Protocol of the Session on January 28, 2010

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Meyer! Der Senat wird in der nächsten Woche die Vorinformation über eine mögliche wettbewerbliche Vergabe veröffentlichen. Die Vorinformation soll dann nach den Regularien in Artikel 7 der Verordnung, die berühmte Verordnung 1370/2007, die hier häufig zitiert wird, im zuständigen Amtsblatt veröffentlicht werden. Wir müssen nach diesen Regularien als zuständige Behörde spätestens ein Jahr vor Einleitung eines solchen wettbewerblichen Verfahrens informieren. Das bedeutet, dass wir darstellen müssen, welche betroffenen Dienste und welche betroffenen Gebiete wir gegebenenfalls im Wege einer Vergabe darstellen. Wir müssen Namen und Anschrift, das geplante Vergabeverfahren nennen. Wir müssen darstellen, zu welchem Fahrplanwechsel eine Dienstaufnahme bestehen sollte, und wir müssen darstellen, dass sich die Dauer des Vertrages auf 15 Jahre belaufen soll. Wir müssen sagen, dass es sich um eine gleichstrombetriebene S-Bahn in Berlin handelt, und wir müssen darstellen, wie viele Zugkilometer es sind.

Wenn man die Strecken für eine solche Teilvergabe dann aussucht, muss man sich von Kriterien leiten lassen, die ich Ihnen nennen will und die mir ganz besonders wesentlich gewesen sind. Es muss zum Beispiel während der Laufzeit des Vertrages keine gravierenden Netzänderungen geben. Es müssen betriebliche Konfliktpotenziale zwischen dem Teil- und dem Restnetz so gering wie möglich sein, und das Teilnetz muss – so haben wir das berechnet – mit etwa 190 Viertelzügen befahrbar sein. Das Teilnetz sollte die Möglichkeit bieten, Umläufe und Betriebsreserven optimieren zu können. Wir haben uns des

halb in Abstimmung mit dem Land Brandenburg entschieden, das Teilnetz Ring plus Zulaufstrecke aus Richtung Schöneweide für am geeignetsten dargestellt zu sehen. Wir wollen diese Darstellung dann veröffentlichen.

Dieses Teilnetz wäre im Übrigen – das will ich noch ergänzen – bei einer Direktvergabe dann zugrunde zu legen. Es ist also ein definiertes Teilnetz, das sich nicht nur auf die Ausschreibung beziehen lässt.

Es gibt eine Nachfrage des Kollegen Meyer. – Bitte schön!

Frau Senatorin! Sie sagten eben, Sie hätten sich mit Ihren Kollegen in Brandenburg abgestimmt, was die Frage des Teilnetzes oder die Frage angeht, welches Teilnetz Sie ausschreiben wollen. Können Sie vielleicht noch einmal konkretisieren, welchen Abwägungsprozess Sie in Ihrem Haus vorgenommen haben, eventuell auch in Absprache mit anderen Senatsverwaltungen, um genau zu diesem Teilnetz zu kommen?

Frau Senatorin Junge-Reyer, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Meyer! Sie müssen sich vorstellen, dass man sich hier grundsätzlich drei Teilnetze vorstellen kann. Dies ist auf der einen Seite die Nord-Süd-Verbindung. Sie wissen, dass in der Nord-Süd-Verbindung in den kommenden Jahren auch ab dem Jahr 2017 noch in erheblichem Umfang Tätigkeiten zu verzeichnen sind, die zum Beispiel im Zusammenhang mit der S 21 stehen könnten. Hier gibt es noch keine konkreten Bauzeiten. Hier gibt es noch keine konkreten Darstellungen möglicher Beeinträchtigungen zum Beispiel durch Baumaßnahmen. Deshalb ist es hier etwas schwieriger als beim Ring und der Zulaufstrecke Süd-Ost zu definieren, in welcher Weise ganz konkret ohne Beeinträchtigung ein solches Netz in welchem Umfang gefahren werden könnte. Das ist der Grund, warum ich vorrangig Ring plus Süd-Ost sage.

