ist drauf hinzuwirken, dass die Solidarität der Länder und des Bundes mit dem Land Berlin erhalten bleibt
Ich weiß nicht, mein lieber Herr Goetze, die CDU gefällt sich in der letzten Zeit in der Rolle des Stilberaters, obwohl ich glaube, dass Ihre Erfolgsbilanz diesbezüglich eher mittelmäßig ist. In der Rolle des Stilberaters wird uns gesagt: Man darf nicht so schroff mit der Kanzlerin sprechen. – In der Rolle des Stilberaters hören wir in der 4. Sitzung von Herrn Goetze: Schauen Sie sich Herrn Lehmann bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz an, wie er es geschafft hat, innerhalb von drei Wochen 70 Millionen € zu erhalten. – Das ist das Niveau. In der Sache lassen Sie alles unerwähnt, und zwar sowohl im Antrag als auch in der öffentlichen Debatte. Die Hauptstadtklausel haben nicht Sie in die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland gebracht, sondern der Regierende Bürgermeister.
Sie lassen unerwähnt – ich komme zum Schluss – den Hauptstadtkulturvertrag. Sie lassen unerwähnt die Hauptstadtfinanzierungsverträge, und Sie lassen unerwähnt – ich bin gespannt, Herr Goetze, hier gebe ich Ihnen die Frist von drei Wochen – die Föderalismusreform II. Schreiben Sie Ihrem Kollegen Schäuble, was den Hauptstadtfinanzierungsvertrag betrifft, dass wir gern eine Erhöhung hätten! Machen Sie Ihre Hausaufgaben als Hauptstadt-CDU! Dann würden Sie ernster genommen als mit solchen Anträgen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war großes Theater und viel Theatralik. In der Sache jedoch haben Sie uns nur mitgeteilt, dass die Verfassungswidrigkeit des Haushaltes für Sie weiter Bestand behalten soll und Sie nicht daran denken, die Berliner Verfassung einzuhalten.
Bedauerlich ist, dass Sie trotz der in der Tat zahlreichen Debatten im Hauptausschuss noch nicht mitbekommen haben, was der Begriff „unverzüglich“ bedeutet. Wenn man einen Nachtragshaushalt vorlegen will, bedeutet der Begriff „unverzüglich“ jedenfalls nicht, dass man erklärt., man warte jetzt sechs Monate bis zur nächsten Steuerschätzung – obwohl gerade vor einem Monat eine war –, dann überlege man, ob man ein Zahlenwerk präsentiere,
und dann lege man es vielleicht nach der Sommerpause vor, um es dann mit dem Haushalt 2008/2009 zu beschließen. Das bedeutet „unverzüglich“ nicht, das kann Ihnen jedes Erstsemester in Jura sagen. Sie aber haben es nicht begriffen, obwohl wir darüber bestimmt ein halbes Dutzend Mal im Hauptausschuss gesprochen haben.
An dieser entscheidenden Stelle wird klar, dass Sie die Reichweite der Debatte – Sie haben selbst dargestellt, dass wir versucht haben, mit sehr sanften Formulierungen selbst Ihnen eine Brücke zu bauen, um zustimmen zu können – überhaupt nicht nachvollzogen haben. Wenn Sie davon sprechen, dass die letzten fünf Jahre möglicherweise mit Ihrer vermeintlichen Haushaltskonsolidierung an uns vorbeigegangen sein sollten, dann trifft das in der Tat zu. Außer in Ihren Parteikreisen haben Sie noch niemandem verständlich machen können, weshalb 20 Milliarden € neue Schulden in einer Legislaturperiode irgendetwas mit Haushaltskonsolidierung zu tun haben sollen.
Die von Ihnen gerade als Erfolg angeführten Verträge, die auf Landesebene mit dem Bund geschlossen worden sind, sind Ihnen doch zu wenig. Sie aber haben sie uns eben als Erfolg dargestellt. Der Senat rennt zum Bund und will mehr Geld haben, weil ihm das alles zu wenig ist.
Der Senat will für die Sanierung der Staatsoper 50 Millionen €, weil die von Ihnen gerade abgefeierten Verträge Ihnen zu wenig sind. So gibt es Forderung um Forderung, und heute wird uns das als Erfolgsbilanz dargestellt.
Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen! Sie können sagen: Verfassungsmäßigkeit interessiert uns nicht. Sie können sagen: Wir zögern das noch ein Jahr hinaus, bis wir verfassungsmäßige Zahlen präsentieren –, aber versuchen Sie doch nicht mit diesen Merkwürdigkeiten, uns glaubhaft zu machen, Sie seien in der richtigen Position und könnten sich über die Verfassung einfach hinwegsetzen. So nicht!
Danke schön, Herr Kollege Goetze! – Herr Zackenfels, möchten Sie replizieren? – Das ist nicht der Fall. Dann geht es jetzt mit dem Kollegen Esser von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen weiter. – Bitte schön, Herr Esser!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werter Herr Zackenfels! In einem haben Sie recht: Seit der gestrigen Hauptausschusssitzung haben wir zumindest formal klare Verhältnisse. Es wird einen Nachtragshaushalt für 2007 geben, der Entwurf wird dem Abgeordnetenhaus vor der
Sommerpause zugehen und unmittelbar nach den Ferien beraten werden, so habe ich es zumindest verstanden.
Die Anträge, über die wir diskutieren, haben aber eine Vorgeschichte. Als Senator Sarrazin – ich glaube es war am 4. Januar diesen Jahres – den vorläufigen Haushaltsabschluss 2006 der Presse vorgestellt hat, hörte sich alles noch ganz anders an. Da hat er gesagt, ein Nachtragshaushalt sei weder rechtlich noch sachlich notwendig.
Deshalb, Herr Sarrazin, der Sie „genau“ sagen, sagen wir: Dass es jetzt anders kommt, als Sie es wollen, ist ein Erfolg der Opposition, mit dem wir sehr zufrieden sind.
Insofern hat der gemeinsame Antrag der Oppositionsparteien, der heute zur Abstimmung steht, seinen Zweck bereits erfüllt.
Dennoch – wo Sie gerade rufen – bräche Ihnen – ich komme noch zu Ihrer Rolle, meine Damen und Herren von SPD und PDS – kein Zacken aus der Krone, wenn Sie dem Antrag zustimmten. Denn der Erfolg der Opposition ist in diesem Fall auch ein Erfolg des gesamten Parlaments. Sie nähmen damit die Gelegenheit wahr, auch öffentlich – und nicht nur hinter den Kulissen – gegenüber dem Senat Selbstbewusstsein zu demonstrieren und klarzustellen, dass es das Selbstverständnis aller Abgeordneten ist, das Königsrecht des Parlaments auf Budgethoheit auch gegenüber Herrn Sarrazin nicht aus der Hand zu geben.
Weniger schön ist allerdings die bei Ihnen spürbare Tendenz – die teilen Sie mit dem Senator –, die Revision des Haushalts 2007 als eine technokratische Angelegenheit zu behandeln. Sie lassen damit die Gelegenheit verstreichen, gerade – Herr Zackenfels – vor Beginn der Föderalismusreform II der Öffentlichkeit der gesamten Bundesrepublik zu beweisen, dass Sie in Reaktion auf das Karlsruher Urteil mehr zu bieten haben als das trotzige „Weiter wie gehabt“, mit dem Sie bundesweit in den letzten Monaten so viel Schaden für Berlin angerichtet haben. Hier sind die Interventionen des Kollegen Goetze völlig richtig.
Man kann natürlich sagen: Dieser CDU-Antrag ist völlig inhaltsleer mit seiner Forderung, wir sollen zu einem verfassungsgemäßen Haushalt zurückkehren. Wer will das nicht, zumal es jetzt ohne Mühe im nächsten Jahr zu bewerkstelligen ist. Das Interessante ist aber, dass Sie solch einer Binsenweisheit nachher hier im Parlament widersprechen werden. Sie werden gegen den Antrag stimmen.
Weshalb tun Sie dies gegen Ihr besseres Wissen? – Auch dies hat eine Vorgeschichte. Zu dem Zeitpunkt, als es noch nicht so aussah, dass ein verfassungsgemäßer Haushalt so leicht hinzubekommen ist, liebe Freunde von der SPD, hat die PDS in Gestalt von Herrn Wechselberg auch in der Presse erklärt, verfassungsgemäßer Haushalt sei kein politisches Ziel und mit ihnen nicht zu machen.
