Im Fall der Treberhilfe war das so. Deshalb habe ich Anzeige erstattet, und die Ermittlungen laufen.
Aber auch die laufenden Ermittlungen gegen das System Ehlert lösen nicht unser grundsätzliches Problem. Wir brauchen mehr Eingriffs- und Kontrollbefugnisse der öffentlichen Hand – auch um die Logik der Kostensenkungsspirale durchbrechen zu können.
Im letzten Jahr hat das Bundessozialgericht bahnbrechend geurteilt, dass bei der Festlegung der Kostensätze im Pflegebereich die tatsächlichen Personalkosten berücksichtigt werden müssen. Das heißt, wenn Träger ihren Beschäftigten Tariflöhne zahlen, müssen sie die entsprechenden Entgelte bekommen. Wenn sie nicht tariflich zahlen, bekommen sie auch geringere Entgelte. Damit ist den sozialen Unternehmen – und zwar erstmalig – die Möglichkeit gegeben, tarifliche Bezahlung auch tatsächlich belohnt zu bekommen und nicht das Gegenteil. Das heißt, der Anreiz, die Beschäftigten schlecht zu bezahlen und darüber höhere Überschüsse zu erwirtschaften, ist weggefallen und die Unternehmen können über Dumpinglöhne keine Zusatzüberschüsse mehr erzielen.
Gute Arbeit braucht gute tarifliche Bezahlung. Das gilt in der sozialen Arbeit genau wie anderswo. Wir haben geprüft, ob dieses Urteil auch für andere soziale Bereiche angewandt werden kann, und festgestellt: Ja, das können wir, und das werden wir jetzt auch tun! Auf der Grundlage höchstrichterlicher Rechtsprechung wird der Senat neue Wege gehen.
Wir wollen aber auch das eingangs genannte Leitmotiv umdrehen – Transparenz und Kontrolle vor Wettbewerbslogik. Deshalb erarbeiten die Liga der Wohlfahrtsverbände und meine Verwaltung gemeinsam mit Transparency Deutschland und dem Deutschen Zentralinstitut für Soziale Fragen den Berliner Kodex für Transparenz und Unternehmensführung in sozialen Organisationen. In dieser Woche hat das zweite Treffen stattgefunden. Wir wollen unter anderem Folgendes festlegen: die klare Trennung von operativem Geschäft und Kontrolle, ab einer bestimmten Größe brauchen die Träger ein eignes Aufsichtsgremium, es darf auf keinen Fall mehr zur Vermischung von operativen Geschäft und Aufsicht kommen, jede Personalidentität auf den verschiedenen Ebenen muss ausgeschlossen werden. Das ist eine ganz wichtige Erkenntnis aus den Vorkommnissen bei der Treberhilfe.
Die in der Regel ehrenamtlichen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der Vereine und Träger müssen qualifiziert werden, denn sie sollen die professionellen Ge
schäftsführungen kontrollieren. Auch dafür werden wir mit der Liga die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Die Träger müssen sich verpflichten, externe Wirtschaftsprüfer zu beauftragen, die nicht nur die Einhaltung des Gemeinnützigkeitsrecht, sondern auch die Einhaltung des Kodexes prüfen und die Erfüllung aller Regeln testieren.
Herzlichen Dank, Frau Senatorin! Ich frage, ob auch die Offenlegung etwaiger Beraterverträge und Entgelte, die von solchen Trägern an politische Entscheidungsträger in Land und Bezirken fließen, Gegenstand Ihrer Besprechung in Zusammenarbeit mit Transparency International gewesen ist. Soll dies auch Teil dieser neuen Transparenz sein?
Die Frage erklärt sich von selbst: Wenn die Wirtschaftsprüfer auch den Auftrag bekommen, die Einhaltung der Gemeinnützigkeitsregeln, die Sie sicher auch kennen, für diesen Bereich zu prüfen, dann obliegt es ihnen selbstverständlich auch, mit diesem Prüfinstrumentarium die Angemessenheit der jeweiligen Kosten zu prüfen und zu sehen, ob sie mit dem Gemeinnützigkeitsrecht in Übereinstimmung zu bringen sind. Das soll von den Wirtschaftsprüfern also auch geprüft werden.
Wir wollen darüber hinaus erreichen, dass die Beschäftigten vernünftig nach Tarif bezahlt werden und die Betriebsräte bei den Trägern ungehindert ihre Arbeit machen können. Die Gehälter der Geschäftsführungen sollen offengelegt werden.
Ein solcher Kodex wird tatsächlich nur dann wirksam, wenn er auch mit Sanktionen verbunden wird. Wir wollen deshalb mit der Liga festschreiben, dass nachhaltige Verstöße gegen den Kodex dazu führen können, dass der betreffende Träger aus dem jeweiligen Wohlfahrts
verband ausgeschlossen werden kann und auch keine weiteren Leistungsverträge mit dem Land mehr bekommt. Dieser Berliner Kodex soll Teil der Rahmenvereinbarung und der Leistungsverträge mit den Anbietern sozialer Dienstleistungen werden.
