Doch was wollen Sie konkret tun, um diese Missstände zu beheben? Sie werden in der „BZ“ weiter zitiert mit der Aussage: „Wir wollen da zentral draufgucken, dass alles wieder in Ordnung gebracht wird.“ – Was genau heißt das, Herr Müller? Auch das könnten Sie heute in der Aktuellen Stunde beantworten.
Wir erfuhren von der PDS gestern – heute wurde es bestätigt –, dass sie an dem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor nach wie vor festhalten will.
Hier wird es vollkommen schizophren: Auf der einen Seite werden in Berlin 94 Millionen € an Bundesmitteln nicht abgerufen. Diese Mittel dienen einzig und allein dazu, um Menschen, die oft unverschuldet ihre Arbeitsplätze verloren haben, wieder in Beschäftigung zu bringen. Auf der anderen Seite will der rot-rote Senat einen dritten Arbeitsmarkt schaffen. Er plant diesen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor, ohne zu wissen, wie er finanziert werden soll,
und ohne zu wissen, wie er im Verhältnis zu den bereits jetzt verfallenen Mitteln angesiedelt wird. Auch darauf erwarten wir heute von Ihnen eine Antwort.
Danke schön, Herr Meyer! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, und ich lasse über das Thema der heutigen Aktuellen Stunde abstimmen, und zwar zuerst über das Thema der Fraktion der FDP, da ich zu diesem Thema eine Mehrheit fühle.
Wer diesem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die FDP, die SPD und die Linksfraktion. Die Gegenprobe! – Das sind CDU und Bündnis 90. Ersteres war die Mehrheit. Dann ist die Aktuelle Stunde so beschlossen. Enthaltungen sehe ich nicht. Die anderen Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde haben damit ihre Erledigung gefunden.
Dann möchte ich Sie wieder auf die Ihnen vorliegenden Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, bitte ich um entsprechende Mitteilung.
Dem Ältestenrat lag für die heutige Sitzung die Entschuldigung des Regierenden Bürgermeisters ab 19.00 Uhr vor, und zwar zur Teilnahme an der Verleihung der Goldenen Kamera.
Wie den Geschäftsstellen der Fraktionen bereits mitgeteilt wurde, lassen sich die Fragen der Abgeordneten Kohlmeier von der SPD, Behrendt von den Grünen und Rissmann von der CDU zum Thema Medikamentenausgabe an der JVA Moabit zusammenfassen. Da ich keinen Widerspruch höre, verfahren wir so. Insgesamt sind sechs Nachfragen möglich, wobei den drei Fragestellern das Recht der ersten Nachfrage zusteht.
Maßnahmen der Justizsenatorin zur Verhinderung von Unregelmäßigkeiten bei der Medikamentenausgabe an der JVA Moabit
1. Treffen Presseberichte zu, nach denen es in der Justizvollzugsanstalt Moabit zu Unregelmäßigkeiten im Umgang mit verschreibungspflichtigen Medikamenten gekommen sein soll?
2. Seit wann hat die Senatsverwaltung für Justiz Kenntnis hiervon, und welche Maßnahmen sind in der Folgezeit ergriffen worden?
Danke schön, Herr Kollege Kohlmeier! – Jetzt geht es mit der Frage Nr. 4 des Kollegen Behrendt von den Grünen weiter, und zwar zum Thema
1. Wie hoch schätzt der Senat den finanziellen Schaden durch die jahrelange illegale Unterschlagung von Medikamenten in der Justizvollzugsanstalt Moabit?
2. Welche organisatorischen Maßnahmen wurden seitens der Senatsverwaltung für Justiz nach dem Abhandenkommen von Medikamenten 2002 in der Justizvollzugsanstalt Moabit unternommen?
Danke schön, Herr Kollege Behrendt! – Es geht mit der Frage Nr. 6 des Kollegen Rissmann von der CDUFraktion weiter. Das Thema lautet
1. Wie bewertet der Senat den Umstand, dass es im Haftkrankenhaus der JVA Moabit zu unerlaubten Verwendungen von Medikamenten durch Justizbedienstete gekommen sein soll?