Wenn Sie sich die andere Möglichkeit, nämlich die Stadtbahn ansehen, haben Sie auf der Stadtbahn die Notwendigkeit, in wesentlich größerem Umfang Viertelzüge einsetzen zu müssen. Ich hielte es für falsch, die OstWest-Verkehre, die Verkehre auf der Stadtbahn gegebenenfalls noch einmal zu differenzieren, zu teilen und hier nur einen Teil des Stadtbahnnetzes auszuschreiben. Das sind die wesentlichen, in kurzer Fassung dargestellten Erwägungen, das Teilnetz Ring plus Zulaufstrecke SüdOst zu wählen.

Danke schön, Frau Senatorin! – Es gibt eine Nachfrage des Kollegen Weingartner von der FDP. – Bitte schön!

Schönen Dank! – Ich frage Frau Senatorin, ob der Senat ein bestimmtes Konzept bei der Nutzung des S-Bahnschienennetzes nach der Vergabe einer Teilstrecke verfolgt, gegebenenfalls auch an einen anderen Betreiber als der DB zu vergeben, um gegebenenfalls von vornherein überhöhte Netzentgelte zu verhindern.

Frau Senatorin Junge-Reyer, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich versuche, Ihre Fragestellung zu verstehen, gehe ich davon aus, dass Sie sich vorstellen müssen, dass die Schiene, die Infrastruktur Schiene, nicht zum Betrieb der S-Bahn gehört. Sie ist eine andere Tochter der Deutschen Bahn AG, die diese Infrastruktur Schiene anbietet, das heißt, jeder Betreiber der S-Bahn Berlin muss sich mit diesem Teil des Konzerns Deutsche Bahn AG auseinandersetzen und Trassenentgelte bezahlen. Eine solche Situation gilt für jeden, der eine S-Bahn betreiben will und gilt für jeden, der Schienenverkehr auf den S-Bahn-Strecken betreibt. Die Übernahme einer solchen Netzstruktur würde voraussetzen, dass die Deutsche Bahn AG bereit wäre, Teilnetze der Schieneninfrastruktur zu veräußern. Dies ist bisher noch in keinem Bundesland möglich gewesen. Das geht zurzeit auch rechtlich nach meiner Einschätzung nach nicht. Ich halte es für vorstellbar, dass man sich mit dieser Frage auseinandersetzt. Wir überlegen es gerade politisch gemeinsam mit anderen Ländern, sich diesem Gedanken wieder zu nähern, solche Teilnetze der Schieneninfrastruktur in der Regie der Länder laufen zu lassen. Ich möchte das ganze Thema nicht überfrachten: Dann müsste man noch definieren, welche Schienen es beträfe. Dies müsste gemeinsam mit Brandenburg, gemeinsam mit den Regionalverkehrsangeboten erfolgen, wenn diese in den Besitz der Länder übergehen sollten. Lassen Sie uns das alles ein bisschen langsamer angehen.

Danke schön, Frau Senatorin!

Jetzt geht es weiter mit einer Anfrage des Kollegen Gaebler von der Fraktion der SPD zu dem Thema

Glätte auf Berliner Gehwegen endlich bekämpfen!

Bitte schön, Herr Gaebler!

Vielen Dank! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie bewertet der Senat die derzeitige Situation auf Berliner Gehwegen und öffentlichen Plätzen, und in welcher Weise muss der Winterdienst in Berlin nach gesetzlicher Regelung ausgeführt werden?

2. Wie bewertet der Senat in diesem Zusammenhang die Äußerungen von Schneeräumfirmen, dass die Schnee- und Eisbeseitigung nicht zu ihren Pflichten gehört, und ist aus Sicht des Senats eine Änderung des Berliner Straßenreinigungsgesetzes notwendig?