Das ist der Hintergrund, warum Sie heute wegen eines so harmlosen Antrags der CDU dagegen stimmen werden. Es ist ein trauriges Beispiel. Wenn das draußen in der Bundespolitik und in den anderen Ländern irgendjemand ernst nimmt, haben Sie wieder einen Flurschaden angerichtet, den es gar nicht hätte geben müssen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, was in dem CDU-Antrag enthalten ist. Wenn sich die PDS damals nicht so – entschuldigen Sie bitte – bescheuert benommen hätte, hätten Sie kein Problem, dafür zu stimmen und gegenüber der CDU zu sagen, „so what“. Dass Sie das auch heute nicht hinbekommen, lässt tief in den inneren Zustand Ihrer Koalition blicken.
Von Ihnen verlangen wir jetzt einen ernsthaften Umgang mit diesem Nachtragshaushalt. Das böte Berlin die Möglichkeit, nach innen und außen zu signalisieren, dass das Karlsruher Urteil verstanden worden ist und Berlin weiß, sich auf die veränderten politischen Rahmenbedingungen einzustellen. Diese Rahmenbedingungen sind nicht unbedingt schlechter geworden. Es ist und bleibt unerfreulich, dass es keine Entschuldungshilfe gibt. Es ist eine Last für Berlin. Umso besser ist aber, dass wir inzwischen Mehreinnahmen verzeichnen können, die unsere kühnsten Erwartungen an Entschuldungshilfe übersteigen. Wir alle stehen deswegen schlicht vor der Frage zu beweisen, dass wir nach Hilfe von außen in Höhe von 1,5 Milliarden €, die jetzt aus dem Steueraufkommen kommt anstatt aus Karlsruhe, nicht mehr rufen müssen und es schaffen, in absehbarer Zeit einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Das ist das Ziel, das sich dieses Parlament gemeinsam vornehmen muss und unter dem wir den Nachtragshaushalt beraten sollten.
Wir müssen in der Haushaltspolitik Antworten finden, die jenseits Ihrer Kontinuität und dem angestaubten Motto „Sparen, bis es quietscht“ liegen. Zugleich dürfen wir aber auch nicht in das Extrem verfallen und glauben, mit dem Sparprogramm der vergangenen Jahre sei alles erledigt, den Rest werde der Einnahmeboom schon richten. Wir brauchen jetzt eine gut begründete Politik des Sparens und Investierens. Wir müssen für diese Politik auch im Nachtragshaushalt 2007 Zeichen setzen. Bei Sparmaßnahmen an der Stelle, wo es nötig und möglich ist, würden wir uns als Haushälter schon einigen. Bei der Erhöhung der Gewerbesteuer – wie vom Bundesverfassungsgericht vorgeschlagen – wird es Ihnen schon schwieriger, damit nicht nur Mieter die Last der Berliner Steuererhöhung zu tragen haben. Weiter geht es zum Wichtigsten, den Sofortmaßnahmen zur Verbesserung der Bildungssituation in der Stadt.
Wenn Sie aber, meine Damen und Herren von der SPD und der Linkspartei – damit komme ich zum Ende –, diese Chance verschleudern, indem Sie über den Nachtrag erst verhandeln, wenn das Schuljahr begonnen hat, was Ihnen die Gesetzeslage zweifelsohne erlaubt, werden Sie sich weiter das öffentliche Urteil gefallen lassen müssen, dass sich Rot-Rot II durch Arbeitsverweigerung und politische Handlungsunfähigkeit auszeichnet und das Kontinuität nennt.
Danke schön, Herr Kollege Esser! – Der Kollege Wechselberg hat für die Fraktion der Linkspartei das Wort. – Bitte schön, Herr Wechselberg!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt ein indianisches Sprichwort: „Reiter, wenn das Pferd tot ist, steig ab.“
Meine Damen und Herren von der Opposition! Sie haben die ganze Zeit den Nachtragshaushalt gefordert. Jetzt bekommen Sie ihn. So schlecht kann es für Sie laufen, dass sich die Regierungskoalition und der Senat Ihren Forderungen anschließen und tun, was Sie wollen. Sie sollten sich über solche Niederlagen, wie Sie sie uns beifügen, freuen. Ihr eigentliche Problem ist, dass es für die Regierungskoalition und den Senat kein Problem ist, den Nachtragshaushalt vorzulegen, von dem Sie dachten, uns damit durch die Stadt treiben zu können.