Protocol of the Session on March 25, 2010

Ja, im Einvernehmen! Vertragsrecht ist immer im Einvernehmen, sonst kommt ja kein Vertrag zustande. – Da sitzen also alle an einem Tisch, verhandeln und beschließen. Insofern stellt sich natürlich die Frage: Warum wurde bisher nicht in dem Rahmenvertrag geregelt, dass es keine Personenidentität gibt?

[Beifall bei der CDU]

Warum wurde nicht geregelt, dass es Aufsichtsgremien geben muss? Warum wurde nicht geregelt, wie man mit den Personalmitteln umgeht? – Sie können sicher sein: Wenn Sie in den Bereich Transparenz hineinbringen und den Vertrag verbessern wollen, haben Sie unsere Unterstützung. Aber das lenkt nicht von der Verantwortung ab, die Sie haben und die Sie auch bisher als Senat und als rot-rote Regierung hatten. Es zeigt umso mehr, wie verfilzt die Beziehungen in dem Geflecht offensichtlich sind.

Tarifliche Anreize gibt es übrigens bereits jetzt schon, und es gibt viele Träger, die vertraglich entsprechend ihren Tarifverträgen Gehalt bezahlen. Das ist auch für die Träger eine Selbstverständlichkeit, und für uns ist es das Zeichen dafür, dass es viel Seriosität in diesem Markt gibt. Die seriösen Anbieter leisten eine gute Arbeit für die diejenigen, die berechtigt sind, entsprechende Leistungen zu empfangen. Da ist die Union an der Seite derer, die sich seriös und transparent – wie viele andere sicher auch – verhalten.

[Beifall bei der CDU – Oliver Schruoffeneger (Grüne): Sie auch! – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion) – Weitere Zurufe]

Ich will noch etwas zu den Überschüssen sagen, denn es wird immer so dargestellt, als sei das eine große Blackbox. Die Überschüsse sind eine Selbstverständlichkeit. Sie dienen der Investition für den Zweck der Gesellschaft, und dieser Zweck dient dem Bürger, der die Leistungen empfängt.

[Andreas Gram (CDU): So ist es!]

Deswegen ist es sinnvoll, dass es Überschüsse gibt, sonst könnte nämlich eine solche Pflegeeinrichtung beispielsweise keine Sanierung vornehmen und kein neues Gebäu

de errichten. Dafür brauchen sie entsprechende Überschüsse in den Rücklagen, denn sie müssen diese Überschüsse für den Zweck verwenden, und dafür ist es ein vernünftiges System.

Aber eine Frage haben Sie nicht beantwortet – weder im Ausschuss noch hier: Haben Sie bislang ein einziges Mal Ihre Kontrollmöglichkeiten nach dem jetzigen Vertrag genutzt?

[Senatorin Carola Bluhm: Ja, selbstverständlich!]

Sie sind die Antwort schuldig geblieben, weil Sie sie nicht genutzt haben, und das ist der Vorwurf, der berechtigt ist.

[Beifall bei der CDU]

Frau Abgeordnete Breitenbach hat jetzt das Wort für die Linksfraktion. – Bitte sehr!

Vielen Dank! – Vierzig Sekunden Redezeit: Herr Hoffmann! Bundesgesetze werden vom Bund gemacht, ob Ihnen das gefällt oder nicht.

[Andreas Gram (CDU): Oh! Danke schön!]

Uns gefallen sie oftmals nicht. Wir können diese Bundesgesetze nur ändern, indem wir jetzt aktiv werden – das hat die Senatorin gesagt –, und zwar über eine Bundesratsinitiative, für die wir hoffentlich eine Mehrheit finden. Wir können nicht warten, bis die Bundesgesetze endlich geändert sind. Deshalb werden wir in Berlin eine Transparenzoffensive beginnen. Alles andere können wir dennoch machen, wenn diese Gesetze geändert sind.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Abgeordnete Schruoffeneger das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das deutsche System der sozialen Versorgung mit Wohlfahrtsverbänden und gemeinnützigen Institutionen ist einzigartig in der Welt. Das gibt es sonst nirgends. Ich glaube, dass es ein richtiges System ist.