Danke schön! – Das wird mit der Frage der Kollegin Seibeld von der CDU verbunden zum Thema

Kein Durchkommen – trotz Räumpflicht viel Schnee, Eis und Matsch auf Berlins Bürgersteigen

Bitte schön, Frau Seibeld!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. In wie vielen Fällen haben die Berliner Ordnungsämter seit Jahresbeginn Verstöße gegen die Pflicht zur Schneeräumung festgestellt?

2. In wie vielen Fällen wurde bereits ein Bußgeldbescheid verschickt, und in wie vielen Fällen soll noch ein Bußgeld verhängt werden?

Danke schön! – Jetzt antwortet die Umweltsenatorin. – Bitte schön, Frau Lompscher!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beginne mit der Beantwortung, Herr Körting setzt dann fort zur Frage Nr. 7. Wir haben in der letzten Plenarsitzung das Thema schon gehabt. Man kann deutlich sagen: Die Qualität der Schneeräumung ist in Berlin nicht zufriedenstellend. Allerdings weise ich darauf hin, dass man differenzieren muss, da beispielsweise der Winterdienst auf den Berliner Hauptverkehrsstraßen vorbildlich funktioniert. Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der BSR, die dafür verantwortlich sind.

Dem Senat liegen keine genauen Daten über die Größe des Problems vor. Allerdings kann jeder – also auch ich – aus eigener Erfahrung und Anschauung feststellen, dass die Situation bei Gehwegen, Haltestellen und in Kreuzungsbereichen teilweise enorm problematisch ist. Der

Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung hat gestern in seiner Pressemitteilung erklärt – und dem kann ich mich nur anschließen –:

Die Rechtslage ist klar, aber es fehlt der Wille der Verantwortlichen, sich an die Vorschriften zur Schnee- und Eisbeseitigung zu halten. Das führt dazu, dass viele ältere Menschen sowie Menschen mit Behinderung seit einem Monat nicht mehr oder nur einschränkt am Leben in der Gemeinschaft teilnehmen und sich nicht mehr mit den Gütern des täglichen Bedarfs selbst versorgen können.

Wie gesagt, die Rechtslage ist klar und eindeutig. Sie sieht vor, dass die Schnee- und Glättebekämpfung auf Gehwegen den Anliegern obliegt. Anlieger sind dabei Grundstückseigentümer, Erbbauberechtigte, Nießbraucher sowie Inhaber eines anderen im Grundbuch vermerkten sonstigen Nutzungsrechts. Sie können diese Pflicht auf Dritte übertragen, zum Beispiel auf Schneeräumfirmen, die dann in die Pflichten eintreten. Soweit öffentliche Plätze öffentliches Straßenland sind, hat die BSR gemäß § 4 Straßenreinigungsgesetz auf Gehwegen und Gehwegteilen den Winterdienst auszuüben. Handelt es sich bei diesen öffentlichen Plätzen um Grün- oder Erholungsanlagen im Sinne des Grünanlagengesetzes, besteht gemäß § 5 Abs. 3 keine Verpflichtung, Schnee- und Eisglätte auf den Plätzen zu beseitigen. Das betrifft aber ausdrücklich nicht die die Grünflächen umgebenden Fußwege, da diese in der Regel Teil des öffentlichen Straßenlandes sind.

Wie gesagt, konkrete Erkenntnisse zur Durchführung des Winterdienstes liegen dem Senat nicht vor, da für die Kontrolle und Ahndung von Verstößen die Bezirke zuständig sind. Dazu wird Herr Körting übernehmen.

Zu Frage Nr. 2: Die Anlieger können, wie gesagt, die Pflicht zur Schneeräumung auf Firmen übertragen. Dann sind diese auch gesetzlich die Verpflichteten. Die in der Frage zitierten Äußerungen von Schneeräumfirmen kann ich so nicht nachvollziehen. Die Vorschriften zum Winterdienst im Straßenreinigungsgesetz reichen, wenn sie pflichtgemäß durchgeführt werden, aus Sicht des Senats aus, um den Winterdienst zufriedenstellend zu gewährleisten. Insofern wird unsererseits eine Änderung des Gesetzes nicht für erforderlich gehalten.