Wir prüfen zurzeit, ob wir auch Anbieter von Leistungen ausschließen können, die diesen Kodex nicht unterzeichnen oder nicht einhalten. Denn in der Tat geht es um die Konkurrenz aller Anbieter in diesem System. Sollte das nicht der Fall sein, werden wir genau dafür eine Bundesratsinitiative vorbereiten, um die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen. Damit soll es den Ländern möglich werden, Transparenz- und Kontrollregeln verbindlich im Vertragsrecht zu vereinbaren und Verletzungen sanktionieren zu können. Da der Treberhilfeskandal bundesweit zumindest in den Medien Widerspiegelung gefunden hat, gehe ich davon aus, dass auch andere Bundesländer dabei mitgehen werden und ihre Kontrollmöglichkeiten, die sie jetzt nicht haben, verbessern wollen. Denn es geht immerhin um Milliardenbeträge an Steuergelder.
Der Skandal um die Treberhilfe hat in der Öffentlichkeit bei Teilen der Bevölkerung einen großen Verlust an Vertrauen in die soziale Arbeit bewirkt. Es ist die gemeinsame Aufgabe des Senats, der Bezirke, der Politik, genauso wie der Wohlfahrtsverbände und -träger dieses wieder herzustellen. Daran arbeiten wir.
Vielen Dank, Frau Senatorin Bluhm! – Wir treten in die zweite Rederunde ein. Für die SPD-Fraktion hat zunächst noch mal Frau Radziwill das Wort. – Bitte sehr!
Frau Senftleben! Der Sozialbereich ist eine Form der Daseinsvorsorge, und wir wollen ihn nicht komplett dem freien Wettbewerb unterwerfen. So gesehen fand ich Ihre Ausführungen sehr bemerkenswert, weil sie – auch Ihr Antrag – sehr klar gezeigt haben, welche Form von sozialer Kälte Sie hier haben.
Wettbewerbselemente sind zwar in Maßen zuzulassen. Das ist auch das, was wir zum Beispiel im Bereich der Liga der Wohlfahrtsverbände abstimmen und absprechen, aber wir wollen eben nicht komplett den Markt freigeben. Das ist nicht das, was wir uns unter Sozialpolitik vorstellen.
Wenn Sie hier auch noch klagen, dass viele Projekte eine rot-rote Handschrift haben, dann kann ich nur sagen: Ja, wir sind bei den Menschen! Wir achten darauf, was ihre
Wenn Sie als FDP mit neoliberalen Vorstellungen dazu nicht in der Lage sind, dann lernen Sie etwas von uns! An der Stelle kann ich auch nur sagen: So sind auch die 20 Millionen Euro für Aktionsräume plus zu verstehen. Da ist Bedarf, also wird gehandelt. Das können Sie hier nicht einfach in einen großen Topf werfen.
Die Grünen behaupten, dass wir hier zurückhaltend sind. – Frau Villbrandt! Ich kann Ihnen klarmachen, das sind wir nicht. Wir schreien vielleicht nicht so populistisch wie Sie,
aber wir achten sehr genau, was vor Ort passiert. Und es ist schon bemerkenswert, wenn ein Herr Hoffmann nur den Namen eines Ex-SPD-Abgeordneten verwendet, aber nicht darauf achtet, wer noch in diesem System steckt.
An der Stelle muss die CDU sehr aufpassen, sich erst einmal an die eigene Nase fassen und nicht nur mit dem Finger auf andere zeigen.
Den Grünen kann ich nur sagen: Ihren Antrag werden wir genau prüfen. Er ist relativ umfangreich. Das ist wohl war.
Aber nach dem ersten Blick stelle ich fest, dass einige Ihrer Punkte in Teilen bereits Rechtslage sind. Wir müssen nur schauen, dass wir die Gesamtkontrollen verbessern. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Radziwill! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Hoffmann das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist am Anfang wieder der Versuch unternommen worden, alles auf den Bund zu schieben. Das war die politische Strategie, aber sie ist nicht aufgegangen.
Sie ist nicht aufgegangen, Frau Senatorin Bluhm, weil Sie eingestanden haben, dass Sie jetzt handeln wollen. Jetzt, nach mehreren Jahren wollen Sie handeln. Sie sehen Handlungsspielräume in Berlin, und das sind genau die, die wir benannt haben und einfordern. Man sieht also: ganz klare Verantwortung hier im Land Berlin!
Warum ist das so? – Ganz einfach! Wir haben ein System, wo der Bund sagt, er will Qualität und Wirtschaftlichkeit sichern. Deswegen schafft er diesen Rahmen, und das Land ist für die Kontrolle zuständig und regelt das über einen Vertrag – über einfaches Vertragsrecht.
Ja, im Einvernehmen! Vertragsrecht ist immer im Einvernehmen, sonst kommt ja kein Vertrag zustande. – Da sitzen also alle an einem Tisch, verhandeln und beschließen. Insofern stellt sich natürlich die Frage: Warum wurde bisher nicht in dem Rahmenvertrag geregelt, dass es keine Personenidentität gibt?