[Beifall von Ülker Radziwill (SPD)]

Aber wir müssen einräumen, dass wir ein riesiges strukturelles Problem in diesem System haben. Das wird deutlich. Wer dieses strukturelle Problem so negiert und so in Abrede stellt, wie Sie es getan haben, Frau Radziwill, der legt eigentlich die Axt an dieses System.

[Zuruf von Ülker Radziwill (SPD)]

Die Gefahr für dieses System ist nicht ein Herr Ehlert, sondern diese Debatte, die Sie heute hier geführt haben.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Wir müssen dieses System wieder vom Kopf auf die Füße stellen. Wir haben das Zuwendungsrecht und die Entgeltfinanzierung. Im Zuwendungsrecht geht es um geringere Beträge. Auch dort fließt viel Geld, aber es geht teilweise um 50 000 oder 100 000 Euro – streng reguliert. Jeder Beleg, jede Briefmarkenquittung wird abgerechnet und vorgelegt. Aber da, wo die Milliarden fließen – null, nothing! Das ist falsch herum.

[Beifall bei den Grünen]

Aber genauso falsch herum – und da wundern mich dann schon die Krokodilstränen der Senatsverwaltung – ist das Handeln der Senatsverwaltung. Die große Institution des Zuwendungsrechts – DIW; wir diskutieren gerade darüber – wurde seit Jahren nicht geprüft. Klarer Rechtsverstoß! Begründung der Bildungsverwaltung: Wir haben kein Personal. – Gleichzeitig streitet man sich mit den vielen kleinen Träger der Bildungsverwaltung – gleiche Verwaltung – über Jahre mit Briefwechseln über Rechnungen zwischen 50 und 100 Euro. Dafür haben Sie Personal. Wer solche Schwerpunkte setzt, soll hier nicht Krokodilstränen weinen.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Zweiter Punkt: die Nebelwerferei! – Sozialsenatorin Bluhm sagt: Das war alles nicht absehbar, wir können nichts machen. – Die Gerüchte bei der Treberhilfe gibt es seit langem. Das Verfahren, dass ein Geschäftsführer sowohl aus seiner Muttergesellschaft wie aus vielen verschiedenen Tochtergesellschaften Gehälter bezieht, ist seit langem bekannt. Ihr Abteilungsleiter, der heute dieser Debatte folgt, durfte ja schon vor 20 Jahren bei einem Weddinger Verein, der damals „Theta“ hieß, in seiner damaligen Rolle als Referatsleiter diesen Verein abwickeln, und zwar genau wegen dieses Vorgangs. Stellen Sie sich dann doch bitte nicht hin und sagen, so etwas sei nicht absehbar! Diesen Trick kennen Sie seit Jahrzehnten, und Sie haben nichts getan.

[Beifall bei den Grünen und der FDP – Beifall von Andreas Gram (CDU)]

Und Herr Nußbaum sagt, die Entgeltkommission müsse bei den Verhandlungen mal die finanzielle Situation der Träger berücksichtigen. Ja, verdammt noch mal, was machen die denn da? Wozu sitzen die denn beisammen, wenn man das nicht tut? – Frau Bluhm! Sie haben recht, Sie haben kein Kontrollrecht, aber Sie verhandeln zurzeit mit der Treberhilfe zwei individuelle Verträge, und Sie sind nicht vorher im Internet in das Handelsregister gegangen, um sich die Bilanzen anzusehen. Das ist doch die Grundlage für Verhandlungen. Wie verhandeln Sie denn überhaupt Entgelte, ohne sich das anzusehen? Das sind öffentliche Unterlagen, und wer so etwas nicht nutzt, soll hier nicht klagen, dass er keine Kontrollrechte hat. Er nimmt sie einfach nicht wahr.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Der nächste Themenkomplex: die Sozialplanung. – Ein Phänomen der Treberhilfe ist auch die Vermehrung der Platzzahlen. Wir müssen hier in Berlin feststellen, dass es seit zehn Jahren – seit dem Amtsantritt von Rot-Rot – faktisch keine Sozialplanung mehr gibt. Der Bedarf wird nicht mehr gesteuert. Er „floatet“ so durch die Landschaft. Nur in einem Politikfeld ist es anders, und das ist das betreute Einzelwohnen der Psychiatrie. Dort gibt es feste Kontingente für jeden Bezirk. Gleiche Rechtsgrundlagen – Eingliederungshilfe –, und wir stellen fest, es geht mit festen Kontingenten und einer Bedarfsplanung. In allen anderen Bereichen tun Sie nichts. Stattdessen übernimmt die Stadtentwicklungsverwaltung auch noch die Sozialpolitik. Man nennt das Quartiersmanagement, Aktionsraum oder sonst was.

