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

Sie haben noch ein Jahr, in dem Sie hier regieren.

[Volker Ratzmann (Grüne): Wenn überhaupt!]

Und das ist wirklich ein verlorenes Jahr, weil Sie die wesentlichen Möglichkeiten und auch diese Initiative nicht nutzen, um mal echte Verbesserungen herbeizuführen. Es ist ein verlorenes Jahr, weil Sie nicht in der Lage oder bereits und willens sind, die Verbesserungen für die Menschen einzuführen, die hier erforderlich sind.

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Kollege Kleineidam.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Bayram! Vielleicht vorab: Wenn Sie sagen, ein Jahr haben wir zum Regieren, um Sachen zu verändern: Wir reden über Bundesgesetzgebung, das ändern wir nicht hier.

[Beifall von Giyasettin Sayan (Linksfraktion) – Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Das ist Frau Bayram egal!]

Es geht um die Frage, ob im Rahmen des Familiennachzugs nur Menschen nach Deutschland einreisen dürfen, die zuvor einen Sprachtest bestanden haben. Frau Bayram, Sie haben recht, das ist eine durchaus strittige Frage. Auch in meiner Partei gibt es da unterschiedliche Auffassungen. Und es ist sicher – da bin ich ganz bei Ihnen – rechtlich umstritten, was mit der Schutzverpflichtung des Staates gegenüber Ehe und Familie ist. Es ist auch zu hinterfragen, ob das so richtig ist, wenn Menschen aus

Vizepräsident Dr. Uwe Lehmann-Brauns

unterschiedlichen Ländern unterschiedlich behandelt werden.

[Özcan Mutlu (Grüne): Richtig!]

Und Ihr Hinweis auf die Frage, wo ich eine Sprache am besten lerne, nämlich am besten in dem Land, wo sie Muttersprache ist, hat selbst der Kollege Wansner im Januar im Innenausschuss eindrucksvoll dokumentiert, indem er erzählt hat, dass er einmal im Jahr in die Türkei reist, um dort Türkisch zu lernen.

[Özcan Mutlu (Grüne): Ha, ha! Das glaubt aber nur er selbst!]

Auf der anderen Seite haben die Befürworter der Regelung natürlich recht, wenn sie betonen, dass Deutschkenntnisse Voraussetzung für eine gute Integration sind. Sicherlich gibt es auch einige, sehr patriarchalisch geprägte Familien, in denen fehlende Sprachkenntnisse eine zusätzliche Schranke darstellen, sich auch außerhalb der Familie zu bewegen. Es gibt also einiges an Für und Wider in dieser Frage. Wir – die SPD hier im Abgeordnetenhaus – sind zu dem Ergebnis gelangt, dass wir die Praxis dieser Regelung erst noch eine Weile beobachten sollten,

[Benedikt Lux (Grüne): Ein Jahr!]

um abschließend bewerten zu können: Sind die Ziele, die damit verfolgt werden sollten, erreichbar, oder sind die Bedenken zu stark, dass man es eventuell doch ändern sollte?

[Alice Ströver (Grüne): Oje!]

Dann gibt es einen weiteren Grund, warum wir unsere Probleme mit Ihrem Antrag haben: Welche Erfolgsaussichten hätte denn eine Bundesratsinitiative? – Ich glaube, an der Stelle sind wir uns wahrscheinlich einig, dass die im Augenblick eher gegen Null tendieren.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Mutlu?

Ich würde gerne noch den Gedankengang kurz zu Ende bringen.

Bitte schön!

Deshalb stellt sich die Frage: Macht es Sinn, eine von vornherein aussichtslose Initiative zu starten? – Unter Umständen erreicht man nämlich genau das Gegenteil von dem, was man erreichen will. Wenn es einmal eine weitere Ablehnung einer Änderung gibt, wird es später vielleicht nur umso schwerer, eine Änderung herbeizuführen.