Herr Senator Dr. Körting, der Senator für Inneres, setzt fort. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Seibeld! Zu Frage 1: 2 530.

Zu Frage 2: Bußgeldbescheide sind noch nicht verschickt worden, weil das Bußgeldverfahren allein eine zweiwöchige Anhörungsfrist voraussetzt, sodass es ein etwas längeres Verfahren ist, bis die Bußgeldbescheide verschickt

sind. Die Vorbereitung von Bußgeldverfahren in den Bezirken beträgt zurzeit 962 Fälle.

Jetzt kommt die erste Nachfrage – von Herrn Gaebler. – Bitte!

Vielen Dank! – Herr Präsident! Frau Senatorin! Herr Senator! Können, wenn private Eigentümer der Räumpflicht nicht nachkommen, nicht Ersatzvornahmen von den Bezirken verfügt werden?

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Bedarf es da eventuell einer veränderten gesetzlichen Regelung?

Zum Zweiten: Was sagen Sie zu den Stellen, wo vor öffentlichen Gebäuden, insbesondere vor Schulen und Rathäusern, wo die Bezirke originär zuständig sind, auch die Beseitigung nicht erfolgt? Wer ist dafür verantwortlich, und wer ist dafür gegebenenfalls in Regress zu nehmen?

Herr Senator Dr. Körting!

Herr Kollege Gaebler! Die Frage zu den Ersatzvornahmen ist relativ einfach zu beantworten. Je nach Gefahrenabschätzung können von den Ordnungsämtern auch Ersatzvornahmen verfügt werden. Bei allen Privathäusern, bei denen mit Gefahreneinschätzung gesagt wird, es müsse etwas passieren, kann eine Ersatzvornahme veranlasst werden.

Wenn ich die zweite Frage richtig verstanden habe, Herr Gaebler: Bei den Gebäuden, die in der öffentlichen Hand sind, wenn deren Dinge betroffen sind, ist eine Zuständigkeit des jeweils Verantwortlichen gegeben. Das ist in Teilbereichen das Facility Management, in Teilbereichen die unmittelbare Verwaltung. Da gäbe es übrigens auch die Möglichkeit der Ordnungsämter, gegen die eigene öffentliche Hand Ersatzvornahmen anzuordnen. Das gibt es. Ansonsten habe ich die Hoffnung, dass dieses meistens durch einen Telefonanruf und eine anschließende Beseitigung geklärt wird.

Danke schön! – Jetzt hat Frau Kollegin Seibeld eine Nachfrage. – Bitte schön!

Herr Senator Körting! Können Sie sich vorstellen, dass die Versendung von Bußgeldbescheiden auch eine ab

schreckende Wirkung im Hinblick auf weitere Verstöße gehabt hätte, und hätte das nicht in Anbetracht des Umstandes, dass seit dem 1. Januar erheblicher Schnee liegt, dazu veranlassen sollen, die Bescheide unmittelbar nach Ablaufen der zweiwöchigen Anhörungsfrist zu versenden?

Herr Senator Dr. Körting!

Frau Kollegin Seibeld! Ich vertraue natürlich auf die abschreckende Wirkung von Bußgeldbescheiden. Aber die Sache ist so – deshalb habe ich die Zahl genannt; es ist nicht so, dass die Ordnungsämter der Bezirke untätig geblieben sind – In 2 530 Fällen hat es Anzeigen gegeben, und zwar Anzeigen bei den Ordnungsämtern. Und in rund 1 000 Fällen wird wegen der Gewichtigkeit auch ein Bußgeld verhängt werden. Da sind die Anhörungen schon raus, das heißt, die Betroffenen wissen das. Man kann es auch öffentlich machen, dass es in nicht unerheblichem Umfang Bußgeldbescheide wegen Vernachlässigung der Schneeräumungspflicht geben wird.