Unzählige neue Projekte werden unter anderen Titeln kurzfristig hineingestopft, ohne Einbindung in die Fachplanung und in die Fachpolitik und ohne Qualitätsstandards. Die Gesundheitssenatorin der Linken ist von der Dauerblockade der Krankenhausplanung und vom Klimaschutz völlig absorbiert, und die Sozialsenatorin kämpft noch um den ÖBS, verabschiedet sich aber ansonsten in die sozialpolitische Bedeutungslosigkeit.

[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Ach Gottchen, täuschen Sie sich mal nicht!]

Da ist der Wildwuchs in diesem Bereich kein Wunder.

[Beifall bei den Grünen]

Wir brauchen – und damit komme ich zum Schluss zu unserem Antrag – eine Änderung der Gemeinnützigkeitsregelung auf Bundesebene. Da muss Transparenz hinein. Da müssen Gehaltsstrukturen hinein, und die müssen festgeschrieben werden – eine Obergrenze von Gehältern. Da muss zudem das Kumulationsverbot von Gehältern z. B. für die Geschäftsführer von mehreren GmbHs hinein. Wir müssen gleichzeitig aber auch in die Sozialgesetzbücher eine Renditebegrenzung für die Institutionen aufnehmen, die sich im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln finanzieren.

Zu guter Letzt: Berlin muss auch endlich Transparenz bei der Vergabe schaffen.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Das machen wir doch nicht in Berlin! – Weitere Zurufe von der Linksfraktion]

Das machen wir unter anderem auch in Berlin. – Lassen Sie mich den Schlusssatz noch sagen: Berlin muss auch endlich die Kriterien für die Auftragsvergabe definieren. Mir ist es z. B. immer noch ein Rätsel, warum die bauliche Abwicklung des Konjunkturprogramms II für die Kindertagesstätten – –

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Purer Populismus! – Weitere Zurufe von der Linksfraktion]

Seien Sie doch mal ruhig! –

Herr Schruoffeneger! Ihre Redezeit ist bereits beendet. Bitte kommen Sie zum Schluss!

Mir ist ein Rätsel, warum die bauliche Abwicklung des Konjunkturprogramms II für die Kindertagesstätten an einen Träger gegangen ist, der vielleicht sozialpädagogische Projekte macht, vielleicht einer Partei nahe steht, aber ansonsten noch nie Bauprojekte betreut hat. Solange wir solche intransparente Strukturen haben, dass Verwaltungen einfach ihre eigentliche Aufgabe an nahestehende Träger ausgliedern, die nichts mit der Sache zu tun haben, solange werden wir diesen Sumpf nicht trockenlegen können, und solange wird dieser Sumpf auch die soziale Versorgungsstruktur und das System in Berlin gefährden.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Florian Graf (CDU) und Björn Jotzo (FDP) – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Seien Sie mal ruhig!]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schruoffeneger! – Für die Fraktion der FDP spricht erneut Frau Abgeordnete Senftleben. – Bitte!

Frau Präsidentin! Ich finde es sehr wichtig, weil Sie, Frau Radziwill,

[Zurufe von den Grünen]

wieder einmal das Thema soziale Kälte betont haben. Ich habe einfach die Bitte, den Antrag, den wir gestellt haben, richtig zu lesen. Darin steht dezidiert: Der Senat wird aufgefordert zu überprüfen, inwieweit öffentliche Zuwendungen – mit denen freiwillige soziale Leistungen finanziert werden, die durch freie Träger erbracht werden sollen – öffentlich ausgeschrieben und dann nach klar zu definierenden Kriterien vergeben werden. – Darum geht es, es geht um freiwillige soziale Leistungen.