2. Kann der Senat ausschließen, dass es vergleichbare Fälle in anderen Anstalten oder vergleichbaren Einrichtungen gibt, und wie wird sichergestellt, dass es künftig nicht zu Wiederholungen kommt?
Danke schön, Herr Kollege Rissmann! – Zur Beantwortung erhält die Justizsenatorin das Wort. – Bitte, Frau von der Aue!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kohlmeier! Herr Abgeordneter Behrendt! Herr Abgeordneter Rissmann! Die Presseberichterstattung trifft insoweit zu, als der Leiter der Justizvollzugsanstalt Moabit am 19. September 2006 Strafanzeige wegen des Verdachts der Unterschlagung und des Diebstahls von Medikamenten bei der Staatsanwaltschaft Berlin erstattet hat. Seitdem laufen die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen.
Das hatte folgenden Vorlauf: Im August 2006 wurde der Teilanstaltsleiter II in Moabit darauf hingewiesen, dass es Auffälligkeiten bei einer Bediensteten der Arztgeschäftsstelle der Teilanstalt II gegeben habe. Ihr wurde vorgeworfen, dass sie unerlaubt Gefangenen unüberwachte Telefongespräche gestatte, ihnen auf Verlangen Medikamente herausgebe und dass sie im Besitz von Betäubungsmitteln sei. Diesen Hinweisen wurde unverzüglich nachgegangen. Bei den ersten anstaltsinternen Ermittlungen waren Unregelmäßigkeiten bei der Medikamentenbestellung und -ausgabe in der Arztgeschäftsstelle in der Form der Verwendung für den eigenen Gebrauch von Bediensteten der Teilanstalt noch nicht erkennbar. Erst im Zuge einer ganzen Reihe weiterer Befragungen von Mitarbeitern ergab sich am 23. August 2006 ein erster Hinweis auf derartige Zusammenhänge. In der Folgezeit fokussierten sich die anstaltsinternen Ermittlungen auf diesen zunächst sehr vagen Verdacht. Als jedoch weitere Mitarbeiter die Aussagen bestätigten, erstattete der Vollzugsanstaltsleiter – wie von mir bereits erwähnt – am 19. September 2006 Strafanzeige.
Am 20. September wurde die Senatsverwaltung für Justiz als zuständige Aufsichtsbehörde von den Vorgängen unterrichtet. Es wurde sichergestellt, dass die zwei Hauptverdächtigen die JVA Moabit nicht ohne vorherige Anmeldung beim Anstaltsleiter betreten durften. Am 22. September 2006 erhielt die Innenrevisions- und Antikorruptionsarbeitsgruppe der Senatsverwaltung für Justiz vom Staatssekretär den Auftrag, in den Justizvollzugsanstalten Tegel und Plötzensee und in der Jugendstrafanstalt Berlin die Arzneimittelbeschaffung und -verwaltung zu überprüfen. Die Innenrevision stellte in allen drei Anstalten keine Anzeichen für Korruption oder Unregelmäßigkeiten fest, konstatierte allerdings, dass eine vollständige Dokumentation und Einzelkontrollen der Medikamentenausgabe nicht erfolgten.
Gegen zwei Bedienstete, gegen die sich der Hauptverdacht richtete, wurden am 27. September 2006 Disziplinarverfahren eingeleitet. Am 9. und 10. Oktober wurde gegen diese beiden Bediensteten gem. § 25 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes das Verbot der Amtsausübung ausgesprochen. Zuvor war ihnen gem. § 25 Abs. 2 schriftlich Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden.
Am 29. September erhielten alle Anstalten eine Anordnung der Senatsverwaltung für Justiz, die unter Verwertung der bislang gewonnenen Erkenntnisse veränderte Regelungen zur Medikamentenbestellung, und hierbei insbesondere der Kontroll- und Überwachungsmechanismen, beinhaltete. Die Justizvollzugsanstalt Moabit hat eine Dienstanweisung erlassen, in der diese Vorgaben aufgenommen sind.
Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen insgesamt fünf Bedienstete dauern derzeit noch an. Sie bestätigen bislang jedenfalls nicht die in Presseberichten genannte angebliche Höhe des Schadens. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand kann weder eine hinreichend genaue Schätzung des Schadens erfolgen noch kann zur Dauer der missbräuchlichen Verwendung eine verlässliche Aussage getroffen werden. Sollten sich die Verdachtsmomente bestätigen, haben die betroffenen Bediensteten neben strafrechtlichen auch disziplinarrechtliche Konsequenzen zu erwarten.
Die Vorwürfe, mit den aus Steuermitteln beschafften Medikamenten, die für Gefangene bestimmt waren, sei Handel betrieben worden, konnten bisher lediglich aus Behauptungen der Fernsehberichterstattung abgeleitet werden. Sie ergeben sich aus verwaltungsinternen Ermittlungen nicht.
Unabhängig von den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen habe ich veranlasst, dass eine Arbeitsgruppe gebildet wird, die den organisatorischen Ablauf und die Befugnisse bei der Medikamentenbestellung und -ausgabe untersuchen soll. Ziel ist es, auf der Grundlage der Erkenntnisse dieser Prüfungsgruppe den Bereich so zu organisieren, dass die sachgerechte medizinische Versorgung der Gefangenen gewährleistet ist und gleichzeitig Missbrauch für private Zwecke ausgeschlossen wird. Die personelle Zusammensetzung dieser Arbeitsgruppe wird eine effektive Aufklärung und Bearbeitung des Auftrags gewährleisten. Zugleich wird sichergestellt, dass keine dienstliche Verbindung der Arbeitsgruppenmitglieder zu den involvierten Arztgeschäftsstellen des Berliner Justizvollzugs besteht. Zu ihren Mitgliedern werden auch Personen mit externem Sachverstand aus medizinischen und anderen Bereichen außerhalb des Justizvollzugs zählen. Sie wird ihre Tätigkeit auf alle Vollzugseinrichtungen der Justiz erstrecken, in denen Medikamente bestellt und ausgegeben werden. Die Arbeitsgruppe ist mir direkt unterstellt.
Der in der Anfrage des Abgeordneten Behrendt angesprochene Vorfall aus dem Jahr 2002 betraf die Aufbewahrung von Medikamenten, die den besonderen Vorschriften des Betäubungsmittelrechts unterliegen. Seinerzeit wurde eine Ampulle mit Methadon aus dem Medikamentenschrank entwendet. Das hat zu strafrechtlichen Ermittlungen geführt. Die Ermittlungen wurden damals von der Staatsanwaltschaft gem. § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung eingestellt, weil kein Täter ermittelt werden konnte. Medikamente dieser Art werden in den Arztge
schäftsstellen in Stahlschränken unter Verschluss gehalten. Nach den damaligen Vorkommnissen wurde die Verwahrung der Schlüssel verbessert und die Verantwortlichkeiten konkretisiert. Diese Maßnahmen werden seitdem strikt eingehalten. – Vielen Dank!
Frau Senatorin! Sie haben uns gerade über die Einsetzung einer Arbeitsgruppe informiert. Können Sie uns die Zusammensetzung dieser Arbeitsgruppe mitteilen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kohlmeier! Die Arbeitsgruppe wird sich wie folgt zusammensetzen: Es werden ein Anstaltsleiter einer anderen Vollzugsanstalt, ein Organisationsfachmann sowie ein Haushaltsexperte der Abteilung I der Justizverwaltung, ein Mitarbeiter aus unserer Vollzugsabteilung, ein Spezialist aus einem großen Berliner Krankenhausbetrieb und gegebenenfalls ein weiterer externer Experte für Organisationsprüfungen mit entsprechender Refa-Methodenausbildung beteiligt sein.
Frau Senatorin! Mich interessiert, ob Sie ausschließen können, dass Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Justiz an der verschleppten Aufklärung über den Termin der Abgeordnetenhauswahl hinaus beteiligt waren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Behrendt! Nach meinem bisherigen Kenntnisstand hat es überhaupt keine Verschleppung bei der Aufklärung dieser Angelegenheit gegeben.